Verfahrensgang
OVG Berlin-Brandenburg (Beschluss vom 23.11.2006; Aktenzeichen 8 S 78.06) |
Tenor
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.
Damit erledigt sich der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung.
Gründe
Die mit einem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung verbundene Verfassungsbeschwerde betrifft die Pflicht zur Teilnahme am Ethikunterricht ohne Abmeldemöglichkeit im Lande Berlin.
I.
1. Die im Dezember 1993 geborene Beschwerdeführerin zu 1. besucht die 7. Jahrgangsstufe einer öffentlichen Schule im Lande Berlin. Die Beschwerdeführerin zu 2. und der Beschwerdeführer zu 3. sind ihre Eltern. Die Beschwerdeführer sind Christen evangelischer Konfession.
Nach § 12 Abs. 6 Satz 1 des Schulgesetzes für das Land Berlin (SchulG) ist – mit Inkrafttreten des Ersten Gesetzes zur Änderung des Schulgesetzes vom 30. März 2006 (GVBl 2006, S. 299) zum 1. August 2006 – in den Jahrgangsstufen 7 bis 10 der öffentlichen Schulen das Fach Ethik ordentliches Lehrfach für alle Schülerinnen und Schüler. Die Einführung des Lehrfachs erfolgt schrittweise. Zunächst soll es im Schuljahr 2006/2007 in der Jahrgangsstufe 7 unterrichtet und in den Folgejahren auf jeweils eine weitere Jahrgangsstufe erstreckt werden (vgl. Art. I Nr. 1, 2 und 4 Buchstabe b) sowie Art. II des Änderungsgesetzes).
Der Ethikunterricht ist als Pflichtfach ohne Abmeldemöglichkeit neben den in § 13 SchulG geregelten Weltanschauungs- und Religionsunterricht getreten, der in Trägerschaft der Weltanschauungs- und Religionsgemeinschaften steht und an dem die Teilnahme freiwillig ist. Eine Befreiung von der Pflicht zum Besuch des Ethikunterrichts für Schüler, die am Religionsunterricht teilnehmen, ist im Schulgesetz nicht vorgesehen. Allerdings findet sich in § 46 Abs. 5 Satz 1 SchulG eine Bestimmung, die ganz allgemein die Befreiung von der Teilnahme an einzelnen Unterrichts- oder Schulveranstaltungen ermöglicht.
Der gesetzlich vorgeschriebene Ethikunterricht wird durch den von der Berliner Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Sport herausgegebenen “Rahmenlehrplan für die Sekundarstufe I – Ethik” (im Folgenden: Rahmenlehrplan) inhaltlich weiter ausgestaltet.
2. Eine im April 2006 unmittelbar gegen die Neufassung des Schulgesetzes erhobene Verfassungsbeschwerde der Beschwerdeführer wurde nicht zur Entscheidung angenommen, weil die Beschwerdeführer in zumutbarer Weise darauf verwiesen werden konnten, zunächst einen Antrag auf Befreiung vom Ethikunterricht nach § 46 Abs. 5 Satz 1 SchulG zu stellen und anschließend fachgerichtlichen Rechtsschutz in Anspruch zu nehmen (vgl. Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 14. Juli 2006 – 1 BvR 1017/06 –, JURIS).
Die Beschwerdeführer beantragten daraufhin im Juli 2006 bei der Berliner Schulverwaltung, die Beschwerdeführerin zu 1. von der Teilnahme am Ethikunterricht zu befreien. Den Antrag begründeten sie mit religiösen Erwägungen und Gewissensbedenken. Es bestehe ein Anspruch auf Befreiung vom Ethikunterricht sowohl nach § 46 Abs. 5 Satz 1 SchulG als auch unmittelbar aus Art. 4 und Art. 6 GG. Zudem stellten die Beschwerdeführer beim Verwaltungsgericht den Antrag, das Land Berlin im Wege einer einstweiligen Anordnung zu verpflichten, die Beschwerdeführerin zu 1. bis zur Entscheidung in der Hauptsache vom Besuch des Unterrichtsfachs Ethik freizustellen.
Das Verwaltungsgericht wies diesen Antrag zurück. Der Schulleiter der von der Beschwerdeführerin zu 1. besuchten Schule lehnte den Antrag auf Befreiung vom Ethikunterricht ab. Nach erfolglosem Widerspruchsverfahren haben die Beschwerdeführer Klage erhoben, über die das Verwaltungsgericht noch nicht entschieden hat.
