Entscheidungsstichwort (Thema)
Verfassungsmäßigkeit des Verkehrsflächenbereinigungsgesetzes
Normenkette
GG Art. 3 Abs. 1, Art. 14, 20 Abs. 3, Art. 100 Abs. 1-2; EMRK Art. 1 des (1.) Zusatzprotokolls; VerkFlBerG §§ 3, 5
Verfahrensgang
LG Neuruppin (Urteil vom 03.11.2006; Aktenzeichen 3 O 155/06) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Beklagten gegen das im 3.11.2006 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer des LG Neuruppin - 3 O 155/06 - wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Beklagte zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Zwangsvollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des jeweils beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor Beginn der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Klägerin begehrt aufgrund von § 3 Abs. 1 des Verkehrsflächenbereinigungsgesetzes (VerkFlBerG) die Verurteilung des Beklagten zur Annahme des notariellen Kaufangebots der Klägerin vom 14.5.2004 zur UR-Nr. 624/2004 des Notars U.M.
Der Beklagte ist Eigentümer des hier streitgegenständlichen, im Grundbuch von B. Bl. 2103 und Bl. 2189 verzeichneten Grundbesitzes, belegen in der Ortsrandlage von B. Im Einzelnen handelt es sich um folgende Grundstücke:
a) Grundbuch von B. Bl. 2103 (lfd. Nr. 16, 20-27 BV): Flur 10, Flurstücke 613/1, 587/1, 596, 597, 604/1, 610/1, 611/1, 612/2 und 620/1; in Abteilung III sind als Belastungen eingetragen unter lfd. Nr. 2 eine brieflose Grundschuld für H.K. über 200.000 DM (eingetragen am 21.2.1997) und unter lfd. Nr. 3 eine brieflose Grundschuld für H.K. über 600.000 DM (eingetragen am 26.9.2001).
b) Grundbuch von B. Bl. 2189 (lfd. Nr. 11-18 BV): Flur 10, Flurstücke 621, 622/2, 633/1, 637/2, 639/2, 640/2, 737/1 und 578/1; in Abteilung III lfd. Nr. 1 ist als Belastung eingetragen eine brieflose Grundschuld für H.K. über 600.000 DM (eingetragen am 26.9.2001).
Auf den streitgegenständlichen Grundstücken errichtete die DDR ein Teilstück der im Jahre 1973 in Betrieb genommenen Autobahn Berlin-Rostock, nunmehr Teilstück der BAB 10 Berlin-Hamburg im Bereich der Anschlussstelle B. und somit Teil des Autobahnnetzes der Klägerin. Die BAB 10 wurde in den letzten Jahren umfangreich saniert. Die Grundstücke sind im Grundbuch als "Verkehrsfläche" ausgewiesen.
Vor Errichtung der Autobahn wurden die Grundstücke teilweise als Wohn- und Wochenendgrundstück und teilweise als Heideland, begünstigtes Ackerland, Gartenland und Wegefläche genutzt.
1996 bis 1997 führten die Parteien Verhandlungen über den Verkauf der Grundstücke an die Klägerin. Diese Verhandlungen scheiterten an den erheblich divergierenden Einschätzungen der Parteien zum Bodenwert. Die Parteien schlossen sodann eine Nutzungsvereinbarung, wonach auf der Basis eines Bodenwertes von 1.021.517.20 DM (522.293,45 EUR) ein Nutzungsentgelt vor jährlich 8.712.14 DM (4.454,45 EUR) gezahlt wurde.
Mit Schreiben vom 5.11.2002 unterbreitete die Klägerin dem Beklagten das Angebot, die Grundstücke für einen Preis von 33.118,19 EUR anzukaufen. Der Preis wurde berechnet auf Grundlage von § 5 VerkFlBerG und auf der Basis der Bodenrichtwertauskünfte des Gutachterausschusses des Landkreises O. vom 16.2. und 24.4.1996.
Dieses Angebot lehnte der Beklagte ab. Am 14.5.2004 gab die Klägerin unter Bezugnahme auf die Bestimmungen des VerkFlBerG zur UR-Nr. 624/2004 des Notars U.M. in V. ein Kaufvertragsabschlussangebot für den Grundbesitz zu einem Preis von 33.118.25 EUR ab. Diesem Angebot widersprach der Beklagte mit Anwaltsschreiben vom 11.4.2005.
Die Klägerin hat geltend gemacht, ihr stehe ein Ankaufsrecht nach § 3 Abs. 1 VerkFlBerG zu. Sie sei unterhaltungspflichtiger öffentlicher Nutzer der Verkehrsfläche i.S.v. § 2 Abs. 2 Nr. 1 und Abs. 3 VerkFlBerG. Eine Privatisierung der BAB 10 sei weder beabsichtigt noch beschlossen; die Einführung der "Lkw-Maut" stelle keine "Privatisierung" dar. In jedem Falle bestehe kein Grund zur Annahme, dass die öffentliche Nutzung der Grundstücke (als Verkehrsfläche) nicht länger als fünf Jahre fortdauern werde, so dass dem Beklagten kein Verweigerungsrecht nach § 3 Abs. 2 VerkFlBerG zustehe. Die eingetragenen Grundschulden stünden dem Ankaufsrecht im Hinblick auf § 7 Abs. 1 VerkflBerG nicht entgegen. Gegen die Verfassungsmäßigkeit des VerkFlBerG bestünden keine Bedenken.
Die Klägerin hat beantragt, den Beklagten zu verurteilen, die Annahme des notariellen Kaufangebots vom 14.5.2004, verhandelt vor dem Notar U.M. zu der UR-Nr. 624/2004 in der als Anlage K1 zu der Klageschrift genommenen Fassung, über die beim AG O. im Grundbuch von B. Bl. 2103 genannten Flurstücke 613/1, 587/1, 596, 597, 604/1, 610/1, 611/1, 612/2 und 620/1 sowie über die beim AG O. im Grundbuch von B. Bl. 2189 genannten Flurstücke 621, 622/2, 633/1, 637/2, 639/2, 640/2, 737/1 und 578/1 zu...