Entscheidungsstichwort (Thema)
Prozessuale Stellung der GEMA bei der Geltendmachung urheberrechtlicher Ansprüche
Beteiligte
Rechtsanwälte Dr. Heinz Schrezenmaier und Koll. |
Verfahrensgang
LG Köln (Urteil vom 15.11.1995; Aktenzeichen 28 S 5/95) |
AG Köln (Urteil vom 20.01.1995; Aktenzeichen 116 C 227/93) |
Tenor
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.
Tatbestand
Die Verfassungsbeschwerde betrifft die prozessuale Stellung der GEMA, Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte, bei Geltendmachung urheberrechtlicher Ansprüche.
Entscheidungsgründe
Die Verfassungsbeschwerde ist nicht zur Entscheidung anzunehmen, weil die Voraussetzungen für ihre Annahme nicht vorliegen (§ 93 a Abs. 2 BVerfGG).
1. Die Verfassungsbeschwerde hat keine grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung (§ 93 a Abs. 2 Buchstabe a BVerfGG). Die aufgeworfenen verfassungsrechtlichen Fragen sind durch die verfassungsgerichtliche Rechtsprechung geklärt. Dies gilt sowohl für die verfassungsrechtlich gewährleistete Gleichwertigkeit der prozessualen Stellung der Parteien im Zivilprozess (vgl. BVerfGE 52, 131 ≪153 ff.≫) als auch für die sich aus Art. 103 Abs. 1 GG ergebende Verpflichtung der Gerichte, das Parteivorbringen zu berücksichtigen (vgl. BVerfGE 83, 24 ≪35≫ m.w.N.).
2. Die Annahme der Verfassungsbeschwerde ist auch nicht zur Durchsetzung der als verletzt gerügten Verfassungsrechte angezeigt (§ 93 a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts wäre dies nur der Fall, wenn die geltend gemachte Verletzung von Grundrechten oder grundrechtsgleichen Rechten besonderes Gewicht hätte oder den Beschwerdeführer in existenzieller Weise beträfe. Besonders gewichtig ist eine Grundrechtsverletzung, die auf eine generelle Vernachlässigung von Grundrechten hindeutet oder wegen ihrer Wirkung geeignet ist, von der Ausübung von Grundrechten abzuhalten. Eine geltend gemachte Verletzung hat ferner dann besonderes Gewicht, wenn sie auf einer groben Verkennung des durch ein Grundrecht gewährten Schutzes oder einem geradezu leichtfertigenden Umgang mit grundrechtlich geschützten Positionen beruht oder rechtsstaatliche Grundsätze krass verletzt. Eine existenzielle Betroffenheit des Beschwerdeführers kann sich vor allem aus dem Gegenstand der angegriffenen Entscheidung oder seiner aus ihr folgenden Belastung ergeben. Ein besonders schwerer Nachteil ist jedoch dann nicht anzunehmen, wenn die Verfassungsbeschwerde keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat oder wenn deutlich abzusehen ist, dass der Beschwerdeführer auch im Falle einer Zurückweisung an das Ausgangsgericht im Ergebnis keinen Erfolg haben würde (vgl. BVerfGE 90, 22 ≪25 f.≫).
Nach diesen Maßgaben sind die Voraussetzungen für eine Annahme nicht gegeben.
a) Die Verfassungsbeschwerde hat nämlich keine Aussicht auf Erfolg, soweit der Beschwerdeführer eine Verletzung von Art. 3 Abs. 1 GG geltend macht. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Beschwerdeführer zwar unmittelbar das amts- und landgerichtliche Urteil angreift, mittelbar aber auch die Verfassungswidrigkeit des § 13 b Abs. 2 des Gesetzes über die Wahrnehmung von Urheberrechten und verwandten Schutzrechten vom 9. September 1965 (BGBl I S. 1294; im Folgenden: UrhWahrnG) rügt. Nach Auffassung des Beschwerdeführers beinhaltet bereits diese durch Art. 2 des Gesetzes zur Änderung von Vorschriften auf dem Gebiet des Urheberrechts vom 24. Juni 1985 (BGBl I S. 1137 ≪1140≫) eingefügte Regelung eine nicht zu rechtfertigende Ungleichbehandlung der Wahrnehmungsgesellschaften, insbesondere der GEMA, einerseits und der in Anspruch genommenen Videothekare andererseits. Der Beschwerdeführer macht darüber hinaus geltend, die Gerichte hätten – in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs – die bereits im Gesetz angelegte Ungleichbehandlung im Wege willkürlicher Auslegung zu seinen Lasten verschärft.
aa) § 13 b Abs. 2 UrhWahrnG, auf dem die angegriffenen zivilgerichtlichen Urteile maßgeblich beruhen, verletzt nicht Art. 3 Abs. 1 GG.
