Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundstückseigentum im Beitrittsgebiet: Gesetzlicher Eigentumserwerb infolge Zeitablaufs bei Eintragung des falschen Zuordnungsberechtigten im Grundbuch
Normenkette
BGBEG Art. 237 § 2 Abs. 2
Verfahrensgang
LG Frankfurt (Oder) (Urteil vom 09.07.2010; Aktenzeichen 11 O 435/09) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des LG Frankfurt/O. vom 9.7.2010 - Az. 11 O 435/09 - wird hinsichtlich des Hauptantrages zurückgewiesen. In Bezug auf den Hilfsantrag wird die Berufung als unzulässig verworfen.
Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund dieses Urteils beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Der Kläger begehrt die Feststellung, dass die beklagte Stadt nicht Eigentümerin des im Grundbuch von F. Blatt 15196 verzeichneten Grundstücks H. 33/34, Flurstück 96 der Flur 26, ist. Bis zum Jahr 1953 war Frau C. P. als Grundstückseigentümerin im Grundbuch eingetragen. Aufgrund Beschlusses des Staatlichen Notariats F. vom 12.4.1956 - Az. VI 23/54 - ist im Jahr 1956 Volkseigentum eingetragen worden. Rechtsträger war zuletzt der VEB W. Nach dessen Umwandlung gem. § 11 Abs. 1 TreuhG am 23.6.1990 in die Gemeinschuldnerin ist diese am 21.1.1991 als Eigentümerin in das Grundbuch eingetragen worden. Nachdem das AG Frankfurt/O. den Beschluss des Staatlichen Notariates vom 12.4.1956 mit Beschluss vom 8.9.2000 (Az. 6 VI 19/92) aufgehoben und der Erbin der voreingetragenen Eigentümerin, Frau C. L..., am 25.9.2000 einen Erbschein erteilt hatte, ist letztere am 3.11.2003 eingetragen worden. Aufgrund Auflassung vom 4.6.2004 an die Gemeinschuldnerin ist diese am 14.4.2005 als Grundstückseigentümerin in das Grundbuch eingetragen worden. Die Parteien streiten über die Frage, ob die beklagte Stadt gleichwohl gem. Art. 237 § 2 Abs. 2 EGBGB Eigentum an dem in Rede stehenden Grundstück erlangt hat.
In erster Instanz hat der Kläger beantragt, festzustellen, dass die Beklagte nicht Eigentümerin des Grundstücks Flurstück 96, Flur 26, Liegenschaft H. 33/34, eingetragen im Grundbuch von F. Blatt 15196 ist, hilfsweise festzustellen, dass ihr kein Grundbuchberichtigungsanspruch gegenüber ihm bezüglich des Grundstücks Flurstück 96, Flur 26, Liegenschaft H. 33/34, eingetragen im Grundbuch von F. Blatt 15196, zusteht.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Wegen des Sachverhaltes wird auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen. Zu ergänzen ist, dass, nachdem der Geschäftsführer der Gemeinschuldnerin der Zuordnung des Grundstücks unter dem 3.2.1995 zugestimmt hatte, am 16.11.1998 ein (erster) entsprechender Zuordnungsbescheid erging. Dieser Bescheid wurde jedoch nicht im Grundbuch vollzogen, da zwischenzeitlich das Gesamtvollstreckungsverfahren über das Vermögen der Gemeinschuldnerin eröffnet worden war und der Verwalter einer Zuordnung des Grundstücks an die Beklagte nicht zustimmte. Der Zuordnungsbescheid vom 16.11.1998 wurde deshalb mit Bescheid vom 17.8.2001 wieder aufgehoben.
Der Kläger hat am 20.11.2003 eine einstweilige Verfügung des LG Frankfurt/O., Az. 11 O 505/03, gegen Frau C. L... erwirkt, aufgrund derer am 8.12.2003 ein Verfügungsverbot zum Nachteil der Gemeinschuldnerin sowie ein Widerspruch zugunsten der Gemeinschuldnerin gem. § 899 BGB gegen die Eigentumsumschreibung auf Frau L. im Grundbuch eingetragen worden ist. Am 5.8.2010 ist auf Ersuchen des BARoV vom 2.6.2010 zugunsten der Beklagten gem. § 3 Abs. 1 S. 2 VZOG gegen die auf die Gemeinschuldnerin erfolgte Umschreibung des Eigentums ein Widerspruch im Grundbuch eingetragen worden.
Das LG hat die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die Beklagte habe gem. Art. 237 § 2 Abs. 2 EGBGB außerhalb des Grundbuchs wirksam Eigentum an dem Grundstück erlangt. Der Hilfsantrag sei unzulässig, da eine negative Feststellungsklage nicht auf die Klärung der Anspruchsberechtigung gerichtet sein könne. Wegen der Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils verwiesen.
Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers, mit der er im Wesentlichen geltend macht, der Erwerb nach § 237 § 2 Abs. 2 EGBGB trete nicht allein infolge Zeitablaufs ein, es sei vielmehr zusätzlich ein Rechtsscheinstatbestand erforderlich. In der Zeit vom 3.10.1990 bis zum 30.9.1998 müsse entweder durchgängig Volkseigentum oder jedenfalls Eigentum des späteren Zuordnungsberechtigten eingetragen gewesen sein, hieran fehle es unstreitig.
In Rechtsprechung und Schrifttum sei anerkannt, dass der gesetzliche Eigentumserwerb nach § 237 § 2 Abs. 2 EGBGB an sich die Eintragung von Volkseigentum am 2.10.1990 und am 30.9.1998 voraussetzt, es aber ausreicht, wenn im zweiten Zeitpunkt bereits der Abwicklungsberechtigte bzw. eine von diesem ausgegliederte Gesellschaft im Grundbuch eingetragen ist. ...