3. Die gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts im Verfahren zur Erlangung einstweiligen Rechtsschutzes eingelegte Beschwerde erachtete das Oberverwaltungsgericht für unbegründet.
II.
1. Mit ihrer gegen die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts gerichteten Verfassungsbeschwerde rügen die Beschwerdeführer eine Verletzung von Art. 2 Abs. 1, Art. 4 Abs. 1 und Abs. 2 sowie Art. 6 Abs. 2 GG. Mittelbar wenden sie sich auch gegen die Einführung des Ethikunterrichts als ordentliches Lehrfach ohne Abmeldemöglichkeit durch § 12 Abs. 6 Satz 1 SchulG. Zur Begründung führen sie im Wesentlichen aus:
a) Die Einführung eines Ethikunterrichts als Pflichtfach ohne Abmeldemöglichkeit erschwere den Zugang der Beschwerdeführerin zu 1. zum Religionsunterricht. Indem ihr – ohne sachlichen Grund – keine Wahlmöglichkeit zwischen Ethik- und Religionsunterricht eingeräumt werde, sei sie einer Mehrbelastung ausgesetzt und befinde sich damit in einer Zwangslage.
Soweit das Oberverwaltungsgericht meine, die Pflicht zur Teilnahme am Ethikunterricht erschwere die Teilnahme am Religionsunterricht nicht, werde dies durch die schulische Wirklichkeit widerlegt. Seit der Einführung des Pflichtfaches Ethik habe sich die Zahl der Teilnehmer am Religionsunterricht um ein Viertel bis zu einem Drittel reduziert. Der Rückgang der Zahl der Teilnehmer am Religionsunterricht sei die Folge der Mehrbelastung der betroffenen Schüler. Das Oberverwaltungsgericht verkenne überdies, dass das Bundesverfassungsgericht die Einführung eines Wahlrechts zwischen Ethik- und Religionsunterricht bereits in seinem Vergleichsvorschlag betreffend den Unterricht im Fach “Lebensgestaltung-Ethik-Religionskunde (LER)” im Lande Brandenburg angeregt habe (Hinweis auf BVerfGE 104, 305 ff.; 106, 210 ≪215≫).
b) Der Zwang zur Teilnahme am Ethikunterricht verletze auch deshalb das Grundrecht der Religionsfreiheit, weil das Fach inhaltlich dem christlichen Glauben widerspreche.
Eine der Grundlagen des Unterrichts sei die Philosophie. Im philosophischen Denken sei der Mensch das Maß aller Dinge. Jede Philosophie gehe davon aus, dass Gott nicht existiere, und sei in diesem Sinne atheistisch oder gottlos. Insgesamt gehe das Fach Ethik damit von einem säkularen oder laizistischen Weltbild aus.
Das vom Gesetzgeber vorgegebene Postulat der Neutralität des Ethikunterrichts könne auch praktisch nicht verwirklicht werden. Es handele sich bei dem Unterricht nicht um eine nur auf Fakten bezogene Wissensvermittlung. Die Schüler sollten sich vielmehr mit unterschiedlichen Wert- und Sinnangeboten auseinandersetzen. Dazu müsse der Lehrer stillschweigend oder ausdrücklich Stellung nehmen und dabei seine Autorität einbringen. Ein Ethikunterricht müsse auch Motive und Entstehungsgeschichte darstellen sowie Unterschiede und Widersprüche erklären. Das sei ohne Werturteil nicht möglich. Dies schließe die postulierte Neutralität aus.
Der Lehrer könne den Unterrichtsstoff überdies frei gestalten. Er werde in Berlin nicht einmal regelmäßig beaufsichtigt. Die Schulaufsicht obliege dort zurzeit den Schulleitern. Diese seien aber schon aus zeitlichen Gründen nicht in der Lage, eine Fachaufsicht durchzuführen.
Der Berliner Gesetzgeber stütze seine Kompetenz, ein Pflichtfach Ethik einzuführen, auf Art. 7 Abs. 1 GG und berufe sich insbesondere auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 17. Juni 1998 – BVerwG 6 C 11.97 – (BVerwGE 107, 75 ff., zur Einführung eines Ethikunterrichts für nicht am Religionsunterricht teilnehmende Schüler in Baden-Württemberg). Dies sei jedoch nicht tragfähig. Träfen Rechte aus Art. 4 und Art. 7 GG aufeinander, so sei der Konflikt nach dem Prinzip der Konkordanz oder des mildesten Mittels zu klären. Der Berliner Gesetzgeber habe das schärfste Mittel gewählt, das “Verbot der Abmeldung” vom Ethikunterricht. Sie, die Beschwerdeführer, verlangten indes das Recht, zu wählen. Dies erfordere keinen organisatorischen Aufwand und greife in kein anderes Grundrecht ein. Das Wahlrecht zwischen Ethik- und Religionsunterricht sei deswegen das “mildeste Mittel”.
