Verfahrensgang
Tenor
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.
Tatbestand
I.
Die Verfassungsbeschwerde betrifft einen zivilgerichtlichen Streit um das Ankaufsrecht eines öffentlichen Nutzers an Grundstücken auf dem Gebiet der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik nach den Bestimmungen des Verkehrsflächenbereinigungsgesetzes (VerkFlBerG). Sie wirft mittelbar die Frage nach der Verfassungsmäßigkeit der insoweit maßgeblichen Vorschriften über das Erwerbsrecht öffentlicher Nutzer an Verkehrsflächen sowie über die Bemessung des Ankaufspreises auf (§ 3 Abs. 1 und § 5 Abs. 1 VerkFlBerG).
1. In der ehemaligen DDR wurden private Grundstücke in einer sehr großen Zahl von staatlichen Stellen für öffentliche Zwecke, etwa für öffentliche Gebäude oder für Verkehrswege, in Anspruch genommen, ohne dass deren Eigentümer jemals förmlich enteignet wurden oder die Nutzung sonst in rechtsförmiger Weise, etwa durch Vertrag oder förmliche Widmung, geregelt worden war. Zwar setzte auch in der DDR eine solche Nutzung grundsätzlich einen Rechtstitel voraus. Die Regelungen zur Inanspruchnahme von Grundstücken, die in Privateigentum standen, waren jedoch lückenhaft. In der Praxis kam es weitgehend nicht darauf an, ob überhaupt ein Nutzungsrecht begründet worden war; die bloße staatliche Anordnung der Nutzung genügte für die Inanspruchnahme. Nach Erhebungen der Bundesregierung waren hiervon mindestens 100.000 Grundstücke mit einer Gesamtfläche von 12.000 Hektar betroffen (vgl. BTDrucks 14/6204, S. 11).
Um Zeit für eine umfassende gesetzliche Sachenrechtsbereinigung zu gewinnen, wurde im Jahr 1994 mit Art. 233 § 2a Abs. 9 EGBGB den jeweiligen Verwaltungsträgern ein befristetes vorläufiges Besitzrecht, das sogenannte Besitzmoratorium, an den von ihnen weiterhin für öffentliche Zwecke genutzten Flächen eingeräumt. Diese nach dem Verständnis des Gesetzgebers „nur als vorläufige Notordnung anzusehende” Regelung wurde schließlich durch das am 1. Oktober 2001 in Kraft getretene Verkehrsflächenbereinigungsgesetz ersetzt. Es sieht bei absehbar andauerndem Verwaltungsgebrauch solcher Verkehrsflächen die Zusammenführung von verkehrlicher und sonstiger öffentlicher Nutzung mit dem Eigentum unter Anwendung zivilrechtlicher Mittel vor. Bis zu einer solchen Bereinigung behält der öffentliche Nutzer sein Besitzrecht und ist dem Eigentümer zur Zahlung eines Nutzungsentgelts verpflichtet (§ 9 Abs. 1 VerkFlBerG). Zur Durchführung der Bereinigung erhielt der öffentliche Nutzer in Anlehnung an das Instrumentarium des Sachenrechtsbereinigungsgesetzes, das die Rechtsverhältnisse unter Privaten neu regelt, ein bis zum Ablauf des 30. Juni 2007 befristetes, einklagbares Erwerbsrecht: Er konnte vom Eigentümer den Verkauf der Fläche an sich verlangen (§ 3 Abs. 1 VerkFlBerG). In Fällen einer bloß geringfügigen Inanspruchnahme konnte statt eines Verkaufs auch die Bestellung einer Grunddienstbarkeit verlangt werden. Soweit dieses Recht nicht innerhalb der Frist ausgeübt wurde, kann der Eigentümer seinerseits die Bereinigung durch Verkauf an den Nutzer oder die Bestellung einer entgeltlichen Grunddienstbarkeit erzwingen (§ 8 Abs. 2 VerkFlBerG). Wird die öffentliche Nutzung nach einem Ankauf aufgegeben, hat der ursprüngliche Eigentümer ein Wiederkaufsrecht (§ 10 VerkFlBerG). Der Eigentümer ist allerdings nur dann zur Annahme des Erwerbsangebots des Nutzers verpflichtet, wenn dieses den Anforderungen des Gesetzes entspricht. Zu diesen Anforderungen gehören insbesondere die Vorgaben für die Kaufpreisbemessung, die für Verkehrsflächen, insbesondere für dem öffentlichen Verkehr gewidmete Straßen, Wege und Plätze (vgl. § 2 Abs. 2 Nr. 1 VerkFlBerG), in § 5 VerkFlBerG geregelt sind.
