Verfahrensgang
Tenor
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.
Tatbestand
A.
Die Verfassungsbeschwerde betrifft Fragen der Zulässigkeit und der Folgen einer Fristsetzung zur Stellung von Beweisanträgen im Strafverfahren.
I.
1. Wegen Steuerhinterziehung in 18 Fällen wurde der Beschwerdeführer durch Urteil des Landgerichts Münster vom 7. März 2008 zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und zehn Monaten verurteilt. Als Betreiber eines großen Autohauses hatte er Umsatzsteuern in Höhe von etwa 2,4 Millionen Euro hinterzogen. Dem Urteil ging folgender Verfahrensablauf voraus:
Das Hauptverfahren gegen den Beschwerdeführer wurde erstmals ab Juni 2006 an insgesamt 18 Verhandlungstagen geführt. Wegen einer Erkrankung des Beschwerdeführers musste es im Januar 2007 abgebrochen und im Juli 2007 erneut begonnen werden. Am 19. September 2007, dem zehnten Hauptverhandlungstag, stellten die Verteidiger des Beschwerdeführers mehrere Beweisanträge. Nach Verlesung des letzten Antrags traf der Vorsitzende folgende Anordnung:
Den Beteiligten wird zur Stellung von weiteren Beweisanträgen eine Frist bis zum 26.09.2007 gesetzt.
Auf entsprechenden Antrag der Verteidigung verlängerte der Vorsitzende die Frist bis zum 9. Oktober 2007. Am nächsten Verhandlungstag beantragte der Verteidiger des Beschwerdeführers, diese Frist aufzuheben und verlangte den Erlass eines Kammerbeschlusses. Nach einer Unterbrechung wurde folgender Beschluss verkündet:
Die vom Vorsitzenden angeordnete Fristsetzung für Beweisanträge wird bestätigt. Nach der neuen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist es vor allem in umfangreichen Verfahren zulässig und sinnvoll, solche Fristen zu setzen. Die gesetzte Frist erscheint angemessen.
Die Verteidigung stellte auch noch nach dem 9. Oktober 2007 Beweisanträge, die entgegengenommen und denen zum Teil nachgegangen wurde, obwohl es der Kammer ausweislich der Urteilsgründe „von vornherein klar erschien, dass diese im Ergebnis nichts zur Entlastung des Angeklagten beitragen könnten”. Im Rahmen seines Schlussvortrages am 27. Verhandlungstag stellte der Verteidiger des Beschwerdeführers vier Hilfsbeweisanträge auf Vernehmung eines Zeugen. Deren Erhebung lehnte das Landgericht im Urteil ab, weil sie zum Zwecke der Prozessverschleppung gestellt seien. Die verspätete Benennung des Zeugen, dessen Vernehmung verlangt wurde – wobei seine Bedeutung übertrieben dargestellt worden sei –, sei von dem Zweck geprägt, eine Verurteilung an diesem Tage zu verhindern. Die Beweisaufnahme habe zuvor bereits häufiger beendet werden sollen. Dies sei jeweils daran gescheitert, dass die Verteidigung, nachdem seitens des Gerichts auf das bevorstehende Ende der Beweisaufnahme und das Anstehen der Plädoyers hingewiesen worden sei, weitere Beweisanträge gestellt habe, die schon viel früher hätten gestellt werden können und allesamt in der Sache ohne Bedeutung gewesen seien.
2. Durch Beschluss vom 23. September 2008 verwarf der Bundesgerichtshof die Revision des Beschwerdeführers als unbegründet.
a) Die Rüge der Verletzung des § 244 Abs. 6 in Verbindung mit Abs. 2 und Abs. 3 StPO sowie des Rechts auf ein faires Verfahren sei sowohl unzulässig als auch unbegründet.
aa) Für einen erschöpfenden Vortrag im Rahmen der Revision seien nämlich auch die Verfahrenstatsachen vorzutragen, die der erhobenen Rüge entgegenstehen könnten. Dies habe der Beschwerdeführer jedoch versäumt. Mit seiner Rüge mache er geltend, die Strafkammer habe die Hilfsbeweisanträge im Urteil wegen Verschleppungsabsicht abgewiesen, ohne zuvor auf den Ablehnungsgrund der Verschleppungsabsicht hinzuweisen. Aus der dienstlichen Erklärung des Vorsitzenden der Strafkammer ergebe sich jedoch, dass dieser Hinweis erfolgt sei. Danach sei am 11. Hauptverhandlungstag, nachdem der Gerichtsbeschluss verkündet worden sei, der die Fristsetzung des Vorsitzenden bestätigt habe, mit den Verfahrensbeteiligten die Bedeutung der Fristsetzung erörtert worden. Der Vorsitzende habe darauf hingewiesen, dass es als Indiz für eine Verschleppungsabsicht gewertet werden könne, wenn Beweisanträge erst nach Fristablauf gestellt werden, und dass bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen eine Zurückweisung der Beweisanträge wegen Prozessverschleppung in Betracht komme. Der Beschwerdeführer sei verpflichtet gewesen, dies mitzuteilen. Infolgedessen sei die erhobene Verfahrensrüge unzulässig.