Aus dem allgemeinen Gleichheitssatz ergeben sich je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen unterschiedliche Grenzen für den Gesetzgeber, die vom bloßen Willkürverbot bis zu einer strengen Bindung an Verhältnismäßigkeitserfordernisse reichen (vgl. BVerfGE 88, 87 ≪96≫). Da der Grundsatz, dass alle Menschen vor dem Gesetz gleich sind, in erster Linie eine ungerechtfertigte verschiedene Behandlung von Personen verhindern soll, unterliegt der Gesetzgeber bei der Ungleichbehandlung von Personengruppen regelmäßig einer strengen Bindung (vgl. BVerfGE 55, 72 ≪88≫). Bei lediglich verhaltensbezogenen Unterscheidungen hängt das Maß der Bindung davon ab, inwieweit die Betroffenen in der Lage sind, durch ihr Verhalten die Verwirklichung der Merkmale zu beeinflussen, nach denen unterschieden wird (vgl. BVerfGE 55, 72 ≪89≫; 88, 87 ≪96≫).
Da die gesetzliche Regelung an die Position der Parteien im Geschäftsleben anknüpft, könnte dies für eine strengere Bindung des Gesetzgebers an den Gleichheitssatz sprechen. Dies kann allerdings letztlich offen bleiben, da auch bei Anlegung des strengen Prüfungsmaßstabes § 13 b Abs. 2 UrhWahrnG vor Art. 3 Abs. 1 GG Bestand hat. Denn für die vom Gesetzgeber vorgenommene Differenzierung bestehen Gründe solcher Art und von solchem Gewicht, dass sie die ungleichen Rechtsfolgen rechtfertigen können. Ungleichbehandlung und rechtfertigender Grund stehen in einem angemessenen Verhältnis zueinander.
Durch § 13 b Abs. 2 UrhWahrnG hat der Gesetzgeber in prozessualer Hinsicht die Darlegungs- und Beweislast zu Gunsten der Verwertungsgesellschaften und damit notwendigerweise zu Lasten der in Anspruch genommenen Verwerter verändert. Abweichend von dem im zivilprozessualen Erkenntnisverfahren bestehenden Grundsatz, dass jede Prozesspartei diejenigen Tatsachen behaupten und gegebenenfalls beweisen muss, aus denen sie in Verbindung mit den entsprechenden materiell-rechtlichen Normen die von ihr geltend gemachte günstige Rechtsfolge ableitet, wird die Aktivlegitimation der Verwertungsgesellschaft, die urheberrechtliche Vergütungsansprüche geltend macht, vermutet. Dies bedeutet nicht nur eine Besserstellung gegenüber anderen Personen, die Ansprüche einklagen, sondern auch im jeweiligen Prozess gegenüber der beklagten Partei. Damit ist der Gleichheitssatz in seiner besonderen Ausprägung der „Waffengleichheit” im Zivilprozess berührt, der die Gleichwertigkeit der prozessualen Stellung der Parteien vor dem Richter gebietet (vgl. BVerfGE 52, 131 ≪156≫).
Der mit dieser Besserstellung vom Gesetzgeber verfolgte Zweck ist verfassungsrechtlich unbedenklich. Wie der Begründung der Bundesregierung zum Gesetzentwurf zu entnehmen ist, soll die gesetzliche Regelung Obstruktionsversuchen vorbeugen. Ohne sie könnte ein an sich zur Zahlung der Vergütung Verpflichteter sich dem Anspruch mit der Behauptung entziehen, dass nur Werke oder Leistungen von solchen Berechtigten vermietet, verliehen oder vervielfältigt worden seien, deren Rechte die klagende Verwertungsgesellschaft nicht wahrnehme. Da der einzelne Vermietungs-, Verleihungs- oder Vervielfältigungsvorgang bei diesen Ansprüchen üblicherweise nicht erfasst werde, wäre die klagende Verwertungsgesellschaft nicht in der Lage, ihre Sachbefugnis darzutun und zu beweisen (vgl. BTDrucks 10/837, S. 23). Die gesetzliche Regelung bezweckt damit, auch für die Verwertungsgesellschaften einen effektiven Rechtsschutz bei Durchsetzung der urheberrechtlichen Ansprüche im zivilgerichtlichen Verfahren zu gewährleisten.
