Leitsatz (amtlich)
Bei der Bemessung des Ehegattenunterhalts sind ehebedingte Verbindlichkeiten zu berücksichtigen. Dies gilt auch für Konsumkredite oder Verbindlichkeiten zur Vermögensbildung, sofern sie von den Ehegatten einvernehmlich begründet worden sind.
Verfahrensgang
AG Fürstenwalde (Urteil vom 27.02.2002; Aktenzeichen 10 F 219/98) |
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten wird das am 27.2.2002 verkündete Urteil des AG Fürstenwalde abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
Die Parteien streiten um Trennungsunterhalt. Das AG hat den Beklagten durch Urt. v. 27.2.2002 verurteilt, der Klägerin für die Zeit vom 1.9.1998 bis zum 19.1.2000 monatlichen Unterhalt von 139? zu zahlen. Wegen der tatsächlichen Feststellungen wird gem. § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO in der seit dem 1.1.2002 geltenden Fassung zunächst auf das Urteil des AG Bezug genommen. Der Beklagte, der das Urteil mit der Berufung angreift, wendet sich dagegen, dass das AG von einem fiktiven Einkommen der Klägerin von nur 1.200 DM ausgegangen sei und zu Unrecht die von ihm gezahlten Kreditraten von 1.000 DM monatlich nicht berücksichtigt habe. Er beantragt, die Klage unter Abänderung des angefochtenen Urteils abzuweisen. Die Klägerin begehrt Zurückweisung der Berufung mit der Begründung, es sei unrealistisch, ihr ein höheres fiktives Einkommen als 1.200 DM zuzurechnen. Ferner hält sie Kreditraten von 1.000 DM monatlich zu Gunsten des Beklagten für nicht berücksichtigungsfähig. Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien im Berufungsrechtszug wird auf die Berufungsbegründung vom 3.6.2002, die Schriftsätze des Beklagten vom 29.7.2002 und 13.9.2002 sowie auf die Berufungserwiderung vom 23.9.2002, jeweils nebst Anlagen, Bezug genommen.
Die zulässige Berufung ist begründet. Die Klage ist abzuweisen. Denn die Klägerin hat gegen den Beklagten keinen Anspruch auf Trennungsunterhalt gem. § 1361 BGB für die Zeit vom 1.9.1998 bis zum 19.1.2000.
Es kann dahinstehen, ob, wie im angefochtenen Urteil geschehen, von einem fiktiven Einkommen der Klägerin von 1.200 DM auszugehen ist oder ob, wie mit der Berufung geltend gemacht, ein höheres fiktives Einkommen der Klägerin angenommen werden muss. Die Klägerin trifft, wie der Senat in seinem Beschluss vom 9.7.2001 (OLG Brandenburg, Beschl. v. 9.7.2001 – 10 WF 113/00) im Einzelnen ausgeführt hat, auch unter Berücksichtigung der Schutzvorschrift des § 1361 Abs. 2 BGB eine Erwerbsobliegenheit. Da sie sich nicht ausreichend um Arbeit bemüht hat, ist ihr fiktiv ein Einkommen anzurechnen, das sie nach ihrem Alter, ihrer Vorbildung und dem beruflichen Werdegang erzielen könnte (Eschenbruch/Mittendorf, Der Unterhaltsprozess, 2. Aufl., Rz. 5341; Wendl/Pauling, Unterhaltsrecht, 5. Aufl., § 4 Rz. 29). Ob dieses Einkommen, wie das AG von der Klägerin unbeanstandet angenommen hat, mit 1.200 DM anzusetzen ist oder ob ein höheres fiktives Einkommen in Betracht kommt, kann offen bleiben. Denn selbst wenn man zu Gunsten der Klägerin nur von einem fiktiven Einkommen von 1.200 DM ausgeht, besteht ein Unterhaltsanspruch nicht.
Das Einkommen des Beklagten beträgt unstreitig 1.835 DM. Hiervon ist mit Rücksicht auf die Kreditraten, die der Beklagte ausweislich der im Berufungsrechtszug vorgelegten Bescheinigung der D. Bank vom 19.7.2002 während des gesamten Unterhaltszeitraums durchgängig bedient hat, ein Betrag von 1.000 DM abzusetzen. Danach ergibt sich ein bereinigtes Einkommen des Beklagten von 835 DM, das nicht nur unter dem bereinigten Einkommen der Klägerin von 1.200 DM, sondern auch unter dem billigen Selbstbehalt von 1.480 DM (Nr. 12 der Unterhaltsleitlinien des OLG Brandenburg, Stand 1.7.1998) bzw. von 1.500 DM (Nr. 12 der vorgenannten Leitlinien, Stand 1.7.1999) liegt. Eine Unterhaltspflicht des Beklagten besteht daher nicht.
Ehebedingte Verbindlichkeiten sind im Rahmen der Bedarfsbemessung vom anrechenbaren Nettoeinkommen abzusetzen, ehe der Unterhaltsbedarf errechnet wird. Schulden sind als ehebedingte Verbindlichkeiten abzugsfähig, wenn sie vor der Trennung mit ausdrücklicher oder stillschweigender Zustimmung des anderen Ehepartners begründet wurden und damit die ehe-lichen Lebensverhältnisse geprägt haben (BGH FamRZ 1982, 23 [24]; v. 3.7.1985 – IVb ZR 16/84, MDR 1985, 1007 = FamRZ 1985, 911; v. 19.10.1989 – IVb ZR 97/87, MDR, 1989, 340 = FamRZ 1989, 159 [161]; KG v. 20.7.1990 – 3 UF 1680/90, FamRZ 1991, 808 [809]; Wendl/Gerhardt, Unterhaltsrecht, 5. Aufl., § 1 Rz. 522 f.; Eschenbruch/Mittendorf, Der Unterhaltsprozess, 2. Aufl., Rz. 5530; Luthin/Margraf, Handbuch des Unterhaltrechts, 9. Aufl., Rz. 1300). So liegt es hier.
Die Parteien haben das Darlehen bei der D. Bank gemeinsam als Darlehensnehmer am 6.7.1992 unterzeichnet. Der Darlehensbetrag ist, wie sich aus der Bescheinigung der D. Bank vom 29.5.1996 ergibt, am 30.4.1993 ausgezahlt worden. Die Trennung der Parteien erfolgte, wie die Klägerin im Scheidungsverfahren 10 F 181/98 in der Antr...