Verfahrensgang
OLG Koblenz (Beschluss vom 05.03.2008; Aktenzeichen 2 Ws 52/08 (Vollz)) |
LG Koblenz (Beschluss vom 13.12.2007; Aktenzeichen 7 StVK 432/07) |
Tenor
1. Der Beschluss des Landgerichts Koblenz, Strafvollstreckungskammer Diez, vom 13. Dezember 2007 – 7 StVK 432/07 – verletzt den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Artikel 2 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 1 Absatz 1 des Grundgesetzes, soweit er die in der Vollzugsplanfortschreibung vom 10. Oktober 2007 getroffene Feststellung zur Frage der Gewährung von Vollzugslockerungen betrifft.
2. Der Beschluss des Landgerichts wird im genannten Umfang aufgehoben. Die Sache wird an das Landgericht Koblenz zurückverwiesen.
3. Der Beschluss des Oberlandesgerichts Koblenz vom 5. März 2008 – 2 Ws 52/08 (Vollz) – wird damit gegenstandslos.
4. Das Land Rheinland-Pfalz hat dem Beschwerdeführer die notwendigen Auslagen zu erstatten.
Tatbestand
I.
Der Beschwerdeführer verbüßt in der Vollzugsanstalt Diez seit 1994 eine lebenslange Freiheitsstrafe. Im Strafurteil wurde die besondere Schwere der Schuld festgestellt. Mit seiner Verfassungsbeschwerde wendet er sich gegen eine die Nichtgewährung von Lockerungen betreffende Feststellung in der Fortschreibung seines Vollzugsplans.
1. Für den Beschwerdeführer wurde unter dem 10. Oktober 2007 eine Vollzugsplanfortschreibung erstellt, in der es zur Frage der Gewährung von Vollzugslockerungen heißt, erst „im Anschluss” an die Festlegung der Mindestverbüßungsdauer „können konkrete Planungen im Hinblick auf Vollzugslockerungen erfolgen”, und bevor „der Beschluss zur Mindestverbüßungszeit nicht eingegangen ist, können keine Entscheidungen hinsichtlich der Lockerungsgewährung getroffen werden”.
Im Einzelnen hat die Vollzugsplanfortschreibung folgenden Inhalt:
„Der Gefangene verbleibt weiterhin im geschlossenen Vollzug der Vollzugsabteilung B.
Während der Haft gelang es Herrn M., das Fachabitur erfolgreich abzuschließen (Prüfung am 26.06.2007 mit der Durchschnittsnote 2,6). Auf das Abitur aufbauend begann er nunmehr als Vollzeitstudent ein Studium (Politik und Organisation). Der Studiengang (Bachelor) dauert 3 Jahre, für den Master müsste er noch 2 Jahre länger studieren. Der Gefangene erscheint hoch motiviert noch während der Haft den Studiengang der Fernuniversität Hagen erfolgreich abzuschließen.
Inzwischen wurde mit Schreiben vom 16.04.2007 zur Festsetzung der Mindestverbüßungsdauer Stellung genommen. Mit der Festlegung der Mindestverbüßungsdauer wird zum Ende des Jahres gerechnet. Erst im Anschluss daran können konkrete Planungen im Hinblick auf Vollzugslockerungen erfolgen.
Während der Konferenz wurde nochmals auf die Stellungnahme des psychologischen Dienstes eingegangen. Darin äußerte OPR W., dass Herr M. zwar zu diszipliniertem Lebenswandel und zu zielorientierter Arbeit fähig sei, es gäbe an den Schilderungen und Darstellungen des Gefangenen eigentlich nichts, worüber ein Diagnostiker im Hinblick auf eine günstige Prognose stolpern müsste. Herr M. habe die Motive seiner Tatbegehung verstanden, Scham und Betroffenheit entwickelt, diese auch zulassen können und habe zudem neue und andere Perspektiven für ein künftiges Leben entwickelt. Er habe sich einer Psychotherapie unterzogen und sein anfangs kämpferisches Verhalten im Vollzug reflektiert und weitestgehend aufgegeben. Dennoch stellten sich beim Diagnostiker Gefühle von Zweifel und Unsicherheit ein, ob die Regungen und Gefühlsschilderungen echt und authentisch waren.
In der Konferenz versucht Herr M. in den psychologischen Gesprächen ehrlich zu sein. Auf Nachfrage, ob er sich tatsächlich verändert hätte, gibt er an, er habe das Unrecht der Tat eingesehen und würde sich heute vom Querulantentum distanzieren.
Auf das Angebot, in den Wohngruppenvollzug der Vollzugsabteilung E verlegt zu werden, möchte er nur eingehen, wenn ihm eine Einzelzelle angeboten wird oder wenn er einen passenden Gefangenen für eine Gemeinschaft findet. Er begründet dies mit dem hier anvertrauten Umfeld und den eingeschränkten Sportmöglichkeiten im E-Flügel. Im Übrigen hätte er in der JVA Frankenthal ausreichend den Wohngruppenvollzug praktiziert. Dennoch ist er bereit, sich den E-Flügel persönlich vor seiner endgültigen Entscheidung anzuschauen.
