Entscheidungsstichwort (Thema)
Anrechnung von Dienstzeiten ehemaliger DDR-Beamter
Leitsatz (amtlich)
Zur Verfassungsmäßigkeit der Nichtberücksichtigung von Beschäftigungszeiten im öffentlichen Dienst der DDR im Besoldungsdienstalter bei nachfolgender Tätigkeit für das MfS/AfNS (§ 30 Abs. 1 Satz 2 BBesG)
Verfahrensgang
VG Dresden (Entscheidung vom 22.04.1998; Aktenzeichen 2 K 2083/96) |
Tenor
§ 30 Absatz 1 Satz 2 des Bundesbesoldungsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 16. Mai 1997 (Bundesgesetzblatt I S. 1065, berichtigt S. 2032), geändert durch Artikel 6 des Gesetzes über das Bundeskriminalamt und die Zusammenarbeit des Bundes und der Länder in kriminalpolizeilichen Angelegenheiten (Bundeskriminalamtgesetz – BKAG) vom 7. Juli 1997 (Bundesgesetzblatt I S. 1650), ist mit dem Grundgesetz vereinbar.
Tatbestand
A.
Das Normenkontrollverfahren betrifft die Frage, ob die Vorschrift des § 30 Abs. 1 Satz 2 des Bundesbesoldungsgesetzes (BBesG) mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar ist.
I.
§ 30 BBesG lautet in der hier maßgeblichen, bisher unveränderten Fassung wie folgt:
§ 30
Nicht zu berücksichtigende Dienstzeiten
(1) Für die Gleichstellung von Bezügen nach § 28 Abs. 2 Satz 4 sind Zeiten einer Tätigkeit für das Ministerium für Staatssicherheit oder das Amt für Nationale Sicherheit nicht zu berücksichtigen. Dies gilt auch für Zeiten, die vor einer solchen Tätigkeit zurückgelegt worden sind. Satz 1 gilt auch für Zeiten einer Tätigkeit als Angehöriger der Grenztruppen der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik.
(2) Absatz 1 Satz 1 und 2 gilt auch für Zeiten einer Tätigkeit, die auf Grund einer besonderen persönlichen Nähe zum System der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik übertragen war. Das Vorliegen dieser Voraussetzung wird insbesondere widerlegbar vermutet, wenn der Beamte oder Soldat
- vor oder bei Übertragung der Tätigkeit eine hauptamtliche oder hervorgehobene ehrenamtliche Funktion in der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands, dem Freien Deutschen Gewerkschaftsbund, der Freien Deutschen Jugend oder einer vergleichbaren systemunterstützenden Partei oder Organisation innehatte oder
- als mittlere oder obere Führungskraft in zentralen Staatsorganen, als obere Führungskraft beim Rat eines Bezirkes, als Vorsitzender des Rates eines Kreises oder einer kreisfreien Stadt oder in einer vergleichbaren Funktion tätig war oder
- hauptamtlich Lehrender an den Bildungseinrichtungen der staatstragenden Parteien oder einer Massen- oder gesellschaftlichen Organisation war oder
- Absolvent der Akademie für Staat und Recht oder einer vergleichbaren Bildungseinrichtung war.
§ 28 BBesG, der in § 30 Abs. 1 Satz 1 BBesG teilweise in Bezug genommen wird, hat – soweit hier maßgeblich – folgenden Wortlaut:
§ 28
Besoldungsdienstalter
(1) Das Besoldungsdienstalter beginnt am Ersten des Monats, in dem der Beamte oder Soldat das einundzwanzigste Lebensjahr vollendet hat.
(2) Der Beginn des Besoldungsdienstalters nach Absatz 1 wird um Zeiten nach Vollendung des einunddreißigsten Lebensjahres, in denen kein Anspruch auf Besoldung bestand, hinausgeschoben, und zwar um ein Viertel der Zeit bis zum vollendeten fünfunddreißigsten Lebensjahr und um die Hälfte der weiteren Zeit. Bei Beamten und Soldaten in Laufbahnen mit einem Eingangsamt der Besoldungsgruppe A 13 oder A 14 tritt an die Stelle des einunddreißigsten das fünfunddreißigste Lebensjahr. Die Zeiten werden auf volle Monate abgerundet. Der Besoldung im Sinne des Satzes 1 stehen Bezüge aus einer hauptberuflichen Tätigkeit im Dienst eines öffentlich-rechtlichen Dienstherrn (§ 29), im Dienst von öffentlich-rechtlichen Religionsgesellschaften und ihren Verbänden sowie im Dienst eines sonstigen Arbeitgebers, der die im öffentlichen Dienst geltenden Tarifverträge oder Tarifverträge wesentlich gleichen Inhalts anwendet und an dem die öffentliche Hand durch Zahlung von Beiträgen oder Zuschüssen oder in anderer Weise wesentlich beteiligt ist, gleich.
…
II.
1. Der am 12. Juli 1941 geborene Kläger im Ausgangsverfahren war seit dem 1. Juni 1961 bei der Deutschen Volkspolizei der ehemaligen DDR tätig. Er verfolgt die Berücksichtigung seiner vor einer Tätigkeit für das Ministerium für Staatssicherheit (MfS) zurückgelegten Dienstzeiten bei der Festsetzung seines Besoldungsdienstalters. Der Kläger wurde nach der Wiedervereinigung in den Polizeidienst des Freistaates Sachsen übernommen und mit Wirkung zum 1. März 1992 unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Probe zum Polizeihauptmeister mit Bezügen nach Besoldungsgruppe A 9 ernannt.
Anfang 1995 teilte der Bundesbeauftragte für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik (nachfolgend: BStU) dem Sächsischen Staatsministerium des Innern unter Beifügung verschiedener Dokumente – insbesondere einer Verpflichtungserklärung – mit, der Kläger sei seit dem 16. März 1988 als Inoffizieller Mitarbeiter mit der Aufgabe der Sicherung einer konspirativen Wohnung (IMK/KW) unter dem Decknamen „Quarz” erfasst gewesen.
Seit dem 9. Mai 1995 ist der Kläger Beamter auf Lebenszeit. Mit Bescheid vom 27. Oktober 1995 wurde der Beginn seines Besoldungsdienstalters auf den 1. März 1970 festgesetzt. Dabei blieb wegen der Tätigkeit des Klägers für das MfS in der Zeit vom 16. März 1988 bis 30. November 1989 sowohl dieser Zeitraum gemäß § 30 Abs. 1 Satz 1 BBesG als auch die gesamte davor liegende Beschäftigungszeit nach § 30 Abs. 1 Satz 2 BBesG außer Ansatz.
2. Zur Begründung seiner dagegen nach erfolglosem Widerspruch erhobenen Klage trug der Kläger im Wesentlichen vor, die Nichtberücksichtigung der vor einer MfS-Tätigkeit liegenden Dienstzeiten verstoße gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Sie führe zu einer willkürlichen Ungleichbehandlung von Fällen früherer und späterer MfS-Tätigkeit.
3. Das Verwaltungsgericht Dresden hat das Verfahren ausgesetzt und die Sache zur Entscheidung darüber, ob § 30 Abs. 1 Satz 2 BBesG in der vorbezeichneten Fassung mit dem Grundgesetz vereinbar ist, dem Bundesverfassungsgericht vorgelegt. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt:
Die Kammer sei davon überzeugt, dass § 30 Abs. 1 Satz 2 BBesG gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstoße.
a) Die Frage der Gültigkeit von § 30 Abs. 1 Satz 2 BBesG sei entscheidungserheblich. Wäre die Regelung mit dem Grundgesetz vereinbar, müsse die Klage abgewiesen werden. Andernfalls müsse das zulässige Klagebegehren, die Dienstzeiten vor der MfS-Tätigkeit beim Besoldungsdienstalter zu berücksichtigen, Erfolg haben.