bb) Die Rüge sei auch unbegründet. Das Landgericht habe die Hilfsbeweisanträge zu Recht wegen Prozessverschleppungsabsicht abgelehnt. Die entsprechenden Voraussetzungen habe es unter umfassender Betrachtung aller Umstände festgestellt, wobei es ihm nicht verwehrt gewesen sei, das voraussichtliche Beweisergebnis vorweg zu würdigen. Auf den Umstand, dass es als Indiz für eine Verschleppungsabsicht gewertet werden könne, wenn Beweisanträge nach Fristablauf gestellt werden, seien die Verfahrensbeteiligten hingewiesen worden. Die Strafkammer habe auch ohne Rechtsfehler dargelegt, dass die beantragte Beweiserhebung zu einer wesentlichen Verzögerung des Verfahrens geführt hätte. Es sei auch zulässig gewesen, die Hilfsbeweisanträge gestützt auf den Ablehnungsgrund der Prozessverschleppung erst im Urteil abzulehnen. Es habe kein Anlass bestanden, dem Beschwerdeführer nochmals die Möglichkeit zur Verteidigung gegen den Verschleppungsvorwurf zu geben.
b) Soweit mit der Revision darüber hinaus die Verletzung von § 246 Abs. 1 StPO gerügt werde, sei diese Rüge unbegründet. Eine Befugnis zur Fristsetzung folge aus dem Recht und der Pflicht des Vorsitzenden zur Sachleitung des Verfahrens. Bei Verfahren, die bereits seit längerem andauerten, insbesondere solchen mit einer Hauptverhandlung, die mindestens zehn Verhandlungstage umfasse, sei eine solche Vorgehensweise regelmäßig im Hinblick auf den Beschleunigungsgrundsatz angezeigt, um eine hinreichend straffe Verhandlungsführung zu ermöglichen. § 246 Abs. 1 StPO verbiete demgegenüber lediglich aufgrund des im Strafprozess geltenden Prinzips materieller Wahrheit eine Präklusion von Beweisvorbringen aufgrund Zeitablaufs. Eine Präklusion stelle dies indes nicht dar. Würden Anträge nicht innerhalb der gesetzten Frist gestellt, ergäben sich deutliche Indizien für das Vorliegen einer Verschleppungsabsicht. Der Antragsteller sei verpflichtet, Gründe für die verspätete Antragstellung nachvollziehbar und substantiiert darzulegen. Die Amtsaufklärungspflicht, § 244 Abs. 2 StPO, bleibe hiervon unberührt.
II.
Der Beschwerdeführer rügt eine Verletzung von Art. 2, Art. 19 Abs. 4, Art. 101 Abs. 1 Satz 2 und Art. 103 Abs. 1 GG.
1. Soweit der Bundesgerichtshof den nach § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO vorgeschriebenen Vortrag als nicht hinreichend ansehe, liege darin eine Art. 19 Abs. 4 GG und Art. 103 Abs. 1 GG verletzende Überspannung der Anforderungen an eine Verfahrensrüge. Nach dem damaligen Stand der Rechtsprechung sei ein Vortrag zu den informellen Äußerungen des Vorsitzenden nach der Fristsetzung nicht erforderlich gewesen. Es sei nicht ersichtlich gewesen, dass sich die Hinweise auch auf Hilfsbeweisanträge bezogen hätten. Soweit dem Beschwerdeführer vorgeworfen werde, er hätte die Beweisanträge auch unbedingt stellen können, werde übersehen, dass es Sache der Verteidigung sei, in welcher Form sie Beweisanträge stelle. Die formalen Anforderungen hinsichtlich der Fristsetzung und der damit verknüpften Hinweise seien unklar gewesen und seien es immer noch. Daher müsse es ausreichen, wenn sich der Beschwerdeführer auf die Wiedergabe des Protokolls beschränke.
2. Soweit die Hilfsbeweisanträge erst in den Urteilsgründen wegen Verschleppungsabsicht abgelehnt worden seien, liege ein Verstoß gegen das Grundrecht auf ein faires Verfahren vor. Die bisherige Rechtsprechung, wonach der Vorwurf, mit einem Beweisantrag nichts weiter als eine Verfahrensverschleppung zu bezwecken, auch bei einem Hilfsbeweisantrag gemäß § 244 Abs. 6 StPO durch Beschluss vorab bekannt zu geben sei, damit Gelegenheit bestehe, sich dagegen zu verteidigen, sei von Verfassungs wegen geboten. Aufgrund der zwischenzeitlichen Verbescheidung mehrerer Beweisanträge habe für die Verteidigung kein Anlass bestanden, davon auszugehen, dass ein Beweisantrag gerade wegen Verschleppungsabsicht abgelehnt werde. Der Beschwerdeführer habe nicht mit der Deutung rechnen müssen, dass im Hilfsbeweisantrag ein konkludenter Verzicht auf eine Vorabbescheidung liege.
Entscheidungsgründe
B.
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen, weil die Annahmevoraussetzungen des § 93a Abs. 2 BVerfGG nicht vorliegen. Die Verfassungsbeschwerde hat keine Aussicht auf Erfolg. Sie ist unbegründet. Die angegriffenen Entscheidungen verletzen den Beschwerdeführer nicht in seinen Grundrechten oder grundrechtsgleichen Rechten.
I.