Die hier mittelbar zur Prüfung gestellten Vorschriften des Verkehrsflächenbereinigungsgesetzes lauten:
§ 3 Rechte bei öffentlicher Nutzung |
(1) Der öffentliche Nutzer kann vom Grundstückseigentümer den Verkauf des Grundstücks an sich verlangen (Erwerbsrecht). Das Erwerbsrecht wird durch Abgabe eines notariell beurkundeten Angebots zum Abschluss eines Kaufvertrages nach diesem Gesetz ausgeübt. Der Grundstückseigentümer ist zur Annahme des Angebots verpflichtet, wenn der Inhalt des Angebots den Bestimmungen dieses Gesetzes entspricht. (…)
§ 5 Ankaufspreis und Bodenwertermittlung bei Verkehrsflächen; Entgelt für Dienstbarkeit |
(1) Bei Verkehrsflächen beträgt der Kaufpreis 20 Prozent des Bodenwertes eines in gleicher Lage belegenen unbebauten Grundstücks im Zeitpunkt der Ausübung des Rechts nach § 3 Abs. 1 oder § 8 Abs. 2, mindestens jedoch 0,10 Euro je Quadratmeter und höchstens 5 Euro je Quadratmeter in Gemeinden bis zu 10.000 Einwohnern, höchstens 10 Euro je Quadratmeter in Gemeinden mit mehr als 10.000 bis zu 100.000 Einwohnern und höchstens 15 Euro je Quadratmeter in Gemeinden mit mehr als 100.000 Einwohnern. Maßgebend ist die Zahl der Einwohner am 31. Dezember des Jahres, das der Ausübung des Rechts aus § 3 Abs. 1 oder § 8 Abs. 2 vorausgeht. Bei der Wertermittlung ist derjenige Zustand des Grundstücks (§ 3 Abs. 2 der Wertermittlungsverordnung) zugrunde zu legen, den dieses vor der tatsächlichen Inanspruchnahme als Verkehrsfläche hatte. (…)
2. Dem Beschwerdeführer gehörten seit dem Tod seines Vaters im Jahr 1980 mehrere Grundstücke in B., einer Gemeinde mit bis zu 10.000 Einwohnern. Auf den Grundstücken mit einer Gesamtfläche von 19.788 qm wurde ohne Änderung der Eigentumsverhältnisse oder Begründung eines Nutzungsrechts im Jahre 1973 ein Teilstück des Berliner Autobahnrings, der jetzigen Bundesautobahn 10, angelegt. Zuvor wurden die Grundstücke teilweise als Wohn- und Wochenendgrundstücke und teilweise als Ackerland, Heide- und Gartenland, sowie als Wegeflächen genutzt. Verhandlungen der Bundesrepublik Deutschland mit dem Beschwerdeführer über den Ankauf der Flächen in den Jahren 1996 und 1997 scheiterten an unterschiedlichen Vorstellungen über den Bodenwert. Die Bundesrepublik Deutschland einigte sich mit dem Beschwerdeführer zunächst darauf, ihm auf der Grundlage eines Bodenwerts von 522.293,45 EUR ein Nutzungsentgelt von jährlich 4.454,45 EUR zu zahlen. Ein notariell beurkundetes Angebot der Bundesrepublik Deutschland vom Mai 2004, ihm die Grundstücke zum Preis von 33.118,25 EUR abzukaufen, lehnte der Beschwerdeführer ab. Der nach § 5 Abs. 1 VerkFlBerG ermittelte Kaufpreis wurde, bezogen auf eine 4.534 qm große, früher als Wohn- und Wochenendgrundstücke genutzten Teilfläche, bei 5 EUR/qm gekappt. Diese Kappung betraf einen Teilbetrag in Höhe von 22.670 EUR.
3. Das Landgericht gab der Klage der Bundesrepublik Deutschland auf Annahme dieses Angebots statt. Die dagegen eingelegte Berufung blieb vor dem Oberlandesgericht erfolglos.
4. Die zugelassene Revision des Beschwerdeführers wies der Bundesgerichtshof zurück.
a) Der Beschwerdeführer sei nach § 3 Abs. 1 VerkFlBerG zur Annahme des Ankaufsangebots verpflichtet. Dieses entspreche nach den Feststellungen des Berufungsgerichts den gesetzlichen Anforderungen. Das sei zutreffend und werde mit der Revision auch nicht angegriffen.
b) Die Verkaufsverpflichtung nach § 3 Abs. 1 VerkFlBerG stehe nicht im Widerspruch zur Eigentumsgarantie nach Art. 14 GG. Sie stelle keine Enteignung nach Art. 14 Abs. 3 Satz 1 GG, sondern eine Inhalts- und Schrankenbestimmung dar, mit der der Gesetzgeber seinen Regelungsspielraum nicht überschritten habe. Das dem öffentlichen Nutzer eingeräumte Ankaufsrecht führe im Ergebnis zu einem angemessenen, auch die Belange des Grundstückseigentümers hinreichend berücksichtigenden Interessenausgleich. Soweit daneben noch Entschädigungsansprüche nach DDR-Recht für die Inanspruchnahme eines Grundstücks bestanden hätten, habe deren nachträgliche Erfüllung auf der Grundlage des DDR-Entschädigungserfüllungsgesetzes verlangt werden können.
c) Die Behandlung der Eigentümer von Verkehrsflächen nach dem Verkehrsflächenbereinigungsgesetz widerspreche auch nicht dem Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG und stehe auch mit den Anforderungen des Art. 1 des Ersten Zusatzprotokolls zur Europäischen Menschenrechtskonvention in Einklang.
Entscheidungsgründe
II.
Mit seiner rechtzeitig eingegangenen Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer eine Verletzung seiner verfassungsmäßigen Rechte aus Art. 3 Abs. 1, Art. 14 Abs. 1 und Art. 20 Abs. 3 GG durch die Regelungen des § 3 Abs. 1 und des § 5 Abs. 1 VerkFlBerG.
1. Die Anwendung des Verkehrsflächenbereinigungsgesetzes führe zum Entzug des Eigentums im Sinne des Art. 14 Abs. 3 GG. Das in § 3 Abs. 1 VerkFlBerG geregelte Erwerbsrecht erfülle alle Merkmale des klassischen Enteignungsbegriffs. Dieser Einstufung stehe nicht die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Sachenrechtsbereinigung entgegen. Denn im Unterschied zu dieser sei der Nutzer im Fall der Verkehrsflächenbereinigung die öffentliche Hand. Es gehe nicht um den Ausgleich der Interessen Privater, sondern um die Verschiebung von Vermögen in Richtung Staat. Der Einstufung als Inhalts- und Schrankenbestimmung stehe entgegen, dass eine solche in aller Regel nicht zur vollständigen Eigentumsentziehung führe.
Eine Enteignung sei hier zum Wohle der Allgemeinheit nicht erforderlich. Klare rechtliche Verhältnisse könnten auch über Grunddienstbarkeiten erreicht werden. Auch das Bundesfernstraßengesetz lasse es zu, dass Straßen über private Grundstücke verliefen.