Für die Frage, ob der Ethikunterricht die Glaubensfreiheit verletze, komme es entscheidend auf den höchstpersönlichen Glauben der Beschwerdeführerin zu 1. an. Sie habe aufgrund der Religionsfreiheit das Recht, ihr ganzes Verhalten an den Lehren ihres Glaubens auszurichten und gemäß ihrer Glaubensüberzeugung zu handeln. Das Grundrecht der Glaubensfreiheit sei extensiv auszulegen.
Soweit das Oberverwaltungsgericht der Ansicht sei, das strittige Fach sei bekenntnis- und weltanschauungsneutral angelegt, berücksichtige es nicht, dass die Ausgestaltung des Fachs auf einem atheistischen Weltbild beruhe, das dem christlichen Glauben widerspreche.
2. Mit ihrem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung begehren die Beschwerdeführer auch im Verfassungsbeschwerdeverfahren die Befreiung der Beschwerdeführerin zu 1. von der Teilnahme am Ethikunterricht der 7. Klasse sowie die Aussetzung des § 12 Abs. 6 Satz 1 SchulG, soweit er der Beschwerdeführerin zu 1. verbietet, sich vom Fach Ethik zum Religionsunterricht abzumelden.
III.
Die Voraussetzungen für die Annahme der zulässigen Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung liegen nicht vor (§ 93a Abs. 2 BVerfGG).
1. Die Verfassungsbeschwerde ist zulässig. Insbesondere haben die Beschwerdeführer den Rechtsweg erschöpft (§ 90 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG).
Mit dem Beschluss des Oberverwaltungsgerichts liegt eine das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes abschließende letztinstanzliche Entscheidung vor. Allerdings kann der Grundsatz der Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde in solchen Fällen der Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerde entgegenstehen, wenn Verfassungsverstöße gerügt werden, die sich nicht speziell auf das Eilverfahren beziehen, sondern Fragen aufwerfen, die sich genau so auch im Hauptsacheverfahren stellen, so dass Letzteres geeignet ist, der behaupteten verfassungsrechtlichen Beschwer abzuhelfen (vgl. BVerfGE 77, 381 ≪401≫; 80, 40 ≪45≫). Der Beschwerdeführer darf aber dann nicht auf das Hauptsacheverfahren verwiesen werden, wenn die Verletzung von Grundrechten durch die Eilentscheidung selbst geltend gemacht wird oder wenn die Entscheidung von keiner weiteren tatsächlichen oder einfachrechtlichen Aufklärung abhängt und die Voraussetzungen gegeben sind, unter denen gemäß § 90 Abs. 2 Satz 2 BVerfGG vom Erfordernis der Rechtswegerschöpfung abgesehen werden kann (vgl. BVerfGE 79, 275 ≪279≫; 93, 1 ≪12≫).
So verhält es sich hier: Hinsichtlich der Grundrechtsrügen bedarf es keiner weiteren tatsächlichen oder einfachrechtlichen Klärung. Die Fachgerichte haben sich in den angegriffenen Entscheidungen umfassend mit den maßgeblichen Rechtsfragen auseinandergesetzt. Auch hinsichtlich der tatsächlichen Aufklärung ist vom Hauptsacheverfahren kein wesentlicher zusätzlicher Ertrag zu erwarten. Das Oberverwaltungsgericht hat sich auf den Standpunkt gestellt, mögliche faktische Abweichungen der Unterrichtsgestaltung von dem Rahmenplan für das Unterrichtsfach Ethik könnten keine Bedenken gegen die gesetzliche Regelung begründen oder eine Unterrichtsbefreiung gebieten, sondern müssten mit schulaufsichtlichen Mitteln abgestellt werden. Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Fachgerichte in einem Hauptsacheverfahren eine abweichende Bewertung der Erheblichkeit der faktischen Ausgestaltung des Ethikunterrichts in Einzelfällen vornehmen könnten. Weiterführende Ermittlungen zu der Handhabung des Ethikunterrichts an der von der Beschwerdeführerin besuchten Schule oder darüber hinaus sind von einem Hauptsacheverfahren daher nicht zu erwarten. Auch ist es den Beschwerdeführern angesichts des Fortgangs der Schulausbildung nicht zumutbar, auf den Abschluss des Hauptsacheverfahrens verwiesen zu werden (vgl. BVerfGE 93, 1 ≪12 f.≫).