§ 30 BBesG finde Anwendung. Zwar sei auf Beamte, die im Beitrittsgebiet verwendet werden, vorrangig die Zweite Verordnung über besoldungsrechtliche Übergangsregelungen nach Herstellung der Einheit Deutschlands (Zweite Besoldungs-Übergangsverordnung – 2. BesÜV) in der Fassung der Bekanntmachung vom 27. November 1997 (BGBl I S. 2764) anzuwenden. Für das Verordnungsrecht stehe dem Gericht auch die Verwerfungskompetenz zu. Der Vorrang der 2. BesÜV gelte gemäß § 1 Satz 1 2. BesÜV jedoch nur, soweit die Verordnung abweichende Regelungen enthalte. § 2 Abs. 2 und 3 2. BesÜV, der die Nichtberücksichtigung bestimmter Zeiten im öffentlichen Dienst der DDR regele, sei jedoch inhaltsgleich mit § 30 BBesG. Darüber hinaus sei die mit § 30 Abs. 1 Satz 2 BBesG identische Regelung in § 2 Abs. 2 Satz 2 2. BesÜV aus denselben Gründen wie die gesetzliche Norm verfassungswidrig und daher nicht wirksam.
Sei § 30 Abs. 1 Satz 2 BBesG verfassungsgemäß, seien zu Recht auch die Dienstzeiten des Klägers bei der Volkspolizei bis zum 15. Februar 1988 für die Festsetzung des Besoldungsdienstalters nicht berücksichtigt worden. Eine Tätigkeit für das MfS im Sinne von § 30 Abs. 1 Satz 1 BBesG sei bereits in der vom Kläger eingeräumten Überlassung der Diensträume für die konspirativen Zwecke des Staatssicherheitsdienstes im Rahmen der Aufgabe als IMK/KW zu sehen.
b) § 30 Abs. 1 Satz 2 BBesG verstoße gegen Art. 3 Abs. 1 GG und sei damit unwirksam.
aa) Die Regelung in § 30 Abs. 1 Satz 2 BBesG bedeute eine willkürliche und nicht mehr vom weiten Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers gedeckte Ungleichbehandlung solcher Beamten, die – wie der Kläger – am Ende ihrer Dienstzeit vorübergehend für die Staatssicherheit tätig gewesen seien, gegenüber denen, deren entsprechende Tätigkeit am Anfang ihrer Dienstzeit gelegen habe. Während in den erstgenannten Fällen fast die gesamte Dienstzeit in der ehemaligen DDR keine Beachtung finde, werde die zu berücksichtigende Dienstzeit bei einer – auch gleich langen – MfS-Tätigkeit am Beginn des Berufslebens in wesentlich geringerem Maße verkürzt. Eine Rechtfertigung hierfür sei nicht ersichtlich.
Die vom beklagten Freistaat vorgetragenen, sich an die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts anlehnenden Argumente überzeugten nicht:
Das Bundesarbeitsgericht habe für die Vereinbarkeit der dem § 30 Abs. 2 BBesG im wesentlichen entsprechenden tarifvertraglichen Regelung (Nr. 4 Buchstabe c der Übergangsvorschriften zu § 19 BAT-O für Zeiten vor dem 1. Januar 1991) mit Art. 3 Abs. 1 GG darauf abgestellt, dass die Nichtberücksichtigung als Beschäftigungszeit auf dem Verhalten des Arbeitnehmers beruhe. In Fällen der persönlichen Systemnähe sei die hervorgehobene Identifizierung mit dem Staatsapparat der DDR maßgebend, die erfahrungsgemäß bereits längere Zeit vor der Übertragung der Tätigkeit begonnen haben dürfte. Diese Argumentation lasse sich jedoch nicht auf inoffizielle untergeordnete MfS-Tätigkeit übertragen. Diese Tätigkeit habe nicht vorausgesetzt, dass sich der Betroffene zuvor in besonderer Weise mit dem SED-Staat identifiziert oder sich insoweit entsprechend hervorgetan habe. Man könne auch nicht davon ausgehen, dass sich der Betroffene, bevor das MfS an ihn herangetreten sei, besonders mit der Möglichkeit einer MfS-Tätigkeit auseinander gesetzt habe. Für das MfS habe es ausgereicht, wenn der Betreffende zuverlässig und nützlich erschienen sei. Auch dürfte es dem Bundesarbeitsgericht in seiner Entscheidung nicht auf die Identifikation als inneren Vorgang angekommen sein, sondern – wie im Fall einer Parteikarriere – auf das Vertreten bestimmter Positionen nach außen und das damit verbundene Erscheinungsbild. Eine solche Vorgeschichte sei – insbesondere mit Blick auf das Anwerbungsverfahren – für eine inoffizielle MfS-Tätigkeit jedenfalls nicht typisch gewesen.
Weiterhin sei nicht nachvollziehbar, warum die Identifikation mit dem DDR-System mit dem Ende der MfS-Tätigkeit entfallen sein solle. Zwar gebe es Fälle, in denen die Zusammenarbeit wegen des nicht mehr als „politisch zuverlässig” eingestuften Verhaltens des Inoffiziellen Mitarbeiters (IM) oder sogar auf dessen Initiative beendet worden sei. In nicht wenigen Fällen dürfte jedoch die Tätigkeit aus Gründen außerhalb der persönlichen Einstellung des IM beendet worden sein. Warum deshalb nur die Beschäftigung vor einer MfS-Tätigkeit nicht für das Besoldungsdienstalter berücksichtigt werden solle, sei nicht einsichtig.
bb) Da es lediglich auf den Endzeitpunkt der MfS-Tätigkeit ankomme, behandele § 30 Abs. 1 Satz 2 BBesG eine nur kurze Mitarbeit beim MfS genauso wie eine solche, die sich bis zu ihrem Abschluss über viele Jahre hingezogen habe. Damit würden unter Umständen Zeiten einer tatsächlichen MfS-Tätigkeit des einen Beamten willkürlich gleichgestellt mit Zeiträumen, in denen ein anderer Betroffener noch gar kein Mitarbeiter des MfS gewesen sei. Das besondere Gewicht einer langjährigen Tätigkeit für das MfS finde auf diese Weise nicht die erforderliche Berücksichtigung.
cc) Weiterhin führe § 30 Abs. 1 Satz 2 BBesG im Zusammenspiel mit § 30 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 BBesG zu einer nicht gerechtfertigten Gleichbehandlung von Inoffiziellen Mitarbeitern der Staatssicherheitsdienste mit Personen, denen Aufgaben auf Grund ihrer besonderen Systemnähe übertragen worden seien.
dd) Verfassungsrechtlich zumindest fragwürdig sei zudem die Ungleichbehandlung von (auch Inoffiziellen) Mitarbeitern des MfS und Angehörigen der Grenztruppen der ehemaligen DDR (§ 30 Abs. 1 Satz 3 BBesG), bei denen wegen des fehlenden Verweises auf § 30 Abs. 1 Satz 2 BBesG nur die Tätigkeit für die Grenztruppen selbst für das Besoldungsdienstalter außer Ansatz bleibe. Dies sei möglicherweise für dorthin eingezogene Wehrpflichtige gerechtfertigt. Dass der Grenzdienst aber dann gegenüber der MfS-Tätigkeit privilegiert sei, wenn er auf Grund einer freien Entscheidung übernommen und möglicherweise auch als karrierefördernde Station genutzt worden sei, erscheine mindestens als problematisch.
c) Eine dem Gleichheitsgebot gemäße Anwendung der vorgelegten Rechtsvorschrift sei angesichts des eindeutigen Wortlauts auch nicht im Wege einer verfassungskonformen Auslegung möglich.