1. Die Fristsetzung zur Stellung von Beweisanträgen und die Ablehnung der im Schlussvortrag gestellten Hilfsbeweisanträge wegen Verschleppungsabsicht durch das Landgericht erst im Urteil ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Diese Vorgehensweise verletzt den Beschwerdeführer weder in seinem Recht auf ein faires Verfahren aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG noch werden die Grenzen richterlicher Rechtsfindung, Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 2 Satz 2 GG, überschritten.
a) aa) Aufgabe des Strafprozesses ist es, den Strafanspruch des Staates um des Schutzes der Rechtsgüter Einzelner und der Allgemeinheit willen in einem justizförmigen Verfahren durchzusetzen und dem mit Strafe Bedrohten eine wirksame Sicherung seiner Grundrechte zu gewährleisten. Der Strafprozess hat das aus der Würde des Menschen als eigenverantwortlich handelnder Person abgeleitete Prinzip, dass keine Strafe ohne Schuld verhängt werden darf (vgl. BVerfGE 80, 244 ≪255≫; 95, 96 ≪140≫), zu sichern und entsprechende verfahrensrechtliche Vorkehrungen bereitzustellen. Zentrales Anliegen des Strafprozesses ist die Ermittlung des wahren Sachverhalts, ohne den sich das materielle Schuldprinzip nicht verwirklichen lässt. Die Strafprozessordnung gestaltet das Strafverfahren als ein vom Prinzip der materiellen Wahrheitserforschung beherrschten Amtsprozess aus, in dem das Gericht von Amts wegen zur Erforschung der Wahrheit verpflichtet ist (§ 244 Abs. 2 StPO). Der in den Vordergrund gestellten Sicherung der Gerechtigkeit durch Aufklärung des wahren Sachverhalts entspricht das Recht des Angeklagten, sich durch die Stellung von Beweisanträgen, die nur unter engen Voraussetzungen abgelehnt werden können, an der Aufklärung des Sachverhalts aktiv zu beteiligen (vgl. BVerfGE 57, 250 ≪279≫; 63, 45 ≪69≫; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 21. August 1996 – 2 BvR 1304/96 –, NJW 1997, S. 999 ≪1000≫). Demnach kann der Anspruch des Angeklagten auf ein faires Verfahren auch durch verfahrensrechtliche Gestaltungen berührt werden, die der Ermittlung der Wahrheit und somit einem gerechten Urteil entgegenstehen (vgl. BVerfGE 57, 250 ≪275≫; 118, 212 ≪231≫).
Die Bestimmung der verfahrensrechtlichen Befugnisse, die dem Beschuldigten nach dem Grundsatz des fairen Verfahrens im Einzelnen einzuräumen sind und deren Ausgestaltung obliegt jedoch in erster Linie dem Gesetzgeber und sodann – in den vom Gesetz gezogenen Grenzen – den Gerichten bei der ihnen obliegenden Rechtsauslegung und -anwendung. Eine Verletzung des Rechts auf ein faires Verfahren liegt allerdings erst dann vor, wenn eine Gesamtschau auf das Verfahrensrecht – auch in seiner Auslegung und Anwendung durch die Gerichte – ergibt, dass rechtsstaatlich zwingende Folgerungen nicht gezogen worden sind oder rechtsstaatlich Unverzichtbares preisgegeben wurde (vgl. BVerfGE 57, 250 ≪276≫; 64, 135 ≪145 f.≫). Im Rahmen dieser Gesamtschau sind auch die Erfordernisse einer funktionstüchtigen Strafrechtspflege in den Blick zu nehmen (vgl. BVerfGE 47, 239 ≪250≫; 80, 367 ≪375≫). Das Rechtsstaatsprinzip, das die Idee der Gerechtigkeit als wesentlichen Bestandteil enthält (vgl. BVerfGE 7, 89 ≪92≫; 74, 129 ≪152≫; stRspr), fordert nicht nur eine faire Ausgestaltung und Anwendung des Strafverfahrensrechts. Es gestattet und verlangt auch die Berücksichtigung der Belange einer funktionstüchtigen Strafrechtspflege, ohne die der Gerechtigkeit nicht zum Durchbruch verholfen werden kann (vgl. BVerfGE 33, 367 ≪383≫; 46, 214 ≪222≫). Verfahrensgestaltungen, die den Erfordernissen einer wirksamen Strafrechtspflege dienen, verletzen daher nicht von vornherein den grundrechtlichen Anspruch auf ein faires Strafverfahren, wenn verfahrensrechtliche Positionen des Angeklagten oder Beschuldigten dabei, gemessen am früheren Zustand, zurückgenommen werden (vgl. BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 15. Januar 2009 – 2 BvR 2044/07 –, NJW 2009, S. 1469 ≪1474≫). Es bedarf vielmehr einer Gesamtabwägung.
Eng mit dem Erfordernis einer funktionstüchtigen Strafrechtspflege verknüpft ist zudem das Beschleunigungsgebot. Auch dieser verfassungsrechtliche Grundsatz ist bei der Konkretisierung des Rechts auf ein faires Verfahren zu berücksichtigen (vgl. BVerfGE 41, 246 ≪250≫; 63, 45 ≪68 f.≫). Eine funktionstüchtige Strafrechtspflege erfordert nicht nur die Durchsetzung des staatlichen Strafanspruchs überhaupt, sondern auch eine Durchsetzung innerhalb eines angemessenen Zeitrahmens, dass die Rechtsgemeinschaft die Strafe noch als Reaktion auf geschehenes Unrecht wahrnehmen kann. Unnötige Verfahrensverzögerungen stellen nicht nur die Zwecke der Kriminalstrafe in Frage; sie beeinträchtigen auch das verfassungsrechtlich abgesicherte öffentliche Interesse an einer möglichst vollständigen Wahrheitsermittlung im Strafprozess, da die Beweisgrundlage durch Zeitablauf verfälscht werden kann (vgl. BVerfGE 57, 250 ≪280≫). Zudem gebieten auch Gesichtspunkte des Opferschutzes eine Beschleunigung des Strafverfahrens. Überlange Verfahren stellen gerade auch für die Opfer von Straftaten eine besondere Belastung dar (vgl. BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 15. Januar 2009 – 2 BvR 2044/07 –, NJW 2009, S. 1469 ≪1474≫).