Zudem sei bei der Bestimmung der Entschädigung die gebotene Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten misslungen. Der Gesetzgeber sei sich schon nicht bewusst gewesen, ob er eine Inhalts- und Schrankenbestimmung treffe oder eine Enteignung vornehme. Er gehe zwar davon aus, dass Art. 14 GG betroffen sei, wäge aber nicht ab, weshalb hier die Enteignung als gesetzgeberische Lösung vorzugswürdig sei. Dies werde der Warn- und Offenbarungsfunktion der Junktim-Klausel des Art. 14 Abs. 3 GG nicht gerecht.
Darüber hinaus berücksichtige die in § 5 VerkFlBerG vorgesehene Entschädigungsregelung den Wert des Grundstücks ausschließlich aus der Sicht des Nutzers. Es reiche nicht, festzustellen, dass die Grundstücke für die Eigentümer nicht mehr nutzbar seien. Vielmehr sei auch der Nutzen für die Allgemeinheit zu beachten. Diese erwerbe Grundstücke mit bereits hergestellten Verkehrsanlagen und erhalte so erhebliche Vorteile. Ein Abwägungsfehler liege weiter darin, dass der aktuelle Verkehrswert von Verkehrsflächen höher sei als selbst der volle Wert früheren Heide- und Ackerlandes, was erst recht für den vorgesehenen Kaufpreis von einem Fünftel des Bodenwertes gelte. Dieser Mangel werde nicht durch die Mindestbeträge geheilt, da zwischen 0,10 EUR/qm als Mindestbetrag und 5 EUR/qm als Höchstbetrag ein nicht zu rechtfertigender Unterschied bestehe. Dies führe zu einer bloß nominellen Entschädigung. Der Eigentümer werde weder für die faktische Enteignung in der DDR entschädigt noch dürfe er von deren Vorteilen in Gestalt der Verkehrsanlagen profitieren. Des Weiteren habe der Gesetzgeber angenommen, dass Verkehrsflächen auch für den Staat wirtschaftlich nicht verwertbar seien. Dies treffe jedoch für die Bundesautobahnen nicht zu, die nach Einführung der Autobahnmaut kommerzialisierbar seien. Die Einnahmen hieraus sollten dem gesamten Verkehrshaushalt zu Gute kommen und damit auch der Finanzierung anderer Investitionen dienen. Im Zusammenhang damit gebe es weitergehende konkrete Überlegungen für eine Privatisierung der Autobahnen nach dem sogenannten Betreibermodell für den mehrstreifigen Autobahnausbau auf der Grundlage des Verkehrswegeplans. Davon sei auch das hier in Rede stehende Autobahnteilstück betroffen. Die Überlegungen gingen bis hin zu einer Vollprivatisierung des Autobahnnetzes. Dass die Grundstücke keineswegs wirtschaftlich wertlos seien, zeige auch das Nutzungsentgelt, das bisher gezahlt worden sei.
2. Die mittelbar angegriffenen Vorschriften verletzten auch Art. 14 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG und Art. 1 des Ersten Zusatzprotokolls zur Europäischen Menschenrechtskonvention. Sie verstießen zudem gegen sein Recht auf Gleichbehandlung (Art. 3 Abs. 1 GG). Gleichheitswidrig sei, dass bei Ausgleich nach dem Sachenrechtsbereinigungsgesetz der Eigentümer den halben Bodenwert und damit regelmäßig deutlich mehr als nach dem Verkehrsflächenbereinigungsgesetz erhalte. Gleiches gelte für die Staffelung der Kappungsgrenze nach der Einwohnerzahl der Gemeinden. Für die Nutzung als Verkehrsfläche sei es unerheblich, welche Einwohnerzahl die Gemeinde habe, in der das Grundstück liege. Art. 3 Abs. 1 GG sei weiter deshalb verletzt, weil das Gesetz keine Anwendung finde, wenn die öffentliche Nutzung durch ein vor dem Beitritt der DDR entstandenes dingliches Recht gesichert gewesen sei (§ 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VerkFlBerG), während in Fällen wie dem vorliegenden nur ein Zwangsverkauf in Betracht komme. Schließlich werde der nach dem Verkehrsflächenbereinigungsgesetz Betroffene schlechter behandelt als derjenige, der von einem aktuellen Autobahnneubau betroffen sei.
III.
Die Annahmevoraussetzungen des § 93a Abs. 2 BVerfGG liegen nicht vor. Die Verfassungsbeschwerde wirft keine grundsätzliche verfassungsrechtliche Frage auf (vgl. § 93a Abs. 2 Buchstabe a BVerfGG), die sich nicht ohne weiteres aus dem Grundgesetz und anhand der bisherigen verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung beantworten ließe (vgl. BVerfGE 90, 22 ≪24 f.≫). Auch ist ihre Annahme nicht zur Durchsetzung der als verletzt bezeichneten Grundrechte angezeigt (vgl. § 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG).
Die angewendeten Vorschriften (§ 3 Abs. 1, § 5 Abs. 1 VerkFlBerG) lassen auf der Grundlage des Vorbringens der Verfassungsbeschwerde keinen Verstoß gegen das Eigentumsgrundrecht erkennen. Als Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums tragen sie dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit hinreichend Rechnung und sind gleichheitsgerecht ausgestaltet. Auf dieser Grundlage haben die Fachgerichte festgestellt, dass das dem Beschwerdeführer unterbreitete Angebot den gesetzlichen Voraussetzungen des Erwerbsrechts insbesondere hinsichtlich des Ankaufspreises genügt und er deshalb zu dessen Annahme verpflichtet ist. Auch das begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken.