Die widerlegliche Vermutung des § 13 b Abs. 2 UrhWahrnG ist offenkundig geeignet, diesen Zweck zumindest zu fördern. Ein milderes Mittel, das einerseits die in Anspruch Genommenen weniger belastete, andererseits aber den verfolgten Zweck in gleichem Maße förderte, ist nicht ersichtlich. Die bloße gesetzliche Statuierung einer Verpflichtung, eine urheberrechtliche Vergütungsansprüche auslösende Verwertung bei der Verwertungsgesellschaft zu melden, um dieser dann die Geltendmachung der Ansprüche zu ermöglichen, ist offenkundig unzureichend.
Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers wären die Verwertungsgesellschaften aber auch unter den heutigen Bedingungen einer effizienten Datensammlung und -verarbeitung nicht oder nur mit einem unverhältnismäßigen Aufwand in der Lage, von sich aus alle relevanten Verwertungsvorgänge zu erfassen, um dann entsprechend für die Urheber Zahlungsansprüche geltend zu machen. In Anbetracht der großen Menge urheberrechtlich geschützter Werke, insbesondere der Vielzahl von Neuproduktionen, die ständig auf den Markt gebracht werden, sowie der zahllosen einzelnen Verwertungsakte in einer großen Zahl von Einrichtungen wäre auch die GEMA als größte Verwertungsgesellschaft mit der effektiven Wahrnehmung der Urheberrechte überfordert bzw. könnte ihrer Aufgabe nur mit einem Aufwand gerecht werden, der zur Folge hätte, dass auf Grund der damit verbundenen Mehrkosten die den Urhebern ausgezahlte Vergütung entsprechend vermindert oder der von den Vergütungspflichtigen zu zahlende Betrag entsprechend erheblich erhöht werden müsste.
Angesichts dieser Situation ist die gesetzliche Regelung auch angemessen. § 13 b Abs. 2 UrhWahrnG ist als gesetzliche Vermutung ausgestaltet, die widerlegt werden kann. Es ist einzuräumen, dass es für den in Anspruch genommenen Verwerter eine Mehrbelastung bedeutet, wenn ihm die Widerlegung der Vermutung auferlegt wird. Dies erscheint aber im Hinblick auf den begrenzten Bestand an urheberrechtlich relevanten Werken, für den der einzelne Verwerter die notwendigen Informationen beschaffen müsste, zumutbar (vgl. OLG Köln, Urteil vom 3. April 1998 – 6 U 139/97 –, ZUM 1998, S. 659 f.). Das gilt umso mehr, als die Produzenten der Bildtonträger die entsprechenden Informationen, die gegebenenfalls zur Widerlegung der Vermutung geeignet sind, dem zur Vermietung verkauften Vervielfältigungsstück beifügen können. Es ist Sache der Videothekare bzw. deren Interessenverbände, in diesem Sinne auf die Produzenten einzuwirken. Die Produzenten ihrerseits werden voraussichtlich – dies gilt angesichts der Größe des Marktes in Deutschland auch für ausländische Produzenten – diesem Ansinnen nachkommen, da sie ihrerseits an einer Vermietung ihrer Produktionen interessiert sind.
Insbesondere aber erscheint die Vermutung des § 13 b Abs. 2 UrhWahrnG mit Blick auf die in § 10 UrhWahrnG normierte Auskunftspflicht der Verwertungsgesellschaften angemessen. Danach ist nämlich die Verwertungsgesellschaft verpflichtet, jedermann auf schriftliches Verlangen Auskunft darüber zu geben, ob sie Nutzungsrechte an einem bestimmten Werk oder bestimmte Einwilligungsrechte oder Vergütungsansprüche für einen Urheber oder Inhaber eines verwandten Schutzrechts wahrnimmt. Ob die einzelne Verwertungsgesellschaft ihrer gesetzlichen Auskunftspflicht tatsächlich in gebotenem Umfang nachkommt, ist für die Beurteilung der gesetzlichen Rechtslage unerheblich.
bb) Soweit der Beschwerdeführer die Auslegung des § 13 b Abs. 2 UrhWahrnG durch das Amts- und insbesondere das Landgericht angreift, ist Art. 3 Abs. 1 GG ebenfalls nicht verletzt.