bb) Bei der Prüfung, ob die angegriffenen Entscheidungen die Grenzen richterlicher Rechtsfindung wahren, hat das Bundesverfassungsgericht die Auslegung des einfachen Gesetzesrechts einschließlich der Wahl der hierbei anzuwendenden Methode nicht umfassend auf seine Richtigkeit zu untersuchen. Vielmehr beschränkt es auch im Bereich des Strafprozesses seine Kontrolle, soweit es um die Wahrung der Kompetenzgrenzen aus Art. 20 Abs. 2 Satz 2 und Abs. 3 GG geht, auf die Prüfung, ob das Fachgericht bei der Rechtsfindung die gesetzgeberische Grundentscheidung respektiert und von den anerkannten Methoden der Gesetzesauslegung in vertretbarer Weise Gebrauch gemacht hat (vgl. BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 15. Januar 2009 – 2 BvR 2044/07 –, NJW 2009, S. 1469 ≪1470≫).
b) Nach diesen Grundsätzen begegnet vorliegend weder die Fristsetzung zur Stellung von Beweisanträgen im Strafverfahren noch die Ablehnung von Hilfsbeweisanträgen erst im Urteil verfassungsrechtlichen Bedenken.
aa) Den Verfahrensbeteiligten eine Frist zur Stellung von Beweisanträgen zu setzen und hiernach gestellte Anträge im Einzelfall wegen Prozessverschleppung nach § 244 Abs. 3, Satz 2, 6. Alt. StPO abzulehnen, stellt weder eine unzulässige richterliche Rechtsfindung dar, noch ist dies mit Blick auf eine Gesamtschau des Strafverfahrens verfassungsrechtlich zu beanstanden. Die Vorgehensweise des Landgerichts stellt keine faktische Umgehung des § 246 Abs. 1 StPO dar. Dieser verbietet eine Beweiserhebung deshalb abzulehnen, weil das Beweismittel oder die zu beweisende Tatsache zu spät vorgebracht wurde (vgl. RGSt 12, 335; Fischer, in: Karlsruher Kommentar zur StPO, 6. Aufl. 2008, § 246 Rn. 1). Dem liegt das Gebot, die materielle Wahrheit zu erforschen und festzustellen, zugrunde. Unabhängig von der Frage, mit welchen Inhalten und Wirkungen § 246 Abs. 1 StPO verfassungsrechtliche Kerngehalte beschreibt, folgt hieraus jedenfalls das Verbot, Beweisanträge allein wegen ihrer verspäteten zeitlichen Stellung abzulehnen. Nach dieser Vorschrift darf einem Verfahrensbeteiligten grundsätzlich nicht vorgeschrieben werden, wann er einen Beweisantrag zu stellen hat (vgl. BGH, Urteil vom 15. Februar 1990 – 4 StR 658/89 –, NStZ 1990, S. 350 ≪351≫). Vorliegend wurde der Beweisantrag aber nicht etwa deshalb abgelehnt, weil der Antrag verspätet gestellt war. Ablehnungsgrund war § 244 Abs. 3, Satz 2, 6. Alt. StPO, weil die Stellung der Beweisanträge ausschließlich zum Zwecke der Prozessverschleppung erfolgte.
(1) Diese Vorgehensweise führt auch nicht zu einer dem geltenden Strafverfahrensrecht fremden und verfassungsrechtlich bedenklichen „verkappten Präklusion des Beweisantragsrechts” (so aber Beulke/Ruhmannseder, NStZ 2008, S. 300 ≪302≫). Die hier zu beurteilende Fristsetzung bedeutet keine Ausschlussfrist, sondern führt im Fall ihrer Nichtwahrung durch die Verfahrensbeteiligten dazu, dass das Gericht „signifikante Indizien” für das Vorliegen einer Voraussetzung des Ablehnungsgrundes der Prozessverschleppung annehmen kann. Neben den objektiven Voraussetzungen des § 244 Abs. 3, Satz 2, 6. Alt. StPO, wonach die verlangte Beweiserhebung nach Ansicht des Gerichts nichts Sachdienliches zugunsten des Antragstellers erbringen kann und des weiteren geeignet ist, den Abschluss des Verfahrens wesentlich hinauszuzögern (vgl. hierzu jüngst kritisch BGHSt 51, 333 ≪342 f.≫), muss in subjektiver Hinsicht gerade hinzukommen, dass sich der Antragsteller der Nutzlosigkeit der Beweiserhebung bewusst ist und er ausschließlich die Verzögerung des Verfahrens bezweckt (vgl. BGHSt 51, 333 ≪336≫; BGH, Beschluss vom 18. September 2008 – 4 StR 353/08 –, NStZ-RR 2009, S. 21). Dieses subjektive Element kann sich dem Gericht aufgrund äußerer Beweisanzeichen erschließen (vgl. Alsberg/Nüse/Meyer, Der Beweisantrag im Strafprozess, 5. Aufl. 1983, S. 643). Als ein, im Rahmen der hiernach anzustellenden Gesamtbetrachtung maßgebendes Indiz für das Vorliegen der Verschleppungsabsicht, lässt der Bundesgerichtshof nunmehr eine Antragstellung nach Ablauf einer richterlich gesetzten Frist zu. Hierdurch wird das subjektive und damit regelmäßig schwer beweisbare Moment der Verschleppungsabsicht (vgl. Beulke, in: Festschrift für Amelung, 2009, S. 543 ≪554≫) anhand objektiver Anzeichen erschlossen. Mit der Fristsetzung betont das Gericht, aus welchen äußeren Beweisanzeichen es im Einzelfall auf das Vorliegen der Verschleppungsabsicht schließen will. Dabei handelt es sich lediglich um einen von mehreren Umständen, der das Vorliegen auch nur einer Voraussetzung des Ablehnungsgrundes des § 244 Abs. 3, Satz 2, 6. Alt. StPO begründen kann. Es ist also auch zukünftig ausgeschlossen, einen Beweisantrag allein aufgrund eines zeitlich verzögerten Vorbringens abzulehnen. In die entsprechende Prüfung ist das gesamte bisherige Prozessverhalten einzubeziehen (vgl. BGH, Urteil vom 15. Februar 1990 – 4 StR 658/89 –, NStZ 1990, S. 350 ≪351≫; Eisenberg, Beweisrecht der StPO, 6. Aufl. 2008, Rn. 239). Dem ist das Landgericht in verfassungsrechtlich nicht zu beanstandender Weise nachgekommen, als es im Wege einer umfassenden Abwägung bisherigen Prozessverhaltens die subjektive Voraussetzung der Verschleppungsabsicht bejahte.
