Verfahrensgang
Bayerischer VGH (Beschluss vom 19.02.2009; Aktenzeichen 7 ZB 08.1491) |
VG Augsburg (Urteil vom 08.04.2008; Aktenzeichen Au 3 K 07.1043) |
Bayerischer VGH (Beschluss vom 02.01.2008; Aktenzeichen 7 ZB 07.1348) |
VG Augsburg (Urteil vom 17.04.2007; Aktenzeichen Au 3 K 06.1072) |
Tenor
Die Verfassungsbeschwerden werden nicht zur Entscheidung angenommen.
Tatbestand
I.
Die Verfassungsbeschwerden betreffen schulaufsichtliche Beanstandungen einer staatlich genehmigten Privatschule.
Der Beschwerdeführer ist Mitglied des Montessori-Landesverbandes Bayern und freier Träger einer Grundschule, deren Konzept von einer „nicht-direktiven Begleitung” der Kinder ausgeht. In der Schule soll eine „Umkehrung des Lernprozesses” stattfinden, bei dem die Kinder die Möglichkeit haben, ihre Lern- und Entwicklungsschritte inhaltlich und zeitlich selbst zu gestalten. Im September 2003 erteilte die zuständige Behörde dem Beschwerdeführer die vorläufige Genehmigung, eine einzügige private Volksschule (Grundschule) als Ersatzschule zu errichten und zu betreiben. In dem Genehmigungsbescheid ist – insoweit dem Genehmigungsantrag entsprechend – vorgegeben, dass die Schule nach dem jeweiligen amtlichen Grundschullehrplan zu unterrichten habe. Dieser ist als Mindestlehrplan für die Jahrgangsstufen 1 bis 4 festgesetzt. Die Schule hat zudem die jeweilige amtliche Stundentafel der staatlichen Grundschule anzuwenden.
1. Ausgangspunkt der Ereignisse, die zur Verfassungsbeschwerde in dem Verfahren 1 BvR 759/08 geführt haben, war eine an drei Tagen im Juni 2005 durchgeführte Leistungsüberprüfung bei den Schülern der Schule, die sich im 4. Schulbesuchsjahr befanden. Dabei stellte das Staatliche Schulamt fest, dass das Wissen und Können der Kinder am Maßstab der Regelgrundschule gemessen in den Fächern Deutsch und Mathematik nicht den Anforderungen des Lehrplans der Grundschule entspreche; die Stundentafel der Grundschule werde aus konzeptionellen Gründen nicht angewandt. Als Folge dieser Überprüfung beanstandete die Schulaufsichtsbehörde an der Schule des Beschwerdeführers die Nichteinhaltung der Genehmigungsvoraussetzung, nicht hinter den für öffentliche Schulen geltenden Lehrzielen zurück zu stehen, sowie die fehlende Beachtung der Ziele des amtlichen Grundschullehrplans und der amtlichen Stundentafel. Die nach erfolglosem Widerspruch gegen den Beanstandungsbescheid erhobene Klage wies das Verwaltungsgericht ab. Der Antrag des Beschwerdeführers auf Zulassung der Berufung blieb ebenfalls ohne Erfolg.
2. Die Verfassungsbeschwerde in dem Verfahren 1 BvR 733/09 hat ihren Ausgangspunkt ebenfalls in einer Leistungsüberprüfung, die etwa zwei Jahre später, zum Ende des Schuljahres 2006/2007 stattfand und die Fächer Heimat- und Sachkunde, Mathematik und Deutsch zum Gegenstand hatte. Die staatliche Schulaufsicht beanstandete wiederum die Nichteinhaltung der Genehmigungsvoraussetzung, nicht hinter den für öffentliche Schulen geltenden Lehrzielen zurück zu stehen. Im mathematischen Leistungsbereich seien vier der fünf überprüften Kinder nicht auf dem Stand eines Kindes der vierten Jahrgangsstufe der Regelschule. Im Fach Deutsch zeigten die Beobachtungen, dass drei von den fünf überprüften Kindern im Schreiben ungeübt seien und auch keine altersgemäße Lesekompetenz aufwiesen. Die hiergegen erhobene Klage blieb ebenso erfolglos wie der Antrag auf Zulassung der Berufung.
