Verfahrensgang
Tenor
1. Das Urteil des Bundesgerichtshofs – Dienstgericht des Bundes – vom 10. August 2001 – RiSt(R) 1/00 – und das Urteil des Dienstgerichtshofs für Richter bei dem Oberlandesgericht Koblenz vom 13. September 1999 – DGH 1/99 – verletzen den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Artikel 2 Absatz 1 des Grundgesetzes in Verbindung mit Artikel 20 Absatz 3 des Grundgesetzes auf ein faires disziplinargerichtliches Verfahren; sie werden aufgehoben.
Das Verfahren wird an den Dienstgerichtshof für Richter bei dem Oberlandesgericht Koblenz zurückverwiesen.
2. Die Bundesrepublik Deutschland und das Land Rheinland-Pfalz haben dem Beschwerdeführer je die Hälfte seiner notwendigen Auslagen zu erstatten.
Tatbestand
I.
Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Anforderungen an ein faires disziplinarrechtliches Verfahren.
1. Mit am 22. Mai 1998 erhobener Disziplinarklage beantragte das Ministerium der Justiz des Landes Rheinland-Pfalz, den Beschwerdeführer aus dem Richterdienst zu entfernen. Es legte ihm zur Last, sich durch die Anhäufung von Zahlungsverbindlichkeiten in Höhe von zuletzt 850.000 DM pflichtwidrig bis an den Rand des Ruins verschuldet zu haben. Darüber hinaus sei er über Jahre hin ohne Nebentätigkeitsgenehmigung im zweiten Beruf als „Finanzberater” tätig gewesen und habe gegen hohe Provisionen zwielichtige Kapitalanlagen vermittelt. Schließlich habe er für Dritte unerlaubt Rechtsgutachten erstattet oder Rechtsberatung betrieben und dabei auch die Richteramtsbezeichnung rechtsmissbräuchlich verwendet.
2. Durch Urteil des Dienstgerichts für Richter bei dem Pfälzischen Oberlandesgericht Zweibrücken vom 14. Dezember 1998 wurde der Beschwerdeführer aus dem Richterdienst entfernt. Das Richterdienstgericht bewertete das außerdienstliche Verhalten des Beschwerdeführers dabei als ein aus mehreren Verfehlungen zusammengesetztes Dienstvergehen, das so schwer wiege, dass die Höchstmaßnahme der Entfernung aus dem Richterdienst ausgesprochen werden müsse.
3. Die dagegen erhobene Berufung wies der Dienstgerichtshof für Richter bei dem Oberlandesgericht Koblenz mit Urteil vom 13. September 1999 zurück.
a) Der Beschwerdeführer habe die ihm obliegenden Pflichten verletzt, indem er leichtfertig Schulden gemacht habe. Zwar dürfe auch ein Richter wirtschaftlich untragbare Verpflichtungen eingehen. Disziplinarrechtlich bedeutsam werde dies aber jedenfalls dann, wenn die vertraglich vereinbarte Abwicklung der Schuldverpflichtung gestört werde. Eine derartige Störung müsse bereits dann angenommen werden, wenn ein Richter infolge leichtfertig gemachter Schulden in eine Situation gerate, in der eine Störung der Schuldenabwicklung zumindest drohe, und wenn er diese bedrohliche Situation dadurch öffentlich mache, dass er anderen seine finanzielle Lage schildere und um Hilfe bitte. Die Allgemeinheit erwarte, dass ein Richter seine privaten finanziellen Verhältnisse in Ordnung halte. Erfahre die Allgemeinheit von finanziellen Schwierigkeiten eines Richters, beeinträchtige dies die Achtung und das Vertrauen, die der Beruf des Richters erfordere.
Im Falle des Beschwerdeführers sei die finanzielle Situation deshalb bedrohlich gewesen, weil die monatliche Belastung von rund 9.000 DM im Jahre 1996 sein Nettogehalt deutlich überschritten habe. Die vorhandene Sicherheit durch das Eigentum am Grundstück F. stehe dieser Einschätzung nicht entgegen, weil der Beschwerdeführer den Verkauf der Immobilie zur Bereinigung seiner finanziellen Situation nie ernsthaft in Erwägung gezogen habe. Vielmehr sei auch in der mündlichen Verhandlung deutlich geworden, wie sehr der Beschwerdeführer an diesem Anwesen gehangen habe. Die tatsächliche Veräußerung zum Ende des Jahres 1997 könne nicht zu einer anderen Beurteilung führen, weil diese offensichtlich erst unter dem Druck des laufenden Disziplinarverfahrens erfolgt sei.
Diese Finanzlage habe der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 29. Mai 1996 und 20. Juli 1996 Dritten offenbart und jeweils um Hilfe gebeten. Disziplinarrechtlich sei ein derartiges Vorgehen gegenüber Mitgliedern der eigenen Familie, engen Freunden oder Vertrauten nicht zu beanstanden. Die Offenbarung der desolaten finanziellen Verhältnisse gegenüber fremden Personen dagegen und die damit verbundene Bitte um Hilfe sei für einen Richter unwürdig.