III.
Zur Vorlage haben das Bundesarbeitsgericht, das Bundesverwaltungsgericht und das Bundesministerium des Innern Stellung genommen.
1. Der Vorsitzende des Sechsten Senats des Bundesarbeitsgerichts hat im Wesentlichen ausgeführt: Einen ähnlichen Inhalt wie § 30 Abs. 1 Satz 1 BBesG habe Nr. 4 Buchstabe a der „Übergangsvorschriften für Zeiten vor dem 1. Januar 1991” zu § 19 BAT-O (fortan: Übergangsvorschriften). Ebenso sei § 30 Abs. 1 Satz 2 BBesG ähnlich wie Nr. 4 Satz 2 der Übergangsvorschriften gefasst. Im Tarifrecht sei für die Anwendung des Art. 3 Abs. 1 GG entscheidend, dass entsprechende Beschäftigungszeiten bei Angestellten deshalb nicht angerechnet würden, weil sie aus ihrem Verschulden oder auf eigenen Wunsch aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden seien (§ 19 Abs. 1 Unterabsatz 3 BAT-O). Diese Regelung unterliege keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, da die in dem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis aus eigenem Verschulden oder auf eigenen Wunsch liegende „Abkehr” des Angestellten ein sachlicher Grund für die Nichtanrechnung sei. Insoweit sei dann auch die Regelung Nr. 4 Satz 2 der Übergangsvorschriften nicht zu beanstanden. Sei der Arbeitnehmer für das MfS tätig geworden, liege darin ein der „Abkehr” vergleichbares Verhalten, weil der Angestellte sich Tätigkeiten zugewandt habe, die mit einer demokratischen und rechtsstaatlichen Verwaltung nicht vereinbar gewesen seien.
2. Die Äußerung des 2. Senats des Bundesverwaltungsgerichts stellt darauf ab, dass eine MfS-Tätigkeit auch Einstellungshindernis sein könne. Deshalb könne jemand trotz langdauernder Tätigkeit für das MfS oder das Amt für Nationale Sicherheit (AfNS) oder trotz einer solchen Tätigkeit in fortgeschrittenem Alter und bis kurz vor dem 3. Oktober 1990 überhaupt nur ausnahmsweise in das Beamtenverhältnis berufen worden sein. Zudem schließe § 30 Abs. 1 Sätze 1 und 2 BBesG nur die Gleichstellung von Zeiten nach § 28 Abs. 2 Satz 4 BBesG aus. Unberührt bleibe die Anrechnung nach § 28 Abs. 2 Sätze 1, 2 und 3 BBesG.
3. Das Bundesministerium des Innern hat im Wesentlichen wie folgt Stellung genommen:
Die Nichtberücksichtigung der in § 30 BBesG umschriebenen Zeiten sei mit dem allgemeinen Gleichheitssatz vereinbar. Anstelle des zunächst bestimmten generellen Ausschlusses von Zeiten vor dem 1. Juli 1991 würden nur noch die in § 30 Abs. 1 und Abs. 2 BBesG aufgeführten besonderen Tätigkeiten von der Gleichstellung ausgeschlossen. Der Gesetzgeber habe solche Zeiten von der Berücksichtigung beim Besoldungsdienstalter ausnehmen dürfen, bei denen die Tätigkeit nicht nur in einem anderen System erbracht worden, sondern außerdem auch den Anforderungen des öffentlichen Dienstes, wie er in einer demokratischen und rechtsstaatlichen Verwaltung verstanden werde, nicht gerecht geworden sei.
Eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung von Mitarbeitern des MfS im Vergleich zu Angehörigen der Grenztruppen der ehemaligen DDR liege nicht vor, weil häufig, insbesondere bei Wehrpflichtigen, eine Einberufung zu den Grenztruppen ohne Zutun des Betroffenen erfolgt sei.
Entscheidungsgründe
B.
§ 30 Abs. 1 Satz 2 des Bundesbesoldungsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 16. Mai 1997 (BGBl I S. 1065, ber. S. 2032), geändert durch Art. 6 des Gesetzes über das Bundeskriminalamt und die Zusammenarbeit des Bundes und der Länder in kriminalpolizeilichen Angelegenheiten (Bundeskriminalamtgesetz – BKAG) vom 7. Juli 1997 (BGBl I S. 1650) – jetzt unverändert gültig in der Fassung der Bekanntmachung vom 3. Dezember 1998 (BGBl I S. 3434) – ist mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar.
I.
1. Der allgemeine Gleichheitssatz gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln (BVerfGE 74, 9 ≪24≫), und verpflichtet die Grundrechtsadressaten, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches entsprechend seiner Verschiedenheit und Eigenart ungleich zu behandeln (vgl. bereits BVerfGE 1, 14 ≪52≫; stRspr). Er ist verletzt, wenn die gleiche oder ungleiche Behandlung der geregelten Sachverhalte mit Gesetzlichkeiten, die in der Natur der Sache selbst liegen, und mit einer am Gerechtigkeitsgedanken orientierten Betrachtungsweise nicht mehr vereinbar ist, wenn also bezogen auf den jeweils in Rede stehenden Sachbereich und seine Eigenart ein vernünftiger, einleuchtender Grund für die Regelung fehlt, kurzum, wenn die Maßnahme als willkürlich bezeichnet werden muss (vgl. BVerfGE 1, 14 ≪52≫; 83, 89 ≪107 f.≫ m.w.N.).
2. a) Es ist grundsätzlich Sache des Gesetzgebers, diejenigen Sachverhalte auszuwählen, an die er dieselbe Rechtsfolge knüpft, die er also im Rechtssinn als gleich ansehen will (BVerfGE 75, 108 ≪157≫). Er muss allerdings seine Auswahl sachgerecht treffen (vgl. BVerfGE 53, 313 ≪329≫; 75, 108 ≪157≫). Was in Anwendung des Gleichheitssatzes sachlich vertretbar oder sachfremd und deshalb willkürlich ist, lässt sich nicht abstrakt und allgemein feststellen, sondern stets nur in Bezug auf die Eigenart des konkreten Sachverhalts, der geregelt werden soll (vgl. BVerfGE 17, 122 ≪130≫; 75, 108 ≪157≫; stRspr). Je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen ergeben sich unterschiedliche Grenzen für den Gesetzgeber, die vom bloßen Willkürverbot bis zu einer strengen Bindung an Verhältnismäßigkeitserfordernisse reichen (vgl. BVerfGE 101, 54 ≪101≫). Der normative Gehalt der Gleichheitsbindung erfährt daher seine Präzisierung jeweils im Hinblick auf die Eigenart des zu regelnden Sachbereichs:
Der Gleichheitssatz verlangt, dass eine vom Gesetz vorgenommene unterschiedliche Behandlung von Personengruppen sich – sachbereichsbezogen – auf einen vernünftigen oder sonst wie einleuchtenden Grund von hinreichendem Gewicht zurückführen lässt (vgl. BVerfGE 42, 374 ≪388≫; 75, 108 ≪157≫; 78, 232 ≪247≫; 100, 138 ≪174≫; 101, 54 ≪101≫). Bei der Ungleichbehandlung von Personengruppen unterliegt der Gesetzgeber regelmäßig einer strengeren Bindung, was auch dann gilt, wenn eine Ungleichbehandlung von Sachverhalten mittelbar eine Ungleichbehandlung von Personengruppen bewirkt (vgl. BVerfGE 101, 54 ≪101≫). Ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz liegt dann vor, wenn der Gesetzgeber Übereinstimmungen der zu ordnenden Lebensverhältnisse nicht berücksichtigt, die so bedeutsam sind, dass sie bei einer am Gerechtigkeitsgedanken orientierten Betrachtungsweise beachtet werden müssen (vgl. BVerfGE 48, 346 ≪357≫), oder wenn – anders formuliert – zwischen Gruppen von Normadressaten, die vom Gesetzgeber nicht gleich behandelt werden, keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten (vgl. BVerfGE 55, 72 ≪88≫; 60, 123 ≪133 f.≫; 65, 104 ≪112 f.≫; 74, 9 ≪24≫; 100, 1 ≪38≫; 100, 59 ≪90≫; 101, 239 ≪269≫; 101, 275 ≪291≫). Die Bindung des Gesetzgebers ist dabei umso enger, je mehr sich Merkmale personenbezogener Differenzierung den in Art. 3 Abs. 3 GG genannten annähern (BVerfGE 101, 275 ≪291≫).