Entscheidungsgründe
II.
Mit seinen Verfassungsbeschwerden rügt der Beschwerdeführer eine Verletzung des Art. 7 Abs. 4 GG durch die Bescheide der Schulaufsicht und die angegriffenen Entscheidungen der Verwaltungsgerichte.
1. Eine schulaufsichtliche Leistungsüberprüfung bei Schülern einer Privatschule sei vor Erreichen eines Abschlussjahrgangs und damit auch nach der 4. Klasse generell unzulässig.
Nach Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG sei einer Privatschule die Genehmigung zu erteilen, wenn sie in ihren Lehrzielen und Einrichtungen sowie in der wissenschaftlichen Ausbildung ihrer Lehrkräfte nicht hinter den öffentlichen Schulen zurückstehe. Es dürfe daher eine Gleichwertigkeit verlangt werden, die sich im Abschlusserfolg der Schüler ausdrücke. Abgestellt werden dürfe aber nicht auf einen Jahrgangserfolg. Es sei gleichgültig, welchen Leistungsstand die Schüler einer Privatschule am Ende einzelner Schuljahre hätten, die dem Abschlussjahr vorausgingen. Für den Weg zum Bildungsabschluss stehe die Freiheit der Privatschulen im Vordergrund. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts würde eine auf jede Jahrgangsklasse bezogene Verbindlichkeit des Qualifikationsniveaus an öffentlichen Schulen die Unterrichtsfreiheit der privaten Ersatzschule derart einengen, dass die für die Genehmigung nach Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG ausreichende Gleichwertigkeit in Richtung Gleichartigkeit verschoben würde. Auch eine Bindung an die von der Schulverwaltung erlassenen Lehrpläne und Stundentafeln sei ausgeschlossen. Jede staatliche Vorgabe bestimmter Zäsuren inhaltlicher wie zeitlicher Art – etwa in Form von Leistungsüberprüfungen zu bestimmten Zeitpunkten – bedeute einen Eingriff in die verfassungsrechtlich geschützte pädagogische Gestaltungsfreiheit der Schule in freier Trägerschaft.
Grund- und Hauptschule seien in Bayern auch keine selbständigen Schularten, sondern lediglich Glieder der Schulart Volksschule. Die Volksschule sei auf neun oder zehn Schuljahre angelegt. Erst danach sei der Bildungsgang Volksschule abgeschlossen. Jeder vorherige Zeitpunkt zur Leistungsüberprüfung der Schüler sei willkürlich. Das gelte auch für die von ihm, dem Beschwerdeführer, betriebene Schule, die bislang nur als Grundschule, nicht hingegen als Hauptschule genehmigt worden sei. Denn er strebe an, die Schule als Volksschule zu betreiben. Die Freiheit, eine Volksschule nach bayerischer Prägung zu gründen und sich allein an deren Abschlusszielen zu orientieren, könne nicht dadurch ausgehöhlt werden, dass nur eine Genehmigung für eine Grundschule erteilt und die Erteilung der Genehmigung für die Hauptschule aufgeschoben werde. Im Übrigen habe das Bundesverfassungsgericht auch keine Einwände dagegen erhoben, dass eine Schule von der Klasse eins bis zur Klasse zwölf als Einheit geführt werde. Die Gleichwertigkeit des Bildungserfolgs dürfe daher erst am Ende der Hauptschulzeit festgestellt werden.
