Verfahrensgang

LG Potsdam (Entscheidung vom 14.05.2010; Aktenzeichen 10 O 31/09)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Potsdam vom 14.05.2010 - 10 O 31/09 - dahin abgeändert, dass die Klage unter Aufhebung des Versäumnisurteils vom 07.01.2010 abgewiesen wird.

Die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen tragen die Kläger mit Ausnahme der durch das Versäumnisurteil vom 07.01.2010 entstandenen Kosten, die die Beklagten zu tragen haben.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Den Klägern bleibt nachgelassen, die Zwangsvollstreckung seitens der Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund dieses Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, sofern nicht die Beklagten vor der Vollstreckung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages Sicherheit leisten.

 

Gründe

I. Die Kläger begehren die Rückabwicklung eines mit der Beklagten zu 1. - die Beklagte zu 2. ist deren persönlich haftende Gesellschafterin - geschlossenen notariellen Kaufvertrages über die in R... in der Anlage "...straße 77/L...straße 28/K...straße 77" gelegene Eigentumswohnung Nr. 91; ferner beanspruchen die Kläger die Zahlung von Schadensersatz. Es handelt sich um eine Wohnanlage aus 36 dreigeschossigen Mehrfamilienhäusern des Baujahres 1953/1954 mit insgesamt 221 Wohneinheiten sowie 60 Dachgeschosswohnungen, die aus einer Dachaufstockung im Jahr 1987 resultieren.

Nach Beratung durch den Immobilienvermittler K... K... unterbreiteten die Kläger am 22.11.2001 der Beklagten zu 1. ein notariell beurkundetes Ankaufangebot hinsichtlich der o.a. Wohnung, zu einem Kaufpreis von 146.954,30 DM. In Teil A Ziffer 2. des Angebotes war geregelt, dass die Annahme des Angebotes nicht vor dem 31.12.2001 erfolgen dürfe. Gemäß § 6 des Vertrages haben die Käufer die Erwerbsnebenkosten zu tragen. Die Beklagte nahm das Angebot mit der durch den Notar ... beurkundeten Erklärung vom 28.11.2001 an.

Mit Darlehensvertrag vom 19.02. 2002 bewilligte die ...bank die Auszahlung des Darlehens in Höhe von 75.671,20 €. Das Darlehen wurde durch eine am 04.03.2002 bestellte Grundschuld gesichert. Mit Schreiben vom 19.03.2007 kündigte die ...bank den Klägern gegenüber dieses Darlehen wegen Zahlungsrückstandes fristlos.

In einem vor dem Landgericht Berlin geführten selbständigen Beweisverfahren zum Az. 37 OH 1/08 wurde der Verkehrswert der streitgegenständlichen Wohnung zum Zeitpunkt des Erwerbs durch den Sachverständigen Dipl.-Ing. Architekt S... mit 36.600,00 € bemessen.

Mit Beschluss des Amtsgerichts Wedding vom 26.11.2009 wurde die Wohnung zwangsversteigert und dem Meistbietenden zum Bargebot von 24.000,00 € zugeschlagen.

Die Kläger haben die Ansicht vertreten, der Kaufvertrag sei unwirksam. Da im Vertrag vereinbart worden sei, dass die Annahme durch die Beklagte zu 1. nicht vor dem 31.12.2001 erfolgen dürfe, habe in der vorfristig erklärten Annahme vom 28.11.2001 ein neues Angebot gelegen, welches sie, die Kläger, nicht in der erforderlichen Form angenommen hätten.

Zudem sei der Kaufvertrag wegen eines auffälligen Missverhältnisses zwischen Leistung und Gegenleistung sittenwidrig. Dies sei für die Beklagte zu 1. auch erkennbar gewesen.

Die Beklagten haben behauptet, der tatsächliche Kaufpreis habe nur - umgerechnet - 65.462,41 € betragen. Eine verwerfliche Gesinnung habe angesichts des Vermarktungsgutachtens der A...-Bank und des TÜV-Gutachtens nicht vorgelegen.

Mit Versäumnisurteil vom 07.01.2010 hat das Landgericht Potsdam die Beklagten als Gesamtschuldner verurteilt, an die Kläger 75.136,54 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 13.03.2002, jedoch unter Anrechnung des erzielten Zwangsversteigerungserlöses in Höhe von 24.000,00 €, zu zahlen. Ferner hat es festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, die Kläger von allen Schäden freizustellen, die ihnen aus dem Erwerb der Eigentumswohnung entstanden sind. Darüber hinaus hat es die Beklagten als Gesamtschuldner verurteilt, an die Kläger vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 2.308,60 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 18.03.2009 zu zahlen.

Auf den Einspruch der Beklagten hin hat das Landgericht Potsdam das Versäumnisurteil aufrecht erhalten. Zur Begründung hat es im Hinblick auf die Frage der Sittenwidrigkeit unter anderem ausgeführt, der Vertrag sei jedenfalls aufgrund eines groben Missverhältnisses zwischen Kaufpreis und Werthaltigkeit der Immobilie sowie unzureichender Aufklärung der Beklagten zu 1. als Herausgeber des Vermarktungsprospektes rückabzuwickeln. Die Instandhaltungsrücklage von 10.588,69 DM sei nicht zu berücksichtigen, denn bei angenommener Mangelfreiheit oder nicht vorhandenem Instandhaltungsrückstau wäre ein um 10.588,69 DM höherer Kaufpreis angesetzt worden. Die von der Beklagten übernommenen Nebenkosten seien bei der Beurteilung der Sittenwidrigkeit nicht zu berücksichtigen, da sie den vertraglich vereinbarten Kaufpreis nicht beträfen.

Der zu vermutenden...

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