b) Der Gesetzgeber ist – insbesondere bei Massenerscheinungen – auch befugt, zu generalisieren, zu typisieren und zu pauschalieren (vgl. BVerfGE 17, 1 ≪23 f.≫; 100, 138 ≪174≫; 101, 297 ≪309≫), ohne allein wegen damit verbundener Härten gegen den allgemeinen Gleichheitssatz zu verstoßen (vgl. BVerfGE 100, 138 ≪174≫). Eine zulässige Typisierung setzt unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes freilich voraus, dass mit ihr verbundene Härten nur unter Schwierigkeiten vermeidbar wären (vgl. BVerfGE 84, 348 ≪360≫; 87, 234 ≪255 f.≫; 100, 138 ≪174≫; stRspr), dass sie lediglich eine verhältnismäßig kleine Zahl von Personen betreffen und der Verstoß gegen den Gleichheitssatz nicht sehr intensiv ist (vgl. BVerfGE 63, 119 ≪128≫; 84, 348 ≪360≫; 100, 138 ≪174≫). Die Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers ist im Übrigen bei bevorzugender Typisierung weiter gespannt als bei benachteiligender Typisierung (vgl. BVerfGE 17, 1 ≪24≫).
3. In diesem Rahmen hat der Gesetzgeber insbesondere bei Regelungen des Besoldungsrechts nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts eine verhältnismäßig weite Gestaltungsfreiheit (vgl. BVerfGE 26, 141 ≪158≫). Aufgrund des weiten Spielraums politischen Ermessens, innerhalb dessen der Gesetzgeber das Besoldungsrecht den tatsächlichen Notwendigkeiten und der fortschreitenden Entwicklung anpassen und verschiedenartige Gesichtspunkte berücksichtigen darf, darf das Bundesverfassungsgericht nicht überprüfen, ob der Gesetzgeber die gerechteste, zweckmäßigste und vernünftigste Lösung gewählt hat. Das Bundesverfassungsgericht kann, sofern nicht von der Verfassung selbst getroffene Wertungen entgegenstehen, nur die Überschreitung äußerster Grenzen beanstanden, jenseits derer sich gesetzliche Vorschriften bei der Abgrenzung von Lebenssachverhalten als evident sachwidrig erweisen (vgl. BVerfGE 65, 141 ≪148 f.≫). Dem Gesetzgeber steht es insbesondere frei, aus der Vielzahl der Lebenssachverhalte die Tatbestandsmerkmale auszuwählen, die für die Gleich- oder Ungleichbehandlung maßgebend sein sollen (vgl. BVerfGE 71, 39 ≪53≫; 76, 256 ≪295, 330≫). Ihm muss zugestanden werden, auch das gesamte Besoldungsgefüge und übergreifende Gesichtspunkte in den Blick zu nehmen (vgl. BVerfGE 26, 141 ≪158≫).
Jede Regelung des Besoldungsrechts ist dabei unvollkommen, muss zwangsläufig generalisieren und typisieren und wird in der Abgrenzung unvermeidbare Härten mit sich bringen; sie wird insoweit unter irgendeinem Gesichtspunkt für die unmittelbar Betroffenen fragwürdig erscheinen (vgl. BVerfGE 26, 141 ≪159≫). Die vielfältigen hier vom Gesetzgeber zu berücksichtigenden Gesichtspunkte werden nicht immer miteinander in Einklang zu bringen sein. Die sich daraus ergebenden Unebenheiten, Friktionen und Mängel sowie gewisse Benachteiligungen in besonders gelagerten Einzelfällen müssen hingenommen werden, sofern sich für die Gesamtregelung ein vernünftiger Grund anführen lässt (vgl. BVerfGE 26, 141 ≪159≫; 49, 260 ≪273≫; 65, 141 ≪148≫; 76, 256 ≪295≫; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 26. April 1995 – 2 BvR 794/91, 831/91 und 1288/91 –, ZBR 1995, S. 233).
4. Aus den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums im Sinne des Art. 33 Abs. 5 GG folgt nichts Abweichendes (vgl. BVerfGE 26, 141 ≪159≫; 76, 256 ≪295≫). Art. 33 Abs. 5 GG mit dem darin verankerten Alimentationsprinzip (vgl. BVerfGE 8, 1 ≪14 ff.≫; 71, 39 ≪62 f.≫; 83, 89 ≪98≫) schränkt den vorstehend umrissenen weiten Regelungs- und Typisierungsspielraum des Besoldungsgesetzgebers nicht über die Grenzen des Art. 3 Abs. 1 GG hinaus ein (vgl. BVerfGE 49, 260 ≪273≫; 76, 256 ≪295≫).
II.
Hieran gemessen verstößt § 30 Abs. 1 Satz 2 BBesG nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG.
1. § 30 BBesG schließt bestimmte Dienstzeiten eines Beamten im öffentlichen Dienst der DDR von der Berücksichtigung bei der Berechnung und Festsetzung des Besoldungsdienstalters nach § 28 BBesG aus. Die Regelung des § 30 Abs. 1 und 2 BBesG wirkt sich im System der Berechnung des Besoldungsdienstalters – anders als etwa die Entlassungsvorschriften, die an die Sonderkündigungstatbestände des Einigungsvertrages mit vergleichbaren Sachverhalten anknüpfen – lediglich als Beschränkung der Begünstigung aus, die in der besoldungserhöhenden Anerkennung bestimmter Dienstzeiten eines Beamten liegt.
a) Das Besoldungsdienstalter des Beamten ist von Bedeutung für die Bemessung seines Grundgehaltes als des wesentlichen Bestandteils der Dienstbezüge (§ 1 Abs. 2 Nr. 1 BBesG). Das Grundgehalt des Beamten bestimmt sich nach der Besoldungsgruppe des ihm verliehenen Amtes (§ 19 Abs. 1 Satz 1 BBesG). Es wird gemäß § 27 Abs. 1 Satz 1 BBesG, soweit die Besoldungsgruppen nicht feste Gehälter vorsehen, nach Stufen bemessen (Dienstaltersstufen). Das Aufsteigen in den Stufen bestimmt sich gemäß § 27 Abs. 1 Satz 2 BBesG insbesondere nach dem Besoldungsdienstalter. Das Besoldungsdienstalter, das – neben der Leistung – den Tag bestimmt, an dem der Beamte in den Stufen der Besoldungsgruppen der Besoldungsordnung A aufsteigt, ist nach Maßgabe der §§ 28 ff. BBesG zu berechnen und wird schriftlich (vgl. § 28 Abs. 4 BBesG) durch zumindest teilweise begünstigenden Verwaltungsakt mit Dauerwirkung (vgl. BVerwG, Urteil vom 28. Oktober 1993 – BVerwG 2 C 18.92 –, DÖD 1994, S. 284) grundsätzlich für die gesamte Dauer des Beamtenverhältnisses verbindlich festgesetzt.
