Leitsatz (amtlich)

Überweist eine Bank irrtümlich einen Geldbetrag an einen Dritten, so hat sie gegen diesen einen Anspruch aus § 812 Abs. 1 S. 1 Fall 2 BGB auf Rückzahlung, und zwar unabhängig davon, ob der Dritte den Irrtum der Bank kannte.

 

Verfahrensgang

LG Cottbus (Urteil vom 28.11.2003; Aktenzeichen 4 O 504/02)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 4. Zivilkammer des LG Cottbus vom 28.11.2003 wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Berufung trägt die Beklagte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

I. Die Klägerin ist die Rechtsnachfolgerin der B. AG. Sie nimmt die Beklagte auf Rückzahlung einer von jener durchführten Banküberweisung in Anspruch.

Die Klägerin hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an sie 12.385,04 Euro nebst 9,26 % Zinsen für die Zeit ab 6.12.2000 bis 31.8.2001, 8,62 % Zinsen für die Zeit ab 1.9.2001 bis 31.12.2001 sowie 5 % Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz ab 1.1.2002 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Das LG hat durch Urteil des Einzelrichters vom 28.11.2003 die Beklagte zur Zahlung von 12.385,04 Euro nebst den beantragten Zinsen verurteilt. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Klage sei nach § 812 Abs. 1 S. 1 Fall 2 BGB begründet. Die Beklagte habe mit dem Erhalt des streitgegenständlichen Geldbetrages etwas erlangt. Dies sei nicht durch Leistung, sondern in sonstiger Weise geschehen, und zwar ohne dass es darauf ankomme, ob ihr das Fehlen einer entsprechenden Anweisung des Zeugen H. bekannt gewesen sei. Das Rückzahlungsbegehren der Klägerin sei auch nicht treuwidrig, nachdem der Darlehensvertrag inzwischen nach Nr. 11.2 des Darlehensvertrages wirksam außerordentlich gekündigt worden sei.

Gegen dieses Urteil, das ihr am 10.12.2003 zugestellt worden ist, hat die Beklagte am 7.1.2004 Berufung eingelegt, die sie nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis 9.3.2004 an diesem Tag begründet hat.

Die Beklagte beantragt, unter Abänderung des Urteils des LG Cottbus vom 28.11.2003 die Klage ab zuweisen.

Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Von der weiteren Darstellung des Sachverhalts wird gem. §§ 313a Abs. 1, 540 Abs. 2 ZPO abgesehen.

II. Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das LG hat zu Recht der Klägerin einen Anspruch gegen die Beklagte aus § 812 Abs. 1 S. 1 Fall 2 BGB auf Zahlung von 12.385,04 Euro zuerkannt.

1. Die Beklagte hat i.S.d. § 812 Abs. 1 S. 1 BGB etwas erlangt, nachdem die Klägerin unstreitig 24.223,03 DM, umgerechnet 12.385,04 Euro, am 7.11.2000 an sie ausgekehrt hat.

2. Die darin liegende Bereicherung der Beklagten ist nicht durch Leistung, d.h. durch eine bewusste und zweckgerichtete Mehrung fremden Vermögens (BGH v. 4.2.1999 - III ZR 56/98, MDR 1999, 689 = NJW 1999, 1393 [1394]; Palandt/Sprau, BGB, 63. Aufl., § 812 Rz. 3), sondern in sonstiger Weise erfolgt.

a) Eine Leistung der Rechtsvorgängerin der Klägerin an die Beklagte liegt nicht vor, nachdem eine unmittelbare Vertragsbeziehung hier nicht bestanden hat und die Zuwendung von der Rechtsvorgängerin der Klägerin nicht gewollt gewesen ist, sondern auf einen Bearbeitungsversehen beruht hat.

Etwas anderes folgt nicht daraus, dass der Zeuge H. die Ansprüche Valutierung des ihm gewährten Darlehens i.H.v. 90.000 DM an die Beklagte abgetreten hat. Dabei kann dahinstehen, ob vor dem Hintergrund, dass dazu lediglich eine einseitige Erklärung des Zeugen vom 7.8.2000 vorgelegt worden ist, überhaupt eine wirksame Abtretung nach § 398 BGB angenommen werden kann. Denn auch dann durfte bei der insoweit gebotenen Betrachtung vom Empfängerhorizont aus (vgl. BGH v. 4.2.1999 - III ZR 56/98, MDR 1999, 689 = NJW 1999, 1393 [1394]; Palandt/Sprau, BGB, 63. Aufl., § 812 Rz. 41) die Beklagte die Zahlung vom 7.11.2000 nicht als eine solche auf die abgetretenen Ansprüche aus dem Darlehensvertrag und damit als Leistung der Rechtsvorgängerin der Klägerin auffassen. Eine solche Zahlung ist ersichtlich nicht erfolgt, da die Abtretung - wie erwähnt - lediglich einen Teilbetrag i.H.v. 90.000 DM zum Gegenstand gehabt hat, und die Rechtsvorgängerin der Klägerin - unstreitig - bereits 77.349,99 DM an die Beklagte gezahlt hatte. Demgemäß hätten der Beklagten nur noch (90.000 DM - 77.349,99 DM =) 12.650,01 DM aus der Abtretung zugestanden, nicht aber 24.223,02 DM, wie sie tatsächlich sodann am 7.11.2000 überwiesen worden sind. Hinzu kommt, dass diese Zahlung auch in nicht unerheblicher Höhe von der 2. Abschlagsrechnung der Beklagten vom 25.10.2000, die einen Betrag i.H.v. 27.624,99 DM zum Gegenstand gehabt hat, abweicht, so dass auch eine Zahlung und Leistung auf jene Rechnung bei verständiger Würdigung aus der damaligen Sicht der Beklagten nicht angenommen werden konnte; zudem hat die Rechnung Ansprüche der Beklagten gegen den Zeugen H. aus dem Bauvertrag und nicht Ansprüche gegen die Klägerin aus dem Darlehensvertrag zum Gegenstand gehabt hat, weshalb aus ihr - der Rechnung - ohnehin eine eigene Leistung der Rechtsvorgängerin der Klägerin auf die abgetretenen Ansprüche aus dem Darlehens...

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