Nachgehend

BGH (Urteil vom 10.06.2021; Aktenzeichen VII ZR 157/20)

 

Tenor

1. Die Berufung der Klägerin gegen das am 11. Januar 2018 verkündete Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Cottbus - 6 O 122/16 - wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des auf Grund des Urteils gegen sie vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

4. Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

I. Die Klägerin verlangt Restwerklohn (Mehrkosten) betreffend "Altlastenumlagerung, Holzung bei Bauvorhaben B ... Ortsumfahrung ...".

Hinsichtlich des Sach- und Streitstandes der ersten Instanz wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).

Das Landgericht hat die Klage, soweit noch über sie nach dem Teil-Anerkenntnisurteil zu entscheiden war, abgewiesen und im Wesentlichen ausgeführt: Der Klägerin stehe kein Anspruch für Mindermengen gemäß §§ 631 Abs. 1 BGB, 2 Abs. 3 VOB/B mehr zu, auch wenn 3.263 Bäume weniger zu fällen gewesen seien, als im Leistungsverzeichnis ausgewiesen und die Klägerin dadurch keinen Verwertungserlös von 45,-EUR/Baum erzielt habe.

Der von der Klägerin erwartete Erlös sei nicht Teil des Einheitspreises und damit kein Bestandteil des Werklohnanspruchs gewesen. Nach § 2 Abs. 3 VOB/B seien jedoch nur die Auswirkungen der Mehr- und/oder Mindermengen auf die Bestandteile der Kalkulation des Einheitspreises zu berücksichtigen.

Die Beklagte schulde der Klägerin neben dem Werklohn (Einheitspreis) auch keine Naturalvergütung, da dem Vertrag nicht entnommen werden könne, dass sich die Beklagte verpflichtet habe, der Klägerin eine bestimmte Menge Holz (in Form von Bäumen und Wurzelstöcken) zu übereignen. Auch aus vergaberechtlichen Gründen sei die Annahme einer Naturalvergütung problematisch, weil diese dann Teil der Preisvereinbarung wäre. Die Klägerin habe jedoch den Zuschlag auf ihr Angebot erhalten, aus dem eine solche Preisvereinbarung nicht folge. Die Verwertung des Materials sei nicht Geschäftsgrundlage. Vielmehr falle diese in den Risikobereich der Klägerin. Die Parteien hätten nicht vereinbart, dass die Beklagte über den Einheitspreis hinaus weitere Beträge zu zahlen bzw. für sie einzustehen habe.

Die Klägerin habe auch keinen Schadensersatzanspruch. Ein solcher sei mit dem Wesen eines Einheitspreisvertrages nicht vereinbar. Eine Vertragspflichtverletzung liege nicht vor.

Gegen diese Entscheidung wendet sich die Klägerin, die den (verbliebenen) Klageanspruch in Höhe von 235.796,44 EUR weiterverfolgt. Sie macht im Wesentlichen geltend:

In der heutigen Praxis erzielten Unternehmen den eigentlichen Gewinn mit der Verwertung der Rohstoffe und nicht mehr mit bis zu drei Prozent des in der Kalkulation als Zuschlag auf die Herstellkosten ausgewiesenen (kalkulatorischen) Gewinns. Vor diesem Hintergrund sei die Masse des ausgeschriebenen Abräumgutes entscheidend dafür, ob sich ein Unternehmen an einem Ausschreibungsverfahren beteilige. Allen öffentlichen Auftraggebern seien diese Hintergründe bekannt; diese profitierten von den niedrigen Preisen. Bei der Vertragsauslegung sei zu berücksichtigen, dass die Parteien nicht nur das Fällen, sondern auch die von ihr nachzuweisende Verwertung des Abräumgutes als Leistung vereinbart hätten. Aus ihrem Angebot und der Urkalkulation, die ebenfalls der Beklagten vorgelegen habe, habe sich ihre Gewinnerwartung ergeben. Der Beklagten falle ein schwerer Sorgfaltsverstoß bei Ermittlung der Mengen, der zu fällenden und rodenden Bäume (statt angegebener 3.463 tatsächlich nur 1.237 Stück) zur Last. Jedes bietende Unternehmen vertraue bei seiner Wirtschaftlichkeitsberechnung/Gewinnerwartung auf die ungefähre Richtigkeit der ausgeschriebenen Mengen und im Falle einer erheblichen Mengenabweichung darauf, dass der Ausgleichsgedanke des § 2 Abs. 3 VOB/B zur Anwendung komme. Unzutreffend sei die Annahme des Landgerichts, dass der Veräußerungserlös nicht Bestandteil ihrer Einheitspreiskalkulation geworden sei.

Sie habe auch einen vertraglichen Anspruch auf Naturalvergütung. Die Beklagte habe nicht deutlich gemacht, für die angegebenen Mengen nicht einstehen zu wollen.

Jedenfalls stehe ihr ein Schadensersatzanspruch wegen falscher Mengenangaben in der Ausschreibung zu.

Die Klägerin beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Cottbus vom 11.1.2018, Az.: 6 O 122/16, die Beklagte zu verurteilen, an sie einen weiteren Betrag i.H.v. 235.796,44 EUR nebst Zinsen i.H.v. 9 %-Punkten hieraus über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 20.2.2015 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens die angefochtene Entscheidung.

Wegen der Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den vorgetragenen Inha...

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