Das Schuldenmachen des Beschwerdeführers sei auch leichtfertig erfolgt. Denn ab einem bestimmten Zeitpunkt habe der Beschwerdeführer bereits im Zeitpunkt des Eingehens der Verbindlichkeit absehen können, dass er nicht gehörig werde tilgen können. Auf die ungewissen Einnahmen aus Provisionsversprechen habe er sich ebenso wenig verlassen dürfen, wie auf die Zuwendungen der Tante seiner Ehefrau oder anderer Familienmitglieder. Auch insoweit müsse das Anwesen F. bei der Bewertung der Vermögenssituation außer Betracht gelassen werden, da der Beschwerdeführer den Verkauf nie ernsthaft in Betracht gezogen habe.
b) Weiterhin habe der Beschwerdeführer verschiedene Nebentätigkeiten ohne die erforderliche Genehmigung ausgeübt. In den Jahren 1988 bis 1992 sei der Beschwerdeführer wiederholt juristisch für die Gesellschaft G. tätig geworden. Bereits die dafür geleistete Aufwandsentschädigung in Höhe von 102.050 DM spreche gegen die Annahme einer ehrenamtlichen Tätigkeit. Vielmehr habe der Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung selbst eingeräumt, er habe von der G. eine Entlohnung der Arbeit gefordert. Die Tätigkeiten seien somit zumindest auch auf Erwerb gerichtet gewesen und damit als genehmigungspflichtige Nebentätigkeiten zu werten. Außerdem sei der Beschwerdeführer gegen Provision als Finanzmakler für Herrn D. tätig geworden und habe ein „Dollar-Yen-Trading” mit Herrn R. vermittelt. Auch in drei weiteren Fällen habe der Beschwerdeführer Informationen weitergegeben, um eine Provision zu erhalten. Diese Nebentätigkeiten seien nicht genehmigungsfähig, weil jeweils zu befürchten gewesen sei, dass der Beschwerdeführer entgegen seiner Verpflichtung aus § 41 Abs. 1 DRiG entgeltliche Rechtsauskünfte erteilen werde.
c) Angesichts von Umfang und Gewicht der Pflichtverletzungen müsse der Beschwerdeführer aus dem Dienst entfernt werden. Insbesondere bestehe Wiederholungsgefahr, weil der Beschwerdeführer nicht nur einen einmaligen Fehler begangen, sondern über mehrere Jahre hinweg Schulden angehäuft habe. In diesem Verhalten komme die Unfähigkeit des Beschwerdeführers zum Ausdruck, seine finanziellen Grenzen zu beachten. Diese Unfähigkeit gebe Anlass zu der Befürchtung, dass der Beschwerdeführer in Zukunft seine finanziellen Grenzen erneut überschreiten werde und es dabei, wenn er im Dienst verbliebe, zu weiteren schwerwiegenden Dienstvergehen kommen könnte. Auch der zwischenzeitlich eingetretene wesentliche Schuldenabbau sei nicht geeignet, diese Befürchtung zu entkräften. Denn der Schuldenabbau lasse keinen Schluss auf das künftige Verhalten des Beschwerdeführers zu, weil er offensichtlich nicht aus Einsicht, sondern lediglich unter dem Druck des Disziplinarverfahrens erfolgt sei.
4. Zur Begründung der mit Beschluss vom 2. Oktober 2000 zugelassenen Revision trug der Beschwerdeführer im Wesentlichen vor:
a) Hinsichtlich des Vorwurfs der „Leichtfertigkeit” der Überschuldung habe der Dienstgerichtshof die erforderliche Aufklärung unterlassen. Der Ankauf des Grundstücks F. im Jahr 1987 für 330.000 DM und der rund zehn Jahre später erzielte Erlös von 700.000 DM mache deutlich, dass von einer leichtfertigen Investition nicht die Rede sein könne. Unberücksichtigt sei insbesondere auch geblieben, dass seine Ehefrau aus einer begüterten Familie stamme, die jederzeitige finanzielle Unterstützung zugesagt habe. Die vom Dienstgerichtshof vorgenommene Reduktion des Tatbestandsmerkmals der Leichtfertigkeit auf die Frage, ob die Schulden durch das Richtergehalt abgedeckt werden könnten, sei daher unzutreffend. Dies gelte auch für die Einschätzung, wie die Allgemeinheit die Schulden eines Richters beurteile. Denn insoweit sei nicht angemessen beachtet worden, dass der Beschwerdeführer die aufgenommenen Verbindlichkeiten letztlich alle vollumfänglich beglichen habe.
Unberücksichtigt geblieben sei insbesondere auch das vorhandene aktive Vermögen, das die Annahme einer „Überschuldung” im Rechtssinne von vornherein ausschließe. Denn die Schulden der Eheleute seien jederzeit durch das vorhandene Vermögen abgedeckt gewesen. Nach der Aktivierung ihres Vermögens hätten die Eheleute daher Geldeingänge von 920.000 DM zu verzeichnen gehabt und ihre Schulden beglichen. Die Urteilsbegründung des Dienstgerichtshofs werfe dem Beschwerdeführer daher tatsächlich nicht die Überschuldung selbst vor, sondern nur, dass das Immobilienvermögen nicht zu einem früheren Zeitpunkt veräußert wurde, um die finanzielle Situation zu bereinigen. Diesen Umstand habe der Dienstgerichtshof aber weder hinsichtlich der Zukunftsprognose noch bei der Bemessung der Disziplinarmaßnahme berücksichtigt. Insoweit sei auch unverständlich, dass der Dienstgerichtshof die schließlich erfolgte Veräußerung des Immobilienbesitzes nicht berücksichtigt habe.
Auch die angenommene „Veröffentlichung” der Schulden treffe nicht zu. Vielmehr sei die finanzielle Lage lediglich zwei Finanzmaklern offenbart worden, durch deren Hilfe der Schuldenstand habe reduziert werden sollen. Auch einem Richter müsse es zustehen, in einer schwierigen Finanzsituation den Rat erfahrener Personen in Anspruch zu nehmen, um Auswege aus der Krise zu suchen.
b) Was die Nebentätigkeiten für die Gesellschaft G. betreffe, sei die mündliche Genehmigung und stillschweigende Duldung durch das Justizministerium nicht angemessen berücksichtigt worden. Denn obwohl der Beschwerdeführer seinen Einsatz in einem Personalgespräch am 28. März 1983 offenbart habe, sei er nicht zu einem offiziellen Genehmigungsantrag aufgefordert worden. Die nachfolgend gewährte Aufwandsentschädigung durch die Gesellschaft könne an der Pflichtgemäßheit der ausgeübten Tätigkeit aber nichts ändern. Auch den Charakter der Vermittlungstätigkeiten habe der Dienstgerichtshof verkannt, weil der Beschwerdeführer nur gelegentlich ihm bekannte Finanzmakler „kurzgeschlossen” habe.