2. Der Verfassungsbeschwerde kommt keine grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung zu, weil die aufgeworfenen Fragen, soweit sie sich nicht ohne weiteres aus dem Grundgesetz beantworten lassen, durch die verfassungsgerichtliche Rechtsprechung bereits geklärt sind (§ 93a Abs. 2 Buchstabe a BVerfGG; vgl. BVerfGE 32, 98; 34, 165; 41, 29; 47, 46; 93, 1). Die Annahme der Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung ist auch nicht zur Durchsetzung der als verletzt gerügten Grundrechte der Beschwerdeführer angezeigt (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Die erhobenen Grundrechtsrügen sind unbegründet.
a) Grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung kommt der Verfassungsbeschwerde nicht etwa im Blick auf die grundgesetzliche Verbürgung des Religionsunterrichts als ordentliches Lehrfach in Art. 7 Abs. 3 Satz 1 GG zu.
Eine Verletzung dieser Verfassungsbestimmung machen die Beschwerdeführer weder ausdrücklich noch sinngemäß geltend. Sie erstreben lediglich die Ausgestaltung des Religionsunterrichts als Ersatzfach für den Ethikunterricht im Sinne einer “Wahl- oder Ausweichmöglichkeit”. Im vorliegenden Verfahren bedarf daher nicht der verfassungsrechtlichen Prüfung, ob Art. 7 Abs. 3 Satz 1 GG hier anwendbar ist und die in Rede stehende landesrechtliche Regelung damit in Einklang steht (vgl. zur Frage der Geltung des Art. 7 Abs. 3 Satz 1 GG im Lande Berlin – verneinend – BVerwGE 110, 326).
b) Die Einführung eines verbindlichen Ethikunterrichts ohne Abmeldemöglichkeit sowie die verwaltungsgerichtliche Billigung der Nichtbefreiung der Beschwerdeführerin zu 1. vom Ethikunterricht verletzen die Beschwerdeführer nicht in ihrer durch Art. 4 Abs. 1 und 2 GG verbürgten Religionsfreiheit und die Beschwerdeführer zu 2. und 3. nicht in ihrem durch Art. 6 Abs. 2 GG garantierten elterlichen Erziehungsrecht.
aa) Die Regelung des Berliner Schulgesetzes über die Einführung des Ethikunterrichts ohne Abmeldemöglichkeit sowie ihre Auslegung und Anwendung durch das Oberverwaltungsgericht erschweren die Teilnahme der Beschwerdeführerin zu 1. am Religionsunterricht nicht in einer mit Art. 4 Abs. 1 und 2 sowie mit Art. 6 Abs. 2 GG unvereinbaren Weise.
Die in Art. 4 Abs. 1 und 2 GG verbürgte Glaubensfreiheit umfasst den Anspruch, nach eigenen Glaubensüberzeugungen leben und handeln zu dürfen (vgl. BVerfGE 32, 98 ≪106≫; 93, 1 ≪15≫). In Verbindung mit Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG, der den Eltern das Recht zur Pflege und Erziehung ihrer Kinder garantiert, gewährt Art. 4 Abs. 1 und 2 GG das Recht zur Kindererziehung in religiöser und weltanschaulicher Hinsicht. Danach ist es Sache der Eltern, ihren Kindern Überzeugungen in Glaubens- und Weltanschauungsfragen zu vermitteln (vgl. BVerfGE 41, 29 ≪44, 47 f.≫) und nicht geteilte Ansichten von ihnen fernzuhalten (vgl. BVerfGE 93, 1 ≪17≫). Die genannten Grundrechte verleihen Schülern und deren Eltern indes keinen Anspruch auf eine Gleichstellung des Unterrichtsfachs Religion mit anderen Schulfächern.
Im Lande Berlin wird nach § 13 SchulG ein Religionsunterricht in der Trägerschaft von Religionsgemeinschaften angeboten. Die Verpflichtung, das Unterrichtsfach Ethik zu besuchen, wirkt nicht in verfassungsrechtlich unzulässiger Weise auf Schüler und deren Eltern in dem Sinne ein, dass ihnen subjektiv oder objektiv nahe gelegt würde, vom Besuch des Religionsunterrichts Abstand zu nehmen. Es trifft zwar zu, dass ein Schüler, der freiwillig den Religionsunterricht besucht, zeitlich mit mehr Unterrichtsstunden belastet ist als ein solcher, der von der Teilnahme absieht (vgl. § 13 Abs. 5 Satz 2 SchulG). Eine zeitliche Mehrbelastung tritt bei einem freiwilligen Besuch des Zusatzfachs Religion jedoch lediglich in vergleichbarem und deshalb vernachlässigbar geringem Maße ein wie beim Besuch eines anderen, auf freiwilliger Basis angebotenen Fachs, was in der Schulpraxis verbreitet und üblich ist. Die geringfügige Mehrbeanspruchung gegenüber Schülern, die sich auf den Besuch der Pflichtfächer beschränken, besteht zudem unabhängig davon, ob zu den verbindlichen Fächern der Ethikunterricht gehört oder nicht.