Das Vollzugsverhalten ist weiterhin beanstandungsfrei. Innerhalb der Vollzugsabteilung wird er als ruhig und freundlich beschrieben. Er nehme an Freizeitaktivitäten (z.B. Tischtennisauswahl) teil, tätige Umschluss und kommt den Weisungen der Bediensteten nach.
Regelmäßig führt Herr M. Besuchsüberstellung zu seiner Schwester nach K. durch. Ansonsten pflegt er Kontakt zu seinen Eltern (I.) und einem ehemaligen Strafgefangenen.
Bevor der Beschluss zur Mindestverbüßungszeit nicht eingegangen ist, können keine Entscheidungen hinsichtlich der Lockerungsgewährung getroffen werden.
Unregelmäßige Urinkontrollen sind weiterhin angezeigt, auch wenn Herr M. sich bislang vom Drogenkonsum innerhalb der Anstalt distanzierte.”
2. a) Der Beschwerdeführer stellte Antrag auf gerichtliche Entscheidung (§ 109 StVollzG). Die Ablehnung jeglicher Vollzugslockerung verletze ihn in seinem durch Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG geschützten Resozialisierungsinteresse. Die pauschale Bezugnahme auf die noch nicht erfolgte Festlegung der Mindestverbüßungszeit als Grund für die Verwehrung jeglicher Vollzugslockerungen sei keine ausreichende Grundlage für die Beurteilung der Frage, ob nunmehr Vollzugslockerungen gewährt werden könnten. Es fehle an der notwendigen umfassenden Abwägung der für und gegen die Gewährung von Vollzugslockerungen sprechenden Umstände. Besonders schwer wiege, dass die Fortschreibung nicht erkennen lasse, auf welchen gesetzlichen Versagungsgrund oder auf welche Ermessenserwägungen die ablehnende Entscheidung sich stütze. Die Vollzugsanstalt habe verkannt, dass die Feststellung der besonderen Schwere der Schuld im Urteil des Schwurgerichts nicht notwendigerweise zu einer Verlängerung der Mindestvollstreckungsdauer von 15 Jahren führen müsse. Denn auch in den Fällen, in denen das Vorliegen besonderer Schwere der Schuld durch das erkennende Gericht festgestellt wurde, müsse gemäß § 57a Abs. 1 Nr. 2 StGB geprüft werden, ob die besondere Schwere der Schuld die weitere Vollstreckung gebiete.
Daneben erhob der Beschwerdeführer weitere Einwände gegen die Vollzugsplanfortschreibung. Von der Darstellung dieser Beanstandungen und ihrer Behandlung durch das Landgericht wird abgesehen, da die Verfassungsbeschwerde sich hierauf nicht bezieht.
b) Die Vollzugsanstalt führte in ihrer Stellungnahme aus, Lockerungen orientierten sich auch am voraussichtlichen Entlassungszeitpunkt, zumal im Strafurteil – das bei dem vom Beschwerdeführer begangenen Tötungsdelikt drei Mordmerkmale festgestellt habe – festgehalten worden sei, dass die Mindestverbüßungsdauer von 15 Jahren deutlich überschritten werden müsse. Zwar habe der Beschwerdeführer die Taten zwischenzeitlich mit Hilfe des psychologischen Dienstes aufgearbeitet, am Anti-Gewalt-Training teilgenommen und das Abitur erreicht sowie ein verbessertes Vollzugsverhalten gezeigt. Dennoch müsse der Beschluss über die Mindestverbüßungsdauer abgewartet werden, bevor über Vollzugslockerungen entschieden werden könne. Zu berücksichtigen sei auch, dass der Beschwerdeführer in der Haft wegen Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz zu einer weiteren Haftstrafe von einem Jahr und neun Monaten verurteilt worden sei. Derzeit könne noch keine verlässliche Prognose erstellt werden. Fraglich sei zudem, inwieweit vor der Gewährung von Vollzugslockerungen noch ein externes Gutachten erforderlich werde. Erst nach Eingang der festgelegten Mindestverbüßungsdauer könne die Lockerungseignung geprüft werden. Nach Abwägung aller für und gegen den Beschwerdeführer sprechenden Argumente und insbesondere des Resozialisierungsinteresses des Gefangenen sei die Vollzugsplankonferenz zu dem Ergebnis gekommen, dass die Gewährung von Vollzugslockerungen nicht angezeigt sei.