2. Die konkret vorgenommenen Leistungsüberprüfungen hätten auch aus weiteren Gründen gegen die Privatschulfreiheit verstoßen.
a) Die Leistungsüberprüfungen seien verfassungswidrig, weil sie darauf gerichtet gewesen seien, einen gleichartigen Bildungserfolg wie an einer öffentlichen Schule abzuprüfen. Zudem seien sie unzulässigerweise so gestaltet gewesen, dass Schüler nur dann erfolgreich ihre Leistungsfähigkeit hätten nachweisen können, wenn sie die an einer öffentlichen Schule üblichen Formen der Leistungskontrolle beherrscht hätten. In der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sei anerkannt, dass es vom Schutz der Privatschulfreiheit gedeckt sei, wenn pädagogische Konzeptionen von denen der öffentlichen Schulen abwichen. Das gelte besonders für Volksschulen, die nach Art. 7 Abs. 5 GG sogar abweichen müssten, weil sonst ein besonderes pädagogisches Interesse als Zulassungsvoraussetzung nicht bejaht werden könne. Es dürfe kein Anpassungsdruck erzeugt werden. Eine ausreichende Berücksichtigung der Eigenart einer Privatschule liege nicht schon darin, dass die äußeren Umstände der Leistungsüberprüfungen nicht denen einer Klassenarbeit an einer öffentlichen Schule entsprochen hätten und eine freie Bewegung im Klassenzimmer und die freie Wahl der Bearbeitungsreihenfolge ermöglicht worden sei. Erforderlich sei vielmehr, dass bei den Prüfungsinhalten darauf Rücksicht genommen werde, welche Schwerpunkte der Privatschulträger gesetzt habe und welche Stoffe der Schüler hiervon ausgehend bearbeitet habe. Dies könne nur geschehen, wenn der Bildungsplan der Schule ermittelt und daraus der Aufgabeninhalt entnommen werde. Im vorliegenden Fall seien die Prüfungen aber auch nicht ansatzweise an den Grundprinzipien der den Schülern bekannten Montessori-Pädagogik ausgerichtet gewesen, obwohl er, der Beschwerdeführer, im Vorfeld angeboten habe, der Schulaufsicht ein komplettes Prüfungskonzept vorzustellen, das in Didaktik und Systematik an den Schulalltag angelehnt sein sollte.
b) Eine Leistungsüberprüfung dürfe auch nicht – wie geschehen – selektiv nur einzelne Fächer berücksichtigen. Vielmehr müsse sie sich auf alle Inhalte beziehen, die zur Beurteilung der Gleichwertigkeit beitragen könnten. Die Beanstandung der Einhaltung der Stundentafel verstoße ebenfalls gegen Art. 7 Abs. 4 GG. Verfassungskonform ausgelegt bedeute die im Genehmigungsbescheid festgelegte Beachtung der Stundentafel für die staatliche Grundschule nur, dass entsprechende Anteile der Schulzeit auf die Inhalte zu verwenden seien, die den in den Stundentafeln genannten Fächern zugeordnet seien.
3. Wegen Verstoßes gegen Art. 7 Abs. 4 GG sei schließlich auch die beanstandungsbedingte Herabsetzung der Finanzhilfe unzulässig. In der Kürzung liege eine Ungleichbehandlung, weil Schulen, deren Bildungsweg im Verhältnis zur öffentlichen Schule gleichartig sei, gegenüber denen mit einem von der öffentlichen Schule abweichenden Bildungsweg bevorzugt würden. Das Verfahren der Anerkennung einer Privatschule dürfe nicht dazu benutzt werden, einen Privatschulträger zur Anpassung an die öffentliche Schule zu bewegen. Ebenso wenig dürfe die Finanzierung dazu verwendet werden, die Gleichartigkeit der Bildungswege zu erzwingen.
III.
Die Annahmevoraussetzungen des § 93a Abs. 2 BVerfGG liegen nicht vor. Die Verfassungsbeschwerden werfen keine Frage von grundsätzlicher verfassungsrechtlicher Bedeutung auf (§ 93a Abs. 2 Buchstabe a BVerfGG), die sich nicht ohne weiteres aus dem Grundgesetz und anhand der bisherigen verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung beantworten ließe (vgl. BVerfGE 90, 22 ≪24 f.≫). Auch ist ihre Annahme nicht zur Durchsetzung des als verletzt bezeichneten Grundrechts angezeigt (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG).
1. Auf der Grundlage des Art. 7 Abs. 4 GG und der dazu ergangenen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts lässt sich eine Verletzung verfassungsmäßiger Rechte des Beschwerdeführers, die in der Durchführung der Leistungsüberprüfungen in der 4. Jahrgangsstufe und unter Beschränkung auf nur wenige Fächer liegen soll, nicht feststellen.
a) Art. 7 Abs. 4 GG gewährleistet unter den dort genannten Voraussetzungen unter Absage an ein staatliches Schulmonopol die Freiheit, Privatschulen zu errichten. Kennzeichnend für die Privatschule ist ein Unterricht eigener Prägung, insbesondere im Hinblick auf die Erziehungsziele, die weltanschauliche Basis, die Lehrmethode und die Lehrinhalte (vgl. BVerfGE 27, 195 ≪200 f.≫; 75, 40 ≪61 f.≫). Das Recht zur Errichtung von Privatschulen als Ersatz für öffentliche Schulen ist jedoch durch den Vorbehalt staatlicher Genehmigung beschränkt. Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn die Privatschulen in ihren Lehrzielen und Einrichtungen sowie in der wissenschaftlichen Ausbildung ihrer Lehrkräfte nicht hinter den öffentlichen Schulen zurückstehen und eine Sonderung der Schüler nach den Besitzverhältnissen der Eltern nicht gefördert wird. Die Genehmigung ist zu versagen, wenn die wirtschaftliche und rechtliche Stellung der Lehrkräfte nicht genügend gesichert ist (Art. 7 Abs. 4 Satz 2 bis 4 GG). Art. 7 Abs. 4 Satz 1 GG schützt die Vielfalt der Formen und Inhalte, in denen Schule sich darstellen kann; das Genehmigungserfordernis hat den Sinn, die Allgemeinheit vor unzureichenden Bildungseinrichtungen zu schützen (vgl. BVerfGE 27, 195 ≪201, 203≫). Art. 7 Abs. 4 GG begründet unter den dort genannten Voraussetzungen einen Anspruch auf Genehmigung einer privaten Schule (vgl. BVerfGE 27, 195 ≪200≫).
aa) Lehrziele im Sinne des Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG sind der generelle Bildungsauftrag der Schule und die jeweiligen Bildungsziele der einzelnen Schularten und Schulstufen, damit auch des Primarbereichs. Es kommt darauf an, ob im Kern gleiche Kenntnisse und Fertigkeiten vermittelt werden, unbeschadet eines von einer eigenen weltanschaulichen Basis aus eigenverantwortlich geprägten Unterrichts mit darauf abgestellten Lehrmethoden und Lehrinhalten. Insofern wird keine Gleichartigkeit mit öffentlichen Schulen verlangt, sondern eine Gleichwertigkeit (vgl. BVerfGE 90, 107 ≪122≫). Entscheidend ist mithin, ob am Ende des jeweiligen Bildungsgangs das Niveau des Bildungsprogramms der öffentlichen Schulen im Ergebnis erreicht wird, wobei den Ersatzschulen hinsichtlich der hierbei beschrittenen Wege und eingesetzten Mittel weitgehende Freiheit eingeräumt wird. Dies kann zur Folge haben, dass Ersatzschulen nach ihrer ganzen Struktur so grundsätzlich verschieden von öffentlichen Schulen sein können, dass etwa für ihre Schüler vor Abschluss des Bildungsgangs ein Wechsel in das öffentliche Schulsystem ausscheidet (vgl. BVerfGE 27, 195 ≪205≫; 90, 107 ≪125≫).
bb) Diesen Grundsätzen entspricht es, wenn das Bundesverwaltungsgericht den Zweck des Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG nicht darin sieht, die inhaltliche Einheit des Schulwesens zu sichern, sondern Schüler von Ersatzschulen vor einem ungleichwertigen Schulerfolg zu schützen (vgl. BVerwGE 112, 263 ≪268≫). Es unterscheidet dabei hinsichtlich der Lehrziele im Sinne des Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG zutreffend zwischen „Erziehungszielen” einerseits und der „Qualifikation” andererseits. In Bezug auf Letztere kommt es danach für die Feststellung der Gleichwertigkeit darauf an, ob die von der Ersatzschule vermittelten fachlichen Kenntnisse und die Allgemeinbildung dem nach geltendem Recht vorgeschriebenen Standard öffentlicher Schulen entsprechen (vgl. BVerwGE 90, 1 ≪9≫; 112, 263 ≪267 f.≫). Insofern stellt das Bundesverwaltungsgericht auf die im jeweiligen Landesschulrecht für die betreffende Schulart getroffenen Aussagen über die zu vermittelnde Qualifikation ab, die aber erst bei Abschluss des schulischen Bildungsgangs im Sinne eines Gesamtergebnisses erreicht sein muss. Denn wegen der durch Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG gewährleisteten und sich auf Lehrmethode und Lehrinhalte erstreckenden Gestaltungsfreiheit der Ersatzschule, die gerade nicht die jederzeitige Durchlässigkeit in das staatliche Schulsystem sicherzustellen hat, muss diese nach eigenem pädagogischen Ermessen entscheiden dürfen, auf welchem Weg und mit welchen Mitteln sie dieses Gesamtergebnis erreichen will (vgl. BVerwGE 112, 263 ≪268 f.≫).
b) Bei Zugrundelegung dieser Maßstäbe ist es verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass die schulaufsichtlichen Leistungsüberprüfungen im vorliegenden Fall bei Schülern der 4. Jahrgangsstufe vorgenommen worden sind.
Der Verwaltungsgerichtshof hat das bayerische Schulrecht dahin ausgelegt, dass die Verbindung der Schularten Grund- und Hauptschule zur „Volksschule” bloß nomineller Natur ist und keinen einheitlichen Bildungsgang entstehen lässt. Er hat dies vor allem damit begründet, dass sich die gesetzlich vorgegebenen Bildungsziele beider Schularten deutlich unterscheiden. Die alle schulpflichtigen Kinder erfassende Grundschule solle nach Art. 7 Abs. 4 Satz 1 BayEUG die Voraussetzungen für „jede weitere schulische Bildung” an den jeweiligen weiterführenden Schulen, also auch an Realschulen und Gymnasien schaffen. Mit dieser umfassenden Bildungsperspektive unterscheide sie sich wesentlich von der Hauptschule, deren Bildungsziele in einem engen Zusammenhang mit der späteren Berufswahl und einer berufsqualifizierenden Ausbildung stünden und die nach dem Willen des Gesetzgebers nur einen begrenzten Kreis von Schülerinnen und Schülern ansprechen solle (Art. 7 Abs. 6 Satz 1 und 2 BayEUG). Das landesrechtlich vorgesehene Bildungsziel der Grundschule verlange demnach nicht allein, dass bei deren Abschluss den Schülern lediglich der weitere Besuch der mit ihr verbundenen „Volksschule” und damit auf längere Sicht die Erlangung des Hauptschulabschlusses ermöglicht werde, sondern dass ein Wechsel zu allen übrigen weiterführenden Schulen eröffnet sei.
Diese Auslegung des einfachen Rechts, mit der der Beschwerdeführer sich nicht näher auseinandersetzt, ist von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden, zumal auch das Verfassungsrecht mit dem in Art. 7 Abs. 5 GG verwendeten Begriff der Volksschule zumindest auch die der Vorbereitung auf den Besuch weiterführender Schulen dienende Grundschule meint und diese jedenfalls als eigenständige Schulart begreift (vgl. BVerfGE 88, 40 ≪45 f.≫).