(2) Die Fristsetzung lässt die Pflicht zur Ermittlung des wahren Sachverhalts unberührt. Dem Gebot der Sachaufklärung und Wahrheitserforschung als den zentralen Verfahrensanforderungen des Strafprozesses wird Rechnung getragen. Selbst wenn aus der Antragstellung nach Fristablauf und etwaigen weiteren Indizien das Vorliegen der Verschleppungsabsicht offensichtlich ist, muss das Gericht prüfen, zu welchem Ergebnis der Antrag führen kann. Nur wenn es überzeugt ist, dass die beantragte Beweiserhebung nichts Sachdienliches ergeben wird, darf es den Antrag nach § 244 Abs. 3, Satz 2, 6. Alt. StPO ablehnen (vgl. BGHSt 21, 118 ≪122≫; Senge, in: Festschrift für Kay Nehm, 2006, S. 339 ≪344 f.≫).
Gebietet somit die Pflicht zur Erforschung der Wahrheit, dem Beweisantrag in der Sache nachzugehen, darf er nach Fristüberschreitung nicht wegen Prozessverschleppung abgelehnt werden. Dies mildert etwaige mit der Fristsetzung einhergehende Einschränkungen der Verteidigung ab und wahrt die grundrechtlich verbürgten Rechte des Beschuldigten auf ein faires Verfahren.
(3) Auch nach einer Fristsetzung hat der Antragsteller die Möglichkeit, sich an der Sachverhaltsaufklärung aktiv zu beteiligen. Der Fristablauf führt lediglich zu einer widerlegbaren Indizwirkung. Selbst wenn nach Ansicht des Gerichts dem Gebot der Aufklärung des wahren Sachverhalts Genüge getan wurde und aus dem Umstand der Antragstellung nach Fristablauf und etwaiger weiterer Indizien auf das Vorliegen einer Verschleppungsabsicht geschlossen wird, kann der Antragsteller dieser Indizwirkung entgegentreten. Hierzu bedarf es eines Tatsachenvortrags, der den gewählten Zeitpunkt der Antragstellung näher begründet.
Dass der Antragsteller hierfür, wie teilweise angenommen, etwaige Verteidigungsstrategien offen legen müsste und hierdurch möglicherweise Einbußen in seinem Recht auf freie Verteidigung erleiden könnte (so Beulke/Ruhmannseder, NStZ 2008, S. 300 ≪302≫; Jahn, JuS 2009, S. 372 ≪373≫; König, StV 2009, S. 171 ≪172≫), ist nicht zu beanstanden. Die „Gefahr”, dass der Angeklagte im Einzelfall gehalten ist, Teile seiner Verteidigungsstrategie zu offenbaren, bestand bereits nach bisheriger Rechtsprechung. Wollte etwa der Antragsteller nach Ablehnung des Hilfsbeweisantrags wegen Prozessverschleppung durch Beschluss (vgl. BGHSt 22, 124 ≪125≫) einen Beweisantrag gleichen Inhalts und gleicher Zielrichtung anbringen, war er gehalten, zur Entkräftung des erneuten Vorwurfs, er stelle den Antrag nicht zur Wahrheitsfindung, die Gründe für die nunmehrige Antragstellung nachvollziehbar offen zu legen. Zudem nimmt die Rechtsprechung eine Pflicht zu näheren Ausführungen bei der Stellung von Beweisanträgen auch in anderen Fällen an. So wird dem Tatrichter, der den Verdacht hat, die Beweistatsache werde aufs Geratewohl behauptet, das Recht zugestanden, den Antragsteller nach seinen Wissensquellen und den Gründen für seine Vermutung zu befragen (vgl. RG, Urteil vom 22. November 1926 – 2 D 918/26 –, JW 1927, S. 911). Gibt der Antragsteller daraufhin keine plausible Antwort, liegt nur ein Beweisermittlungsantrag vor, den der Vorsitzende ohne Bindung an den Ablehnungskatalog und ohne formelles Beschlusserfordernis, § 244 Abs. 6 StPO, verwerfen kann (vgl. Schatz, Das Beweisantragsrecht in der Hauptverhandlung: Reformgeschichte und Reformproblematik, 1999, S. 354). Auch hat der Bundesgerichtshof bisher vereinzelt das Fehlen einer nachvollziehbar begründeten Beweiserwartung als Indiz für das Vorliegen von Verschleppungsabsicht gewertet (vgl. BGH, Urteil vom 11. Juni 1986 – 3 StR 10/86 –, NStZ 1986, S. 519 ≪520≫; Urteil vom 3. August 1988 – 2 StR 360/88 –, juris, Absatz-Nr. 17).
