Verfahrensgang
OLG Düsseldorf (Beschluss vom 31.03.2006; Aktenzeichen II-4 UF 156/05) |
Tenor
1. Die Umgangsregelung im Beschluss des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 31. März 2006 – II-4 UF 156/05 – verletzt den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Artikel 6 Absatz 2 Satz 1 des Grundgesetzes.
Die Umgangsregelung und die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens in diesem Beschluss werden aufgehoben und die Sache insoweit zur erneuten Entscheidung an das Oberlandesgericht Düsseldorf zurückverwiesen.
2. Das Land Nordrhein-Westfalen hat dem Beschwerdeführer die notwendigen Auslagen der Verfassungsbeschwerde zu erstatten.
3. Der Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit für die Verfassungsbeschwerde wird auf 10.000 € (in Worten: zehntausend Euro) festgesetzt.
Tatbestand
I.
Der Beschwerdeführer wendet sich gegen einen Umgangsausschluss.
1. Aus der nichtehelichen Verbindung des Beschwerdeführers mit der Kindesmutter ging im Juli 1999 der verfahrensbetroffene Sohn hervor. Die Kindeseltern trennten sich im Sommer 2001. Die Kindesmutter wandte sich einem neuen Partner zu, mit dem sie inzwischen verheiratet ist; der Sohn lebt mit ihnen zusammen.
a) Das Amtsgericht gewährte dem Beschwerdeführer mit Beschluss vom 21. Juni 2005 ein Umgangsrecht mit seinem Sohn alle zwei Wochen im Wechsel einmal sonntags in der Nähe des Wohnortes des Kindes und einmal von Freitagabend bis Sonntagabend am Wohnort des Vaters sowie einen 14-tägigen Umgangskontakt in den Schulsommerferien und vom 26. Dezember bis 1. Januar eines jeden Jahres, ferner ein Recht auf einen halbstündigen Telefonkontakt am Mittwochabend. Es stützte sich hierbei unter anderem auf ein umfangreiches familienpsychologisches Sachverständigengutachten und eine mündliche Anhörung des Sachverständigen. Das Kind hatte das Amtsgericht einmal im Juli 2004 angehört.
b) Mit einstweiliger Anordnung vom 26. September 2005 änderte das Oberlandesgericht ohne mündliche Anhörung der Beteiligten die amtsgerichtliche Umgangsregelung vorläufig ab und gewährte dem Beschwerdeführer ein eineinhalbstündiges begleitetes Umgangsrecht alle zwei Wochen beim Kinderschutzbund. Das Oberlandesgericht verwarf nunmehr das Sachverständigengutachten; dieses sei als Grundlage für eine gerichtliche Entscheidung weder erforderlich noch überhaupt geeignet, der Sachverständige habe sich durch die haltlosen Diffamierungen der Kindesmutter endgültig disqualifiziert. Die tatsächlichen Gegebenheiten legten im Interesse des Kindes einen vollständigen Ausschluss des Beschwerdeführers vom Kindesumgang nahe, von dem der Senat nur deshalb und so lange absehe, wie die Möglichkeit eines konfliktfreien begleiteten Umgangs nicht definitiv ausgeschlossen erscheine. Die Belastungen des Kindes durch den Konflikt der Eltern schlössen einen unbegleiteten Umgang aus. Das Kind zeige jeweils unmittelbar nach den Besuchskontakten besorgniserregende Symptome – Einnässen, Hustenanfälle, negatives Sozialverhalten gegenüber anderen Kindern – und habe eine besondere Affinität zu Waffen, die sich nur aus einem übermäßigen Schutzbedürfnis gegen imaginäre Feinde ableiten lasse. Das Kind habe massive Ängste und kindliche Schutzmechanismen entwickelt und kanalisiere seine aus dem Loyalitätskonflikt erwachsenen Belastungen in Aggressionen gegen sich selbst und Dritte. Verantwortlich für die Eskalation des Elternkonflikts sei allein der Beschwerdeführer. Er habe die Kindesmutter ohne jeden Anlass in übelster Weise beleidigt und diffamiert und baue Drohkulissen auf, um der Kindesmutter und dem Kind ein seinen Erwartungen entsprechendes Verhalten abzunötigen. Die Kindesmutter habe sich trotz der bereits unmittelbar nach Trennung aufgenommenen Eskalationstaktik des Beschwerdeführers in überaus sachlicher Form mit seinem Anliegen auseinandergesetzt. Der Beschwerdeführer sehe sich durch die bislang nicht bewältigte Trennung in einen kriegsähnlichen Zustand versetzt und sei einsichtsresistent. Es bestehe kein Grund dafür, sich – wie das Amtsgericht – über die offenkundigen Belastungen des Kindes hinwegzusetzen. Den gegenteiligen Vorstellungen des Sachverständigen vermöge sich der Senat nicht anzuschließen. Der Sachverständige habe durch seine einseitige Begutachtung den bereits jetzt bestehenden “Scherbenhaufen” nur erhöht und die Konfliktlage zwischen den Elternteilen noch verschärft. Die Begleitung des allenfalls noch in betreuter Form möglichen Kindesumgangs habe der Senat in die Hände unbeteiligter Dritter gelegt, nachdem sich der Beschwerdeführer die haltlosen Diskreditierungen der Großeltern mütterlicherseits im Sachverständigengutachten zu eigen gemacht habe. Der Beschwerdeführer müsse sich bewusst sein, dass er bei jedweder Fortsetzung der Attacken gegen die Kindesmutter und ihr Umfeld Gefahr laufe, für geraume Zeit vollständig vom Umgang mit seinem Sohn ausgeschlossen zu werden.