bb) Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführer wird die Beschwerdeführerin zu 1. auch nicht verfassungswidrig gezwungen, an einem Unterricht teilzunehmen, dessen Inhalt ihrem Glauben widerspricht.
(1) Es kann offen bleiben, ob und inwieweit der als bekenntnis- und weltanschauungsneutral bezeichnete Ethikunterricht im Lande Berlin insoweit den Schutzbereich der von den Beschwerdeführern ins Feld geführten Grundrechte aus Art. 4 Abs. 1 und 2 sowie Art. 6 Abs. 2 GG im Einzelnen überhaupt berührt. Jedenfalls halten die angegriffene Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts und die zugrunde liegende gesetzliche Regelung einer verpflichtenden Teilnahme am Ethikunterricht ohne grundsätzliche Abmeldemöglichkeit im Ergebnis einer verfassungsrechtlichen Prüfung am Maßstab dieser Grundrechte stand.
(a) Die Grundrechte aus Art. 4 Abs. 1 und 2 sowie Art. 6 Abs. 2 GG unterliegen keinem Gesetzesvorbehalt. Sie sind daher nur solchen Einschränkungen zugänglich, die sich aus der Verfassung selbst ergeben. Hierzu gehört der dem Staat in Art. 7 Abs. 1 GG erteilte Erziehungsauftrag (vgl. BVerfGE 34, 165 ≪181≫; 93, 1 ≪21≫). Infolge dessen erfahren die Religionsfreiheit und das elterliche Erziehungsrecht durch die zur Konkretisierung dieses staatlichen Auftrags erlassene allgemeine Schulpflicht in grundsätzlich zulässiger Weise eine Beschränkung (vgl. Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 21. April 1989 – 1 BvR 235/89 –, JURIS).
Der Staat darf unabhängig von den Eltern auch eigene Erziehungsziele verfolgen (BVerfGE 34, 165 ≪182≫; 47, 46 ≪71≫), muss dabei aber Neutralität und Toleranz gegenüber den erzieherischen Vorstellungen der Eltern aufbringen (vgl. Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 21. April 1989, a.a.O.). Er darf – als Heimstatt aller Staatsbürger (vgl. BVerfGE 108, 282 ≪299≫) – keine gezielte Beeinflussung im Dienste einer bestimmten politischen, ideologischen oder weltanschaulichen Richtung betreiben; und er darf sich nicht durch von ihm ausgehende oder ihm zuzurechnende Maßnahmen ausdrücklich oder konkludent mit einem bestimmten Glauben oder einer bestimmten Weltanschauung identifizieren und dadurch den religiösen Frieden in der Gesellschaft von sich aus gefährden (vgl. BVerfGE 93, 1 ≪16 f.≫; 108, 282 ≪300≫). Im Einzelfall sind Konflikte zwischen der Religionsfreiheit des Kindes sowie dem Erziehungsrecht der Eltern auf der einen Seite und dem Erziehungsauftrag des Staates auf der anderen Seite im Wege einer Abwägung nach den Grundsätzen der praktischen Konkordanz zu lösen (vgl. BVerfGE 93, 1 ≪21≫).