5. Mit Urteil vom 10. August 2001 wies der Bundesgerichtshof – Dienstgericht des Bundes – die Revision zurück (vgl. NJW 2002, S. 834).
a) Im Ergebnis zu Recht habe der Dienstgerichtshof eine schuldhafte Verletzung der Pflicht zu achtungswürdigem Verhalten angenommen. Zwar könne dem Beschwerdeführer insoweit nicht bereits die Offenlegung der finanziellen Situation gegenüber Dritten vorgeworfen werden, denn das Bemühen, eine drängende finanzielle Situation zu mildern, sei nicht geeignet, das Ansehen der Richterschaft zu beeinträchtigen. Die Pflichtverletzung ergebe sich aber aus der leichtfertigen Eingehung erheblicher Schulden. Auch außerhalb des Dienstes erfordere § 5 Abs. 1 LRiG in Verbindung mit § 64 Abs. 1 Satz 3 LBG ein Verhalten, das der Achtung und dem Vertrauen des Richterberufs gerecht werde. Eine Pflichtverletzung sei deshalb anzunehmen, wenn der Richter sich beim Eingehen oder Abwickeln von Verbindlichkeiten unlauter oder unredlich verhalte. Hierbei handele es sich zwar regelmäßig um strafrechtlich sanktionierte, betrugsähnliche Rechtsverstöße. Eine Pflichtverletzung sei aber ferner anzunehmen, wenn ein Richter sich leichtfertig durch die Eingehung erheblicher Schulden in eine Situation bringe, die die Gefahr begründe, dass er sich, um die Schuldenlast auch nur abzumildern, über Gesetze hinwegsetze oder sich in (geschäftliche) Bereiche begebe, in denen es zu Abhängigkeiten oder Einflussmöglichkeiten von Gläubigern oder Dritten sowie zu Rücksichtnahmen des Richters auf diese kommen könne, die aus Sicht der Bevölkerung Auswirkungen auf seine äußere und innere Unabhängigkeit haben könnten.
Eine derartige, schwerwiegende Pflichtverletzung habe der Beschwerdeführer begangen. Er habe sich finanziell in eine Situation gebracht, die er ohne Hilfe Dritter nicht mehr habe beheben können und die ihn der Versuchung ausgesetzt habe, sich unter Verstoß gegen gesetzliche Bestimmungen auf unseriöse Geldgeschäfte einzulassen, um schnell in den Besitz erheblicher Geldbeträge zu kommen. Bis zum Jahre 1990 habe der Beschwerdeführer einen Schuldenberg in Höhe von 850.000 DM angehäuft, der von seinem Richtergehalt nicht mehr zu bezahlen gewesen sei. Angesichts der daraus folgenden monatlichen Belastungen habe sich der Beschwerdeführer an private Geldgeber wenden müssen und auch gewandt. Durch die herbeigeführte Überschuldung sei daher die Gefahr begründet und anschließend auch realisiert worden, dass er sich über gesetzliche Vorschriften hinwegsetze und auf unseriöse Geschäfte einlasse, nur um seiner Schulden Herr zu werden. Angesichts der Höhe des Finanzbedarfs sei auch die Gefahr begründet worden, dass sich der Beschwerdeführer in geschäftliche Bereiche begeben müsse, die zu Abhängigkeiten oder Einflussnahmen Dritter oder zu Rücksichtnahmen des Beschwerdeführers auf Dritte bei seiner dienstlichen Tätigkeit führen könnten.
In disziplinarrechtlicher Sicht ohne Belang sei, dass der Beschwerdeführer andere Möglichkeiten zur Behebung der finanziellen Situation gehabt habe. Denn das Hausgrundstück habe nur dann zur Behebung der eingetretenen Gefahr beitragen können, wenn der Beschwerdeführer den Verkauf des Hauses als Finanzierungsmittel ernsthaft in Betracht gezogen hätte. Dies sei nach den Feststellungen des Dienstgerichtshofs jedoch nicht der Fall gewesen. Der tatsächliche Verkauf des Anwesens Ende des Jahres 1997 sei erst unter dem Druck des laufenden Disziplinarverfahrens erfolgt. Entsprechendes gelte für die Hilfe durch Verwandte.
b) Zu Recht habe der Dienstgerichtshof auch die Ausübung von Nebentätigkeiten ohne die erforderliche Genehmigung angenommen. Im Zeitraum von 1988 bis 1992 habe der Beschwerdeführer juristische Tätigkeiten für die G. ausgeübt und dafür einen Betrag von 102.050 DM erhalten. Diese, wie auch die Maklertätigkeiten, seien zumindest auch auf den Erwerb ausgerichtet gewesen. Beginnend mit dem „Dollar-Yen-Trading” Ende 1992 über den Fall N. bis hin zu den Fällen T. und G. im Jahre 1994 habe der Beschwerdeführer immer wieder versucht, aus seinen Kontakten und insbesondere aus seiner Bekanntschaft zu D. Kapital zu schlagen. Sowohl der Umfang der Tätigkeiten als auch die Höhe der Provisionen zeige dabei, dass es sich um Nebentätigkeiten von ganz erheblichem Gewicht gehandelt habe.
c) Schließlich verstoße auch die Festsetzung der Disziplinarmaßnahme nicht gegen revisibles Recht. Nach § 57 LRiG in Verbindung mit § 11 Abs. 2 Satz 1 LDG sei ein Richter aus dem Dienst zu entfernen, der durch ein Dienstvergehen das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit endgültig verloren habe. Diesen Maßstäben trage das Urteil des Dienstgerichtshofs Rechnung, da eine Zerstörung der Vertrauensgrundlage mit Blick darauf angenommen worden sei, dass das leichtfertige Schuldenmachen und die ungenehmigten Nebentätigkeiten als besonders schwerwiegende Pflichtverletzungen zu betrachten seien. Dabei habe auch berücksichtigt werden dürfen, dass es sich bei der leichtfertigen Überschuldung nicht nur um einen „einmaligen Fehler” gehandelt, sondern sich das Fehlverhalten über mehrere Jahre erstreckt habe.