Zudem besteht in den Prozesskonstellationen, in welchen eine Fristsetzung ernsthaft in Betracht kommt, keine gesteigerte, grundrechtlich verankerte Schutzpflicht des Gerichts zur Geheimhaltung einer Verteidigungsstrategie. Eine Frist zur Stellung von Beweisanträgen kann im Allgemeinen erst dann gesetzt werden, wenn das Gericht seinerseits davon überzeugt ist, alles zur Erforschung der Wahrheit (§ 244 Abs. 2 StPO) Erforderliche unternommen zu haben. Dies setzt grundsätzlich eine Beweisaufnahme und regelmäßig ein bereits länger andauerndes Hauptverfahren voraus. Bereits im eigenen Interesse wird das Gericht von der Möglichkeit der Fristsetzung keinen übertrieben frühzeitigen und keinen ausufernden Gebrauch machen, um nicht eine verfrühte, die Hauptverhandlung überfrachtende Stellung sachwidriger Beweisanträge zu provozieren (vgl. Basdorf, StV 1995, S. 310 ≪314≫). Es ist jedoch fraglich, welche Verteidigungsstrategie in derartigen Prozesskonstellationen noch verfolgt werden könnte, die es nicht erlaubt, zur Widerlegung einer Verschleppungsabsicht partiell offen gelegt zu werden. Dabei kann im Ergebnis dahinstehen, ob bei später Beweisantragstellung allein derartige taktische Gründe im Vordergrund stehen, die mit dem Bedürfnis nach aktiver Teilhabe an der gerichtlichen Wahrheitsfindung kaum etwas zu tun haben (vgl. Basdorf, StV 1995, S. 310 ≪314≫). Jedenfalls trifft den Antragsteller gerade in solchen Situationen auch eine eigene Prozessverantwortlichkeit. Die vom Beweisantragsrecht gewährte Rechtsmacht bezweckt die Wahrheitsfindung und ist zugleich Ausdruck und Anerkennung der Subjektstellung des Angeklagten. Dieser Subjektstellung korreliert aber wiederum die eigene Prozessverantwortlichkeit des Antragstellers (so auch Schatz, Das Beweisantragsrecht in der Hauptverhandlung: Reformgeschichte und Reformproblematik, 1999, S. 341). Hieraus folgt im Einzelfall auch die Pflicht, Angaben zur Motivation der Stellung eines Beweisantrags zu machen, um damit eine Prozessverschleppungsabsicht zu widerlegen.
Jedoch dürfen an das Vorliegen sachlicher Gründe für den Zeitpunkt der Antragstellung keine übertriebenen Anforderungen gestellt werden. Die Strafprozessordnung kennt weder einen Ablehnungsgrund der „mangelnden Plausibilität”, noch grundsätzlich das Erfordernis, Ausführungen zu zeitlichen Momenten der Antragstellung zu machen (vgl. Scheffler, in: Handbuch zum Strafverfahren, 2008, Rn. VII. 803). Hinzu kommt, dass es nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs dem Antragsteller grundsätzlich nicht verwehrt ist, auch solche Tatsachen unter Beweis zu stellen, die er lediglich für möglich hält oder nur ver-mutet (vgl. BGHSt 21, 118 ≪125≫; BGH, Urteil vom 17. September 1982 – 2 StR 139/82 –, NJW 1983, S. 126 ≪127≫; BGH, Beschluss vom 4. April 2006 – 4 StR 30/06 –, NStZ 2006, S. 405). Zudem hat sich das Gericht auch selbst mit den Möglichkeiten auseinanderzusetzen, die gegen eine Verschleppungsabsicht sprechen (vgl. BGH, Urteil vom 3. Februar 1982 – 2 StR 374/81 –, NStZ 1982, S. 291 ≪293≫; BGH, Urteil vom 9. Dezember 1983 – 2 StR 490/83 –, NStZ 1984, S. 230). Dies gebietet es, die Anforderungen an die Darlegung des zeitlichen Grundes der Stellung eines Beweisantrags nicht zu überspannen. Das Gericht hat daher im Einzelfall zu prüfen, von welcher Gewichtigkeit die Indizien für das Vorliegen der Verschleppungsabsicht sind und hiervon ausgehend die Anforderungen an ihre Widerlegung zu bemessen.
(4) Die Fristsetzung zur Stellung von Beweisanträgen trägt im Einzelfall auch dem Gebot effektiver und beschleunigter Durchführung von Strafverfahren Rechnung.
Sie beugt der Gefahr vor, dass durch sukzessive Beweisantragstellung der Abschluss des Verfahrens hinausgezögert wird. Die leichtere Beweisbarkeit der Verschleppungsabsicht ermöglicht eine zielgerichtete Führung des Strafprozesses zur Wahrheitserforschung. Damit wird dem verfassungsrechtlichen Anliegen einer funktionstüchtigen Strafverfolgung Rechnung getragen. Müsste das Gericht allen Anträgen und Anregungen des Angeklagten auf weitere Sachaufklärung nachgehen, in denen ein konkreter Zusammenhang zur Wahrheitsermittlung nicht aufgezeigt ist, gewänne der Angeklagte einen Einfluss auf Umfang und Dauer des Verfahrens, der über das zu seiner Verteidigung Gebotene hinausginge und dazu führen könnte, dass die – auch im Interesse des Beschuldigten – rechtsstaatlich geforderte Beschleunigung des Strafverfahrens ernstlich gefährdet wäre (vgl. BVerfGE 63, 45 ≪68 f.≫; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 21. August 1996 – 2 BvR 1304/96 –, NJW 1997, S. 999 ≪1000≫). Auch die Interessen der Opfer von Straftaten gebieten eine beschleunigte Verfahrensdurchführung. Je länger ein Verfahren andauert, desto länger wird das Opfer über seine Pflicht – gegebenenfalls erneut – über das Tatgeschehen aussagen zu müssen, im Unklaren gelassen (vgl. Bünger, NStZ 2006, S. 305 ≪310≫; Basdorf, StV 1995, S. 310 ≪312≫).