b) Das dabei zugrunde liegende Berechnungssystem stellt sich wie folgt dar:
Gemäß § 28 Abs. 1 BBesG beginnt das Besoldungsdienstalter am Ersten des Monats, in dem der Beamte das einundzwanzigste Lebensjahr vollendet hat (sog. Regel-Besoldungsdienstalter). Dieses Regel-Besoldungsdienstalter wird in Laufbahnen mit einem Eingangsamt unterhalb der Besoldungsgruppen A 13 oder A 14 festgesetzt, wenn der Beamte am Tag der Ernennung zum Beamten mit Anspruch auf Dienstbezüge nach § 3 BBesG noch nicht das einunddreißigste Lebensjahr überschritten hat (§ 28 Abs. 2 Satz 1 BBesG). Vom Ersten des Monats, in dem der Beamte das einundzwanzigste Lebensjahr überschritten hat, beginnt sein Aufsteigen in den Dienstaltersstufen. Der Beginn dieses Regel-Besoldungsdienstalters ist nach § 28 Abs. 2 Satz 1 BBesG um Zeiten nach Vollendung des einunddreißigsten Lebensjahres, in denen kein Anspruch auf Besoldung bestand, hinauszuschieben, und zwar um ein Viertel der Zeit bis zum fünfunddreißigsten Lebensjahr und um die Hälfte der weiteren Zeit; die Zeiten werden dabei auf volle Monate abgerundet (§ 28 Abs. 2 Satz 3 BBesG).
c) Für die im Rahmen von § 28 Abs. 2 BBesG zu prüfende Frage, ob ein Anspruch auf Besoldung bestand, stellt § 28 Abs. 2 Satz 4 BBesG der Besoldung Bezüge aus einer hauptberuflichen Tätigkeit für öffentlich-rechtliche Dienstherrn (vgl. § 29 BBesG) oder andere dort genannte Arbeitgeber gleich. Hierdurch werden, ohne dass dies nach Maßgabe von Art. 33 Abs. 5 GG und dem darin verankerten Alimentationsprinzip von Verfassungs wegen geboten wäre, bestimmte Beschäftigungszeiten, obwohl sie nicht in einem Beamtenverhältnis verbracht wurden, in vollem Umfang dem Besoldungsdienstalter zugerechnet, was sich für den Beamten in einem schnelleren Aufsteigen in den Dienstaltersstufen und einem höheren Grundgehalt niederschlägt. In diesem Zusammenhang ist fachgerichtlich geklärt, dass der Begriff „im Dienst eines öffentlich-rechtlichen Dienstherrn (§ 29)” in § 28 Abs. 2 Satz 4 BBesG grundsätzlich auch Tätigkeiten dieser Art im Gebiet der ehemaligen DDR erfasst, da auch die DDR innerhalb der Grenzen des Deutschen Reiches nach dem Stand vom 31. Dezember 1937 lag (vgl. BVerwGE 30, 219 ≪221 f.≫; 51, 42 ≪43 f.≫; 89, 203 ≪204≫). Insbesondere etwa der Dienst bei der Volkspolizei der DDR ist danach gemäß § 28 Abs. 2 Satz 4 BBesG anzuerkennen, weil ein Dienst dieser Art zumindest in seinem Kern auch im Geltungsbereich des Grundgesetzes regelmäßig im Dienst eines öffentlich-rechtlichen Dienstherrn wahrgenommen wird (vgl. BVerwGE 89, 203 ≪206≫; vgl. dazu auch BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 6. Februar 1996 – 2 BvR 209/92 –, NVwZ 1997, S. 53 ≪54≫).
d) § 30 Abs. 1 Satz 2 BBesG nimmt Zeiten im öffentlichen Dienst der DDR vor einer Tätigkeit für das Ministerium für Staatssicherheit (MfS) oder das Amt für nationale Sicherheit (AfNS) ebenso wie solche Tätigkeitszeiten selbst von der Gleichstellung nach § 28 Abs. 2 Satz 4 BBesG aus. Damit wird die in § 28 Abs. 2 Satz 4 BBesG enthaltene Begünstigung für den in § 30 BBesG tatbestandlich umrissenen Personenkreis zurückgenommen.
Nach der ursprünglich im Beitrittsgebiet am 1. Juli 1991 in Kraft getretenen Fassung des § 2 Abs. 2 der 2. BesÜV vom 21. Juni 1991 (BGBl I S. 1345) konnten Zeiten im öffentlichen Dienst im Beitrittsgebiet bei der Berechnung des Besoldungsdienstalters nach § 28 Abs. 2 Satz 4 BBesG für die im Beitrittsgebiet verwendeten, erstmalig dort ernannten Beamten generell nur berücksichtigt werden, soweit sie ab dem 1. Juli 1991 geleistet worden waren. Davor liegende Zeiten, insbesondere solche im öffentlichen Dienst der DDR, waren insgesamt nicht berücksichtigungsfähig. Abweichend hiervon sind mit Wirkung vom 1. Dezember 1991 auch vor dem 1. Juli 1991 liegende Dienstzeiten, insbesondere solche im öffentlichen Dienst der ehemaligen DDR, bei der Festsetzung des Besoldungsdienstalters grundsätzlich zu berücksichtigen, sofern nicht die gleichzeitig geregelten Ausschlusstatbestände eingreifen (vgl. § 2 Abs. 2 der 2. BesÜV in der Fassung der Besoldungsübergangs-Änderungsverordnung – BesÜÄndV – vom 6. Januar 1993 ≪BGBl I S. 60≫ und Art. 4 Abs. 1 BesÜÄndV). Die Regelung des § 30 BBesG in der Fassung des Art. 6 Nr. 2 des Gesetzes über die Anpassung von Dienst- und Versorgungsbezügen in Bund und Ländern 1992 (Bundesbesoldungs- und -versorgungsanpassungsgesetz 1992 – BBVAnpG 92) vom 23. März 1993 (BGBl I S. 342), die – ebenso wie die entsprechende Neuregelung des § 2 der 2. BesÜV – ebenfalls mit Wirkung vom 1. Dezember 1991 (vgl. Art. 12 Abs. 2 Nr. 3 BBVAnpG 92) von der nunmehr grundsätzlich möglichen Gleichstellung gemäß § 28 Abs. 2 Satz 4 BBesG bestimmte Zeiten ausnimmt, schränkt die genannte Besserstellung der im Beitrittsgebiet verwendeten, erstmalig dort ernannten Beamten ein.
2. a) Gemeinsamer Grundgedanke von § 30 Abs. 1 und Abs. 2 BBesG ist, Dienstzeiten im öffentlichen Dienst der DDR, die durch eine in verschiedener Weise herausgehobene Nähe zum Herrschaftssystem der DDR gekennzeichnet sind, durch widerlegliche oder unwiderlegliche Vermutungen von der – besoldungssteigernden – Anrechnung auf das Besoldungsdienstalter auszuschließen. Die Regelung geht davon aus, dass solche Dienstzeiten, während derer der Beamte außerhalb des Rahmens einer rechtsstaatlichen Verwaltung tätig geworden ist, nicht mit Tätigkeiten in der rechtsstaatlichen Grundsätzen verpflichteten öffentlichen Verwaltung der Bundesrepublik Deutschland gleichgestellt und deshalb bei der Festsetzung des Besoldungsdienstalters nicht besoldungssteigernd berücksichtigt werden dürfen (vgl. das in der Begründung des Gesetzentwurfes der Bundesregierung zum BBVAnpG 92 ≪BTDrucks 12/3629, S. 27≫ in Bezug genommene Rundschreiben des BMI vom 18. Dezember 1991, GMBl 1992, S. 90, 91 unter ≪B.I.3.d≫ zu der § 30 BBesG im Wesentlichen entsprechenden Regelung der Ziff. 4 der Übergangsvorschriften für Zeiten vor dem 1. Januar 1991 zu § 19 BAT-O). Dafür kann sich der Gesetzgeber vor dem Hintergrund seines weiten Gestaltungsspielraums im Besoldungsrecht und des vorstehend erläuterten Regelungsinhalts der Vorschrift auf vernünftige, nachvollziehbare Gründe von hinreichendem Gewicht berufen.