Das Landesrecht bestimmt, welche öffentlichen Schulen es gibt, denen eine Ersatzschule entsprechen kann (vgl. BVerfGE 90, 128 ≪139≫). Angesichts dessen kommt es hier nicht darauf an, dass der Beschwerdeführer auch eine Hauptschule betreiben möchte, für deren Errichtung er jedoch derzeit noch keine Genehmigung erhalten hat. Zwar bezieht sich die Akzessorietät der Ersatzschulen zu den öffentlichen Schulen nicht notwendigerweise auf eine formale Entsprechung zu den jeweils im Landesrecht typisierten Schularten und -formen, sondern auf eine Entsprechung in deren Gesamtzweck (vgl. BVerfGE 27, 195 ≪201≫; 90, 128 ≪139 f.≫). Aber selbst wenn der Beschwerdeführer eine Hauptschule gemeinsam mit der Grundschule als einheitliche „Volksschule” führen könnte, bliebe es doch dabei, dass deren Jahrgangsstufen 1 bis 4 in Orientierung an der Regelung des Art. 7 Abs. 5 Satz 1 BayEUG ihrem Gesamtzweck nach der öffentlichen Grundschule entsprechen müssten, so dass auch dann diese der Bezugspunkt für die Feststellung im Kern gleicher Kenntnisse und Fertigkeiten bliebe. Deshalb ist es von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden, wenn am Ende eines 4. Schuljahres geprüft wird, ob die im bayerischen Landesschulrecht für die Grundschule getroffenen Aussagen über die zu vermittelnde Qualifikation von einer als Ersatz für eine solche öffentliche Schule genehmigten Privatschule im Sinne eines Gesamtergebnisses tatsächlich erreicht worden sind oder nicht.
c) Ebenso wenig begegnet es verfassungsrechtlichen Bedenken, dass die angegriffenen Entscheidungen allein die Leistungsüberprüfungen in den Fächern Deutsch und Rechnen zur Grundlage der Feststellung eines Nichterreichens der Bildungsziele durch die vom Beschwerdeführer getragene Ersatzschule genommen haben.
Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG verlangt, dass eine Ersatzschule hinter der Gesamtheit der Lehrziele einer öffentlichen Schule nicht zurücksteht. Verfehlt eine als Ersatz für eine Grundschule genehmigte private Schule die für diese Schulart landesrechtlich maßgeblichen zentralen Bildungsstandards in den beiden Kernfächern Deutsch und Rechnen, dann steht fest, dass sie nicht im Kern gleiche Kenntnisse und Fertigkeiten vermittelt wie eine öffentliche Grundschule.
2. Die weiteren Beanstandungen der Verfassungsbeschwerden sind nicht in zulässiger Weise erhoben.
a) Soweit der Beschwerdeführer die Modalitäten der Durchführung der Leistungsüberprüfung rügt, ist der Rechtsweg unter dem Gesichtspunkt der materiellen Subsidiarität nicht erschöpft. Der Subsidiaritätsgrundsatz soll vor allem sichern, dass durch eine umfassende fachgerichtliche Vorprüfung der Beschwerdepunkte dem Bundesverfassungsgericht ein bereits gerichtlich geprüftes Tatsachenmaterial unterbereitet und ihm dazu auch die Fallanschauung und Rechtsauffassung der Fachgerichte vermittelt werden. Dem Beschwerdeführer obliegt danach bereits im fachgerichtlichen Verfahren, seine Angriffe gegen den beanstandeten Hoheitsakt so deutlich vorzutragen, dass ihre Prüfung in diesem Verfahren gewährleistet ist, unabhängig davon, ob dieses der Parteimaxime oder dem Amtsermittlungsgrundsatz unterliegt (vgl. BVerfGE 79, 174 ≪189 f.≫).