Der Landesgesetzgeber, dem die Einführung christlicher Bezüge nicht schlechthin verboten ist und der die kulturell vermittelten, historisch verwurzelten Wertüberzeugungen und Einstellungen sowie die prägende Kraft des christlichen Glaubens und der christlichen Kirchen bedenken darf (vgl. BVerfGE 93, 1 ≪22 f.≫), hat die in der öffentlichen Pflichtschule unvermeidlichen Spannungen, die bei der gemeinsamen Erziehung von Kindern unterschiedlicher Weltanschauungs- und Glaubensrichtungen entstehen können, unter Berücksichtigung des Toleranzgebots zu einem Ausgleich zu bringen (vgl. BVerfGE 93, 1 ≪23≫; 108, 282 ≪301≫). Ihm obliegt es, im öffentlichen Willensbildungsprozess einen im Blick auf die negative wie die positive Religionsfreiheit der Betroffenen zumutbaren Kompromiss zu suchen (vgl. BVerfGE 93, 1 ≪22≫). Die dabei gebotene religiös-weltanschauliche Neutralität ist indes nicht als eine distanzierende im Sinne einer strikten Trennung von Staat und Kirche, sondern als eine offene und übergreifende, die Glaubensfreiheit für alle Bekenntnisse gleichermaßen fördernde Haltung zu verstehen (vgl. BVerfGE 108, 282 ≪300≫). Schließlich ist es selbstverständlich, dass der staatliche Erziehungsauftrag auch das Ziel der Herausbildung verantwortlicher Staatsbürger voraussetzt, die gleichberechtigt und dem Ganzen gegenüber verantwortungsbewusst an den demokratischen Prozessen in einer pluralistischen Gesellschaft sollen teilhaben können und denen auch soziale Kompetenz im Umgang mit Andersdenkenden zukommt (vgl. BVerfGE 47, 46 ≪72≫; 93, 1 ≪20≫; BVerfGK 1, 141 ≪143≫).
(b) Mit diesen Maßstäben wäre ein einseitig an den Überzeugungen eines bestimmten Glaubens orientierter Pflichtunterricht ebenso wenig vereinbar wie eine Abschottung der Schüler von den in der Gesellschaft vertretenen moralisch-ethischen und auch religiösen Positionen. Die Offenheit für eine Vielfalt von Meinungen und Auffassungen ist konstitutive Voraussetzung einer öffentlichen Schule in einem freiheitlich-demokratisch ausgestalteten Gemeinwesen. Sucht der Landesgesetzgeber im Wege der praktischen Konkordanz einen schonenden Ausgleich zwischen den Rechten der Schüler und Eltern aus Art. 4 Abs. 1 und Art. 6 Abs. 2 GG sowie dem Erziehungsauftrag des Staates aus Art. 7 Abs. 1 GG (vgl. BVerfGE 93, 1 ≪21≫), so darf er dabei auch der Entstehung von religiös oder weltanschaulich motivierten “Parallelgesellschaften” entgegenwirken und sich um die Integration von Minderheiten bemühen. Integration setzt nicht nur voraus, dass die religiös oder weltanschaulich geprägte Mehrheit jeweils anders geprägte Minderheiten nicht ausgrenzt; sie verlangt auch, dass diese sich selbst nicht abgrenzt und sich einem Dialog mit Andersdenkenden und Andersgläubigen nicht verschließt. Dies im Sinne gelebter Toleranz einzuüben und zu praktizieren, kann für den Landesgesetzgeber eine wichtige Aufgabe der öffentlichen Schule sein. Die Fähigkeit aller Schüler zu Toleranz und Dialog ist eine Grundvoraussetzung für die spätere Teilnahme nicht nur am demokratischen Willensbildungsprozess, sondern auch für ein gedeihliches Zusammenleben in wechselseitigem Respekt auch vor den Glaubensüberzeugungen und Weltanschauungen (vgl. BVerfGK 1, 141 ≪143 f.≫). Den Ländern kommt eine weitgehende eigenständige Gestaltungsfreiheit bei der Festlegung der Schulorganisation, der Erziehungsprinzipien und der Unterrichtsgegenstände zu (vgl. Art. 70 ff., Art. 30 GG). Bei der verfassungsrechtlichen Beurteilung schulrechtlicher Regelungen der Bundesländer ist daher Zurückhaltung geboten (vgl. BVerfGE 53, 185 ≪196≫; 59, 360 ≪377≫; 75, 40 ≪67≫).
(c) Schüler und deren Eltern können danach keine Unterrichtsgestaltung beanspruchen, nach der die Kinder vollständig von der Befassung mit Glaubensrichtungen oder Ansichten verschont bleiben, die ihnen fremd sind. In einer Gesellschaft, die unterschiedlichen Glaubensüberzeugungen Raum gibt, gewährt Art. 4 Abs. 1 GG ein solches Recht nicht (vgl. BVerfGE 93, 1 ≪15 f.≫). So ist etwa nichts dagegen zu erinnern, wenn die Schule im Rahmen des Biologieunterrichts die Evolutionstheorie vermittelt und die Behandlung der Schöpfungsgeschichte auf den Religionsunterricht beschränkt oder im Rahmen des Sexualkundeunterrichts Kenntnisse über geschlechtlich übertragbare Krankheiten und über Methoden der Empfängnisverhütung vermittelt, obgleich Letzteres nach den Grundsätzen einzelner Religionsgemeinschaften eher als nicht oder wenig erwünscht erscheinen mag (vgl. Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 31. Mai 2006 – 2 BvR 1693/04 –, JURIS).