c) Mit Bericht vom 3. März 2006 beantragte das Jugendamt die Aussetzung des Umgangsrechts für die Dauer von zunächst zwei Jahren. Es stützte sich hierbei auf einen Bericht der Umgangsbegleiterin vom Deutschen Kinderschutzbund. Der Beschwerdeführer habe beim sechsten Termin erstmals keine Spielsachen für das Kind mitgebracht. Als dieses nachgefragt habe, habe der Beschwerdeführer erklärt, es sei ihm zu schwer, jedes Mal was herzuschleppen, außerdem seien sie knapp mit der Zeit. Kurz vor Ende des Termins habe der Beschwerdeführer zum wiederholten Mal vom Kind wissen wollen, wann dieses wieder zu ihm nach Hause komme. Das Kind habe erneut geantwortet, ja, aber die zehn Mal bei der Umgangsbegleiterin wolle es noch. Der Beschwerdeführer habe nach dem Warum gefragt. Das Kind habe erklärt, weil es die Umgangsbegleiterin möge und gerne hierher komme. Hier sei der Beschwerdeführer richtig sauer geworden und habe in barschem Ton erklärt: “Weißt Du warum wir das hier machen? Hier wird geprüft, ob Du noch mal nach L… willst!” und im gleichen Tonfall weiter: “Weißt Du wie anstrengend das für mich ist, hierher zu kommen? Ich sitze 5 Stunden im Auto nur für Dich! Das macht nicht jeder Vater für sein Kind, nur um hier 1 1/2 Stunden rumzusitzen!” Da das Kind daraufhin keine Anstalten gemacht habe, sich von dem Beschwerdeführer zu verabschieden, sondern mit einer Kinderspielkasse weitergespielt habe, habe der Beschwerdeführer rüde nachgesetzt: “Es ist Dir anscheinend egal, ob ich gehe oder bleibe, Du machst da mit der Kasse rum! Soll ich überhaupt noch mal wiederkommen?” Hier drohe der Beschwerdeführer seinem Sohn sogar, zwischen den Zeilen, mit “Liebesentzug”, wenn der Sohn nicht das mache, was er von ihm wolle.
Der Beschwerdeführer nahm zum Bericht des Kinderschutzbundes mit Schriftsätzen vom 26. und 28. März 2006 Stellung. Er stellte den Sachverhalt bei dem vom Kinderschutzbund beanstandeten Umgangskontakt völlig anders dar, sprach – unter näherer Ausführung – bezüglich des Berichts der Umgangsbegleiterin von in weiten Teilen falschen oder lückenhaften Beobachtungen, von falschen und unzulänglichen Sachverhalten und von gezielten Auslassungen. Das Gespräch am 8. Januar 2006 sei falsch wiedergegeben worden, entspringe weitestgehend der Fantasie der Umgangsbegleiterin und sei ein fingierter Dialog. Angesichts dessen sei es dringend angeraten, eine mündliche Verhandlung anzuberaumen, die dahingehenden Anträge blieben aufrechterhalten.