Entscheidungsgründe
II.
Mit der am 10. Januar 2002 erhobenen Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer die Verletzung seiner Rechte aus Art. 2 Abs. 1, Art. 3, Art. 13, Art. 14, Art. 20 Abs. 3, Art. 33 Abs. 5 und Art. 103 Abs. 1 GG. Er trägt im Wesentlichen vor:
1. Ein Verstoß gegen das Übermaßverbot und die Fürsorgepflicht des Art. 33 Abs. 5 GG liege vor, da die verhängte Disziplinarmaßnahme außer Verhältnis zu den Pflichtverstößen stehe. Keine angemessene Berücksichtigung finde in den angefochtenen Urteilen insbesondere die Tatsache, dass der Beschwerdeführer fast 30 Jahre lang ordnungsgemäß seinen Richterdienst versehen habe. Auch das Disziplinarverfahren werfe ihm keinen Verstoß gegen Dienstpflichten oder Strafgesetze vor; Ansatzpunkt sei vielmehr ausschließlich das außerdienstliche Verhalten des Beschwerdeführers. Insoweit verkenne das Urteil jedoch, dass der Beschwerdeführer stets alle Schulden bezahlt und damit keine Gläubiger geschädigt habe. Seine Liquiditätsprobleme seien niemals öffentlich bekannt geworden, die Schufa sei bis heute ohne Beanstandung. Auch das Justizministerium habe nur durch die unberechtigte Steuerfahndung von den Schulden des Beschwerdeführers erfahren. Insbesondere aber sei der Schuldenstand der Eheleute stets durch vorhandenes aktives Vermögen gedeckt gewesen und aus diesem schließlich auch getilgt worden.
Das Ausmaß der Nebentätigkeiten habe das Gericht völlig verkannt. Bei der Vermittlungstätigkeit habe es sich nicht um eine systematische Betätigung zur Gewinnerzielung gehandelt, vielmehr habe der Beschwerdeführer lediglich in Einzelfällen und spontan seriöse Geschäftsleute miteinander „kurzgeschlossen”. Ansatzpunkte für die Erforderlichkeit eines Nebentätigkeitsantrags seien daher aus damaliger Sicht nicht vorhanden gewesen. Insbesondere aber könne aus dem formalen Verstoß gegen die Einhaltung der Nebentätigkeitsverordnung nicht auf eine Außenwirkung geschlossen werden. Die Annahme, durch das Verhalten könne das Vertrauen der Allgemeinheit in die richterliche Amtsführung des Beschwerdeführers irreparabel vernichtet worden sein, sei daher unverständlich und unhaltbar.
2. Das aus Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG folgende Grundrecht auf ein faires Disziplinarverfahren sei in mehrfacher Hinsicht verletzt worden. Insbesondere sei eine Reihe entscheidungserheblicher Fragen zum Nachteil des Beschwerdeführers ohne Aufklärung unterstellt worden.
a) Dies gelte zunächst hinsichtlich der „Leichtfertigkeit” des Schuldenmachens. Im gesamten Verfahren habe der Beschwerdeführer wiederholt versucht, die vorgeworfene Leichtfertigkeit des Schuldenmachens zu thematisieren. Schon im Hinblick auf das aktive Vermögen des Beschwerdeführers und seiner Frau könne die streitige Darlehensaufnahme nicht als leichtfertig qualifiziert werden, da die komplette Summe jederzeit habe zurückgeführt werden können. Auslöser der finanziellen Probleme sei daher allein gewesen, dass die Eheleute lange Zeit gezögert hätten, das Anwesen F. zu veräußern. Der Zeitpunkt der Veräußerung der Immobilie aber habe den Dienstherrn nicht zu interessieren. Insbesondere könne darin kein Anhaltspunkt dafür gesehen werden, dass die Allgemeinheit ihr Vertrauen in die Amtsführung des Beschwerdeführers als Richter verloren habe.
Dass die Schuldenaufnahme nicht als leichtfertig bezeichnet werden könne, ergebe sich überdies aus der Tatsache, dass der Beschwerdeführer das Haus für 330.000 DM habe erwerben und zwölf Jahre später für 700.000 DM veräußern können. Im Zeitpunkt der Schuldenaufnahme sei ein finanzielles Risiko im Übrigen durch die Zusage der Schwiegereltern abgesichert gewesen, diese würden finanziell aushelfen, wenn es durch die Immobilie zu finanziellen Schwierigkeiten kommen sollte. Angesichts dieser immer wieder vorgetragenen Umstände verstoße es gegen den Grundsatz des fairen Verfahrens, wenn in den angegriffenen Urteilen ein „leichtfertiges” Schuldenmachen zu Grunde gelegt werde, ohne dass eine Tatsachenaufklärung stattgefunden habe oder das Vorbringen in entlastender Weise berücksichtigt worden sei. Vielmehr habe der Dienstgerichtshof die Schuldeneingehung als grob fahrlässig gewertet, was vom Bundesgerichtshof ausdrücklich bestätigt worden sei.
b) Die Annahme, der Beschwerdeführer habe sich in eine finanzielle Situation gebracht, aus der er ohne Hilfe Dritter nicht mehr habe herauskommen können, sei unzutreffend. Unstreitig habe der Beschwerdeführer seine finanzielle Situation bereits im Laufe des Berufungsverfahrens durch die Veräußerung des Anwesens und die Auflösung einer Lebensversicherung – also ohne Hilfe Dritter – bewältigt. Von den Instanzgerichten sei dieser Umstand aber außer Acht gelassen worden, weil der Beschwerdeführer sich erst unter dem Druck des Disziplinarverfahrens zur Veräußerung entschlossen habe. Eine Aufklärung dieser entscheidungserheblichen Annahme sei entgegen wiederholten Beweisanregungen jedoch nicht erfolgt. Die den Entscheidungen des Dienstgerichtshofs und des Bundesgerichtshofs zu Grunde liegenden Annahmen seien deshalb nicht belegt und rein spekulativ. Tatsächlicher Hintergrund des Verkaufes sei vielmehr gewesen, dass nach dem Abitur des jüngsten Sohnes nunmehr alle drei Kinder aus dem Haus gezogen seien. Die Annahme der angegriffenen Entscheidungen verkenne überdies das Mitspracherecht der Frau des Beschwerdeführers, die hälftige Miteigentümerin der Immobilie gewesen sei. In ähnlicher Weise sei auch eine Aufklärung der wiederholt vorgetragenen Hilfszusagen der Schwiegereltern übergangen worden.
3. Schließlich liege ein Verstoß gegen die Verpflichtung zur richterlichen Objektivität vor, weil der Bundesgerichtshof die Begründung hinsichtlich des Pflichtverstoßes gewechselt habe, ohne dem Beschwerdeführer insoweit Gelegenheit zur Stellungnahme einzuräumen. Die entlastenden Argumente zu Gunsten des Beschwerdeführers seien in allen drei Instanzen konsequent ignoriert worden.
III.
Die Verfassungsbeschwerde ist dem Bundesministerium der Justiz, dem Justizministerium des Landes Rheinland-Pfalz und dem Bundesgerichtshof zugestellt worden.
Das Bundesministerium der Justiz hat von einer Stellungnahme abgesehen. Das Landesjustizministerium hält die Verfassungsbeschwerde teils für unzulässig, im Übrigen für unbegründet. Insbesondere liege ein Verstoß gegen das Gebot umfassender Sachverhaltsaufklärung nicht vor, weil der Bundesgerichtshof die das richterliche Gehalt bei weitem übersteigende monatliche Belastung des Beschwerdeführers festgestellt habe. Der Präsident des Bundesgerichtshofs teilte mit, dass der III. Zivilsenat, die Strafsenate, die Senate für Notarsachen, für Patentanwaltsachen, für Wirtschaftsprüfersachen und für Steuerberater- und Steuerbevollmächtigtensachen sowie der Senat für Anwaltssachen mit den in der Verfassungsbeschwerde aufgeworfenen Rechtsfragen bislang nicht befasst waren und der Vorsitzende des von der Verfassungsbeschwerde betroffenen Dienstgerichts des Bundes von einer Stellungnahme abgesehen habe.
IV.
Die zulässige Verfassungsbeschwerde wird zur Entscheidung angenommen, weil dies zur Durchsetzung der Rechte des Beschwerdeführers aus Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) angezeigt ist (vgl. § 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Die Voraussetzungen für eine stattgebende Kammerentscheidung nach § 93c BVerfGG liegen vor. Die für die Beurteilung maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen hat das Bundesverfassungsgericht bereits entschieden.
1. Die angegriffenen Entscheidungen des Dienstgerichtshofs und des Bundesgerichtshofs verletzen den Beschwerdeführer in seinem Recht auf ein faires disziplinargerichtliches Verfahren. Die von den Fachgerichten angenommene „Leichtfertigkeit” der Verschuldung kann nicht auf eine hinreichende richterliche Sachaufklärung gestützt werden.
a) Die Gestaltung des Verfahrens, die Feststellung und Würdigung des Tatbestands, die Auslegung des sogenannten einfachen Rechts und seine Anwendung auf den einzelnen Fall sind grundsätzlich allein Sache der dafür zuständigen Fachgerichte. Das Bundesverfassungsgericht ist keine „Superrevisionsinstanz”, die in Rechtskraft erwachsene Gerichtsentscheidungen in vollem Umfange auf Rechtsfehler hin überprüfen kann. Art. 93 Abs. 1 Nr. 4a GG hat im Rahmen der Verfassungsbeschwerde kein unbegrenztes Beschwerderecht eröffnet. Soweit sich die Beschwerde gegen Gerichtsurteile wendet, kann das Bundesverfassungsgericht nicht untersuchen, ob diese vom einfachen Recht her „richtig” sind. Es kann vielmehr lediglich überprüfen, ob durch die Rechtsanwendung im konkreten Fall Grundrechte oder grundrechtsgleiche Rechte verletzt worden sind. Der außerordentliche Rechtsbehelf der Verfassungsbeschwerde ist erst dann eröffnet, wenn den Gerichten ein „spezifischer” Verfassungsverstoß unterlaufen ist. Die Kontrollkompetenz des Bundesverfassungsgerichts umfasst nur Auslegungsfehler, die eine grundsätzlich unrichtige Auffassung von der Bedeutung eines Grundrechts, insbesondere vom Umfang seines Schutzbereichs, erkennen lassen und auch in ihrer materiellen Tragweite von einigem Gewicht sind (vgl. BVerfGE 18, 85 ≪93≫; 42, 143 ≪149≫; 62, 189 ≪192≫; 85, 248 ≪257 f.≫).
b) Aus dem Rechtsstaatsprinzip in Verbindung mit Art. 2 Abs. 1 GG folgt die Gewährleistung eines allgemeinen Prozessgrundrechts auf ein faires Verfahren (vgl. BVerfGE 57, 250 ≪274 f.≫; 63, 380 ≪390≫; 70, 297 ≪308≫). Als Ausprägung des Rechtsstaatsprinzips gilt dieser Anspruch grundsätzlich in allen Prozessordnungen, auch für das Disziplinarverfahren (vgl. BVerfGE 38, 105 ≪111≫). Die freiheitssichernde Funktion der Grundrechte gebietet, dass Entscheidungen, die staatliche Sanktionen betreffen, auf zureichender richterlicher Sachaufklärung beruhen und eine in tatsächlicher Hinsicht genügende Grundlage haben, die der Bedeutung der betroffenen Freiheitsrechte entspricht (vgl. BVerfGE 58, 208 ≪222≫; 70, 297 ≪308≫; 109, 190 ≪223 f.≫). Für das Disziplinarverfahren hat das Bundesverfassungsgericht den Anspruch auf ein faires, rechtsstaatliches Verfahren dahin konkretisiert, dass der Inhalt einer disziplinarrechtlich geahndeten Meinungsäußerung „unter Heranziehung des gesamten Kontextes einer Erklärung objektiv und sachlich vor dem Hintergrund des gesellschaftlichen, sozialen und politischen Geschehens, in dem sie gefallen ist, ermittelt” werden muss und aus den Entscheidungsgründen nachvollzogen werden kann, dass das Gericht seine Einschätzung auf diese Weise gewonnen hat (vgl. Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 10. Juli 1992 – 2 BvR 1802/91 –, DVBl 1992, S. 1358 ≪1359≫). Eine entsprechende Aufklärungspflicht gilt nicht nur im Schutzbereich der Meinungsfreiheit, sie erstreckt sich vielmehr auf alle für die Verhängung einer Disziplinarmaßnahme maßgeblichen Umstände (vgl. Beschluss der 4. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 14. Juni 2000 – 2 BvR 993/94 –).
c) An diesen Grundsätzen gemessen, halten die angegriffenen Entscheidungen der verfassungsgerichtlichen Prüfung nicht stand. Sie verletzen den Anspruch des Beschwerdeführers auf ein faires Verfahren aus Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG.
Disziplinarrechtliche Bedeutung kommt nicht bereits dem Sichverschulden als solchem zu. Pflichtwidrig ist das Schuldenmachen vielmehr erst dann, wenn es disziplinarrechtlich geschützte Werte beeinträchtigt. Außerdienstliches Verhalten vermag eine dienstrechtliche Relevanz nur dann zu entfalten, wenn dadurch das Ansehen des Richtertums, die Achtungs- und Vertrauenswürdigkeit und damit auch die Funktionsfähigkeit des Dienstes beeinträchtigt oder gefährdet werden könnte. Nur insoweit vermag das durch Art. 33 Abs. 5 GG geschützte Interesse an der Funktionstüchtigkeit des öffentlichen Dienstes die im privaten Bereich des Beamten oder Richters wirkenden Grundrechte einzuschränken (vgl. BVerfGE 39, 334 ≪366 f.≫; 108, 282 ≪296≫). In Übereinstimmung mit der ständigen Rechtsprechung des für beamtenrechtliche Disziplinarsachen zuständigen Bundesverwaltungsgerichts (vgl. BVerwGE 43, 227 ≪228≫; 76, 350 ≪351≫; 93, 78 ≪84 f.≫) hat der Bundesgerichtshof in der angegriffenen Entscheidung daher die „Leichtfertigkeit” der Schuldeneingehung als begrenzendes Merkmal der Pflichtwidrigkeit verlangt. Ausreichende Feststellungen hierzu finden sich in der Entscheidung jedoch nicht.
Das hieraus resultierende Aufklärungsdefizit bleibt auch dann bestehen, wenn man den Ausführungen des Bundesgerichtshofs entnimmt, dass die Anhäufung eines Schuldenberges, der zu monatlichen Belastungen führt, die von dem Richtergehalt nicht mehr bezahlt werden können, regelmäßig zur Annahme der geforderten Leichtfertigkeit führt. Denn der Beschwerdeführer hat im Rahmen des Disziplinarverfahrens Gesichtspunkte vorgetragen, die der Annahme einer derartigen Regelvermutung entgegenstehen. Wenn die Schulden tatsächlich von eigenem Vermögen abgesichert gewesen sein sollten, so durfte der Beschwerdeführer davon ausgehen, dass er in der Lage sein würde, Verbindlichkeiten auch in dieser Höhe bedienen zu können. Die Unausweichlichkeit der Schuldenbelastung – und damit die vom Bundesgerichtshof im Interesse der Unabhängigkeit des Richters befürchtete Gefährdungslage – läge dann nicht vor.
Dass der Beschwerdeführer über Möglichkeiten verfügte, seine finanzielle Situation ohne Hilfe Außenstehender zu beheben, ergibt sich bereits daraus, dass er die Schulden tatsächlich Ende des Jahres 1997 beglichen hat. Zu dem Zeitpunkt, in dem sich der Beschwerdeführer zum Einsatz der auch im Disziplinarverfahren vorgetragenen Optionen entschlossen hatte, war er demgemäß zur Behebung der finanziellen Schuldensituation in der Lage. Ausweislich der Feststellungen des Bundesgerichtshofs hat er durch den Verkauf des Hauses zum Preis von 700.000 DM, die Auflösung einer Lebensversicherung gegen Auszahlung eines Betrags von rund 125.000 DM und die Annahme einer Schenkung einer Tante der Ehefrau in Höhe von 120.000 DM in kürzester Zeit die Mittel aufgebracht, die erforderlich waren, um die finanziell bedrohliche Lage aufzulösen. Mit dem vorhandenen Vermögen und den Hilfszusagen der Verwandtschaft bestanden daher Besonderheiten, nach denen der Beschwerdeführer im Zeitpunkt der Begründung der Verbindlichkeiten davon ausgehen durfte, dass er die Schuldenlage werde beherrschen können.
Von einer Aufklärung und Berücksichtigung dieser Gesichtspunkte hätte der Bundesgerichtshof daher nur dann absehen dürfen, wenn die Schuldenlage bereits für sich genommen – und damit unabhängig von den vorgetragenen Abhilfemöglichkeiten – als pflichtwidrige Schädigung disziplinarrechtlich geschützter Rechtsgüter hätte bewertet werden können. Der Hinweis darauf, dass sich der Beschwerdeführer erst Ende des Jahres 1997 und damit „unter dem Druck des laufenden Disziplinarverfahrens” zur Veräußerung des Hauses entschlossen habe, rechtfertigt dies jedoch nicht. Denn sofern die Bedienung der Schulden für den Beschwerdeführer noch durch andere Möglichkeiten abgesichert war, bestand objektiv auch keine Verpflichtung zum Einsatz gerade dieser Abhilfemöglichkeit. Im Übrigen ist auch die diesbezügliche Kausalität nicht gesichert, weil der Beschwerdeführer wiederholt und nachvollziehbar vorgetragen hat, dass der Hausverkauf nicht auf das laufende Disziplinarverfahren, sondern darauf zurückzuführen sei, dass zwischenzeitlich auch der jüngste Sohn sein Abitur gemacht und das Haus verlassen habe. Von einer Unerheblichkeit der vorgetragenen Abhilfemöglichkeiten hätte der Bundesgerichtshof daher nur dann ausgehen dürfen, wenn der Beschwerdeführer bereits zur ordnungsgemäßen Rückzahlung der eingegangenen Verbindlichkeiten nicht mehr im Stande gewesen wäre. Derartige Feststellungen enthält die angegriffene Entscheidung jedoch nicht. Vielmehr hat der Beschwerdeführer ausweislich der gerichtlichen Feststellungen alle Rückstände ohne nennenswerte Abwicklungsstörungen beglichen. Die Aufklärung der vorgetragenen Abhilfemöglichkeiten war für den Bundesgerichtshof daher nicht entbehrlich.
Damit genügen die angegriffenen Entscheidungen der ihnen von Amts wegen durch § 21 LDG in Verbindung mit § 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO aufgegebenen Pflicht zur Erforschung der Wahrheit nicht. Das prozessuale Grundrecht auf ein rechtsstaatlich effektives und faires Verfahren erfordert im vorliegenden Fall aber eine entsprechende Sachverhaltsaufklärung, weil nur die auf zureichender Tatsachengrundlage gewonnene Erkenntnis von der Leichtfertigkeit der Verschuldung des Beschwerdeführers die Annahme einer Pflichtwidrigkeit zu rechtfertigen vermag. Im Hinblick auf die Folgewirkung – die Ahndung des Dienstvergehens mit der disziplinarischen Höchstmaßnahme – kommt der Verletzung dieser tatrichterlichen Aufklärungspflicht auch verfassungsrechtliches Gewicht zu (vgl. dazu Beschluss der 4. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 14. Juni 2000 – 2 BvR 993/94 –).
Soweit der Bundesgerichtshof den Vorwurf einer Pflichtverletzung auf die Annahme stützt, der Beschwerdeführer habe mit der Eingehung erheblicher Schulden eine Gefahr für seine Rechtstreue und Unabhängigkeit begründet, wie sich daran zeige, dass diese Gefahr sicht tatsächlich realisiert habe, sind seine Feststellungen jedenfalls nicht geeignet, die Verhängung der disziplinarischen Höchstmaßnahme zu rechtfertigen. Die Realisierung der bezeichneten Gefahr sieht der Bundesgerichtshof darin, dass der Beschwerdeführer sich über das Genehmigungserfordernis für Nebentätigkeiten hinweggesetzt und sich auf spekulative Geschäfte eingelassen habe. Insoweit wäre begründungsbedürftig gewesen, weshalb bereits die Begründung der bloßen Gefahr solcher – nicht strafbaren – Verhaltensweisen durch das Eingehen hoher finanzieller Verbindlichkeiten eine ausreichende Grundlage für die Verhängung der schwersten verfügbaren disziplinarischen Sanktion sein soll (s. dazu unter 2.) oder welche Umstände die Annahme rechtfertigen, dass der Beschwerdeführer sich mit der Eingehung der festgestellten Schulden ungeachtet der geltend gemachten und letztlich auch realisierten Möglichkeiten der Schuldentilgung in die Gefahr noch gravierenderer, etwa strafbarer, Pflichtverletzungen begeben hatte. Die Begründung der Gefahr eines Fehlverhaltens kann jedenfalls keine schwerwiegenderen Sanktionen nach sich ziehen als das Fehlverhalten selbst.
2. Die angegriffenen Entscheidungen verletzen den Beschwerdeführer auch insoweit in seinem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) als die Verhängung der schärfsten Disziplinarmaßnahme nicht von den getroffenen Tatfeststellungen getragen wird.
a) Aus dem Zusammenspiel von Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG und dem Rechtsstaatsprinzip folgt eine verfassungsrechtliche Verankerung des Schuldprinzips: Jede Strafe oder strafähnliche Sanktion setzt Schuld voraus (vgl. BVerfGE 57, 250 ≪275≫; 58, 159 ≪163≫; 80, 244 ≪255≫; 95, 96 ≪140≫). Die Strafe muss in einem gerechten Verhältnis zur Schwere der Tat und zum Verschulden des Täters stehen (vgl. BVerfGE 50, 5 ≪12≫; 73, 206 ≪253 f.≫; 86, 288 ≪313≫; 96, 245 ≪249≫). Insoweit deckt sich der Schuldgrundsatz in seinen die Strafe begrenzenden Auswirkungen mit dem Übermaßverbot (vgl. BVerfGE 50, 205 ≪215≫; 73, 206 ≪253≫; 86, 288 ≪313≫). Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts gelten das Schuldprinzip und der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (Übermaßverbot) grundsätzlich auch im Disziplinarverfahren (vgl. BVerfGE 27, 180 ≪188≫; 28, 264 ≪280≫; 37, 167 ≪185≫; 46, 17 ≪27≫; 98, 169 ≪198≫).