c) Der Beschwerdeführer erwiderte, das Strafvollzugsgesetz lasse auch im Falle des Vollzugs lebenslanger Freiheitsstrafen bereits nach zehn Jahren Verbüßungsdauer die Gewährung von Urlaub zu. Damit habe der Gesetzgeber erkennen lassen, dass er auch bei einer weiteren zu verbüßenden Haftzeit von mindestens weiteren fünf Jahren die Gewährung einer weitreichenden Vollzugslockerung wie Urlaub für vertretbar halte. Die Entscheidung über die Gewährung von Vollzugslockerungen sei unabhängig von der Frage der Aussetzung des Strafrests zur Bewährung und einem in diesem Zusammenhang gegebenenfalls einzuholenden Gutachten zu treffen, zumal erfolgreich durchlaufene Vollzugslockerungen entscheidende Anknüpfungstatsachen im Rahmen der vollstreckungsrechtlichen Gesamtwürdigung seien.
d) Mit angegriffenem Beschluss vom 13. Dezember 2007 wies das Landgericht den Antrag als unbegründet zurück. Der Gefangene habe keinen Anspruch auf Aufnahme bestimmter Maßnahmen in den Vollzugsplan, sondern lediglich Anspruch auf diesbezüglich ermessensfehlerfreie Entscheidung. Ein Ermessensfehler sei hier – auch hinsichtlich der Gewährung von Vollzugslockerungen – nicht ersichtlich. Die Vollzugsanstalt habe unter Zugrundelegung ihrer Kenntnisse und ihrer Würdigung zur Persönlichkeit des Beschwerdeführers und seines Vollzugsverhaltens Abwägungen vorgenommen, die Ermessensfehler nicht erkennen ließen.
Anhaltspunkte für eine Flucht- oder Missbrauchsgefahr lägen beim Beschwerdeführer nicht vor; auf Flucht- oder Missbrauchsgefahr habe sich die Vollzugsanstalt nicht gestützt. Vielmehr habe sie unter Abwägung der im Einzelfall für und gegen eine Verlegung sprechenden Umstände unter Berücksichtigung der Persönlichkeit sowie der Entwicklung und des Verhaltens des Beschwerdeführers im Strafvollzug eine ermessensfehlerfreie Entscheidung getroffen. Dies ergebe sich insbesondere daraus, dass auch positive Gesichtspunkte, die für die Gewährung von Lockerungen sprechen könnten, aufgeführt worden seien. Entscheidend seien für die Vollzugsanstalt die Persönlichkeit des Beschwerdeführers sowie der noch ausstehende Beschluss zur Mindestverbüßungszeit gewesen. Zwar habe die Vollzugsanstalt – insoweit sei den Ausführungen des Beschwerdeführers zu folgen – eine von der Festsetzung der Mindestverbüßungszeit unabhängige Gesamtabwägung der Umstände vorzunehmen. Allerdings sei auch zu beachten, dass sich die Gewährung von Vollzugslockerungen als Form der Behandlungsmaßnahme insbesondere auch als eine Entlassungsvorbereitung darstelle. Zwar könne allein der Umstand, dass der Zeitpunkt der Entlassung noch nicht absehbar sei, die Versagung von Vollzugslockerungen nicht begründen. Entscheidend träten jedoch weitere Faktoren hinzu. So sei der Beschwerdeführer während der Haft erneut straffällig geworden; auch könne die Vollzugsanstalt unter Zugrundelegung des Eindrucks, den sie durch den persönlichen Umgang mit dem Beschwerdeführer habe gewinnen können, nicht hinreichend verlässlich bewerten, inwieweit die Aufarbeitung und das Verhalten des Beschwerdeführers von Aufrichtigkeit und Ehrlichkeit bestimmt seien, so dass eine verlässliche positive Prognose nicht gestellt werden könne.
3. Der Beschwerdeführer erhob Rechtsbeschwerde. Es fehle an einer vollständigen Ermittlung und Würdigung des Sachverhalts. Die Strafvollstreckungskammer dürfe den Sachvortrag einer Seite nicht ungeprüft zugrundelegen. Diese hätte die Gefangenenpersonalakte mit der Stellungnahme des psychologischen Dienstes beiziehen müssen und Feststellungen in der Vollzugsplanfortschreibung nicht ungeprüft übernehmen dürfen. Im Fall der Beiziehung der Gefangenenpersonalakte und der Stellungnahme des Psychologischen Dienstes wäre der Kammer nicht verborgen geblieben, dass in der Stellungnahme nur von einem „Graubereich des leichten Zweifels” die Rede sei und nicht von „Zweifeln daran, ob die Regungen und Gefühlsschilderungen des Antragsstellers echt seien”. Ferner sei nicht nachvollziehbar, warum das Gericht davon ausgehe, dass Lockerungen vor dem Ergehen eines Beschlusses über die weitere Vollstreckung der Freiheitsstrafe nicht gewährt werden könnten, obwohl es zu dem Ergebnis gekommen sei, dass weder für eine Flucht- noch für eine Missbrauchsgefahr Anhaltspunkte vorlägen. Die Kammer habe zudem übersehen, dass es für die ausstehende Entscheidung über eine Aussetzung des Strafrests zur Bewährung ganz wesentlich darauf ankomme, ob er sich bereits im Rahmen von Vollzugslockerungen bewährt habe. Die ermessensfehlerhafte Versagung von Lockerungen nehme ihm die Möglichkeit, durch erfolgreiches Durchlaufen von Vollzugslockerungen zu einer ausreichenden Bandbreite an prognostisch bedeutsamen Anknüpfungstatsachen beizutragen. Er befinde sich seit mehr als 14 Jahren in Haft. Bislang seien ihm keinerlei Lockerungen, nicht einmal Ausführungen, gewährt worden.