d) Ohne die Beteiligten, das Kind und die Umgangsbegleiterin mündlich anzuhören schloss das Oberlandesgericht mit dem angegriffenen Beschluss vom 31. März 2006 das Umgangsrecht des Beschwerdeführers – einschließlich telefonischer Kontakte – bis zum 31. August 2007 aus und verpflichtete die Kindesmutter zur Auskunftserteilung über die gesundheitliche und schulische Entwicklung des Kindes bei gravierenden Änderungen, im Übrigen halbjährlich im Februar und September unter gleichzeitiger Belegerteilung. Das Umgangsrecht des Beschwerdeführers sei wegen Gefährdung des Kindeswohls nach § 1684 Abs. 4 BGB auszuschließen. Der Senat habe dem Beschwerdeführer im Beschluss vom 26. September 2005 eindringlich vor Augen zu führen versucht, dass der an sich gebotene Ausschluss vom Kindesumgang seinerzeit nur deshalb und so lange nicht in Betracht gekommen sei, wie die Möglichkeit eines konfliktfreien begleiteten Umgangs nicht definitiv ausgeschlossen erscheine. Er habe den Beschwerdeführer darüber hinaus auf die Bedeutung des angeordneten begleiteten Umgangs für die abschließende Senatsentscheidung und die Voraussetzungen für eine Rückkehr zum unbegleiteten Umgang hingewiesen. Dies habe sich der Beschwerdeführer in keiner Weise zur Warnung gereichen lassen. Ausweislich der Berichte des Kinderschutzbundes sowie der persönlichen Stellungnahmen des Beschwerdeführers habe der Beschwerdeführer von Anfang an den von ihm nunmehr als künstliche Situation bezeichneten begleiteten Umgang nicht als letzten Versuch zur Vermeidung einer Aussetzung zu akzeptieren vermocht. Stattdessen sei er nunmehr dazu übergegangen, durch Verlockungen, Drohungen und sonstige manipulative Einflussnahmen auf das Kind selbst den von ihm angestrebten unbegleiteten Umgang durchzusetzen. Nicht einmal den ausdrücklichen Wunsch des Kindes, Besuchskontakte vorerst nur unter Begleitung der Psychologin des Kinderschutzbundes stattfinden zu lassen, vermöge er zu akzeptieren; stattdessen konfrontiere er den offensichtlich überforderten Jungen mit massiven Vorhaltungen, ohne die bereits im Senatsbeschluss vom 26. September 2005 beschriebene Konfliktlage des Kindes überhaupt nur zur Kenntnis zu nehmen. Auch im Übrigen setze er ausweislich seiner schriftsätzlichen Stellungnahmen seine bisherige Konfliktstrategie unverändert fort. Die Psychologin des Kinderschutzbundes sowie der Sachbearbeiter des Jugendamts hätten aufgrund des Verhaltens des Beschwerdeführers eine Fortsetzung begleiteter Umgangskontakte zur Verhinderung weiterer Gefährdungen des erheblich belasteten Kindes nicht mehr zu verantworten vermocht; dieser Beurteilung trete der Senat in jeder Hinsicht bei. Ein unbegleiteter Umgang sei bereits aus den Gründen des Senatsbeschlusses vom 26. September 2005 ausgeschlossen; die begleiteten Umgangskontakte habe der uneinsichtige Beschwerdeführer selbst zum Scheitern gebracht. Unter diesen Umständen sehe der Senat keine andere Möglichkeit mehr, als das Kind durch eine Aussetzung des Umgangsrechts vor einer Fortsetzung des seit nahezu vier Jahren andauernden “Grabenkriegs” des Beschwerdeführers zu schützen und ihm die nunmehr dringend erforderliche Beruhigung seiner Situation zu verschaffen. Ob der Beschwerdeführer die bewusst bis nach Ablauf der Sommerferien 2007 angeordnete Aussetzung zu einer grundlegenden Änderung seiner Verhaltensweise zu nutzen vermöge, erscheine zwar zweifelhaft; den weitergehenden Vorschlägen des Jugendamts – Besuchsaussetzung für zwei Jahre – und der Kindesmutter – Aussetzung bis Ende 2008 – sei er dennoch nicht gefolgt, um dem Beschwerdeführer nicht die Möglichkeit zu nehmen, der naturgemäß eintretenden Entfremdung zu seinem Sohn alsbald wieder entgegentreten zu können. Der Beschwerdeführer werde sich allerdings bewusst machen müssen, dass ohne belegbare Anhaltspunkte für eine Änderung seiner Einstellung auch nach Ablauf dieser Frist keine Rechtfertigung dafür bestehe, das Kind erneut den in der Vergangenheit zu Tage getretenen Risiken auszusetzen.
2. Gegen diesen Beschluss wendet sich der Beschwerdeführer mit seiner Verfassungsbeschwerde, mit der er eine Verletzung seines Grundrechts aus Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG rügt.