Ob die Zivilgerichte bei der Gestaltung des Verfahrens, bei Feststellung des den Entscheidungen zu Grunde liegenden Sachverhalts und der darauf beruhenden Rechtsanwendung fehlerfrei vorgegangen und die Verfahrensvorschriften und Verfahrensgrundsätze richtig gesehen, ausgelegt und angewendet haben, ist zunächst eine Frage der Handhabung einfachen Rechts. Dies im Einzelfall zu kontrollieren, obliegt dem Bundesverfassungsgericht nicht (vgl. BVerfGE 28, 151 ≪160≫). Es würde dem Sinn der Verfassungsbeschwerde und der besonderen Aufgabe des Bundesverfassungsgerichts nicht gerecht werden, wollte es ähnlich wie eine Revisionsinstanz eine unbeschränkte rechtliche Nachprüfung deshalb für sich in Anspruch nehmen, weil eine gerichtliche Entscheidung oder das ihr zu Grunde liegende Verfahren möglicherweise Grundrechte des Beschwerdeführers berührt (vgl. BVerfGE 18, 85 ≪92 f.≫; 22, 93 ≪97 f.≫; 30, 173 ≪196 f.≫; 49, 304 ≪314≫). Das Bundesverfassungsgericht kann auf eine Verfassungsbeschwerde hin nur eingreifen, wenn das Fachgericht spezifisches Verfassungsrecht verletzt hat, wenn es also bei seiner Entscheidung von einer unrichtigen Anschauung über die Bedeutung und den Umfang des Schutzbereichs eines Grundrechts ausgegangen ist oder wenn eine fehlerhafte Rechtsauslegung und Rechtsanwendung bei verständiger Würdigung der das Grundgesetz beherrschenden Gedanken nicht mehr verständlich ist und sich daher der Schluss aufdrängt, dass sie auf sachfremden Erwägungen beruht (vgl. BVerfGE 42, 64 ≪74≫; 52, 131 ≪157 f.≫).
Die angegriffenen Entscheidungen lassen einen Verfassungsverstoß nicht erkennen. Amts- und Landgericht haben in Übereinstimmung mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung (vgl. BGH, Urteil vom 29. Juni 1989 – I ZR 179/87 –, NJW 1990, S. 451; Urteil vom 31. Januar 1991 – I ZR 101/89 –, NJW 1991, S. 2025 f.) für die Widerlegung der Vermutung gefordert, dass der Beschwerdeführer für jeden Bildtonträger, der zum Bestand seines Vermietungsbetriebes gehörte, im Einzelnen darlegt, dass die Rechte an der auf dem Bildtonträger enthaltenen Musik nicht der Klägerin zur Wahrnehmung übertragen worden sind, weil sie etwa noch beim Produzenten verblieben oder einer anderen Verwertungsgesellschaft als der Klägerin zur Wahrnehmung übertragen worden sind. Dies erfordere für jeden einzelnen Film die Darlegung und notfalls Beweisführung, welche Musikstücke welcher Komponisten und gegebenenfalls auch Textdichter, Bearbeiter und Verleger verwendet worden seien.
Es ist nicht ersichtlich, dass die Gerichte die Grenzen zulässiger Auslegung überschritten hätten. Die von ihnen vorgenommene Auslegung des § 13 b Abs. 2 UrhWahrnG entspricht vielmehr der oben geschilderten gesetzgeberischen Intention. Ohne diese Anforderungen an eine Widerlegung der gesetzlichen Vermutung würde letztere bedeutungslos. Sie kann im gerichtlichen Verfahren ihre Wirksamkeit nur entfalten, wenn dem in Anspruch Genommenen zur Widerlegung für jeden einzelnen Film die Darlegung der genannten Detailinformationen auferlegt wird.
b) Auch soweit der Beschwerdeführer eine Verletzung seines Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs rügt, ist die Annahme der Verfassungsbeschwerde zur Durchsetzung des grundrechtsgleichen Rechts des Beschwerdeführers nicht angezeigt.
aa) Die Verfassungsbeschwerde hat auch insoweit keine Aussicht auf Erfolg, als der Beschwerdeführer eine Verletzung von Art. 103 Abs. 1 GG rügt.
Art. 103 Abs. 1 GG gibt den Beteiligten ein Recht zur Äußerung über Tatsachen, Beweisergebnisse und die Rechtslage (vgl. BVerfGE 60, 175 ≪210≫; 64, 135 ≪143≫) und verpflichtet das Gericht, den Vortrag der Beteiligten zur Kenntnis zu nehmen und bei seiner Entscheidung in Erwägung zu ziehen (vgl. BVerfGE 60, 247 ≪249≫; 70, 288 ≪293≫; 83, 24 ≪35≫).