Mit angegriffenem Beschluss vom 5. März 2008 verwarf das Oberlandesgericht die Rechtsbeschwerde als unzulässig; die Nachprüfung der angefochtenen Entscheidung sei weder zur Fortbildung des Rechts noch zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung geboten.
Entscheidungsgründe
II.
1. Mit seiner gegen den Beschluss des Landgerichts, soweit er die lockerungsbezogene Vollzugsplanfortschreibung betrifft, und gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts gerichteten Verfassungsbeschwerde macht der Beschwerdeführer geltend, die gerichtliche Bestätigung der auf die fehlende Festlegung der Mindestverbüßungszeit gestützten Versagung von Vollzugslockerungen verletze ihn in seinem durch Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 1 GG geschützten Resozialisierungsinteresse. Die Strafvollstreckungskammer habe verkannt, dass der Gesetzgeber einen Zeitrahmen für die Gewährung von Vollzugslockerungen gerade nicht vorgesehen habe. Abgesehen von der in § 13 Abs. 3 StVollzG genannten Ausnahme sei die Gewährung von Vollzugslockerungen nach dem Strafvollzugsgesetz auch bei zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilten Gefangenen jederzeit unter den Voraussetzungen des § 11 Abs. 2 StVollzG möglich. Billigte man das Vorgehen der Justizvollzugsanstalt, so hätte dies zur Folge, dass zu lebenslanger Haft Verurteilte, bei denen die besondere Schwere der Schuld festgestellt sei, von jeglicher Vollzugslockerung – sogar von Ausführungen in Begleitung von Beamten – bis zur Festsetzung der Mindestverbüßungsdauer ausgeschlossen wären. Dies sei unter Resozialisierungsgesichtspunkten unvertretbar.
2. Das Ministerium der Justiz des Landes Rheinland-Pfalz hat von einer Stellungnahme abgesehen.
3. Der Beschwerdeführer hat mitgeteilt, dass ihm nach wie vor keine Vollzugslockerungen gewährt werden.
III.
Die Verfassungsbeschwerde wird gemäß § 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG zur Entscheidung angenommen, weil dies zur Durchsetzung der Grundrechte des Beschwerdeführers angezeigt ist. Die Entscheidungskompetenz der Kammer ist gegeben (§ 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG); die für die Entscheidung des Falles maßgeblichen verfassungsrechtlichen Grundsätze sind in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts geklärt. Die Verfassungsbeschwerde ist danach zulässig (1.) und offensichtlich begründet im Sinne des § 93c Abs. 1 BVerfGG (2.).
1. Der Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerde stünde es nicht entgegen, wenn zwischenzeitlich eine weitere Fortschreibung des Vollzugsplans erfolgt sein sollte. Das Rechtsschutzinteresse wäre insoweit nicht wegen Erledigung des ursprünglichen Rechtsschutzbegehrens entfallen.
Nach dem Stand der fachgerichtlichen Rechtsprechung steht schon nicht fest, ob die weitere Fortschreibung eines Vollzugsplans überhaupt zur Erledigung eines gegen die vorausgegangene Fortschreibung gerichteten Rechtsschutzbegehrens führt (verneinend Hanseatisches OLG, Beschluss vom 13. Juni 2007 – 3 Vollz (Ws) 26/07 u.a. –, juris; für die gegenteilige Auffassung vgl. Nachweise in BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 29. Dezember 2009 – 2 BvR 244/08 –, juris).