3. Die Kindesmutter und die Regierung des Landes Nordrhein-Westfalen hatten Gelegenheit zur Stellungnahme zur Verfassungsbeschwerde und zum Gegenstandswert. Die Kindesmutter verteidigt die angegriffene Entscheidung. Der Beschwerdeführer beantragt, den Gegenstandswert auf 10.000 € festzusetzen.
Entscheidungsgründe
II.
Die zulässige Verfassungsbeschwerde ist zur Entscheidung anzunehmen, weil dies zur Durchsetzung der Grundrechte des Beschwerdeführers geboten ist (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Zu dieser Entscheidung ist die Kammer berufen, weil die maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen durch das Bundesverfassungsgericht bereits entschieden sind und die Verfassungsbeschwerde offensichtlich begründet ist (§ 93c Abs. 1 BVerfGG).
1. Die angegriffene Entscheidung verletzt den Beschwerdeführer in seinem Elternrecht aus Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG.
a) Die von den Fachgerichten getroffenen tatsächlichen Feststellungen und die von ihnen im Einzelnen vorgenommene Abwägung hat das Bundesverfassungsgericht nicht nachzuprüfen. Ebenso ist es grundsätzlich den Fachgerichten überlassen, welchen verfahrensrechtlichen Weg sie wählen, um zu den für ihre Entscheidung notwendigen Erkenntnissen zu gelangen (vgl. BVerfGE 79, 51 ≪62≫). Der verfassungsgerichtlichen Prüfung unterliegt jedoch, ob fachgerichtliche Entscheidungen auf einer grundsätzlich unrichtigen Anschauung von der Bedeutung und Tragweite eines Grundrechts beruhen (vgl. BVerfGE 18, 85 ≪92 f.≫). Die Intensität dieser Prüfung hängt davon ab, in welchem Maße von der Entscheidung Grundrechte beeinträchtigt werden (vgl. BVerfGE 83, 130 ≪145≫ m.w.N.).
Das Umgangsrecht eines Elternteils steht ebenso wie die elterliche Sorge des anderen Elternteils unter dem Schutz des Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG. Beide Rechtspositionen erwachsen aus dem natürlichen Elternrecht und der damit verbundenen Elternverantwortung und müssen von den Eltern im Verhältnis zueinander respektiert werden. Der Elternteil, bei dem sich das Kind gewöhnlich aufhält, muss demgemäß grundsätzlich den persönlichen Umgang des Kindes mit dem anderen Elternteil ermöglichen (vgl. BVerfGE 31, 194 ≪206 f.≫; 64, 180 ≪187 f.≫). Eine Einschränkung oder ein Ausschluss des Umgangsrechts ist nur veranlasst, wenn nach den Umständen des Einzelfalls der Schutz des Kindes dies erfordert, um eine Gefährdung seiner seelischen oder körperlichen Entwicklung abzuwehren (vgl. BVerfGE 31, 194 ≪209 f.≫).
Grundrechtsschutz ist auch durch die Gestaltung des Verfahrens sicherzustellen (vgl. BVerfGE 55, 171 ≪182≫); das gerichtliche Verfahren muss in seiner Ausgestaltung geeignet und angemessen sein, um der Durchsetzung der materiellen Grundrechtspositionen wirkungsvoll zu dienen (vgl. BVerfGE 84, 34 ≪49≫). Diesen Anforderungen werden die Gerichte nur gerecht, wenn sie sich mit den Besonderheiten des Einzelfalls auseinandersetzen, die Interessen der Eltern sowie deren Einstellung und Persönlichkeit würdigen und auf die Belange des Kindes eingehen (vgl. BVerfGE 31, 194 ≪210≫). Der Wille des Kindes ist zu berücksichtigen, soweit das mit seinem Wohl vereinbar ist. Voraussetzung hierfür ist, dass das Kind in dem gerichtlichen Verfahren die Möglichkeit erhält, seine persönlichen Beziehungen zu den Eltern erkennbar werden zu lassen. Die Gerichte müssen ihr Verfahren deshalb so gestalten, dass sie möglichst zuverlässig die Grundlage einer am Kindeswohl orientierten Entscheidung erkennen können (vgl. BVerfGE 55, 171 ≪182≫). Nach Maßgabe des § 50b FGG hat das Gericht in einem Verfahren über die Umgangsregelung das Kind persönlich zu hören (vgl. BVerfGE 64, 180 ≪191≫ und – zum Sorgerecht – BVerfGE 55, 171 ≪179 f., 182 f.≫), auch um sich so einen unmittelbaren Eindruck von ihm zu verschaffen (vgl. BVerfGE 55, 171 ≪180≫; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 23. März 2007 – 1 BvR 156/07 –, zur Veröffentlichung vorgesehen).