b) Der Gesetzgeber stand nach der Wiedervereinigung Deutschlands vor der Aufgabe, zahlreiche Vorgänge einer Vergangenheit, die durch ein von der Bundesrepublik Deutschland verschiedenes Herrschafts- und Gesellschaftssystem vollkommen andersartig geprägt waren, für die Überleitung in das andere Rechtssystem der Bundesrepublik Deutschland normativ erfassen und bewerten zu müssen. Hieraus folgt ein besonders starkes Typisierungsbedürfnis und eine entsprechende weite Typisierungsbefugnis (vgl. auch BVerfGE 100, 1 ≪38≫). Damit verbundene Härten im Einzelfall sind hinzunehmen.
c) Der Spielraum des Gesetzgebers, im Rahmen verfassungsrechtlich unbedenklicher Typisierung relativ grob abgegrenzte Fallgruppen zu bilden, war unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit umso größer, als die Folgen der Nichtberücksichtigung der hier in Rede stehenden Dienstzeiten beim Besoldungsdienstalter eng auf die konkrete Bemessung der Besoldung begrenzt sind. Sie werden durch die Regelungen in § 28 Abs. 2 Satz 1, 2 und 3 BBesG in ihrer Wirkung auf das Ansteigen des Grundgehalts stark abgefedert. Hiernach lässt die Ausschlussregelung des § 30 BBesG die pauschale Halb- oder Dreiviertelanrechnung von Vordienstzeiten im öffentlichen Dienst der DDR, die vor der Aufnahme einer Tätigkeit für das MfS lagen, unberührt (vgl. Clemens/Millack/Engelking/Lantermann/Henkel, Besoldungsrecht des Bundes und der Länder, Stand: 55. Erg.-Lfg., Band I, Teil II, § 30 BBesG Anm. 1 S. 2b; Schinkel/Seifert, in: Fürst, GKÖD III, K § 30 Rn. 8; Sander, in: Schwegmann/Summer, BBesG, Stand: 94. Erg.-Lfg., § 30 Rn. 1 S. 4). Dies führt zu einer weit gehenden Nivellierung der vom vorlegenden Gericht angeführten Unterschiede im Umfang der Anerkennung von Tätigkeitszeiten im öffentlichen Dienst der DDR.
Der Fall des Klägers lässt dies deutlich erkennen: Könnten seine Vordienstzeiten – wie von ihm beantragt – ab dem 12. Juli 1972, dem Zeitpunkt der Vollendung seines 31. Lebensjahres, entgegen § 30 Abs. 1 Satz 2 BBesG gemäß § 28 Abs. 2 Satz 4 BBesG berücksichtigt werden, so wäre sein Besoldungsdienstalter lediglich um die Zeit der Tätigkeit für das MfS selbst hinauszuschieben, und zwar, da diese Tätigkeit nach der Vollendung seines fünfunddreißigsten Lebensjahres liegt, um die Hälfte dieser Zeit auf den 1. Mai 1963. Dann hätte sich der Kläger nach Maßgabe der bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des öffentlichen Dienstes vom 24. Februar 1997 (BGBl I S. 322) geltenden Fassung des § 27 Abs. 1 Satz 2 BBesG (Aufstieg alle zwei Jahre) bereits bei seiner Ernennung zum Beamten auf Probe am 1. März 1992 in der 13. Dienstaltersstufe (Endgrundgehalt) befunden. Demgegenüber erreichte er diese Endstufe bei Anwendung des § 30 Abs. 1 Satz 2 BBesG erst am 1. März 1994 und damit zwei Jahre später. Er hat folglich lediglich die Differenzbesoldung für diesen relativ kurzen Zeitraum nicht erhalten. Soweit das Verwaltungsgericht ausweislich der Niederschrift der mündlichen Verhandlung vom 22. April 1998 beim Streitwert als „nachzuzahlende Differenz zwischen den Dienstaltersstufen” offenbar von einem Betrag von 4.942,89 DM ausgehen will, kann ebenfalls nicht von einer Unverhältnismäßigkeit der gesetzlichen Regelung die Rede sein.
3. a) Zu den nicht gleichzustellenden Dienstzeiten rechnet zum einen gemäß § 30 Abs. 1 Satz 1 BBesG die Zeit einer Tätigkeit des Beamten für das MfS. Das ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.
Anlass für die Nichtberücksichtigung dieser Dienstzeiten des Beamten im Rahmen des § 28 Abs. 2 Satz 4 BBesG sind begründete Zweifel an der persönlichen Eignung des Beamten im Sinne von Art. 33 Abs. 2 GGin dieser Zeit: Diese Zweifel sind zwar – wie im Falle des Klägers – nach der Einschätzung des Dienstherrn aufgrund der vorzunehmenden Einzelfallprüfung (vgl. BVerfGE 92, 140 ≪155 ff.≫; 96, 189 ≪200≫) nicht so gravierend, dass sie zu einer Entlassung nach den Sonderkündigungstatbeständen des Absatzes 4 Nr. 1 oder des Absatzes 5 Nr. 2 der Anlage I, Kapitel XIX, Sachgebiet A, Abschnitt III Nr. 1 des Einigungsvertrages geführt hätten. Sie schließen jedoch eine „Honorierung” solcher Dienstzeiten durch eine Gleichstellung – im Sinne einer letztlich positiven Bewertung – mit Zeiten einer Tätigkeit in einer rechtsstaatlichen Verwaltung aus. Dadurch, dass diese Zeiten beim Besoldungsdienstalter nicht berücksichtigt werden, kommt zum Ausdruck, dass sie sich im Gesamtgefüge der nach Dienstdauer abgestuften Höhe der Besoldung nicht auch noch positiv – also besoldungserhöhend – auswirken sollen.
Dieser Überlegung liegt letztlich – ähnlich wie den Sonderkündigungstatbeständen nach dem Einigungsvertrag – die Einschätzung zugrunde, dass ein Mitarbeiter, der für das MfS tätig gewesen ist, jedenfalls für die Dauer dieser Tätigkeit in der Regel nicht die Voraussetzungen des Art. 33 Abs. 2 GG für eine Beschäftigung im öffentlichen Dienst der Bundesrepublik Deutschland erfüllt hat (vgl. BVerfGE 96, 189 ≪198≫; vgl. auch BVerfGE 92, 140 ≪151≫). Durch eine solche Tätigkeit werden die Integrität des Betroffenen sowie seine innere Bereitschaft, Bürgerrechte zu respektieren und sich rechtsstaatlichen Regeln zu unterwerfen, nachhaltig in Frage gestellt (vgl. BVerfGE 96, 189 ≪198 f.≫). In der Tätigkeit und Aufgabenstellung des MfS offenbarte sich ein fundamentaler Widerspruch zur Wertordnung des Grundgesetzes. Wer dem MfS zu Diensten war, weckt deshalb die Vermutung, dass er selbst jedenfalls während seiner Tätigkeit für das MfS die Würde des Menschen und rechtsstaatliche Grundsätze gering geachtet hat.