(5) Da die Fristsetzung wie aufgezeigt nicht zur Folge hat, dass hiernach gestellte Beweisanträge als verspätet abgelehnt werden können, wird die der Norm des § 246 Abs. 1 StPO innewohnende gesetzgeberische Grundentscheidung respektiert und somit die Grenzen richterlicher Rechtsfindung gewahrt.
bb) Auch die Ablehnung der Hilfsbeweisanträge erst im Urteil verstößt vorliegend nicht gegen das Grundrecht des Beschwerdeführers auf ein faires Verfahren, welches aus Art. 2 Abs.1 und Abs. 2 in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) folgt.
Zwar hat der Angeklagte das Recht, sich an der Aufklärung des wahren Sachverhalts durch die Stellung von Beweisanträgen aktiv zu beteiligen (vgl. BVerfGE 57, 250 ≪279 f.≫; Niemöller/Schuppert, AÖR 107 ≪1982≫, S. 387 ≪427≫). Jedoch ergeben sich aus dem Grundsatz des fairen Verfahrens weder einzelne, mit Verfassungsrang ausgestattete Beweiserhebungsansprüche (vgl. Niemöller/Schuppert, AÖR 107 ≪1982≫, S. 387 ≪428≫) noch konkrete Folgerungen für die Behandlung eines Beweisantrags (vgl. BVerfG, Vorprüfungsausschuss, Beschluss vom 14. August 1984 – 2 BvR 961/84 –, NStZ 1985, S. 35).
Es ist in der Rechtsprechung anerkannt, Hilfsbeweisanträge, die an eine Bedingung geknüpft sind, welche sich erst im Zuge der endgültigen Urteilsberatung erfüllt oder auch als nicht gegeben herausstellt, abweichend von § 244 Abs. 6 StPO erst im Urteil zu bescheiden (vgl. RGSt 3, 222 ≪224≫; 29, 438 ≪439≫). Der Antragsteller gibt durch diese Form der Antragstellung zu erkennen, dass seine Beweismöglichkeiten erschöpft sind und dass er auch für den Fall, dass der Beweisantrag abgelehnt wird, Anträge anderer Art nicht mehr wird stellen können. Er zeigt, dass er „alle Pfeile verschossen” hat (vgl. Mannheim, JW 1927, S. 3062 ≪3063≫). Hinzu kommt, dass sich letztlich erst in der Urteilsberatung zeigt, ob die Bedingung eingetreten ist. Daher liegt in dieser Form der Antragstellung regelmäßig ein Verzicht auf eine Vorabbescheidung (vgl. Fischer, in: Karlsruher Kommentar zur StPO, 6. Aufl. 2008, § 244 Rn. 92).
Die hiervon gemachte Rückausnahme in Fällen beabsichtigter Ablehnung wegen Prozessverschleppung begründete die Rechtsprechung zunächst in erster Linie mit einer Rücksichtspflicht gegenüber dem Verteidiger und dessen standesrechtlicher Situation (vgl. KG, Urteil vom 6. Januar 1954 – 1 Ss 427/53 –, JR 1954, S. 231 ≪232≫). Auch habe der Angeklagte selbst ein Recht, schon vor Ergehen des Urteils von einem von seiner Einflussnahme unabhängigen, ihm abträglichen Verhalten seines Verteidigers, dessen Tragweite er ohne besonderen gerichtlichen Hinweis oft gar nicht werde übersehen können, in Kenntnis gesetzt zu werden, um möglicherweise seinen Verteidiger zur Zurücknahme des Hilfsbeweisantrags zu bewegen, oder ihm im äußersten Falle das Mandat zu entziehen. In der Folgezeit wurde nicht mehr explizit auf Verteidigerinteressen abgestellt, sondern allgemein betont, dass der Antragsteller die Möglichkeit erhalten müsse, den Vorwurf der Verschleppungsabsicht zu entkräften oder die sonst infolge der Ablehnung des Beweisantrags notwendigen Maßnahmen zu treffen, was nur bei einer Verbescheidung des Beweisantrags vor Urteilserlass möglich sei (vgl. BGHSt 22, 124 ≪125≫).
Der Bestimmung des maßgebenden Entscheidungszeitpunkts liegen damit in erster Linie Schutzerwägungen zugrunde. Die genannte Rückausnahme für den Fall der beabsichtigten Ablehnung wegen Prozessverschleppung dient dem Antragsteller lediglich dazu, sich vom durchaus erheblichen Vorwurf, der Antrag sei ausschließlich zum Zwecke der Prozessverschleppung gestellt, zu entlasten. Ein solcher Antragsteller hat nämlich durch die Form des Hilfsbeweisantrags gezeigt, dass seine Beweismöglichkeiten erschöpft sind. Er hat durch die bedingte Antragstellung grundsätzlich auf eine Bescheidung vor Urteilserlass verzichtet. Mannigfaltige Reaktionsmöglichkeiten auf die Ablehnung des Beweisantrags wegen Prozessverschleppung stehen ihm damit ebenso wenig zur Verfügung, wie im Falle des Rückgriffs auf einen anderen Ablehnungsgrund (kritisch zu dieser Rückausnahme Fischer in: Karlsruher Kommentar zur StPO, 6. Aufl. 2008, § 244 Rn. 93).
