Verfahrensgang
Tenor
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.
Gründe
Die Verfassungsbeschwerde betrifft Fragen der Auslegung von Vorschriften des Kreditwesengesetzes (KWG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 9. September 1998 (BGBl I S. 2776) im Zusammenhang mit der Finanzportfolioverwaltung im Rahmen einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (im Folgenden: GbR).
I.
1. Der Beschwerdeführer ist Gesellschafter und war bis Juli 2004 Geschäftsführer einer GbR, der K1 Fonds GbR, die das Ziel einer gemeinsamen privaten Kapitalanlage in Devisen-, Aktien-(Index-)-, Zins- und Terminmärkten verfolgt.
2. Mit Bescheid vom 8. August 2001 untersagte das Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen (jetzt: Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht) dem Beschwerdeführer gemäß § 37 KWG die Finanzportfolioverwaltung sowie die Werbung für diese und gab ihm unter anderem auf, die erteilten Handlungsvollmachten zu widerrufen, soweit es andere Geschäfte als die Rückführung des GbR-Vermögens betrifft. Der Beschwerdeführer erbringe die Finanzportfolioverwaltung ohne die hierfür nach § 32 KWG erforderliche Erlaubnis. Das Tatbestandsmerkmal “für andere” im Sinne von § 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 3 KWG sei gegeben, da eine GbR keine juristische Person sei und die Vermögensverwaltungstätigkeit des Beschwerdeführers darum für die Gesellschafter der K1 Fonds GbR erbracht werde.
Nach Zurückweisung der Anfechtungsklage durch das Verwaltungsgericht legte der Beschwerdeführer Sprungrevision zum Bundesverwaltungsgericht ein.
3. Das Bundesverwaltungsgericht wies die Revision mit Urteil vom 22. September 2004 (BVerwGE 122, 29) zurück.
Das Tatbestandsmerkmal “für andere” grenze die Finanzportfolioverwaltung von der Eigenvermögensverwaltung ab, die keine Finanzdienstleistung nach dem Kreditwesengesetz sei. Mit der Verwaltung der Vermögen seiner Mitgesellschafter erbringe der Beschwerdeführer im Verhältnis zu diesen Dienstleistungen. Wegen der satzungsmäßig starken Stellung des geschäftsführenden Gesellschafters blieben die Mitgesellschafter im Verhältnis zu dem Beschwerdeführer “andere”, denen der Beschwerdeführer seine Dienste erbringe.
Dem könne nicht mit Erfolg entgegengehalten werden, die GbR stehe einer juristischen Person so nahe, dass der Beschwerdeführer nur Eigengeschäfte der Gesellschaft erbringe. Die der GbR durch die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zugesprochene Rechtsfähigkeit ändere nichts daran, dass es sich in der hier vorliegenden Vertragsgestaltung um eine Zusammenführung einer unbestimmten Vielzahl von Anlegern handele, die ohne weitergehende Verbindung untereinander jeweils Leistungen des Beschwerdeführers entgegennehmen wollten. Der Bundesgerichtshof habe in seinem Urteil vom 23. Oktober 2001 (BGHZ 149, 80 ≪84≫) zu Recht hervorgehoben, dass für die Anwendbarkeit eines Gesetzes nicht maßgeblich sei, ob der GbR Rechtsfähigkeit zukomme, sondern der Schutzzweck des in Rede stehenden Gesetzes. Der Schutzzweck der Norm gebiete im vorliegenden Fall ein Verständnis dahin, dass die Mitgesellschafter einer GbR in der Ausgestaltung, wie sie hier vorliege, gegenüber dem allein geschäftsführungsbefugten Mitgesellschafter “andere” im Sinne des § 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 3 KWG seien. Im vorliegenden Zusammenhang gelte wie im Anwendungsbereich des Wertpapierhandelsgesetzes, dass der Vermögensverwalter nicht im Zusammenhang mit seiner Dienstleistung ein Gebilde schaffen könne, um sich dem Schutzmechanismus des Gesetzes zu Lasten der wirklichen Anleger zu entziehen.
Mit diesen Ausführungen sei nichts über die Rechtslage in denjenigen Fällen gesagt, in denen die Verwaltung des Vermögens natürlicher Personen in der Form einer juristischen Person (abgesehen von einer Investmentaktiengesellschaft) oder einer Personenhandelsgesellschaft erfolge. Ebenfalls unerörtert bleiben könne, ob der geschäftsführende Gesellschafter einer auf persönlichen Beziehungen der Gesellschafter untereinander beruhenden und der Vermögensanlage dienenden GbR (“Investmentclub”), nach deren gesellschaftsrechtlicher Ausgestaltung ein wirkliches Mitwirkungsrecht aller Gesellschafter bestehe, das nicht durch die Geschäftsführerbefugnisse praktisch ausgehöhlt sei, Finanzportfolioverwaltung im Sinne von § 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 3 KWG betreibe.
4. Der Beschwerdeführer rügt mit seiner Verfassungsbeschwerde unter anderem die Verletzung von Art. 2 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1, Art. 20 Abs. 3 sowie Art. 103 Abs. 2 GG.
Der Behördenbescheid und die gerichtlichen Entscheidungen verstießen gegen Art. 3 Abs. 1 GG, da sie ohne sachlichen Grund den Geschäftsführer eines in Form einer GbR betriebenen Investmentclubs oder einer GbR, die eigenes Vermögen in Finanzinstrumenten anlege, anders behandelten als den Geschäftsführer einer in Form einer offenen Handelsgesellschaft (im Folgenden: OHG) oder Kommanditgesellschaft (im Folgenden: KG) betriebenen Investmentclubs oder einer solchen Personenhandelsgesellschaft, die eigenes Vermögen in Finanzinstrumenten anlege. Aufgrund der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Rechtsfähigkeit der GbR und der generellen weitgehenden Annäherung an die OHG liege eine Ungleichbehandlung von wesentlich Gleichem vor. Der vom Bundesverwaltungsgericht angeführte Anlegerschutz und die Stabilität des Finanzsystems stellten keinen sachlichen Grund für diese Ungleichbehandlung dar. Zwar könnten Anlegerschutzerwägungen unter Umständen zu einer generellen Anwendbarkeit des Kreditwesengesetzes herangezogen werden, jedoch mit der Folge, dass aufgrund der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Rechtsfähigkeit der GbR diese wie die OHG zu behandeln wäre. Dann liege aber ebenso wie bei einem in Form einer OHG oder einer KG betriebenen Investmentclub ein erlaubnisfreier Eigenhandel nach § 1 Abs. 3 Nr. 5 KWG vor.
Eine weitere Ungleichbehandlung bestehe darin, dass bei einer GbR in der vorliegenden gesellschaftsrechtlichen Ausgestaltung eine erlaubnispflichtige Finanzportfolioverwaltung angenommen, dies bei einer GbR mit einem echten Mitwirkungsrecht aller Gesellschafter seitens des Bundesverwaltungsgerichts aber wohl anders gesehen werde.
Außerdem liege ein Verstoß gegen Art. 20 Abs. 3 GG vor, der über Art. 2 Abs. 1 GG gerügt werden könne. Die Gerichte dürften sich nicht in die Rolle einer normsetzenden Instanz begeben. Die Anwendung der Normen des Kreditwesengesetzes auf die vorliegende Konstellation bedeute aber eine im Rahmen von Art. 20 Abs. 3 GG ausgeschlossene und unzulässige Analogie. Die unzulässige analoge Anwendung des § 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 3 KWG auf den vorliegenden Sachverhalt begründe weiter einen Verstoß gegen Art. 103 Abs. 2 GG. § 54 Abs. 1 Nr. 2 KWG stelle das Betreiben von Finanzdienstleistungen ohne erforderliche Erlaubnis nach § 32 Abs. 1 Satz 1 KWG unter Strafe; der Straftatbestand nehme damit Bezug auf verwaltungsrechtliche Vorgaben im Kreditwesengesetz (Verwaltungsakzessorietät im Strafrecht). Die Gerichte und Behörden hätten verkannt, dass sich die Einordnung der Tätigkeit des Beschwerdeführers gerade nicht mehr im Rahmen der üblichen Auslegung halte.
II.
Die Verfassungsbeschwerde ist nicht zur Entscheidung anzunehmen, weil die Annahmevoraussetzungen des § 93a Abs. 2 BVerfGG nicht vorliegen. Weder kommt der Verfassungsbeschwerde grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung zu noch ist ihre Annahme zur Durchsetzung der Rechte des Beschwerdeführers angezeigt.
1. Die Voraussetzungen einer Verletzung des Gleichheitssatzes (vgl. BVerfGE 42, 64 ≪72≫; 55, 114 ≪128≫; 71, 255 ≪271≫) sind ebenso geklärt wie Reichweite und Schranken des sich aus dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) ergebenden Vorrangs des Gesetzes (vgl. BVerfGE 8, 155 ≪169 f.≫; 56, 216 ≪241≫) und des Bestimmtheitsgebotes strafrechtlicher Normen in Art. 103 Abs. 2 GG (vgl. BVerfGE 32, 346 ≪362 f.≫).
2. Die Verfassungsbeschwerde hat keine Aussicht auf Erfolg.
a) Die angegriffenen Entscheidungen verstoßen nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Dieser gebietet, Gleiches gleich, Ungleiches seiner Eigenart entsprechend verschieden zu behandeln (vgl. BVerfGE 42, 64 ≪72≫; stRspr). Der Gleichheitssatz ist verletzt, wenn sich ein vernünftiger, aus der Natur der Sache sich ergebender oder sonstwie einleuchtender Grund für die vom Gesetzgeber vorgenommene Differenzierung oder Gleichbehandlung nicht finden lässt (vgl. BVerfGE 55, 114 ≪128≫; 71, 255 ≪271≫; stRspr). Art. 3 Abs. 1 GG ist vor allem dann verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen können (vgl. BVerfGE 55, 72 ≪88≫; 81, 108 ≪118≫; 100, 195 ≪205≫; stRspr).
Eine solche Grundrechtsverletzung liegt nicht nur dann vor, wenn der Gesetzgeber mehrere Personengruppen ohne sachlichen Grund verschieden behandelt, sondern auch dann, wenn die Gerichte im Wege der Auslegung gesetzlicher Vorschriften zu einer derartigen, dem Gesetzgeber verwehrten Differenzierung gelangen (vgl. BVerfGE 40, 65 ≪81≫; 47, 168 ≪177≫; 58, 369 ≪374≫). Allerdings verletzen unterschiedliche Auslegungen derselben Norm durch verschiedene Gerichte das Gleichbehandlungsgebot nicht. Denn die Richter sind nach Art. 97 Abs. 1 GG unabhängig und nur dem Gesetz unterworfen (vgl. BVerfGE 87, 273 ≪278≫).
Nach diesen Maßstäben verstößt die Auslegung des § 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 3 KWG, nach der der Geschäftsführer einer GbR mit den gesellschaftsrechtlichen Besonderheiten der K1 Fonds GbR die Verwaltung des Vermögens “für andere” übernimmt und damit Finanzportfolioverwaltung betreibt, nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG.
Die angegriffenen Entscheidungen treffen keine generelle Aussage über die Behandlung von juristischen Personen und Personenhandelsgesellschaften einerseits und Gesellschaften bürgerlichen Rechts andererseits, die vor Art. 3 GG gerechtfertigt werden müsste, sondern legen das Tatbestandsmerkmal “für andere” im konkreten Fall aus. Dabei verstoßen sie weder gegen Art. 3 GG noch gegen die Grenzen der richterlichen Rechtsfortbildung.