aa) Zum Bereich der Schule, auf den sich die Gewährleistung in Art. 7 Abs. 4 Satz 1 GG bezieht, gehört auch die Feststellung des Ausbildungserfolges in Zeugnissen und Prüfungen (vgl. BVerfGE 27, 195 ≪206≫). Hiervon zu unterscheiden ist die Frage, wie die Einhaltung der Genehmigungsvoraussetzungen nach Art. 7 Abs. 4 Satz 1 GG überprüft werden kann: Dabei ist von Verfassungs wegen Rücksicht auf die pädagogischen Besonderheiten einer Ersatzschule zu nehmen. Insofern kann eine derartige Prüfung nur das Ziel haben festzustellen, ob die Schüler unter Berücksichtigung der spezifischen Bildungsinhalte und -formen der Ersatzschule ein gleichwertiges Bildungsziel erreicht haben. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die besonderen Formen der Wissensvermittlung und -prüfung an bestimmten Ersatzschulen eine adäquate Feststellung der erreichten Lehrziele allein mit Mitteln, wie sie an öffentlichen Schulen üblich sind, erschweren können.
Allerdings kann vorliegend dahingestellt bleiben, welche Anforderungen an die Gestaltung einer derartigen Leistungsüberprüfung sich im Einzelnen daraus ergeben. Denn die Verwaltungsgerichte sind hier davon ausgegangen, dass die Schulaufsichtsbehörde bei der Prüfungsgestaltung auf die Besonderheiten der Ersatzschule so weit Rücksicht nehmen müsse, dass das tatsächliche Leistungsvermögen der Schülerinnen und Schüler im Ergebnis sichtbar werde. Das steht mit Art. 7 Abs. 4 Satz 2 GG in Einklang.
bb) Der Beschwerdeführer stellt diesen rechtlichen Maßstab nicht grundsätzlich in Frage. Er bemängelt der Sache nach vielmehr, dass die Anpassung der Prüfungsgestaltung an die Besonderheiten der Montessori-Pädagogik nicht hinreichend gewesen sei, um eine objektive Leistungsermittlung zu ermöglichen. Hingegen haben die Verwaltungsgerichte darauf abgestellt, dass die Bedingungen der Leistungsüberprüfung deutlich großzügiger gewesen seien als bei vergleichbaren Prüfungen an öffentlichen Schulen. Dabei haben sie inhaltliche Anpassungen an entsprechende Vorschläge der Schulleitung angeführt, wie etwa die Ersetzung von Diktaten durch sogenannte Falschschreibungsanalysen. Vor diesem Hintergrund genügte es nicht, dass der Beschwerdeführer lediglich darauf verwies, er habe im Vorfeld der Leistungsüberprüfungen angeboten, der Schulaufsicht ein komplettes Prüfungskonzept vorzustellen, das in Didaktik und Systematik an den Schulalltag angelehnt sein sollte. Er hätte vielmehr schon im fachgerichtlichen Verfahren konkret vortragen müssen, wie ein solches, seinen pädagogischen Grundsätzen weitergehend entsprechendes Prüfungskonzept, das gleichzeitig zur objektiven Ermittlung des Bildungsstandes der Schüler und zur Überprüfung des Erreichens der Lehrziele geeignet gewesen wäre, hätte aussehen können. Das Wissen um diese primär tatsächlichen Umstände fällt in erster Linie in seine Sphäre. Auch mit der Verfassungsbeschwerde ist er den Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofs zu seinem insoweit unvollständigen Vorbringen nicht entgegen getreten. Daraus ergibt sich zugleich, dass deren Begründung insoweit den Substantiierungsanforderungen nicht gerecht wird (§ 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 BVerfGG), weil auch hier mögliche Alternativen zur Gestaltung der Prüfung nicht konkret aufgezeigt werden.
b) Auch soweit der Beschwerdeführer eine Verletzung von Art. 7 Abs. 4 GG darin sieht, dass in den in dem Verfahren 1 BvR 759/08 angegriffenen Entscheidungen die Nichteinhaltung der Stundentafel beanstandet worden ist, ist der Rechtsweg unter dem Gesichtspunkt der materiellen Subsidiarität nicht erschöpft.