Die im vorliegenden Zusammenhang gebotene „rückwärtsgerichtete” Bewertung früherer Dienstzeiten unter dem Blickwinkel ihrer besoldungserhöhenden Qualität folgt aus der Berechnung des Besoldungsdienstalters, die auf den in der Vergangenheit geleisteten Dienstzeiten aufbaut. Es geht insoweit nicht um die zukunftsgerichtete Prognose über die Eignung des Beamten anlässlich der Ernennung oder Weiterbeschäftigung (vgl. insoweit BVerfGE 92, 140 ≪155≫). Diese Frage ist bereits im Sinne des Beamten positiv beantwortet, wenn über die Festsetzung des Besoldungsdienstalters zu entscheiden ist. Wird das Dienstverhältnis fortgesetzt, ändert dies jedoch nichts daran, dass die im öffentlichen Dienst der DDR verbrachten Zeiten, die mit einer Tätigkeit für das MfS zusammenfielen, nicht – vermittelt über eine Gleichstellung gemäß § 28 Abs. 2 Satz 4 BBesG – in vollem Umfang besoldungserhöhend zu Buche schlagen sollen. Diese Dienstzeiten sind mit dem Makel der Zugehörigkeit zu einem rechtsstaatswidrigen Organ der DDR behaftet. Es erschiene insbesondere im Vergleich zu Kollegen, denen etwa in Folge einer Observierung durch das MfS der Zugang zum öffentlichen Dienst in der DDR verwehrt wurde, nicht vermittelbar, den Beamten solche Zeiten einer rechtsstaatswidrigen Betätigung in einem schneller ansteigenden Grundgehalt zu Gute kommen zu lassen.
b) Vor diesem Hintergrund ist auch die zur Prüfung vorgelegte Regelung des § 30 Abs. 1 Satz 2 BBesG verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.
aa) Der Gesetzgeber durfte typisierend und folgerichtig davon ausgehen, dass auch die Vordienstzeiten eines Beamten wegen der nachfolgenden Tätigkeit für das MfS bereits von einer besonderen persönlichen Nähe zum System der DDR (vgl. § 30 Abs. 2 BBesG) geprägt waren. Die Entscheidung, für das MfS tätig zu werden, darf als typischer Ausdruck einer schon in der vorangegangenen Zeit gebildeten politisch-ideologischen Grundeinstellung gewertet werden, die sich mit den Zielen des MfS identifizierte und auf eine besondere innere Verbundenheit mit dem Herrschaftssystem der DDR hindeutete. Dem Gesetzgeber stand es deshalb von Verfassungs wegen frei, die Besoldungswirksamkeit solcher Zeiten – in dem oben dargelegten begrenzten Umfang – auszuschließen.
Die generalisierende Regelung des § 30 Abs. 1 Satz 2 BBesG vermeidet Abgrenzungsprobleme und dient damit der Rechtssicherheit als einem wesentlichen Bestandteil des Rechtsstaatsprinzips (vgl. BVerfGE 7, 89 ≪92≫; 60, 253 ≪268≫). Der Gesetzgeber hat dem Grundsatz der Rechtssicherheit mit vernünftigen Gründen den Vorzug vor dem Gebot der Gerechtigkeit in jedem Einzelfall gegeben (vgl. BVerfGE 25, 269 ≪290 f.≫; 35, 41 ≪47≫). Dies belegt ein Blick auf die denkbare Regelungsalternative: Der Gesetzgeber hätte auch im Falle einer IM-Tätigkeit eine Vermutungsregelung entsprechend § 30 Abs. 2 Satz 2 BBesG einführen können. Dies hätte es dem betroffenen Beamten ermöglicht, hinsichtlich einer Belastung auch der Vordienstzeiten durch eine Nähe zum DDR-System den Gegenbeweis zu führen. Eine entsprechende Beweisaufnahme dürfte aber sowohl wegen der notwendigen Untersuchung von oftmals weit in der Vergangenheit liegenden Zeiträumen als auch mit Rücksicht auf das Beweisthema auf der einen Seite schwierig und zeitraubend, zum anderen kaum erfolgversprechend und im Ergebnis regelmäßig mit Zweifeln behaftet sein. Ferner schließt die in § 30 Abs. 1 Satz 2 BBesG getroffene Regelung Abgrenzungsprobleme insbesondere in solchen Fällen aus, in denen keine schriftliche Verpflichtungserklärung zur Tätigkeit für das MfS aufgefunden wurde und eine genaue Bestimmung des Zeitpunktes der Aufnahme der Tätigkeit für das MfS auch aus sonstigen Unterlagen des BStU – etwa wegen der Vernichtung von Teilakten des MfS – nicht möglich ist.
bb) Das vorlegende Verwaltungsgericht wendet ein, es sei nicht nachvollziehbar, warum die Identifikation eines Beamten mit dem DDR-System mit dem Ende der MfS-Tätigkeit entfallen sein solle; die Gleichstellung (nur) von Nachdienstzeiten, also Zeiten im öffentlichen Dienst der DDR nach Beendigung der MfS-Tätigkeit und vor der Wiedervereinigung, sei mithin nicht einsichtig. Dieses Bedenken greift nicht durch. Der Gesetzgeber hat die äußersten Grenzen zulässiger Typisierung nicht überschritten. Das vorlegende Gericht benennt selbst mit dem Hinweis darauf, dass es Fälle einer bewussten Abkehr vom MfS-System oder der – aus Sicht des MfS – politischen Unzuverlässigkeit als Grund der Beendigung der IM-Tätigkeit gegeben habe, einen sachlichen Grund, der jedenfalls die Berücksichtigung von Nachdienstzeiten – also ihre unterschiedliche Behandlung gegenüber Vordienstzeiten – rechtfertigt. Wenn der Gesetzgeber hieran anknüpfend die Beendigung der MfS-Tätigkeit in der gesetzlichen Regelung typisierend als hinreichenden Grund für die Gleichstellungsfähigkeit von Nachdienstzeiten bewertet hat, hat er sich damit im Rahmen seines weiten Gestaltungsspielraums gehalten. Die Aufnahme einer Tätigkeit als IM für das MfS lässt sich jedenfalls nicht als Ausdruck der Systemferne verstehen, wohingegen typischerweise mit der Beendigung der Tätigkeit objektiv eine Entfernung vom System erkennbar wird. Dies rechtfertigt die Berücksichtigung der anschließenden Nachdienstzeiten ungleich eher als die der Vordienstzeiten.
Die von einer grundsätzlichen Berücksichtigung aller Nachdienstzeiten ausgehende Argumentation des vorlegenden Gerichts ist im Übrigen undifferenziert. Ob und inwieweit solche Zeiten überhaupt nach Maßgabe von § 28 Abs. 2 Satz 4 BBesG bei der Festsetzung des Besoldungsdienstalters berücksichtigt werden können, kann durchaus zweifelhaft sein. Schwierigkeiten ergeben sich dabei zum einen bereits im Tatsächlichen insofern, als vielfach unklar ist, ob und wann eine Tätigkeit als IM wirklich beendet worden ist (vgl. Rundschreiben des BMI vom 18. Dezember 1991 ≪GMBl 1992, S. 90 [92] unter [B.I.3.d]≫; ferner Rundschreiben des BMI vom 22. September 1992 ≪abgedruckt bei Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese, Arbeits- und Tarifrecht der Angestellten des öffentlichen Dienstes im Beitrittsgebiet, BAT-O/ATB-Ang, Stand: 40. Erg.-Lfg., I § 19 BAT-O, S. 34x f.≫; BBesGVwV zu § 30 unter 30.1.1 ≪GMBl 1997, S. 314 [321 f.]≫; vgl. auch Sander, in: Schwegmann/Summer, BBesG, Stand: 94. Erg.-Lfg., § 30 Rn. 3, S. 6). Rechtlich klärungsbedürftig ist anknüpfend daran auch, wann eine Beendigung im Rechtssinne angenommen werden kann, ab der die Berücksichtigung der Nachdienstzeit in Betracht kommt. Ferner stellt sich die Frage, ob die Beschäftigung im öffentlichen Dienst der DDR nach Beendigung der IM-Tätigkeit dergestalt mit letzterer in Verbindung stand, dass sie in Anerkennung der Leistungen für das MfS und damit letztlich aufgrund der besonderen Nähe zum politischen System übertragen worden ist und eine Gleichstellung deshalb gemäß § 30 Abs. 2 BBesG ausscheidet (vgl. Clemens/Millack/Engelking/Lantermann/Henkel, Besoldungsrecht des Bundes und der Länder, Stand: 55. Erg.-Lfg., Band I, Teil II, § 30 BBesG Anm. 2, S. 3; Schinkel/Seifert, in: Fürst, GKÖD III, K § 30 Rn. 8, S. 6; Sander, in: Schwegmann/Summer, BBesG, Stand: 94. Erg.-Lfg., § 30 Rn. 3, S. 5 f.).