(2) Konzentriert der Berliner Landesgesetzgeber die Vermittlung grundlegender Werte des gesellschaftlichen Zusammenlebens und auch die Darstellung von Werten unterschiedlicher Religionen und Weltanschauungen – wie hier mit der Einführung des verbindlichen Ethikunterrichts – auf ein Fach, so verletzt er damit bei einer die staatliche Neutralität wahrenden Ausgestaltung des Unterrichts nicht die Grundrechte von Schülern und deren Eltern aus Art. 4 Abs. 1 und 2 sowie Art. 6 Abs. 2 GG. Ein nicht religiös oder weltanschaulich geprägter Ethikunterricht an öffentlichen Schulen begegnet demnach keinen verfassungsrechtlichen Bedenken (so schon zur Einführung eines Ethikunterrichts als Ersatzunterricht für die nicht am Religionsunterricht teilnehmenden Schüler im Freistaat Bayern: Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 15. September 1987 – 1 BvR 967/87, 1 BvR 1102/87 –; vgl. weiter im selben Sinne Badura, in: Maunz/Dürig, GG, Band II, Stand Juni 2006, Art. 7 Rn. 78 f.; Classen, Religionsrecht, 1. Aufl. 2006, Rn. 496; Gröschner, in: Dreier, GG, Band I, 2. Aufl. 2004, Art. 7 Rn. 89; Link, in: Listl/Pirson, Handbuch des Staatskirchenrechts der Bundesrepublik Deutschland, Band 2, 2. Aufl. 1995, § 54, S. 481 ff.; Mückl, VBlBW 1998, S. 86; Robbers, in: Fiat iustitia, 2006, S. 411 ≪415 f.≫; ders., in: von Mangoldt/Klein/Starck, GG, 5. Aufl. 2005, Art. 7 Rn. 137 ff.; von Campenhausen/de Wall, Staatskirchenrecht, 4. Aufl. 2006, S. 214 f.; skeptisch hingegen: Jeand'Heur/Korioth, Grundzüge des Staatskirchenrechts, 2000, Rn. 314 ff.). Auch die Erkenntnis, dass es unterschiedliche Deutungen des Ethikbegriffs geben mag, steht der gesetzlichen Einführung eines Ethikunterrichts als Pflichtfach von Verfassungs wegen nicht entgegen. Maßgebend ist lediglich, dass weltanschaulich-religiöse Zwänge soweit irgend möglich ausgeschaltet werden, Raum für eine sachliche Auseinandersetzung bleibt und das Toleranzgebot beachtet wird (vgl. Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 15. September 1987 – 1 BvR 967/87, 1 BvR 1102/87 –).
(3) Ein Ethikunterricht ohne Abmeldemöglichkeit für religiös gebundene Schüler verstößt im Blick auf die Art. 4 Abs. 1 und 2 sowie Art. 6 Abs. 2 GG auch nicht deshalb gegen das Gebot der Verhältnismäßigkeit, weil das bestehende Angebot eines Religionsunterrichts für religiös gebundene Schüler ein gleich geeignetes “milderes Mittel” zur Erreichung der Unterrichtsziele wäre (so aber Robbers, in: Fiat iustitia, 2006, S. 411 ≪420≫).
Dem Landesgesetzgeber ist es im Rahmen seines die Gesamtheit der staatlichen Befugnisse zur Organisation, Leitung und Planung des Schulwesens umfassenden Auftrags (Art. 7 Abs. 1 GG) grundsätzlich unbenommen, religiös gebundenen – auch unterschiedlichen Religionsgemeinschaften angehörenden – und religiös nicht gebundenen Schülern eine gemeinsame Wertebasis in einem gemeinsamen Unterricht zu vermitteln und dort auch die Lehren jeweils anderer Religionen und Philosophien darzustellen. Nach § 13 Abs. 3 Satz 1 SchulG übernehmen zwar die Religionsgemeinschaften die Verantwortung dafür, dass auch der Religionsunterricht gemäß den für den allgemeinen Unterricht geltenden Bestimmungen durchgeführt wird. Sie reichen bei der für das Schulwesen zuständigen Senatsverwaltung Rahmenlehrpläne ein, die erkennen lassen müssen, dass der Religionsunterricht den pädagogischen und fachlichen Maßstäben gerecht wird, die an den allgemeinen Unterricht gestellt werden (§ 13 Abs. 3 Satz 2 SchulG). Das ändert aber nichts daran, dass der Landesgesetzgeber im Rahmen des staatlichen Erziehungsauftrags zumal mit Rücksicht auf die spezifischen tatsächlichen Gegebenheiten und die religiöse Orientierung der Bevölkerung in seinem Lande die Einführung eines gemeinsamen Ethikunterrichts für alle Schüler ohne Abmeldemöglichkeit vorsehen darf, um so die damit verfolgten legitimen Ziele gesellschaftlicher Integration und Toleranz zu erreichen. Die negative Religionsfreiheit und das Erziehungsrecht der Eltern werden dadurch nicht verletzt. Dass auf diesem Wege – abhängig von den Rahmenumständen – die Unterrichtsziele nach Einschätzung des Gesetzgebers besser erreichbar erscheinen, liegt im Rahmen seines Gestaltungsauftrages und ist von Verfassungs wegen hinzunehmen.
