Ergeht die einstweilige Anordnung nicht, erweist sich das Gesetz aber später im Hauptsacheverfahren als verfassungswidrig, drohen allerdings der Antragstellerin und sonstigen pharmazeutischen Großhändlern jedenfalls bis zur Entscheidung in der Hauptsache wirtschaftliche Nachteile. Ein endgültiger und auf Dauer nicht kompensierbarer Schaden ist aber nicht anzunehmen. Die vorübergehend zu erwartenden Nachteile sind auch nicht sehr schwerwiegend.
Die Antragstellerin und ihre Konkurrenten auf dem deutschen Markt haben gegenüber den Apotheken angekündigt, dass sie den sie treffenden 3 %igen Abschlag mit den bisher gewährten Großhandelsrabatten verrechnen werden. Deshalb werden die pharmazeutischen Großhändler lediglich geringfügige finanzielle Einbußen erleiden. Zum einen geht ein Teil des Arzneimittelumsatzes nicht zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung und ist von der hier angegriffenen Regelung gar nicht betroffen. Insoweit reduzieren sich die von der Antragstellerin geschilderten Nachteile bei der Verrechnung mit früher ausgehandelten Rabatten, soweit der einzelnen Apothekern eingeräumte Rabatt niedriger als der Zwangsabschlag nach Art. 11 BSSichG ist. Dieser Niedrigrabattbereich hat nach den Ausführungen der Antragstellerin einen Anteil an ihrem Gesamtumsatz von 13 vom Hundert, betrifft aber nur zum Teil Produkte, die zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung abgegeben werden. Das vergrößert den Spielraum zur Verrechnung mit den dort bisher maßgeblichen Rabatten von durchschnittlich 1,7 vom Hundert. Bei 87 vom Hundert ihres Umsatzes kann die Antragstellerin nach eigenem Vortrag die Belastung voll an die Apotheker weitergeben und diesen dennoch Einkaufsrabatte zwischen 2 und 4 vom Hundert einräumen. Damit liegt auf der Hand, dass die verbleibenden Einbußen nicht von erheblicher wirtschaftlicher Bedeutung sind.
Die von der Antragstellerin befürchteten weiteren Nacheile, wie Wanderbewegungen der Kunden und eine Verminderung der Anzahl der Apotheken im Zuge von Insolvenzen, betreffen wirtschaftliche Risiken, die aus dem Marktgeschehen resultieren, an dem die Antragstellerin teilnimmt, wobei der Zusammenhang dieser Folgen mit der vorliegend angegriffenen gesetzlichen Regelung in Art. 11 BSSichG nur schwer nachvollziehbar ist. Die Differenzen in der Höhe der Rabattgewährung entsprechen den Effizienzgewinnen beim Großhandel infolge unterschiedlichen Bestellverhaltens der Apotheken; Wanderbewegungen mögen zwar zu Änderungen der für den jeweiligen Kunden maßgebenden Rabatthöhe führen, nicht aber zu Gewinneinbußen des Großhändlers, sofern er seine Rabatte nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten staffelt. Die Antragstellerin hat in diesem Zusammenhang auch nicht dargelegt, dass die Geschäfte, bei denen sie mit 8,9 vom Hundert den höchsten Rabatt auf Arzneimittelbestellungen gewährt, ihre Rendite mehr belasten als die Handelsgeschäfte im Niedrigrabattbereich.
Schon wenn die jeweiligen Nachteile der abzuwägenden Folgenkonstellationen einander in etwa gleichgewichtig gegenüber stehen, gebietet es die gegenüber der Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers notwendige Zurückhaltung des Gerichts, das angegriffene Gesetz nicht am In-Kraft-Treten zu hindern, bevor geklärt ist, ob es vor der Verfassung Bestand hat (vgl. BVerfGE 104, 51 ≪60≫). Vorliegend ergibt die Abwägung, dass die Nachteile für das gemeine Wohl bei Erlass der einstweiligen Anordnung diejenigen sogar überwiegen, die der Antragstellerin und dem pharmazeutischen Großhandel insgesamt bei Ablehnung des Antrags drohen.
Eine generelle Gefährdung der Arzneimitteldistribution und eine Minderversorgung der Kranken kann vorliegend ausgeschlossen werden. Die geringfügigen Einbußen, die den Großhändlern verbleiben, sofern es ihnen nicht gelingt, mit den Pharmaherstellern und den Apothekern veränderte Konditionen auszuhandeln, fallen kaum ins Gewicht. Das Gesetz verändert die Rahmenbedingungen, unter denen die Großhändler mit den Pharmaunternehmen auf der einen Seite und den Apotheken auf der anderen Seite die Preise aushandeln. Verkleinert hat sich der Spielraum, den die Arzneimittelpreisverordnung dem Großhandel belässt und der bisher den Apotheken und dem Großhandel, an dem etwa zur Hälfte die Apotheker auch genossenschaftlich beteiligt sind, zugute kam. Voraussichtlich wird sich das Gesamtgefüge des Pharmahandels verändern. Wie letztlich die Belastungen des Beitragssatzsicherungsgesetzes verteilt werden und welchen Anteil des sie treffenden 3 %igen Abschlags schließlich die Großhändler tragen, welchen sie an die Pharmaunternehmen weitergeben und inwiefern sie sich bei den Apotheken entlasten können, ist nicht sicher vorherzusagen.
Demgegenüber wiegt das Anliegen des Gesetzgebers, bis zu einer größeren Reform die gesetzliche Krankenversicherung unter Einbeziehung zahlreicher Gruppen sofort finanziell zu entlasten, schwerer. Denn die negativen Folgen für die finanzielle Stabilität der gesetzlichen Krankenversicherung treten bei einer vorläufigen Aussetzung des Gesetzes sofort ein, können später kaum oder nur unzureichend ausgeglichen werden und beeinflussen die wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland. Dem Gemeinwohlbelang der finanziellen Sicherung der gesetzlichen Krankenversicherung kann nicht entgegengehalten werden, dass die Abschläge für den pharmazeutischen Großhandel nur einen geringen Anteil an den Gesamtausgaben darstellt. Bei einem Spargesetz, das viele Gruppen in Anspruch nimmt, ist jeder Teilbeitrag von Bedeutung. Das gesetzgeberische Konzept würde zu Lasten anderer unterlaufen, wenn einzelne Gruppen sich darauf berufen dürften, dass ihr Anteil am Gesamtvolumen eines Spargesetzes für das gesamtwirtschaftliche Interesse minder bedeutsam sei.
Würde das Gesetz außer Kraft gesetzt und verhielten sich die Marktteilnehmer weiter wie bisher, wäre es letztlich unmöglich, nachträglich die an die Kunden weitergereichten Gewinne noch abzuschöpfen. Jedenfalls ist ein Wirtschaftszweig, der seinen Kunden auf einem teilregulierten Markt durchschnittlich in Höhe von 6 bis 7 vom Hundert des Umsatzes Rabatte einräumen kann, wirtschaftlich nicht gefährdet, wenn ihm ein 3 %iger Rabatt zugunsten des größten, aber nicht einzigen Endabnehmers auferlegt wird, ohne dass in die Preisgestaltung im Übrigen eingegriffen wird. Diese Aussage bleibt richtig, auch wenn sich der 3 %ige Abschlag auf eine andere Ausgangsgröße bezieht und gemessen am Einkaufsumsatz der Apotheker 4,2 vom Hundert – wie in einem der Anschreiben an die Apotheker angekündigt – oder 4,9 vom Hundert – wie von der Antragstellerin behauptet – ausmacht.