Ein Rechtsschutzinteresse bestünde im Übrigen auch bei anzunehmender Erledigung fort. Dabei kann offen bleiben, ob sich dies im vorliegenden Fall bereits aus dem Gesichtspunkt der Wiederholungsgefahr ergibt (vgl. BVerfGK 8, 319 ≪322≫). Ein fortbestehendes Rechtsschutzinteresse ist hier jedenfalls unter dem Gesichtspunkt des Fortbestehens beeinträchtigender Wirkungen der angegriffenen Entscheidungen und der zugrundeliegenden vollzugsbehördlichen Maßnahme (vgl. BVerfGE 81, 138 ≪140≫; 104, 220 ≪233≫; 110, 77 ≪85 f.≫) anzuerkennen. Denn für die Entscheidung über die Aussetzung des Strafrests zur Bewährung kommt es unter anderem darauf an, ob eine fehlende Erprobung des Gefangenen in Lockerungen auf rechtmäßiger oder auf rechtswidriger Versagung von Lockerungen beruht (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 30. April 2009 – 2 BvR 2009/08 –, EuGRZ 2009, S. 246 ≪249 f.≫). In diesem Zusammenhang entfaltet die ungerechtfertigte Verneinung der Lockerungseignung in einer Vollzugsplanfortschreibung eine fortdauernde beeinträchtigende Wirkung, wenn sie von den Fachgerichten als rechtmäßig bestätigt wird. Bei gewichtigen Grundrechtsverstößen ist zudem von einem auch nach Erledigung fortbestehenden Interesse an der Gewährung verfassungsgerichtlichen Rechtsschutzes auszugehen, wenn die direkte Belastung durch den angegriffenen Hoheitsakt sich nach dem typischen Verfahrensablauf auf eine Zeitspanne beschränkt, in welcher der Betroffene eine verfassungsgerichtliche Entscheidung kaum erlangen kann (vgl. BVerfGE 110, 77 ≪86≫; 117, 244 ≪268≫; BVerfGK 11, 54 ≪59≫; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 31. August 1993 – 2 BvR 785/93 –, juris). Angesichts der Bedeutung lockerungsbezogener Entscheidungen für die Chance des Betroffenen auf Wiedererlangung der Freiheit (vgl. BVerfGE 109, 133 ≪165 f.≫; 117, 71 ≪108≫) steht hier ein im Sinne dieses Grundsatzes gewichtiger Grundrechtsverstoß in Rede.
2. Die angegriffene Entscheidung des Landgerichts verletzt den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG.
a) Der Vollzug von Freiheitsstrafen ist nicht nur kraft einfachen Gesetzesrechts (§ 2 Satz 1 StVollzG), sondern von Verfassungs wegen dem Ziel der Resozialisierung verpflichtet (vgl. BVerfGE 35, 202 ≪235 f.≫; 116, 69 ≪85≫; stRspr).
Der Vollzugsplan, zu dessen Aufstellung und kontinuierlicher Fortschreibung § 7 Abs. 1, Abs. 3 Satz 1 StVollzG die Vollzugsbehörde verpflichtet, ist zentrales Element eines am Resozialisierungsziel ausgerichteten Vollzuges (vgl. BVerfGK 1, 3 ≪5 f.≫; 9, 231 ≪236≫). Er dient der Konkretisierung des Vollzugsziels im Blick auf den einzelnen Gefangenen und bildet mit richtungsweisenden Grundentscheidungen zum Vollzugs- und Behandlungsablauf einen Orientierungsrahmen für den Gefangenen wie für die Vollzugsbediensteten. Dies setzt voraus, dass der Plan auf die Entwicklung des Gefangenen und die in Betracht kommenden Behandlungsansätze in zureichender, Orientierung ermöglichender Weise eingeht (BVerfGK 9, 231 ≪236 f.≫ m.w.N.). Das gilt angesichts der Verpflichtung, auch dem zu lebenslanger Freiheitsstrafe Verurteilten eine Chance zur Wiedererlangung seiner Freiheit zu eröffnen (vgl. BVerfGE 45, 187 ≪238 f.≫; 64, 261 ≪271 f.≫; 98, 169 ≪200≫), auch in Fällen lebenslanger Freiheitsstrafe. In diesen Fällen muss jedenfalls bei schon länger andauerndem Vollzug unabhängig davon, ob ein Entlassungszeitpunkt sich bereits konkret abzeichnet, die Vollzugsplanung besonders auch auf die Vermeidung schädigender Auswirkungen lang dauernden Freiheitsentzuges als ein wesentliches Teilelement des Resozialisierungsauftrages (vgl. BVerfGE 45, 187 ≪238 f.≫; 98, 169 ≪200≫) ausgerichtet sein (BVerfGK 9, 231 ≪237≫). Die Bestimmungen über den Vollzugsplan begründen dabei eigenständige Rechte und Pflichten, die gegenüber den einzelne Vollzugsmaßnahmen betreffenden Rechten und Pflichten verselbständigt sind. Die demnach grundsätzlich gegebene Möglichkeit einer Rechtsverletzung durch lockerungsbezogene Lücken oder Inhalte des Vollzugsplans besteht unabhängig davon, ob der Gefangene zuvor Lockerungen beantragt hat (vgl. BVerfGK 8, 319 ≪324≫).
