Leitsatz (amtlich)

Im Urkundenprozess stehen das Anerkenntnis der Klageforderung unter Vorbehalt der Rechte im Nachverfahren und ein darauf ergangenes Anerkenntnisvorbehaltsurteil im Vorverfahren der Berufung des Beklagten im Nachverfahren darauf, nicht Aussteller der Urkunde zu sein, nicht entgegen.

 

Normenkette

ZPO §§ 284, 286, 307 Abs. 1, §§ 403, 519 Abs. 3 a.F., § 539 a.F., § 599

 

Verfahrensgang

LG Frankfurt (Oder) (Aktenzeichen 17 O 636/00)

 

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird das am 27.4.2001 verkündete Urteil der 7. Zivilkammer des LG Frankfurt (Oder) und das diesem zugrunde liegende Verfahren aufgehoben. Der Rechtsstreit wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Berufung, an das LG Frankfurt (Oder) zurückverwiesen.

Die Beschwer beträgt für beide Parteien jeweils 24.660,78 Euro.

 

Tatbestand

Die Klägerin nimmt im Wege des Scheckprozesses den Beklagten als Aussteller zweier Schecks vom 26.9.2000 und 27.9.2000 über 23.268,47 DM und 24.963,82 DM in Anspruch.

Durch Scheckanerkenntnisvorbehaltsurteil vom 9.2.2001 ist der Beklagte verurteilt worden, an die Klägerin 48.232,29 DM nebst 6 % Zinsen aus 23.268,47 DM seit dem 4.10.2000 und aus weiteren 24.963,82 DM seit dem 5.10.2000 sowie Scheckkosten und Scheckprovision i.H.v. insgesamt 361,54 DM zu zahlen.

Die Klägerin hat beantragt, das Anerkenntnisvorbehaltsurteil vom 9.2.2001 für vorbehaltlos zu erklären.

Der Beklagte hat beantragt, das Anerkenntnisvorbehaltsurteil vom 9.2.2001 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Er hat behauptet, nicht Aussteller der Schecks zu sein.

Das LG hat mit Urteil vom 27.4.2001 das Anerkenntnisvorbehaltsurteil vom 9.2.2001 für vorbehaltlos erklärt. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Beklagte könne im Nachverfahren nicht damit gehört werden, er habe die Schecks nicht ausgestellt. Dem stehe die Bindungswirkung des Vorbehaltsurteils für das Nachverfahren entgegen; der Beklagte habe mit der Erklärung des Anerkenntnisses die Berechtigung der Forderung insoweit anerkannt, als sie gemeinhin im Urkundenprozess geprüft werde.

Gegen dieses Urteil, das ihm am 14.5.2001 zugestellt wurde, hat der Beklagte am 7.6.2001 Berufung eingelegt, die er nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 4.9.2001 an diesem Tage begründet hat, und mit der er unter Wiederholung und Vertiefung seines bisherigen Vorbringens sein ursprüngliches Klageziel uneingeschränkt weiterverfolgt.

Er beantragt, unter Abänderung des Urteils des LG Frankfurt (Oder) vom 27.4.2001 das Anerkenntnisvorbehaltsurteil vom 9.2.2001 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Von der weiteren Darstellung des Tatbestandes wird gem. § 543 Abs. 1 ZPO a.F. abgesehen.

 

Entscheidungsgründe

Die Berufung ist zulässig und führt gem. § 539 ZPO a.F. zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und Zurückverweisung des Rechtsstreits.

I. Die Berufung ist zulässig. Insbesondere genügt die Berufungsbegründung – noch – den Erfordernissen des § 519 Abs. 3 ZPO a.F.

Gemäß § 519 Abs. 3 Nr. 2 ZPO a.F. muss die Berufungsbegründung die bestimmte Bezeichnung der im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung des Urteils enthalten. Das bedeutet, dass die Berufungsbegründung auf den Streitfall zugeschnitten sein und im Einzelnen erkennen lassen muss, in welchen Punkten und aus welchen Gründen tatsächlicher oder/und rechtlicher Art der Berufungskläger das Ersturteil für unrichtig hält (BGH v. 9.3.1995 – IX ZR 143/94, MDR 1995, 738 = NJW 1995, 1560; Zöller/Gummer, ZPO, 22. Aufl., Rz. 33, 35). Dabei reichen formularmäßige Sätze und allgemeine Redewendungen nicht aus (BGH v. 24.9.1997 – XII ZB 144/96, NJW-RR 1998, 354 [355]; v. 9.3.1995 – IX ZR 143/94, MDR 1995, 738 = NJW 1995, 1560; Zöller/Gummer, ZPO, 22. Aufl., § 519 Rz. 35). Hingegen kommt es nicht darauf an, ob die Berufungsbegründung ihrem Inhalte nach schlüssig oder wenigstens vertretbar ist (BGH v. 27.11.1990 – XI ZR 115/89, NJW 1991, 1106; Zöller/Gummer, ZPO, 22. Aufl., § 519 Rz. 34). Ebensowenig führen Lückenhaftigkeiten der Begründung zur Unzulässigkeit der Berufung (BGH v. 19.3.1997 – IV ZB 14/96, VersR 1997, 853; Thomas/Putzo, ZPO, 23. Aufl., § 519 Rz. 22). Diesen Grundsätzen ist durch die Berufungsbegründung vom 4.9.2001 – noch – genügt. Der Beklagte setzt sich mit den tragenden Gründen des angefochtenen Urteils auseinander, indem er, wenn auch knapp, die Frage diskutiert, ob eine Bindungswirkung an das Anerkenntnisvorbehaltsurteil, wie sie das LG angenommen hat, besteht. Darauf, ob die von ihm vorgebrachten Argumente sein Begehren tragen können, kommt es – wie ausgeführt – nicht an.

Die Sache ist gem. § 539 ZPO a.F. unter Aufhebung des angefochtenen Urteils an das Gericht des ersten Rechtszugs zurückzuverweisen, da das Verfahren des ersten Rechtszuges an Mängeln leidet, die so erheblich sind, dass das erstinstanzliche Verfahren keine ausreichende Grundlage für eine Entscheidung des Berufungsgerichts darstellen kann (vgl. BGH v. 7.6.1993 – II ZR 141/92, MDR 1993, 901 = NJW 1993, 23...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt VerwalterPraxis Gold. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge