Leitsatz (amtlich)
Ist zu einem Zeitpunkt, in dem Glätte noch nicht eingetreten ist, bereits mit hinreichender Sicherheit absehbar, dass es in den folgenden Stunden, in denen eine Räum- und Streupflicht nicht besteht, zum Auftreten von Glätte kommen wird, so bestehen bereits zu diesem Zeitpunkt vorbeugende Sicherungspflichten (i.A. an OLG Frankfurt NJW-RR 2004, 312 f.).
Erforderlich für das Bestehen einer solchen vorbeugenden Sicherungspflicht sind allerdings hinreichend konkrete Umstände, dass an dieser Stelle Glättegefahr besteht, allgemeine Angaben in einem Wetterbericht für ganz Deutschland reichen hierfür alleine nicht aus.
Verfahrensgang
AG Potsdam (Urteil vom 13.04.2006; Aktenzeichen 12 O 20/06) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des LG Potsdam vom 13.4.2006 - Az. 12 O 20/06 - wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens,
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision nicht zugelassen.
Gegenstandswert für das Berufungsverfahren: 5.553,52 EUR.
Gründe
I. Die Klägerin ist Mieterin einer Wohnung der Beklagten im Haus ... in W. Am Morgen des 17.2.2005 verließ sie nach ihrem - bestrittenen - Vorbringen gemeinsam mit dem Zeugen M. gegen 4.45 Uhr das Haus, um zur Arbeit zu gehen.
Nach ihrem eigenen weiteren Vorbringen stellte sie bereits beim Öffnen der Hauseingangstür fest, dass der betonierte Vorplatz und die Treppenstufen äußerst glatt gewesen seien. Sie habe sich dann langsam und behutsam zum Treppengeländer bewegt und sich daran festgehalten, um langsam hinunter zu gehen. Wegen der vorhandenen Glätte sei sie schon auf der ersten Stufe ausgerutscht und gestürzt. Sie zog sich dabei eine Fraktur des Sprunggelenks im rechten Fuß zu.
Wegen der weiteren Einzelheiten auch hinsichtlich des Umfangs des geltend gemachten Schadensersatzanspruches wird auf die Feststellungen in der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen.
Das LG hat die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, auch in Wohnanlagen wie der von der Klägerin bewohnten müsse nicht vor 5.00 Uhr morgens mit einem nennenswerten Fußgängerverkehr gerechnet werden, so dass zum Unfallzeitpunkt noch nicht habe erwartet werden können, dass die Treppe beräumt und gestreut war. Ein Fall des sog. "vorbeugenden Streuens" sei nicht gegeben. Nach den unstreitigen Umständen sei für die Beklagte nicht vorhersehbar gewesen, dass es nach Ende der Räum- und Streupflicht gegen 20.00 Uhr zu einer Glatteisbildung auf den Außentreppen der Wohnanlage kommen würde. Die Beklagte könne sich mit Erfolg darauf berufen, dass auf die während der Nacht eingetretene neue Witterungslage - Absinken der Temperaturen unter den Gefrierpunkt, leichter Schneefall - erst am Morgen des 17.2.2005 nach dem Unfall habe reagiert werden müssen.
Gegen das ihr am 20.4.2006 zugestellte Urteil des LG Potsdam hat die Klägerin mit am 19.5.2006 bei dem OLG Brandenburg eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese gleichzeitig begründet.
Die Klägerin rügt unter Wiederholung und Vertiefung ihres bisherigen Vorbringens die Verletzung materiellen Rechts. Ergänzend und in Berufungsinstanz neu legt sie nunmehr zwei Mitschriften des Wetterbericht aus der Tagesschau vom 15. und 16.2.2005 vor (GA 104 f.), aus denen sich ergeben soll, dass konkrete Anhaltspunkte bestanden hätten, die die Beklagte zu einem vorbeugendem Streuen hätten veranlassen müssen.
Die Klägerin beantragt, unter Abänderung des Urteils des LG Potsdam vom 13.4.2006 - Az. 12 O 20/06 - die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 347,64 EUR nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 8.11.2005 zu zahlen, die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin ein angemessenes Schmerzensgeld nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 8.11.2005 zu zahlen, die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 205,84 EUR nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen und festzustellen, dass die Beklagte der Klägerin alle weiteren zukünftigen immateriellen Schäden aus dem Unfall vom 17.2.2005,... Ring, W., zu ersetzen haben
Die Beklagte beantragt, die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
Die Beklagte verteidigt unter Wiederholung ihres bisherigen Vorbringens die angefochtene Entscheidung.
II. Die Berufung der Klägerin ist zulässig, sie wurde insb. form- und fristgerecht eingelegt und begründet, §§ 517, 519, 520 ZPO.
Das Rechtsmittel der Klägerin bleibt in der Sache ohne Erfolg.
Das LG hat im Ergebnis zutreffend die Klage insgesamt abgewiesen; der Klägerin steht bereits dem Grunde nach ein Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte aus § 823 Abs. 1 BGB wegen des Unfalls vom 17.2.2005 nicht zu, weil nicht festgestellt werden kann, dass der - unterstellte - Sturz dadurch verursacht worden ist, dass die Beklagte ihre Verkehrssicherungspflichten verletzt hat.
1. Soweit das LG im Hinblick auf den Unfallzeitpunkt um 4.45 Uhr festgestellt hat, die Beklagte sei zu diesem Zeitpunkt noch nicht verpflichtet gewesen, die Treppe zu streuen und zu räumen, so ist dies nicht zu beanstanden.
Maßgeblich für Begin...