Erstrebt ein Gefangener Vollzugslockerungen (§ 11 Abs. 1 StVollzG), so wird er durch deren Versagung in seinem durch Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG grundrechtlich geschützten Resozialisierungsinteresse berührt (BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 12. Juni 2002 – 2 BvR 116/02 –, juris). Das gilt auch für einen zu lebenslanger Freiheitsstrafe Verurteilten. Androhung und Vollstreckung der lebenslangen Freiheitsstrafe finden ihre verfassungsrechtlich notwendige Ergänzung in einem sinnvollen Behandlungsvollzug (vgl. BVerfGE 45, 187 ≪238≫; 64, 261 ≪272 f.≫; stRspr). Die Vollzugsanstalten sind mithin im Blick auf Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG verpflichtet, schädlichen Auswirkungen des Freiheitsentzugs, vor allem deformierenden Persönlichkeitsstörungen, die die Lebenstüchtigkeit ernsthaft in Frage stellen und es ausschließen, dass sich der Gefangene im Falle einer Entlassung aus der Haft im normalen Leben noch zurechtzufinden vermag, im Rahmen des Möglichen zu begegnen (vgl. BVerfGE 45, 187 ≪238≫; 64, 261 ≪272 f.≫; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 12. Juni 2002 – 2 BvR 116/02 –, juris). Diesem Ziel dient der in § 13 Abs. 1 StVollzG geregelte Urlaub (vgl. BVerfGE 64, 261 ≪273≫) ebenso wie ein mit Zustimmung des Gefangenen als Lockerung des Vollzugs angeordneter Ausgang oder eine Ausführung unter Aufsicht. Vollzugslockerungen machen es dem Gefangenen möglich, nach langem Freiheitsentzug wenigstens ansatzweise Orientierung für ein normales Leben zu suchen und zu finden. Je nach dem Erfolg dieser Orientierungssuche stellen sich die Lebensverhältnisse des Gefangenen günstiger oder ungünstiger dar. Für eine vom Gericht zu treffende Entscheidung über die Aussetzung des Strafrestes zur Bewährung (§ 57a Abs. 1 i.V.m. § 57 Abs. 1 StGB) spielt die Bewährung in Vollzugslockerungen ebenfalls eine entscheidende Rolle (vgl. BVerfGE 117, 71 ≪108≫); die Chancen, zu einer günstigen Sozialprognose zu gelangen (vgl. § 57a Abs. 1 i.V.m. § 57 Abs. 1 StGB), werden durch eine vorherige Gewährung von Vollzugslockerungen verbessert, durch deren Versagung aber verschlechtert (BVerfG, Beschlüsse der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 13. Dezember 1997 – 2 BvR 1404/96 –, NJW 1998, S. 1133 ≪1134≫, und vom 12. Juni 2002 – 2 BvR 116/02 –, juris). Lockerungen können danach nicht auf die Funktion der unmittelbaren Vorbereitung einer konkret absehbaren Entlassung beschränkt werden. Bei langjährig Inhaftierten kann es, auch wenn eine konkrete Entlassungsperspektive sich noch nicht abzeichnet, geboten sein, zumindest Lockerungen in Gestalt von Ausführungen dadurch zu ermöglichen, dass die Justizvollzugsanstalt einer von ihr angenommenen Flucht- oder Missbrauchsgefahr durch geeignete Sicherheitsvorkehrungen entgegenwirkt (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 10. September 2008 – 2 BvR 719/08 –, juris). Die Justizvollzugsanstalt darf sich zudem nicht auf bloße pauschale Wertungen oder auf den Hinweis einer abstrakten Flucht- oder Missbrauchsgefahr im Sinne von § 11 Abs. 2 StVollzG beschränken. Sie hat vielmehr im Rahmen einer Gesamtwürdigung nähere Anhaltspunkte darzulegen, welche geeignet sind, die Prognose einer Flucht- oder Missbrauchsgefahr in der Person des Gefangenen zu konkretisieren (vgl. BVerfGE 64, 261 ≪277≫; 70, 297 ≪312 ff.≫; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 1. April 1998 – 2 BvR 1951/96 –, NStZ 1998, S. 430 ≪431≫). Ob dies geschehen ist, hat die Strafvollstreckungskammer zu überprüfen (vgl. BVerfGE 70, 297 ≪308≫; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 13. Dezember 1997 – 2 BvR 1404/96 –, NJW 1998, S. 1133 ≪1134≫).
b) Das Landgericht hat erkannt, dass nach diesen verfassungsrechtlichen Grundsätzen einem zu lebenslanger Freiheitsstrafe Verurteilten nicht jegliche Lockerungsperspektive allein mit der Begründung versagt werden kann, die Festlegung der Mindestverbüßungsdauer für seine Strafe stehe noch aus (vgl. auch Hanseatisches OLG, Beschluss vom 6. Oktober 1977 – Vollz (Ws) 10/77 –, ZfStrVo 1978 ≪Sonderheft≫, S. 8; OLG Frankfurt, Beschlüsse vom 17. November 1988 – 3 Ws 699/88 (StVollz) –, NStZ 1989, S. 246 f., und vom 5. Juli 1993 – 3 Ws 242/93 –, StV 1993, S. 599; Ullenbruch, in: Schwind/Böhm/Jehle, StVollzG, 4. Auflage 2005, § 11 Rn. 27; Lesting, in: Feest, AK-StVollzG, 5. Auflage 2006, § 11 Rn. 50). Es hat aber diese Erkenntnis auf den konkreten Fall nicht angewendet.
Die Vollzugsplanfortschreibung für den Beschwerdeführer enthielt zur Frage der Vollzugslockerungen allein zwei Aussagen, die nach den dargestellten verfassungsrechtlichen Vorgaben ungeeignet sind, die Versagung von Lockerungen oder eine entsprechende Vorprägung konkreter Lockerungsentscheidungen durch den Vollzugsplan zu tragen: „Erst im Anschluss daran”, d.h. an die Festlegung der Mindestverbüßungsdauer, „können konkrete Planungen im Hinblick auf Vollzugslockerungen erfolgen” und „Bevor der Beschluss zur Mindestverbüßungszeit nicht eingegangen ist, können keine Entscheidungen hinsichtlich der Lockerungsgewährung getroffen werden”. Durch eine wohlwollende Auslegung der Vollzugsplanfortschreibung dahingehend, dass die sonstigen darin enthaltenen Erwägungen gleichfalls zur Begründung der lockerungsbezogenen Planaussage dienen sollten, konnte – unabhängig von der Frage, ob diese Auslegung noch im Rahmen des fachgerichtlichen Entscheidungsspielraums anzusiedeln wäre – dieser Begründungsmangel schon deshalb nicht behoben werden, weil sich in der Vollzugsplanfortschreibung neben zahlreichen Hinweisen auf eine positive Entwicklung nicht eine einzige Feststellung findet, die auch nur in der Tendenz geeignet wäre, eine fehlende Lockerungseignung des Beschwerdeführers zu begründen.
Allerdings hatte die Vollzugsbehörde im Verfahren vor der Strafvollstreckungskammer ergänzende Ausführungen gemacht: Lockerungen orientierten sich auch am voraussichtlichen Entlassungszeitpunkt, zumal im Strafurteil festgestellt worden sei, dass die Mindestverbüßungsdauer von 15 Jahren deutlich überschritten werden müsse. Zwar habe der Beschwerdeführer seine Taten zwischenzeitlich mit Hilfe des psychologischen Dienstes aufgearbeitet, am Anti-Gewalt-Training teilgenommen und das Abitur erreicht sowie ein verbessertes Vollzugsverhalten gezeigt. Dennoch müsse der Beschluss über die Mindestverbüßungsdauer abgewartet werden, bevor über Vollzugslockerungen entschieden werden könne. Hinzu komme die in der Haftzeit erfolgte strafrechtliche Verurteilung des Beschwerdeführers wegen einer Betäubungsmittelstraftat. Eine verlässliche Prognose könne derzeit noch nicht erstellt werden. Fraglich sei zudem, inwieweit vor der Gewährung von Vollzugslockerungen noch ein externes Gutachten erforderlich werde. Erst nach Festlegung der Mindestverbüßungsdauer könne die Lockerungseignung geprüft werden. Die erfolgte Abwägung aller für und gegen den Beschwerdeführer sprechenden Argumente, insbesondere seines Resozialisierungsinteresses, habe daher zu dem Ergebnis geführt, dass die Gewährung von Vollzugslockerungen nicht angezeigt sei.
Es kann offen bleiben, ob und gegebenenfalls inwieweit es sich hier um ein im gerichtlichen Verfahren nicht mehr zulässiges Nachschieben von Ermessenserwägungen handelte (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 22. August 1996 – 1 Vollz (Ws) 83/96 –, StV 1997, S. 32 f.; Calliess/Müller-Dietz, StVollzG, 11. Auflage 2008, § 11 Rn. 18; Kamann/Volckart, in: Feest, AK-StVollzG, 5. Auflage 2006, § 115 Rn. 53; Schuler, in: Schwind/Böhm/Jehle, StVollzG, § 115 Rn. 4 m.w.N. aus der fachgerichtlichen Rechtsprechung). Denn jedenfalls beruht auch die nachgeschobene Begründung nicht auf der von Verfassungs wegen gebotenen Gesamtwürdigung der für die Frage der Lockerungseignung erheblichen Umstände (vgl. BVerfGE 64, 261 ≪277≫; 70, 297 ≪312 ff.≫; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 1. April 1998 – 2 BvR 1951/96 –, NStZ 1998, S. 430 ≪431≫), sondern auf der unhaltbaren Annahme, dass über die Lockerungseignung des Beschwerdeführers erst nach Festlegung der Mindestverbüßungsdauer befunden werden könne. Mit den Behauptungen, es müsse der Beschluss über die Mindestverbüßungsdauer abgewartet werden, bevor über Vollzugslockerungen entschieden werden könne, und erst „nach Eingang der festgelegten Mindestverbüßungsdauer” könne „die Lockerungseignung geprüft werden”, hat die Justizvollzugsanstalt in ihrer Stellungnahme nicht nur an der unzutreffenden ursprünglichen Begründungserwägung festgehalten, sondern zugleich in aller Deutlichkeit bekundet, dass entgegen ihrer Behauptung, es sei eine umfassende Abwägung erfolgt, die erforderliche nähere Prüfung der Lockerungseignung noch gar nicht stattgefunden hatte. Das damit eingestandene Prüfungs- und Abwägungsdefizit springt im Übrigen auch insofern ins Auge, als sich die Stellungnahme mit keinem Wort zu der Frage verhält, weshalb nicht ungeachtet etwaiger Prognoseunsicherheiten die Lockerungsvoraussetzungen des § 11 Abs. 2 StVollzG dadurch gewährleistet werden können, dass Ausführungen mit entsprechenden Sicherheitsvorkehrungen vorgesehen werden (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 10. September 2008 – 2 BvR 719/08 –, juris). Nachdem der Beschwerdeführer längst die Haftdauer überschritten hatte, jenseits derer einem zu lebenslanger Haft Verurteilten nach § 13 Abs. 1, 3 StVollzG sogar Urlaub aus dem geschlossenen Vollzug gewährt werden kann, waren Feststellungen dazu offensichtlich nicht entbehrlich.
Die Erwägungen, mit denen das Landgericht den lockerungsbezogenen Inhalt der Vollzugsplanfortschreibung dennoch unbeanstandet gelassen hat, gehen an diesen Mängeln der angefochtenen Maßnahme der Justizvollzugsanstalt vorbei und sind auch sonst nicht nachvollziehbar. Das Landgericht hat angenommen, Anhaltspunkte für eine Flucht- oder Missbrauchsgefahr lägen beim Beschwerdeführer nicht vor; auf Flucht- oder Missbrauchsgefahr habe sich die Vollzugsanstalt auch nicht gestützt. Unter dieser Voraussetzung konnte die Entscheidung der Justizvollzugsanstalt, Lockerungen vollzugsplanerisch jedenfalls bis zur Festsetzung der Mindestverbüßungszeit auszuschließen, nur auf der Grundlage einer Ermessensausübung dahingehend, dass Lockerungen unabhängig von den Versagungsgründen nach § 11 Abs. 2 StVollzG nicht zu gewähren seien, Bestand haben (vgl. zur Zulässigkeit rein ermessensbasierter Versagung von Vollzugslockerung statt vieler Arloth, StVollzG, 2. Auflage 2008, § 11 Rn. 3, 12; Ullenbruch, in: Schwind/Böhm/Jehle, StVollzG, 4. Auflage 2005, § 11 Rn. 26). Dass die Justizvollzugsanstalt eine Ermessensentscheidung in diesem Sinne getroffen habe, hat das Landgericht offenbar auch angenommen. Zu deren Rechtfertigung wären aber, voraussetzungsgemäß, von der Frage des Vorliegens einer Flucht- oder Missbrauchsgefahr unabhängige Ermessensgründe erforderlich gewesen. Tragfähige Gründe dieser Art hat das Landgericht nicht festgestellt; sie waren – ganz abgesehen von den Grenzen des zulässigen Nachschiebens von Ermessenserwägungen im gerichtlichen Verfahren – auch weder in der Vollzugsplanfortschreibung noch in der behördlichen Stellungnahme zum Antrag des Beschwerdeführers auf gerichtliche Entscheidung aufzufinden. In der behördlicherseits angeführten Begründung, dass zunächst die Festlegung der Mindestverbüßungsdauer abgewartet werden müsse, offenbarte sich vielmehr je nachdem, ob dies als Rechts- oder als Ermessenserwägung aufzufassen war, ein Ermessensnichtgebrauch oder -fehlgebrauch.
IV.
1. Der Beschluss des Landgerichts beruht auf dem festgestellten Grundrechtsverstoß. Er ist gemäß § 95 Abs. 2 BVerfGG aufzuheben, soweit er die in der Vollzugsplanfortschreibung vom 10. Oktober 2007 getroffene Feststellung zur Frage der Gewährung von Vollzugslockerungen betrifft. Die Sache ist insoweit an das Landgericht zurückzuverweisen. Der Beschluss des Oberlandesgerichts, das allein in dieser Frage mit der Rechtsbeschwerde angerufen war, wird damit gegenstandslos.
2. Die Entscheidung über die Auslagenerstattung ergibt sich aus § 34a Abs. 2 BVerfGG.
Unterschriften
Voßkuhle, Mellinghoff, Lübbe-Wolff
Fundstellen
Haufe-Index 2381308 |
NStZ 2012, 430 |
StV 2011, 488 |
ZfStrVo 2012, 112 |