Verfahrensgang

LG Potsdam (Urteil vom 29.04.2016)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der 8. Zivilkammer des LG Potsdam vom 29.04.2016 teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Es wird festgestellt, dass die Klägerin aus dem Darlehensvertrag mit der Nummer... aufgrund ihres Widerrufs vom 9.09.2014 nur verpflichtet ist, an die Beklagte einen Betrag von 22.781,33 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5,48 % p. a. ab dem 02.08.2016 zu zahlen.

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten i.H.v. 1.474,89 EUR zu zahlen.

Auf die Hilfswiderklage wird die Klägerin verurteilt, an die Beklagte 22.781,33 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5,48 % p. a. seit dem 02.08.2016 zu zahlen Zug um Zug gegen Freigabe der im Grundbuch von M. des AG Köln, Blatt..., in Abt. III lfd. Nr. 6 eingetragenen Grundschuld im Nennwert von 57.019,00 EUR in Höhe eines erstrangigen Teilbetrages von 43.000,00 EUR.

Die weiter gehende Berufung und die weiter gehende Anschlussberufung der Klägerin insgesamt werden zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen werden zu 74 % der Klägerin und zu 26 % der Beklagten auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

I. Die Klägerin begehrt festzustellen, dass sie nach am 9.09.2014 erklärtem Widerruf des am 22./24.08.2008 geschlossenen Darlehensvertrages nur noch zur Zahlung von 21.406,15 EUR verpflichtet ist, hilfsweise festzustellen, dass der Darlehensvertrag in ein Rückabwicklungsverhältnis umgewandelt ist. Ferner nimmt sie die beklagte Bank auf Erstattung der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Anspruch. Die Beklagte verlangt mit ihrer Hilfswiderklage Zahlung von 25.152,40 EUR nebst Vertragszinsen von 5,48 % seit dem 2.03.2016.

Die Beklagte wandte gegen ihre Inanspruchnahme im Wesentlichen ein, die verwendete Belehrung habe dem Muster der Anlage 2 zu § 14 BGB-InfoV entsprochen, allenfalls redaktionelle und marginale Abweichungen hiervon enthalten, die Schutzwirkung des § 14 Abs. 1 BGB-InfoV für sich in Anspruch. Ein etwaig fortdauerndes Widerrufsrecht sei verwirkt, seine Ausübung jedenfalls rechtsmissbräuchlich.

Für den Fall des wirksamen Widerrufs stünde ihr ein Anspruch auf Erstattung des Darlehenskapitals zuzüglich Wertersatz in Höhe der vereinbarten Darlehenszinsen auch über den Zeitpunkt der Widerrufserklärung hinaus zu. Die Kläger könnten die geleisteten Zahlungen zurückverlangen, Nutzungswertersatz stünde ihnen indes nur in Höhe des für grundpfandrechtlich gesicherte Kredite üblichen Verzugszinses von 2,5 % über Basiszinssatz zu.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 ZPO).

Das LG gab dem Zahlungsbegehren der Klägerin vollständig statt und stellte fest, dass die Klägerin aus dem Darlehensvertrag nur zur Zahlung eines Betrages von 21.406,15 EUR zuzüglich Zinsen i.H.v. 2,5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz, höchstens 5,48 % seit dem 16.03.2016 verpflichtet sei; auf die Hilfswiderklage verurteilte es die Klägerin zur Zahlung in entsprechender Höhe. Im Übrigen wies es Klage und Widerklage ab. Zur Begründung führte es aus, die Widerrufsfrist habe mangels ordnungsgemäßer Widerrufsbelehrung nicht zu laufen begonnen. Die Schutzwirkung des § 14 Abs. 1 BGB-InfoV komme der Beklagten nicht zugute, denn sie habe kein Formular verwendet, das der Musterbelehrung inhaltlich und in der äußeren Gestaltung vollständig entsprochen habe. Das Widerrufsrecht sei weder verwirkt, noch sei seine Ausübung rechtsmissbräuchlich.

Die Berechnung der einander zurückzugewährenden Leistungen erfolge nach den §§ 357 Satz 1, 346 Abs. 1 BGB a.F. Der Darlehensnehmer könne seine erbrachten Zins- und Tilgungsleistungen zurückverlangen, die sich vorliegend bis zum Widerruf auf 16.463,22 EUR und danach auf 8.909,54 EUR beliefen. Der Gebrauchsvorteil der beklagten Bank sei bei einem Immobilienkredit wie dem vorliegenden mit dem für diese Kreditart üblichen Verzugszins von 2,5 Prozentpunkten anzusetzen, mithin mit 937,70 EUR, so dass sich eine Summe von 26.310,46 EUR errechne. Die Klägerin habe der Beklagten den an sie ausgezahlten Nettokreditbetrag zurückzugewähren und Wertersatz für den Gebrauchsvorteil, hier in Höhe des Vertragszinses, auf den jeweils tatsächlich überlassenen Teil der Darlehensvaluta zu leisten. Für die Zeit nach Eintritt des Annahmeverzuges bzw. Ablehnung der Rückabwicklung stehe der Beklagten gemäß § 301 BGB kein Zinsanspruch mehr zu. Für die Beklagte ermittele sich ein Anspruch von 47.716,61 EUR.

Infolge der mit Schriftsatz vom 09.03.2016 erklärten Aufrechnung der beklagten Bank ergebe sich zu deren Gunsten ein Saldo von 21.406,15 EUR, dieser Betrag sei gemäß §§ 291 Abs. 1, 286 Abs. 1, 503 Abs. 2 BGB mit 2,5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz - höchstens jedoch mit 5,48 % (§ 308 ZPO) - zu verzinsen. Ob ein etwaiger Nutzungsersatzanspruch einen dem Kapitalertragsteuerabzug unterliegenden steuerpflichtigen Kapitalertrag darstelle, kö...

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