Die Entfernung eines Beamten oder Richters aus dem Dienst ist demnach geboten, wenn dies zur Sicherung der Funktionsfähigkeit des öffentlichen Diensts erforderlich ist. Dies kommt insbesondere dann in Betracht, wenn das Vertrauensverhältnis durch das Dienstvergehen endgültig zerstört worden ist oder das Dienstvergehen einen so großen Ansehensverlust bewirkt hat, dass eine Weiterverwendung des Richters die Integrität des Richtertums unzumutbar belasten würde. In beiden Fallgruppen ist der Richter für den Dienstherrn objektiv untragbar und daher die Entfernung aus dem Dienst geboten. Wann ein derartiger endgültiger Vertrauens- oder Ansehensverlust gegeben ist, hängt weitgehend von den Umständen des Einzelfalls ab, insbesondere von der Schwere der Verfehlung und dem Ausmaß der Gefährdung dienstlicher Belange bei einer Weiterverwendung.
b) Ein Versagen im Kernbereich der dem Beschwerdeführer zugewiesenen richterlichen Aufgaben haben die Fachgerichte hier nicht festgestellt; die Vorwürfe betreffen den Bereich seiner dienstlichen Aufgaben nicht. Schwerpunkt der von den Fachgerichten vorgenommenen Würdigung zur Festsetzung der Disziplinarmaßnahme ist vielmehr eine Verletzung der Pflicht zu achtungswürdigem Verhalten durch leichtfertige Überschuldung und die ungenehmigte Ausübung von Nebentätigkeiten.
Zwar kann grundsätzlich auch eine außerdienstliche Verletzung der Pflicht zu achtungs- und vertrauenswürdigen Verhalten disziplinarrechtliche Maßnahmen erfordern; die Verhängung der Höchstmaßnahme lässt der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz hier aber nur ausnahmsweise zu, insbesondere im Falle der Strafbarkeit der begangenen Tathandlung (vgl. Beschluss der 4. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 14. Juni 2000 – 2 BvR 993/94 –). Auch aus der Spruchpraxis der Fachgerichte sind keine Vergleichsfälle ersichtlich, bei denen bereits auf Grund außerdienstlicher Verfehlungen, die keinen Straftatbestand erfüllen, auf die Höchstmaßnahme erkannt wurde (vgl. etwa Claussen/Janzen, Bundesdisziplinarrecht, 9. Aufl., 2001, S. 99 ff.).
Soweit der Dienstgerichtshof im Hinblick auf den außerdienstlichen Charakter der Handlungen angenommen hat, diese seien in besonderem Maße geeignet, Achtung und Vertrauen in einer für das Amt des Richters und das Ansehen der staatlichen Rechtspflege bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen (vgl. § 5 Abs. 1 LRiG in Verbindung mit § 85 Abs. 1 Satz 2 LBG), erschöpfen sich die Darstellungen in einer Wiedergabe der gesetzlichen Vorgaben. Tatsächliche Feststellungen oder Subsumtionserwägungen fehlen, sodass sich aus den Entscheidungsgründen nicht entnehmen lässt, woraus sich diese besondere Eignung im Einzelfall ergeben soll. Gleiches gilt für die Darlegungen des Bundesgerichtshofs, die sich ausschließlich damit beschäftigen, ob der außerdienstliche Charakter des Dienstvergehens vom Dienstgerichtshof ausdrücklich hätte erwähnt werden müssen. Konkrete Feststellungen dazu, ob das Verhalten des Beschwerdeführers überhaupt öffentlich bekannt geworden ist, liegen den fachgerichtlichen Entscheidungen demnach nicht zu Grunde. Dies gilt auch in Ansehung der im Tatbestand aufgeführten Schreiben aus dem Jahr 1996, in denen der Beschwerdeführer zwei Finanzmaklern seine Finanzlage offengelegt hat. Denn insoweit hat der Bundesgerichtshof ausdrücklich – und unter Aufhebung des Urteils des Dienstgerichtshofs – ausgeführt, dass dieses Verhalten „nicht geeignet” sei, „das Vertrauen in die Aufgabenerfüllung des Richters oder das Ansehen der Richterschaft zu beeinträchtigen”. Entsprechende Feststellungen wären nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts aber Voraussetzung für die Annahme einer Ansehensschädigung gewesen (vgl. Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 19. Februar 2003 – 2 BvR 1413/01 –).
Hinreichende Einzelfallumstände, die trotz des außerdienstlichen Charakters und der Straflosigkeit der begangenen Pflichtverletzungen die Verhängung der Höchstmaßnahme rechtfertigen könnten, sind damit nicht ersichtlich. Die Entfernung aus dem Dienst wird von den getroffenen Tatfeststellungen nicht getragen und verletzt damit den verfassungsrechtlich gewährleisteten Schuldgrundsatz.
3. Da die angegriffenen Urteile bereits wegen dieser Grundrechtsverstöße keinen Bestand haben, können die übrigen vom Beschwerdeführer erhobenen Rügen auf sich beruhen.
V.
Die Entscheidung über die Auslagenerstattung folgt aus § 34a Abs. 2 BVerfGG.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
Unterschriften
Jentsch, Broß, Lübbe-Wolff
Fundstellen
Haufe-Index 1289038 |
NJW 2005, 1344 |
NJW 2005, 2576 |
NVwZ 2005, 1057 |
JZ 2005, 411 |
NPA 2006, 0 |