Damit wäre es unvereinbar, wenn das Landgericht die vom Beschwerdeführer in den Anlagen eingereichten Unterlagen allein wegen ihres Umfangs nicht zur Kenntnis genommen und bei seiner Entscheidung unberücksichtigt gelassen hätte. Da gerade das Landgericht entsprechend der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs detaillierte Angaben zur Widerlegung der Vermutung des § 13 b Abs. 2 UrhWahrnG verlangt hat, waren angesichts eines Filmbestandes von etwa tausend Filmen umfangreiche Angaben für eine erfolgreiche Rechtsverteidigung geradezu geboten.
Der Verpflichtung des Gerichts zur Kenntnisnahme des Vortrags der Beteiligten entspricht jedoch auf deren Seite die Obliegenheit, so vorzutragen, dass es dem Gericht möglich ist, ohne unangemessenen Aufwand dem Vorbringen zu folgen. Art. 103 Abs. 1 GG gebietet es daher nicht, dass das erkennende Gericht sich den maßgeblichen Vortrag aus den zu Gericht gereichten Schriftsätzen nebst Anlagen zusammensucht (vgl. BVerfG, 1. Kammer des Ersten Senats, Beschluss vom 30. Juni 1994 – 1 BvR 2112/93 –, NJW 1994, S. 2683 f.). Dabei werden an die innere und äußere Ordnung des Parteivortrags im Falle einer anwaltlichen Vertretung erhöhte Anforderungen gestellt werden können.
Das Landgericht hat die vorgelegten Unterlagen nicht wegen deren Umfangs unberücksichtigt gelassen, sondern weil es nicht seine Aufgabe sei, „aus der Unmenge der Anlagen sich diejenigen herauszusuchen, die möglicherweise geeignet sind, die Sachbefugnis der Klägerin in Zweifel zu ziehen”. Tatsächlich sind den Auflistungen in den vom Beschwerdeführer überreichten Anlagen BK 1 und BK 2 nicht die zur Widerlegung der Vermutung erheblichen Angaben zu den einzelnen Filmen zu entnehmen. Ob die in der Anlage in Kopie eingereichten Erklärungen verschiedener Komponisten zu einzelnen Filmen den vom Landgericht gestellten Anforderungen für sich genommen genügen, kann dahinstehen, da es für das Gericht nur mit unangemessenem Aufwand möglich gewesen wäre, diese einzelnen Erklärungen der Bestandsliste zuzuordnen.
Es wäre Aufgabe des anwaltlich vertretenen Beschwerdeführers gewesen, den notwendigen Vortrag so anzuordnen, dass dem Gericht bezüglich jedes einzelnen Films das Nachvollziehen des Vorbringens ohne unangemessenen Aufwand möglich gewesen wäre. Dies hat der Bevollmächtigte, dem die inhaltlichen Anforderungen zur Widerlegung der Vermutung nach der Rechtsprechung bekannt sein mussten, versäumt. Das Gericht durfte auch davon ausgehen, dass ihm als Organ der Rechtspflege die Obliegenheit zum sachangemessenen Vortrag bekannt war, sodass es insoweit eines richterlichen Hinweises nicht bedurfte (vgl. BVerfGE 89, 28 ≪35≫). Der Bevollmächtigte hatte diesbezüglich auch nicht um einen richterlichen Hinweis gebeten. Seine Bitte um richterlichen Hinweis bezog sich ausdrücklich auf die Form des Vortrages. Das Landgericht hat den Vortrag aber nicht unberücksichtigt gelassen, weil er als Anlage beigefügt war, anstatt im Schriftsatz integriert zu sein, sondern weil die inhaltliche Zuordnung der Angaben zu den einzelnen Filmen einen erheblichen Aufwand verursacht hätte.
bb) Selbst wenn ein entsprechender vorheriger gerichtlicher Hinweis im Sinne einer möglichst umfassenden Gewährung rechtlichen Gehörs geboten gewesen sein sollte, beruhte das Ausbleiben eines solchen Hinweises zumindest nicht auf einer groben Verkennung des durch Art. 103 Abs. 1 GG gewährten Schutzes oder einem geradezu leichtfertigen Umgang mit grundrechtlich geschützten Positionen. Auch wären rechtsstaatliche Grundsätze keinesfalls krass verletzt. Denn der gegebenenfalls vorliegende Grundrechtsverstoß des Gerichts hat umso geringeres Gewicht, je eher die Prozessbeteiligten durch Erfüllung ihrer Obliegenheiten – hier: einen nachvollziehbaren Vortrag der erheblichen Tatsachen – die nachteiligen Folgen für sich selbst hätten vermeiden können.
Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 93 d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
Unterschriften
Papier, Steiner, Hoffmann-Riem
Fundstellen
Haufe-Index 565122 |
NJW 2001, 1200 |
GRUR 2001, 48 |
ZUM 2001, 159 |