Das Abweichen von einem fachpsychologischen Gutachten bedarf einer eingehenden Begründung und des Nachweises eigener Sachkunde des Gerichts (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 2. Juni 1999 – 1 BvR 1689/96 –, NJW 1999, S. 3623 ≪3624≫). Außerdem muss das Gericht dann anderweitig über eine möglichst zuverlässige Grundlage für die am Kindeswohl orientierte Entscheidung verfügen (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 18. Januar 2006 – 1 BvR 526/04 –, FamRZ 2006, S. 605 ≪606≫).
b) Diesen verfassungsrechtlichen Anforderungen hält der angegriffene Beschluss nicht stand, weil das Oberlandesgericht sein Verfahren nicht so gestaltet hat, dass es möglichst zuverlässig die Grundlage einer am Kindeswohl orientierten Entscheidung erkennen konnte.
Das Oberlandesgericht hat die Entscheidung des Amtsgerichts, das dem Beschwerdeführer ein unbegleitetes Umgangsrecht zuerkannt hatte, zunächst im Wege einstweiliger Anordnung hin zu einem begleiteten Umgangsrecht abgeändert, um schließlich das Umgangsrecht des Beschwerdeführers neun Monate nach Erlass der erstinstanzlichen Entscheidung völlig auszuschließen. Dabei hat sich das Oberlandesgericht unter Verwerfung des erstinstanzlich eingeholten Sachverständigengutachtens ausschließlich auf den Akteninhalt gestützt, ohne sich jemals einen persönlichen Eindruck von den Kindeseltern gemacht zu haben, obwohl der Beschwerdeführer beim Oberlandesgericht mehrfach die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt hatte. Es hat darüber hinaus das sechsjährige Kind nicht persönlich angehört. Auf dessen Anhörung durch das Amtsgericht hat sich das Oberlandesgericht dabei nicht stützen können; denn diese fand fast zwei Jahre früher statt und es lag ihr damals eine völlig andere Verfahrenssituation zugrunde.
Soweit sich das Oberlandesgericht zur Begründung seines Umgangsausschlusses auf den letzten Bericht der Umgangsbegleiterin des Kinderschutzbundes bezogen hat, ist dieser ohne weitere Ermittlungen keine tragfähige Grundlage; denn der Beschwerdeführer hat den Wahrheitsgehalt dieses Berichts umfangreich und grundsätzlich in Frage gestellt. Gerade vor diesem Hintergrund und angesichts der hohen Eingriffsintensität des hier erkannten Umgangsausschlusses war es von Verfassung wegen zwingend erforderlich, einen Anhörungstermin durchzuführen, um so den Verlauf des in Frage stehenden begleiteten Umgangstermins durch die Anhörung der Kindeseltern, des Kindes und der Umgangsbegleiterin des Kinderschutzbundes näher aufzuklären.
c) Die angegriffene Entscheidung beruht auch auf dem Grundrechtsverstoß. Es ist nicht ausgeschlossen, dass das Oberlandesgericht bei Beachtung der sich aus dem Elternrecht des Beschwerdeführers ergebenden Anforderungen an die Verfahrensgestaltung zu einem dem Beschwerdeführer günstigeren Ergebnis gekommen wäre.
2. Die Aufhebung des angegriffenen Beschlusses und die Zurückverweisung der Sache an das Oberlandesgericht (§ 95 Abs. 2 BVerfGG) geben diesem auch Gelegenheit, im weiteren Verfahren zu prüfen, ob es nicht angesichts des massiven Streits zwischen den Kindeseltern erforderlich ist, dem Kind nach § 50 FGG einen Verfahrenspfleger zur Seite zu stellen.
3. Die Entscheidung über die Erstattung der notwendigen Auslagen der Verfassungsbeschwerde beruht auf § 34a Abs. 2 BVerfGG. Die Festsetzung des Gegenstandswerts der anwaltlichen Tätigkeit für die Verfassungsbeschwerde folgt aus § 37 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit § 14 Abs. 1 RVG (vgl. BVerfGE 79, 365 ≪366 ff.≫).
Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 93d Abs. 1 Satz 2 BVerfGG).
Unterschriften
Papier, Hohmann-Dennhardt, Hoffmann-Riem
Fundstellen
FamRZ 2007, 1625 |
FamRB 2007, 327 |