1. Die Vorschriften über das Erwerbsrecht des öffentlichen Nutzers nach § 3 Abs. 1, § 5 Abs. 1 VerkFlBerG berühren den Schutzbereich des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG. Zu den schutzfähigen Rechtspositionen im Sinne des Art. 14 GG gehören alle vermögenswerten Rechte, die das Recht Privaten als Eigentum dergestalt zuordnet, dass sie die damit verbundenen Befugnisse nach eigenverantwortlicher Entscheidung zu ihrem privaten Nutzen ausüben dürfen (vgl. BVerfGE 70, 191 ≪199≫; 97, 350 ≪371≫; 112, 93 ≪107≫). Dies umfasst ohne weiteres das Eigentum an Grund und Boden nach Maßgabe des bürgerlichen Rechts. Grundrechtlichen Schutz genießen auch Eigentumsrechte an Grundstücken auf dem Gebiet der ehemaligen DDR, die schon vor dem 3. Oktober 1990 bestanden haben, da diese über Art. 233 § 2 Abs. 1 EGBGB in die gesamtdeutsche Rechtsordnung übernommen wurden (vgl. BVerfGE 91, 294 ≪307 f.≫).
Das durch Art. 14 Abs. 1 GG gewährleistete Eigentum ist in seinem rechtlichen Gehalt durch Privatnützigkeit und die grundsätzliche Verfügungsbefugnis des Eigentümers über den Eigentumsgegenstand gekennzeichnet. Dem grundrechtlichen Schutz unterliegt danach das Recht, den Eigentumsgegenstand selbst zu nutzen und Dritte von Besitz und Nutzung auszuschließen, ebenso wie die Freiheit, den Eigentumsgegenstand zu veräußern und aus der vertraglichen Überlassung zur Nutzung durch andere Ertrag zu ziehen[0].
Die genannten Regelungen des Verkehrsflächenbereinigungsgesetzes begründen einen Kontrahierungszwang und verpflichten den Beschwerdeführer zur Veräußerung seines Grundeigentums an die Bundesrepublik Deutschland. Ein derartiger Zugriff auf ein Grundstück mit der Folge eines endgültigen Verlusts der bisherigen Rechtsstellung berührt das Eigentumsgrundrecht, auch wenn damit eine Gegenleistung verbunden ist.
2. Bei dem durch die mittelbar angegriffenen Vorschriften begründeten Erwerbsrecht handelt es sich, wovon auch der Bundesgerichtshof zu Recht ausgeht, um eine Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums nach Art. 14 Abs. 1 und 2 GG und nicht um eine Enteignung im Sinne des Art. 14 Abs. 3 GG.
Mit der Enteignung greift der Staat auf das Eigentum des Einzelnen zu. Sie setzt den Entzug konkreter Rechtspositionen voraus, aber nicht jeder Entzug einer Rechtsposition ist eine Enteignung im Sinne von Art. 14 Abs. 3 GG. Diese ist beschränkt auf solche Fälle, in denen Güter hoheitlich beschafft werden, mit denen ein konkretes, der Erfüllung öffentlicher Aufgaben dienendes Vorhaben durchgeführt werden soll (vgl. BVerfGE 104, 1 ≪10≫; 114, 1 ≪59≫; 126, 331 ≪359≫). Die Regelungen über das Erwerbsrecht des öffentlichen Nutzers nach dem Verkehrsflächenbereinigungsgesetz enthalten indessen keine Ermächtigung der Exekutive, ein bestimmtes Eigentumsobjekt zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben ganz oder teilweise zu entziehen. Sie setzten vielmehr voraus, dass die betroffenen Grundstücke bereits im Zeitraum zwischen dem 9. Mai 1945 und dem 3. Oktober 1990 durch eine dem Grundgesetz nicht unterworfene Staatsgewalt faktisch und fortdauernd zur Erfüllung von Verwaltungsaufgaben, hier als öffentliche Verkehrsfläche, in Anspruch genommen wurden und schon mit dieser faktischen Vorbelastung in den Schutzbereich des Eigentumsgrundrechts gelangt sind. Während des Bestehens der DDR wie auch danach konnte der Eigentümer mit einem Wegfall dieser Belastung regelmäßig nicht mehr rechnen. Unter diesen Umständen stellt sich das Erwerbsrecht nach § 3 Abs. 1 VerkFlBerG nicht als Instrument der Güterbeschaffung dar, durch die die Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe überhaupt erstmalig möglich gemacht werden soll. Vielmehr wurde das betreffende vermögenswerte Gut bereits für Verwaltungszwecke genutzt und der Eigentümer konnte und kann eine gesetzlich angeordnete Fortdauer dieser öffentlichen Nutzung wegen der geschilderten Vorbelastung, die nicht erst durch die Regelung des Art. 233 § 2a Abs. 9 EGBGB entstanden ist (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 8. Februar 2001 – 1 BvR 719/99 –, WM 2001, S. 778 ≪779≫), nicht unter Berufung auf sein Eigentumsgrundrecht verhindern. Zweck der Regelungen des Verkehrsflächenbereinigungsgesetzes ist[0] – wie der Bundesgerichtshof zutreffend ausgeführt hat – die endgültige Anpassung der in der DDR entstandenen, rechtlich nicht gesicherten Nutzungsverhältnisse an die Rechtsordnung der Bundesrepublik Deutschland sowie der Ausgleich der in diesem Zusammenhang betroffenen privaten und öffentlichen Interessen (vgl. die Begründung des Regierungsentwurfs, BTDrucks 14/6204, S. 11 f.).
Der Einordnung des Erwerbsrechts des öffentlichen Nutzers nach § 3 Abs. 1 VerkFlBerG als Inhalts- und Schrankenbestimmung steht nicht entgegen, dass dieses in seinen Auswirkungen einer Enteignung gleichkommt (vgl. BVerfGE 83, 201 ≪211 f.≫) und eine Verschiebung von Eigentumsrechten zugunsten des Staates bewirkt (vgl. BVerfGE 126, 331 ≪359≫).
3. § 3 Abs. 1 und § 5 Abs. 1 VerkFlBerG genügen den Anforderungen, die an eine Inhalts- und Schrankenbestimmung nach Art. 14 Abs. 1 GG und an einen gerechten Interessenausgleich zu stellen sind.
a) Der Gesetzgeber, der Inhalt und Schranken der als Eigentum grundrechtlich geschützten Rechtspositionen bestimmt, hat dabei sowohl der grundgesetzlichen Anerkennung des Privateigentums durch Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG als auch der Sozialpflichtigkeit des Eigentums (Art. 14 Abs. 2 GG) Rechnung zu tragen. Das Wohl der Allgemeinheit, an dem sich der Gesetzgeber bei der Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums zu orientieren hat, ist nicht nur Grund, sondern auch Grenze für die Beschränkung des Eigentümers (vgl. BVerfGE 25, 112 ≪118≫; 50, 290 ≪340 f.≫; 100, 226 ≪241≫). Der Gesetzgeber hat die schutzwürdigen Interessen des Eigentümers und die Belange des Gemeinwohls in einen gerechten Ausgleich und in ein ausgewogenes Verhältnis zu bringen (vgl. BVerfGE 100, 226 ≪240≫) und sich dabei im Einklang mit allen anderen Verfassungsnormen zu halten. Insbesondere muss jede Inhalts- und Schrankenbestimmung den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beachten (vgl. BVerfGE 75, 78 ≪97 f.≫; 110, 1 ≪28≫). Die Grenzen der Gestaltungsbefugnis des Gesetzgebers sind indessen nicht für alle Sachbereiche gleich. Die Reichweite des Schutzes der Eigentumsgarantie bemisst sich zum einen danach, welche Befugnisse einem Eigentümer zum Zeitpunkt der gesetzgeberischen Maßnahme konkret zustehen. Soweit das Eigentum die persönliche Freiheit des Einzelnen im vermögensrechtlichen Bereich sichert, genießt es einen besonders ausgeprägten Schutz. Zum anderen ist die Befugnis des Gesetzgebers zur Inhalts- und Schrankenbestimmung umso weiter, je mehr das Eigentumsobjekt in einem sozialen Bezug und in einer sozialen Funktion steht (vgl. nur BVerfGE 50, 290 ≪340 f.≫; 70, 191 ≪201≫; 102, 1 ≪16 f.≫; je mit weiteren Nachweisen aus der Rechtsprechung). Der Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers wird darüber hinaus insbesondere durch die wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Verhältnisse geprägt, in denen Inhalt und Schranken des Eigentums bestimmt werden (vgl. BVerfGE 24, 367 ≪389≫; 52, 1 ≪30≫; 70, 191 ≪201≫; 112, 93 ≪110≫). Darüber hinaus ist er an den Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) als Grundrecht und als allgemeines rechtsstaatliches Prinzip bei der inhaltlichen Festlegung von Eigentümerbefugnissen und -pflichten gebunden (vgl. BVerfGE 21, 73 ≪84≫; 34, 139 ≪146≫; 37, 132 ≪143≫; 49, 382 ≪395≫; 87, 114 ≪139≫; 102, 1 ≪16 f.≫).
b) Die Regelungen in § 3 Abs. 1 und in § 5 Abs. 1 VerkFlBerG genügen diesem Maßstab. Sie dienen einem legitimen Regelungsziel, das im öffentlichen Interesse liegt. Sie sind auf die endgültige Anpassung der in der DDR entstandenen, rechtlich nicht gesicherten Nutzungsverhältnisse und auf eine Bereinigung der Eigentumsverhältnisse gerichtet. Insofern sind sie Teil des Regelungskonzepts, mit dem auf dem Gebiet des Sachenrechts die Rechtseinheit in Deutschland wiederhergestellt werden soll. Der Regelungsbedarf, der sich aus den in der DDR gegebenen Verhältnissen mit einem Zugriff auf fremde Grundstücke vor Klärung der Eigentumsverhältnisse und ohne rechtliche Absicherung allein aufgrund planerischer Entscheidungen ergab, ist evident.
c) Die Einräumung eines Rechts des öffentlichen Nutzers auf Ankauf des von ihm zu Zwecken des öffentlichen Verkehrs genutzten Grundstücks zu den in § 5 Abs. 1 VerkFlBerG genannten Bedingungen führt zu einem angemessenen, auch die Belange des Grundstückseigentümers hinreichend berücksichtigenden Interessenausgleich.
aa) Die Bestimmungen in § 3 Abs. 1, § 5 Abs. 1 VerkFlBerG sind ersichtlich geeignet, den Gesetzeszweck zu erfüllen. Sie sind hierzu auch erforderlich. Die Erforderlichkeit einer gesetzlichen Regelung kann grundsätzlich nur dann von Verfassungs wegen verneint werden, wenn von dem als Alternative in Betracht gezogenen Eingriff von geringerer Intensität in jeder Hinsicht und eindeutig feststeht, dass er den angestrebten Zweck sachlich gleichwertig erreicht (vgl. BVerfGE 105, 17 ≪36≫). An dieser Erforderlichkeit fehlt es der Veräußerungspflicht des Betroffenen zur Erreichung des Gesetzeszwecks im hier zu beurteilenden Fall von Grundstücken, die einer öffentlichen Straße dienen, nicht. Allerdings ist es richtig, dass eine öffentliche Straße als zweckgebundene öffentliche Sache nicht notwendigerweise das Bestehen öffentlichen Eigentums am Straßenland voraussetzt. So genügt etwa für die förmliche Widmung nach § 2 Abs. 2 FStrG, dass der Straßenbaulastträger Inhaber eines dinglichen Rechts zur Nutzung im widmungsmäßigen Umfang oder einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeit ist, oder[0], dass der dinglich Berechtigte der Widmung zustimmt. Dennoch führt das Fortbestehen privaten Wegeeigentums regelmäßig zu Schwierigkeiten bei der Straßenunterhaltung und der Erhaltung der Verkehrssicherheit. Die Straßengesetze der Länder (z.B. § 13 Abs. 1 BbgStrG) sehen aus diesem Grund vor, dass der jeweilige Träger der Straßenbaulast das Eigentum an den der Straße dienenden Grundstücken erwerben soll (vgl. Fickert, Straßenrecht in Nordrhein-Westfalen, 3. Aufl., § 11 StrWG Rn. 2 ff. m.w.N.). Bei typisierender Betrachtung durfte der Gesetzgeber daher für die Flächen, die für öffentliche Straßen genutzt werden, der Einschätzung folgen, dass eine Bereinigung durch den Erwerb von Eigentum durch den öffentlichen Nutzer vorzugswürdig ist. Dem steht nicht entgegen, dass das Gesetz nach § 1 Abs. 2 Satz 1 VerkFlBerG dann nicht zur Anwendung kommt, wenn der Fortbestand der öffentlichen Nutzung schon dinglich gesichert ist, etwa durch eine nach den Landesstraßengesetzen mögliche und eingeräumte Dienstbarkeit. Denn in diesen Fällen ist der Gesetzeszweck, nämlich die sachenrechtliche Angleichung an die Rechtsordnung der Bundesrepublik Deutschland, bereits erreicht. Dies schließt nicht aus, dass der Gesetzgeber dort, wo es zu einer derartigen endgültigen Angleichung noch nicht gekommen ist, als Mittel hierfür gerade den Erwerb von Eigentum für erforderlich halten darf.
bb) Die Vorschriften in § 3 Abs. 1, § 5 Abs. 1 VerkFlBerG führen für den bisherigen Eigentümer nicht zu einer unzumutbaren Belastung.
(1) Für die Prüfung der Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne sind zunächst die Intensität sowie die Schwere und Tragweite der Eigentumsbeeinträchtigung von Bedeutung. Diese werden in hohem Maße davon mitbestimmt, ob ein Eingriff in die eigentumsrechtlichen Zuordnungsverhältnisse und die Substanz des Eigentums vorliegt. Der vollständige Entzug der geschützten Rechtsposition des betroffenen Eigentümers – hier durch Ausübung des Erwerbsrechts – stellt einen gravierenden Eingriff dar. Dieser unterliegt einer besonders strengen Prüfung, da die Bestandsgarantie des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG grundsätzlich die Erhaltung des Zuordnungsverhältnisses und der Substanz verlangt (vgl. BVerfGE 84, 382 ≪385≫; siehe auch BVerfGE 42, 263 ≪295≫; 50, 290 ≪341≫). Gleichwohl kann auch die völlige Beseitigung bisher bestehender, durch die Eigentumsgarantie geschützter Rechtspositionen zulässig sein (vgl. BVerfGE 83, 201 ≪212≫).
(2) Die öffentlichen Interessen, die für einen solchen Eingriff sprechen, müssen so schwerwiegend sein, dass sie Vorrang haben vor dem Vertrauen des Bürgers auf den Fortbestand seines Rechts, das durch die Bestandsgarantie des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG gesichert wird. Auch das Ausmaß des zulässigen Eingriffs hängt vom Gewicht des dahinterstehenden öffentlichen Interesses ab. Selbst wenn Art. 14 Abs. 3 GG als Regelung der Enteignung nicht unmittelbar eingreift, ist das darin zum Ausdruck kommende Gewicht des Eigentumsschutzes bei der vorzunehmenden Abwägung zu beachten, da sich der Eingriff für Betroffene wie eine Teil- oder Vollenteignung auswirkt. Die völlige, übergangs- und ersatzlose Beseitigung einer Rechtsposition kann daher nur unter besonderen Voraussetzungen in Betracht kommen (vgl. BVerfGE 83, 201 ≪212 f.≫).
Die Überführung der bei der Wiedervereinigung vorgefundenen öffentlich genutzten privaten Flächen in die gesamtdeutsche Rechtsordnung durch Begründung einer Eigentümerstellung der öffentlichen Hand ist von erheblichem öffentlichen Interesse. Sie sichert dauerhaft die Erfüllung öffentlicher Aufgaben durch die Länder und Kommunen im Beitrittsgebiet und die Nutzung der zwischen 1945 und 1990 errichteten öffentlichen Infrastruktur. Im Zusammenhang mit der Überführung der Rechts- und Eigentumsordnung der DDR in das Rechts- und Wirtschaftssystem der Bundesrepublik Deutschland kommt dem Gesetzgeber bei der Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums ein erweiterter Einschätzungs- und Gestaltungsspielraum zu (vgl. BVerfGE 98, 17 ≪38≫; 101, 54 ≪76≫; 126, 331 ≪364≫). Dessen Grenzen sind vorliegend trotz der völligen Beseitigung der Eigentümerstellung des privaten Betroffenen nicht überschritten.
(a) Der Gesetzgeber durfte berücksichtigen, dass das betroffene Grundstückseigentum bereits durch eine öffentlichrechtliche Sachherrschaft überlagert war, die eine Nutzung für Zwecke des Eigentümers ausschloss. Diese Überlagerung war unmittelbare Folge der Inanspruchnahme des jeweiligen Grundstücks durch staatliche Stellen der DDR; das Eigentum war mit dieser Belastung belegt, als es mit der Wiedervereinigung unter den Schutz des Art. 14 GG gelangte. Dies reduziert einerseits das Gewicht der Beeinträchtigung, die von dem Erwerbsrecht ausgeht. Andererseits vergrößert es als Folge des sozialen Bezugs, in dem die betroffenen Grundstücke kraft ihrer vorgefundenen öffentlichen Nutzung standen, den gesetzgeberischen Spielraum.
(b) Hinzu kommt, dass die Eingriffsintensität unmittelbar durch den in § 5 VerkFlBerG normierten finanziellen Ausgleichsanspruch abgemildert wird (vgl. BVerfGE 58, 137 ≪149 f.≫; 79, 174 ≪192≫), der die Interessen des Eigentümers angemessen berücksichtigt. Es ist mit Rücksicht auf die geschilderte Vorbelastung nicht zu beanstanden, wenn dieser Ausgleichsanspruch auf die seit der Wiedervereinigung unverändert bestehende Grundstücksqualität als „Verkehrsfläche” bezogen wird (vgl. BTDrucks 14/6204, S. 18). Denn diese spiegelt den Wert wider, mit dem das Grundstück in den Geltungsbereich des Eigentumsgrundrechts gelangt ist. Eine weitergehende Pflicht des Gesetzgebers zur Wiedergutmachung des Unrechts, das sich aus Handlungen einer nicht grundgesetzgebundenen Staatsgewalt für den Eigentümer ergibt, lässt sich aus einzelnen Grundrechten nicht entnehmen (vgl. BVerfGE 102, 254 ≪297 ff.≫). Die Anknüpfung an die Grundstücksqualität „Verkehrsfläche” führt nicht zu einem unangemessenen Ausgleich der Interessen des Eigentümers mit denen des öffentlichen Nutzers. Zwar erwirbt Letzterer mit einem für Zwecke des öffentlichen Verkehrs genutzten Grundstück auch die darauf errichtete, diesem Zweck dienenden Infrastruktureinrichtungen zu Eigentum. Diese sind jedoch regelmäßig Ergebnis staatlicher Investitionstätigkeit vor dem 3. Oktober 1990. Andererseits ist der hierin liegende Vorteil für den öffentlichen Nutzer begrenzt: Zum einen sind in dieser Weise genutzte Grundstücke – anders als Flächen, die mit anderen öffentlichen Zwecken dienenden Gebäuden bebaut sind und für deren Ankaufspreis § 6 VerkFlBerG maßgeblich ist – regelmäßig auf unabsehbare Zeit auf diese eine Nutzungsart festgelegt und insofern in ihrer Verwendungsfähigkeit für die Erfüllung von Verwaltungsaufgaben erheblich beschränkt; sie sind im Übrigen anders als Gebäude deswegen auch nach Ablauf der jeweiligen Zweckbindung (§ 10 VerkFlBerG) nicht ohne weiteres fiskalisch verwertbar. Zum anderen ist gerade die Erhaltung der Verkehrsinfrastrukturanlagen für die öffentliche Hand mit einem erheblichen Vorhalte- und Unterhaltungsaufwand verbunden. Dies gilt nicht zuletzt für die hier in Rede stehende Bundesautobahn und die übrigen Bundesfernstraßen, für die gegenwärtig auch unter Berücksichtigung des von dem Beschwerdeführer angesprochenen Gebührenaufkommens aus der Autobahnmaut nicht von einer Kommerzialisierbarkeit im Sinne eines wirtschaftlichen Nutzeffekts gesprochen werden kann, der den Aufwand der öffentlichen Hand nur annähernd kompensieren könnte (vgl. dazu Verkehrsinvestitionsbericht für das Berichtsjahr 2010, Unterrichtung durch die Bundesregierung, BTDrucks 17/8700, S. 15, 21). Die von dem Beschwerdeführer darüber hinaus erwähnte Möglichkeit einer materiellen Vollprivatisierung des deutschen Autobahnnetzes und daraus angeblich erzielbarer Einnahmen von bis zu 100 Mrd. EUR ist spekulativ.
Hiervon ausgehend ist es unbedenklich, dass der Wert einer solchen Verkehrsfläche in § 5 Abs. 1 Satz 1 VerkFlBerG mit einem Fünftel des hypothetischen heutigen Bodenwerts bezogen auf den Zustand, den das Grundstück vor der Inanspruchnahme für öffentliche Zwecke hatte, bemessen wird. Der Gesetzgeber vermeidet auf diese Weise eine Einheitsbewertung – etwa gar nur auf der Basis eines symbolischen Betrages –, und knüpft zu Gunsten des Eigentümers mit der Maßgeblichkeit der ursprünglichen Bodenqualität in Anlehnung an die Grundsätze des Enteignungsentschädigungsrechts an den jeweils durch die Inanspruchnahme eingetretenen Wertverlust an, für den es einen Unterschied macht, ob das Grundstück früher als Bauland oder lediglich als Ackerfläche nutzbar war (vgl. Bischoff, in: Eickmann, Sachenrechtsbereinigung, VerkFlBerG, Vor §§ 5, 6 Rn. 8). Verfassungsrechtlich unbedenklich ist auch, wenn er den geringen Wert von Verkehrsflächen mit dem von ihm gewählten prozentualen Abschlag vom hypothetischen heutigen Bodenwert ansetzt (vgl. auch Bischoff, in: Eickmann, Sachenrechtsbereinigung, VerkFlBerG, § 5 Rn. 4). Die regelmäßig fehlende Nachfrage nach solchen Flächen würde zu einem Preis führen, der im Allgemeinen sogar unter dem Preis von Grünland liegt (vgl. BGH, Urteil vom 17. November 1988 – III ZR 210/87 –, NVwZ-RR 1989, S. 393 ≪395≫). Die gewählte Vorgehensweise liegt im Fall einer Inhalts- und Schrankenbestimmung gerade im hier in Rede stehenden Kontext der Rechtsbereinigung nach der Wiedervereinigung innerhalb des gesetzgeberischen Gestaltungsspielraums und dient legitimerweise auch der Verwaltungsvereinfachung.
(c) Verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden ist mit Rücksicht auf diese Gesichtspunkte die vom Gesetzgeber in § 5 Abs. 1 Satz 1 VerkFlBerG vorgenommene Kappung der Kaufpreise einschließlich deren Staffelung nach der Gemeindegröße. Die Kappungsgrenze, die praktisch vor allem bei früherem Bauland zum Tragen kommen dürfte, trägt einerseits dem Umstand Rechnung, dass insbesondere der hypothetische heutige Bodenwert früheren Baulandes trotz des prozentualen Abschlags ohne die Kappung regelmäßig zu einem Ankaufspreis führen würde, der sich erheblich von dem nach dem Willen des Gesetzgebers maßgeblichen Anknüpfungspunkt der heutigen Bodenqualität „Verkehrsfläche” entfernte. Andererseits wirkt die Kappung einer finanziellen Überforderung gerade der Kommunen entgegen, weil in der DDR in den kriegszerstörten Städten oftmals früher bebaute oder bebaubare Grundstücke für eine Neugestaltung des innerstädtischen Straßennetzes oder für die Anlegung von Grünflächen in Anspruch genommen wurden (vgl. Trimbach/Matthiessen, VIZ 2002, S. 1 ≪6≫). Die Staffelung der Kappungsgrenze nach der Gemeindegröße orientiert sich daran, dass sich die Baulandpreise nicht zuletzt in Abhängigkeit von der Einwohnerzahl der Kommunen entwickeln (vgl. Bischoff, in: Eickmann, Sachenrechtsbereinigung, VerkFlBerG, § 5 Rn. 5 f.).
(d) Einem gerechten Interessenausgleich wird darüber hinaus dadurch Rechnung getragen, dass der Gesetzgeber dem Eigentümer ein Wiederkaufsrecht zum Ankaufspreis an dem betreffenden Grundstück eingeräumt hat, wenn dessen Nutzung für die Erfüllung von Verwaltungsaufgaben vor Ablauf von dreißig Jahren endet (§ 10 VerkFlBerG i.V.m. § 456 Abs. 2 BGB). Es kann offen bleiben, ob das Wiederkaufsrecht auch dann entsteht, wenn das Autobahnnetz unter Wahrung seiner Funktion für den öffentlichen Straßenverkehr tatsächlich vollständig privatisiert werden sollte, da solches jedenfalls derzeit nicht ernsthaft in Betracht gezogen wird.
d) Die in § 3 Abs. 1, § 5 Abs. 1 VerkFlBerG enthaltene Inhalts- und Schrankenbestimmung lässt auf der Grundlage des Vorbringens der Verfassungsbeschwerde keine gleichheitswidrige Ausgestaltung erkennen (Art. 3 Abs. 1 GG).
aa) Soweit die Eigentümer der von den genannten Bestimmungen erfassten Grundstücke gegenüber den Eigentümern von Grundstücken, die dem Sachenrechtsbereinigungsgesetz unterliegen, anders behandelt werden, ist dies sachlich hinreichend gerechtfertigt (vgl. zum Maßstab BVerfGE 101, 54 ≪101≫). Anders als das Eigentum in den zuletzt genannten Fällen wird das Eigentum an den hier in Rede stehenden Verkehrsflächen durch eine öffentlichrechtliche Sachherrschaft überlagert, die eine Nutzung des Grundstücks für private Zwecke ausschließt. Auch sind die Grundsätze der Sachenrechtsbereinigung, die eine Halbteilung eines durch den Verkehrswert bestimmten Bodenwerts vorsehen, auf die Verkehrsflächen nicht ohne weiteres übertragbar, weil diese mangels Nachfrage dem gewöhnlichen Geschäftsverkehr weitgehend entzogen sind. Das sind Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht, dass sie eine Ungleichbehandlung zu rechtfertigen vermögen (vgl. auch BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 8. Februar 2001 – 1 BvR 719/99 –, WM 2001, S. 778 ≪781≫). Gleiches gilt für die Unterscheidung zwischen den von § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VerkFlBerG erfassten Fällen einerseits und denjenigen des Flächenerwerbs für den Straßenneubau andererseits. Während es in dem einen Fall keiner sachenrechtlichen Angleichung an die Rechtsordnung der Bundesrepublik Deutschland mehr bedarf, weil der Fortbestand der öffentlichen Nutzung bereits vor Inkrafttreten des Verkehrsflächenbereinigungsgesetzes dinglich gesichert worden ist, wird in dem anderen Fall grundrechtlich geschütztes Eigentum in Anspruch genommen, das nicht bereits mit einer Nutzung für öffentliche Zwecke vorbelastet ist.
bb) Gerechtfertigt ist auch die Differenzierung, die in der in § 5 Abs. 1 VerkFlBerG enthaltenen Staffelung der Kappungsgrenzen nach Gemeindegröße liegt. Bei der Ordnung von Massenerscheinungen wie im vorliegenden Fall ist der Gesetzgeber berechtigt, generalisierende, typisierende und pauschalierende Regelungen zu verwenden, ohne allein wegen der damit verbundenen Härten gegen den allgemeinen Gleichheitssatz zu verstoßen (vgl. BVerfGE 111, 115 ≪137≫). Der von ihm hier gewählte tatsächliche Anknüpfungspunkt der Gemeindegröße ist – wie bereits dargelegt – im Normzweck angelegt. Die mit der Pauschalierung verbundenen Härten wären zudem nur unter Schwierigkeiten vermeidbar, da eine Kappung mit der erwähnten Zielrichtung sonst im Einzelfall an den jeweiligen örtlichen Preisen hätte ausgerichtet werden müssen; das wiederum hätte aufwändige und kostenträchtige Wertgutachten erfordert. Schließlich ist nicht ersichtlich, dass die Pauschalierung für den Beschwerdeführer Härten mit sich bringt, die besonders schwer wiegen.
e) Ein anderes Ergebnis folgt nicht aus einer Auslegung des Art. 14 GG im Lichte der Europäischen Menschenrechtskonvention. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat bereits entschieden, dass die hier in Rede stehenden Vorschriften des Verkehrsflächenbereinigungsgesetzes mit den Anforderungen des Art. 1 des Ersten Zusatzprotokolls zur Europäischen Menschenrechtskonvention und des Art. 14 EMRK vereinbar sind (vgl. EGMR, Fünfte Sektion, Entscheidung vom 8. Dezember 2009 – 28092/07 –, juris).
Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
Unterschriften
Kirchhof, Schluckebier, Baer
Fundstellen