Zwar darf wegen der aus Art. 7 Abs. 4 GG folgenden Garantie des eigenverantwortlichen Unterrichts – unbeschadet der dabei anzustrebenden Gleichwertigkeit des Bildungsergebnisses – eine strikte Bindung der Ersatzschule an die von der Schulverwaltung erlassenen Lehrpläne und Stundentafeln nicht verlangt werden (vgl. BVerwGE 112, 263 ≪269≫). Weder aus dem Vorbringen noch aus der angegriffenen Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs ergibt sich jedoch, dass der Beschwerdeführer die von ihm mit der Verfassungsbeschwerde erhobene Rüge, die in dem Genehmigungsbescheid ausgesprochene Bindung an die Stundentafel sei mit Rücksicht auf Art. 7 Abs. 4 GG einschränkend auszulegen gewesen, im Berufungszulassungsverfahren geltend gemacht hat.
Zwar muss bei der Erhebung einer Verfassungsbeschwerde grundsätzlich nicht dargelegt werden, dass schon im fachgerichtlichen Verfahren verfassungsrechtliche Erwägungen und Grundrechtsrügen vorgetragen worden sind, solange der Sachverhalt so dargelegt wird, dass auch den Fachgerichten eine verfassungsrechtliche Prüfung möglich ist (vgl. BVerfGE 112, 50 ≪61≫). Etwas anderes kann aber gelten, sofern ein Begehren nur Aussicht auf Erfolg haben kann, wenn verfassungsrechtliche Erwägungen in das fachgerichtliche Verfahren eingeführt werden oder wenn nach dem fachgerichtlichen Verfahrensrecht der Antrag auf Zulassung eines Rechtsmittels auf die Verletzung von Verfassungsrecht zu stützen ist. Jedenfalls die letztgenannte Fallgestaltung liegt hier vor: Bei der Entscheidung über die Zulassung der Berufung können grundsätzlich nur die Gründe berücksichtigt werden, auf die sich der Antragsteller fristgerecht beruft und die er in genügender Weise dargelegt hat (§ 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO). Mangels Vorlage der Schriftsätze des Ausgangsverfahrens, insbesondere des Berufungszulassungsantrags, ist jedoch nicht ersichtlich, dass der Beschwerdeführer die Frage einer einschränkenden Auslegung der Bindung an die amtliche Stundentafel für Grundschulen zum Gegenstand des Berufungszulassungsverfahrens gemacht hat. Solches lässt sich auch nicht den Erwägungen des Verwaltungsgerichtshofs entnehmen. Dieser führt zwar unter Verweis auf eine frühere Entscheidung allgemein aus, dass Gegenstand des Verfahrens die Einhaltung der Ersatzschulgenehmigung durch den Beschwerdeführer sei, einschließlich der Anwendung der amtlichen Stundentafel. Die im Verfassungsbeschwerdeverfahren konkret angesprochene Frage hat der Verwaltungsgerichtshof aber nicht erörtert. Die Notwendigkeit ihrer Geltendmachung im Berufungszulassungsverfahren, gestützt auf Art. 7 Abs. 4 GG, ergibt sich zudem daraus, dass insoweit das Verfassungsrecht auch für die Fachgerichte unmittelbarer Prüfungsmaßstab ist.
3. Soweit der Beschwerdeführer die fortbestehende Beschränkung der ihm gewährten Finanzhilfen infolge der Beanstandungsentscheidung rügt, vermag er damit schon deshalb nicht durchzudringen, weil die Finanzhilfen als solche nicht Gegenstand der Ausgangsverfahren waren.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
Unterschriften
Kirchhof, Schluckebier, Baer
Fundstellen