Dem Interesse, sich vom Makel prozessverschleppenden Verhaltens zu entlasten, wurde vorliegend Rechnung getragen. Den Prozessbeteiligten wurden entsprechende Hinweise erteilt. Damit ist bekannt, welche prozessrechtlichen Folgen ein nach Fristablauf gestellter Antrag nach sich ziehen kann. Sie können dem Vorwurf, nur im Interesse der Verfahrensverzögerung zu agieren, im Vorfeld begegnen. Sie sind ebenso wie im Falle einer Vorabbescheidung in die Lage versetzt, ihr weiteres prozessuales Verhalten einzurichten, etwa vom Selbstladerecht eines Zeugen Gebrauch zu machen. Dass der Antragsteller mit Blick auf die hiernach notwendige Begründung des Beweisantrags im Vergleich zu einer Vorabbescheidung vom Reagierenden zum Agierenden werden muss, schränkt seine Verteidigungsrechte nicht in verfassungsrechtlich unzumutbarer Weise ein und macht ihn nicht in höherem Maße schutzwürdig.
Der Umstand, das Beweisanträge nach Fristsetzung vorliegend – auch positiv – beschieden wurden, ändert nichts an der fehlenden Schutzwürdigkeit des Beschwerdeführers. Da es sich um unbedingt gestellte Anträge handelte, war hierüber gemäß § 244 Abs. 6 StPO durch Beschluss vor Urteilserlass zu entscheiden. Soweit sich aus dem insoweit pauschalen Vortrag des Beschwerdeführers ergibt, dass diese Anträge nicht sämtlich wegen Verschleppungsabsicht zurückgewiesen wurden, ist dies auch dem Umstand geschuldet, dass das Vorliegen der Voraussetzungen dieses Ablehnungsgrundes nicht ein für allemal für das ganze Verfahren entschieden werden kann, sondern für jeden Beweisantrag und für jede einzelne Beweisfrage besonders geprüft werden muss (vgl. BGHSt 21, 118 ≪124≫). Da auch ein Antragsteller, dessen Streben allgemein dahin geht, den Prozess zu verschleppen, mitunter einzelne Beweiserhebungen in der Hoffnung beantragt, dass hierdurch das Verfahrensergebnis zu seinen Gunsten beeinflusst wird, ist in jedem Einzelfall sorgfältig zu prüfen, ob die Voraussetzungen des § 244 Abs. 3, Satz 2, 6. Alt. StPO gegeben sind.
Zwar stellt das Landgericht hierauf nicht entscheidend ab, sondern betont, dass es den Beweisanträgen entgegen der eigenen Überzeugung stattgegeben habe. Jedoch kann sich der Beschwerdeführer infolge einer derartigen Verbescheidung nicht auf ein schutzwürdiges Vertrauen an der künftigen Nichtanwendung des Ablehnungsgrundes der Verschleppungsabsicht berufen. Das Gericht hat den Beweisantrag wegen Prozessverschleppung und nicht wegen zu später Antragstellung abgelehnt. Es kann vernünftigerweise kein Verfahrensbeteiligter erwarten, dass sich das Gericht dieser Möglichkeit, welche es sich durch die Fristsetzung gerade eröffnen wollte, ohne weiteres entledigt.
Schließlich würde die Pflicht, die wegen Verschleppungsabsicht zurückzuweisenden Hilfsbeweisanträge vorab zu bescheiden, das mit der Fristsetzung verfolgte Ziel einer effektiven und beschleunigten Durchführung des Strafprozesses konterkarieren. Der durch die eigentliche Fristsetzung intendierte Beschleunigungseffekt würde durch die Unmöglichkeit auch in diesen Fällen vom Grundsatz des § 244 Abs. 6 StPO im Wege einer am Zweck orientierten, einschränkenden Auslegung abzurücken, zunichte gemacht. Dies zeigt, dass entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers von der Fristsetzung erkennbar auch Hilfsbeweisanträge erfasst sein sollten.
2. Die angegriffene Entscheidung des Bundesgerichtshofs verletzt den Beschwerdeführer auch nicht in seinem aus dem Rechtsstaatsprinzip in Verbindung mit Art. 2 Abs. 1 GG folgenden Anspruch auf wirksamen Rechtsschutz. Die Verwerfung der Revision als unzulässig erschwert den Zugang zum Revisionsgericht nicht in einer Weise, die aus Sachgründen nicht zu rechtfertigen ist.
Auf der Verwerfung der auf § 244 Abs. 6 StPO gestützten Verfahrensrüge als unzulässig beruht das Urteil nicht (vgl. hierzu BVerfGE 112, 185 ≪215≫). Der Bundesgerichtshof nimmt ausdrücklich und umfangreich dazu Stellung, dass diese Rüge bei der gegebenen Sachlage auch unbegründet wäre. Damit kann ausgeschlossen werden, dass der Bundesgerichtshof, hätte er die Rüge als zulässig angesehen, zu einem anderen Ergebnis gekommen wäre.
Von einer weiteren Begründung der Nichtannahmeentscheidung wird gemäß § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
Unterschriften
Broß, Di Fabio, Landau
Fundstellen