cc) Eine feinere, den Regelungs- und Typisierungsspielraum des Gesetzgebers stärker einschränkende Differenzierung, wie sie das vorlegende Gericht für verfassungsrechtlich geboten erachtet, wird von Art. 3 Abs. 1 GG nicht gefordert. Insbesondere war in der gesetzlichen Regelung hinsichtlich der Berücksichtigungsfähigkeit von Zeiten nicht etwa zwischen MfS-Tätigkeiten „am Anfang” oder „am Ende” der Dienstzeit sowie von „kurzer” oder „langer” Dauer zu unterscheiden. Insoweit ist zu den vom Verwaltungsgericht gebildeten Vergleichspaaren Folgendes anzumerken:
(1) Verliert auf der einen Seite ein Beamter, der am Anfang seiner Dienstzeit für das MfS tätig war, wenig an Vordienstzeiten und ist auf der anderen Seite der Verlust von Vordienstzeiten für einen Beamten, der erst am Ende seiner Dienstzeit IM war, vergleichsweise groß, so müssen bei Aufnahme der MfS-Tätigkeit typischerweise Ersterer relativ jung und Letzterer relativ alt gewesen sein. Diese Unterschiede im Alter stellen einen sachgerechten Gesichtspunkt dar, der die in ihrem Ausmaß divergierenden Rechtsfolgen aus der Anwendung des § 30 Abs. 1 Satz 2 BBesG rechtfertigt. Das Lebensalter ist auch hier von Bedeutung, ebenso wie bei der Prüfung, in welchem Ausmaß die Verstrickung in das MfS-System nach Maßgabe des Sonderkündigungstatbestandes des Abs. 5 Nr. 2 der Anlage I, Kapitel XIX, Sachbericht A, Abschnitt III Nr. 1 des Einigungsvertrages die persönliche Eignung des Beamten und die Zumutbarkeit seiner Weiterbeschäftigung bestimmt (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 6. April 2000 – BVerwG 2 C 2.99 –, in: Schütz, Beamtenrecht, ES/A II 5.1 Nr. 74, S. 312 ≪314≫; BVerwGE 109, 59 ≪67≫; Urteil vom 27. April 1999 – BVerwG 2 C 33.98 –, in: Schütz, Beamtenrecht, ES/A II 5.1 Nr. 69, S. 285 ≪287≫; BVerwGE 108, 64 ≪69≫; Beschluss vom 28. Januar 1998 – BVerwG 6 P 2.97 –, BVerwGE 106, 153 ≪162 f.≫). Eine persönliche Nähe oder innere Verbundenheit zum System der ehemaligen DDR im Allgemeinen und dem Unrechtsregime des MfS im Besonderen und damit ein Mangel der Eignung (vgl. oben B.II.3.a) kann bei typisierender Betrachtung eher bei einem Beamten angenommen werden, der im Zeitpunkt der Aufnahme der MfS-Tätigkeit ein relativ hohes Lebensalter mit entsprechend größerer Lebenserfahrung aufwies, als bei einem jungen Berufsanfänger, für den sich auch unter dem Gesichtspunkt des beruflichen Fortkommens die Übernahme oder Verweigerung einer IM-Tätigkeit anders darstellte als bei einem älteren Kollegen, der in der Regel schon Beförderungspositionen erreicht hatte.
(2) Soweit das Verwaltungsgericht die Gleichbehandlung von kurzer und langer MfS-Tätigkeit rügt, lässt sich ein Verstoß des § 30 Abs. 1 Satz 2 BBesG gegen Art. 3 Abs. 1 GG ebenfalls nicht feststellen. Welchen Einfluss die Dauer der MfS-Tätigkeit auf die Bewertung der Vordienstzeit als ungeeignet für eine besoldungssteigernde Berücksichtigung beim Besoldungsdienstalter haben soll, ist schon grundsätzlich nicht ersichtlich. Davon abgesehen kommt das vom Verwaltungsgericht gebildete Vergleichspaar typischerweise nicht in Betracht, da eine Tätigkeit für das MfS „über viele Jahre hinweg” in der Regel zur Entlassung geführt haben dürfte, so dass für diese Personengruppe kein Besoldungsdienstalter festzusetzen war.
(3) Auch gegen die vom vorlegenden Gericht beanstandete Gleichbehandlung von Inoffiziellen Mitarbeitern des MfS mit dem von § 30 Abs. 2 BBesG erfassten Personenkreis bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Die Regelung des § 30 Abs. 1 BBesG hat die persönliche Entscheidung des Beamten für eine IM-Tätigkeit vor Augen, die des § 30 Abs. 2 BBesG demgegenüber die – vermuteterweise sachfremde – Übertragungsentscheidung des Dienstherrn. Es ist nichts dafür ersichtlich, dass dem Gesetzgeber die in diesen Regelungen zum Ausdruck kommende Beurteilung der nicht gleichartigen Sachverhalte als für die Höhe des Besoldungsdienstalters gleichwertig unter Gleichheitsgesichtspunkten verwehrt war.
(4) § 30 Abs. 1 Satz 3 BBesG verweist für die Tätigkeit als Angehöriger der Grenztruppen nicht auch auf § 30 Abs. 1 Satz 2 BBesG. Darin liegt ebenfalls kein Gleichheitsverstoß. Das Verwaltungsgericht selbst hält es für nachvollziehbar, Wehrpflichtige, die im Rahmen ihres Grundwehrdienstes ihren Dienst in den Grenztruppen verrichten mussten, von dem Ausschluss der Vordienstzeiten auszunehmen. Damit besteht ein sachlicher Grund dafür, dass der Gesetzgeber hier von einer typisierenden Regelung entsprechend § 30 Abs. 1 Satz 2 BBesG Abstand genommen hat (vgl. auch BAG, Urteil vom 28. Mai 1998 – 6 AZR 585/96 –, NZA 1999, S. 92 ≪94≫).
C.
Diese Entscheidung ist einstimmig ergangen.
Unterschriften
Limbach, Sommer, Jentsch, Hassemer, Broß, Osterloh, Di Fabio, Mellinghoff
Fundstellen
Haufe-Index 635281 |
BVerfGE, 310 |
NWB 2001, 2754 |
NVwZ 2002, 199 |
VIZ 2001, 480 |
ZTR 2001, 380 |
AuA 2001, 371 |
DÖD 2002, 21 |
FiWi 2001, 226 |
LKV 2001, 407 |
LKV 2001, 505 |
NJ 2001, 413 |
NJ 2001, 474 |
DVBl. 2001, 1204 |
BGBl. I 2001, 1592 |