Die Auslegung des einfachen Gesetzesrechts einschließlich der Wahl der hierbei anzuwendenden Methoden ist Sache der Fachgerichte und vom Bundesverfassungsgericht grundsätzlich nicht auf ihre Richtigkeit hin zu überprüfen. Bedient sich das Fachgericht dabei herkömmlicher Auslegungsmethoden, bestehen dagegen keine verfassungsrechtlichen Bedenken (vgl. BVerfGE 11, 126 ≪130≫; 82, 6 ≪11≫). Verfassungsrechtliche Schranken ergeben sich allerdings aus dem in Art. 20 Abs. 3 GG angeordneten Vorrang des Gesetzes. Hat der Gesetzgeber eine eindeutige Entscheidung getroffen, darf der Richter diese nicht aufgrund eigener rechtspolitischer Vorstellungen verändern und durch eine judikative Lösung ersetzen, die so im Parlament nicht erreichbar war (vgl. BVerfGE 82, 6 ≪11 f.≫).
Diesem Maßstab werden die angegriffenen Entscheidungen gerecht. Die Auslegung des Tatbestandsmerkmals “für andere” in § 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 3 KWG, die den Schwerpunkt der rechtlichen Problematik sowohl nach Auffassung des Beschwerdeführers als auch der Gerichte bildet, überschreitet den durch Art. 20 Abs. 3 GG gezogenen Rahmen nicht.
In der Literatur wird die Frage, ob der Geschäftsführer einer Vermögensverwaltungs-GbR bei der Verwaltung von deren Finanzinstrumenten “für andere” im Sinne des § 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 3 KWG handelt, gerade im Hinblick auf die zunehmende Anerkennung der GbR als Rechtssubjekt kontrovers diskutiert (für eine Einbeziehung Reischauer/Kleinhans, Kreditwesengesetz, Band I, Loseblatt, § 1 Rn. 192 ≪Stand: Februar 2004≫; dagegen Fülbier, in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler, Kreditwesengesetz, 2. Aufl. 2004, § 1 Rn. 131). Das Bundesverwaltungsgericht stellt die der Außen-GbR durch den Bundesgerichtshof zugesprochene Rechtssubjektivität nicht in Frage, sondern zieht lediglich aus der Anerkennung der Rechtssubjektivität keine zwingende Folge für die Auslegung von § 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 3 KWG; entscheidend sei, dass es sich in der vorliegenden Vertragsgestaltung um eine Zusammenführung einer unbestimmten Vielzahl von Anlegern handele, die ohne weitere Verbindung untereinander jeweils Leistungen des Beschwerdeführers entgegennehmen wollten. Hiergegen sind verfassungsrechtliche Bedenken nicht zu erheben.
b) Schließlich liegt auch kein Verstoß gegen Art. 103 Abs. 2 GG vor. Das gilt schon deshalb, weil ein verwaltungsrechtlicher Erlaubnistatbestand wie § 32 Abs. 1 Satz 1 KWG, den die Strafvorschrift des § 54 Abs. 1 Nr. 2 KWG in Bezug nimmt, nicht generell den strengen Beschränkungen des Art. 103 Abs. 2 GG unterliegt, sondern nur, soweit er zur Ausfüllung der strafrechtlichen Blankettnorm herangezogen und damit selbst zum Teil der Strafrechtsnorm wird (zu den Anforderungen an strafrechtliche Blankettnormen vgl. BVerfGE 75, 329 ≪342≫). Im Ausgangsverfahren ging es aber allein um eine verwaltungsrechtliche Untersagungsverfügung, nicht um ein strafrechtliches Verfahren. Demgemäß beruhen die angegriffenen Entscheidungen nicht auf der vom Beschwerdeführer zur Begründung der Rüge herangezogenen Vorschrift des § 54 Abs. 1 Nr. 2 KWG.
Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 93d Abs. 1 Satz 2 BVerfGG).
Unterschriften
Haas, Hömig, Bryde
Fundstellen
DStR 2006, 1147 |
DStZ 2006, 639 |
NJW 2006, 3340 |
NVwZ 2006, 926 |
EWiR 2006, 633 |
NZG 2006, 499 |
WM 2006, 959 |
WuB 2006, 721 |
ZIP 2006, 1484 |