Der Ethikunterricht in seiner konkreten Ausgestaltung zielt hier auf die Ausbildung einer dialogischen Gesprächskultur, in der Konsens angestrebt und Dissens akzeptiert und ausgehalten wird (vgl. Abschnitt 2.2 des Rahmenlehrplans für das Fach Ethik). Dabei erfahren die Gesichtspunkte des Perspektivenwechsels, der unterschiedlichen Erfahrungswelten und der Empathie besondere Betonung (vgl. Abschnitt 2.2 des Rahmenlehrplans). Angestrebt wird mithin, dass sich Schüler auch unterschiedlicher Religionszugehörigkeit und Weltanschauung untereinander über Wertfragen austauschen. Angesichts dieser Unterrichtsziele durfte der Berliner Landesgesetzgeber im Ergebnis davon ausgehen, bei einer Separierung der Schüler nach der jeweiligen Glaubensrichtung und einem getrennt erteilten Religionsunterricht sowie einer Aufspaltung der Unterrichtsgegenstände auf verschiedene andere Fächer oder der Möglichkeit der Abmeldung von einem Ethikunterricht könne den verfolgten Anliegen im Lande Berlin möglicherweise nicht in gleicher Weise Rechnung getragen werden wie durch einen gemeinsamen Pflicht-Ethikunterricht.
(4) Schließlich lässt sich nicht feststellen, dass die inhaltliche Ausgestaltung des verbindlichen Ethikunterrichts im Lande Berlin die Beschwerdeführer in ihren Grundrechten aus Art. 4 Abs. 1 und 2 sowie Art. 6 Abs. 2 GG verletzt.
Der Ethikunterricht im Lande Berlin bietet nach der sich aus dem Gesetz und dem Lehrplan ergebenden Konzeption keine Anhaltspunkte dafür, dass er nicht religiös und weltanschaulich neutral wäre. Im Schulgesetz ist ausdrücklich geregelt, das Fach Ethik werde weltanschaulich und religiös neutral unterrichtet (§ 12 Abs. 6 Satz 6 SchulG). Der Rahmenlehrplan für das Fach Ethik wiederholt diesen Anspruch. Eine festlegende oder indoktrinierende Darstellung einer einzelnen Position hat danach zu unterbleiben (vgl. Abschnitt 2.2 des Rahmenlehrplans). Vom Unterrichtenden wird zwar erwartet, dass er zu den angesprochenen Fragen und Wertkonflikten einen eigenen Standpunkt einnimmt und diesen glaubwürdig vertritt. Dabei ist es dem Rahmenplan zufolge aber selbstverständlich, dass die Schülerinnen und Schüler vom Unterrichtenden nicht unzulässig beeinflusst werden (vgl. Abschnitt 2.2 des Rahmenlehrplans). Betont wird weiter die Gebundenheit an moralische Basisnormen. Die Schüler sollen lernen zu erkennen, dass die Grundrechte, wie sie im Grundgesetz, in der Landesverfassung und in den §§ 1 bis 3 SchulG festgeschrieben sind, eine notwendige Grundlage des zivilen Zusammenlebens bilden (vgl. Abschnitt 2.2 des Rahmenlehrplans). Ausgangspunkt der Wissensvermittlung in ideengeschichtlicher Perspektive sind die die abendländische Kultur prägenden Ideen und Wertvorstellungen, insbesondere die der Aufklärung und des Humanismus. Es soll eine themen- und problemorientierte Begegnung und Auseinandersetzung mit den Ideen erfolgen, wie sie in Philosophie, Kultur, Religionen und Weltanschauungen zum Ausdruck kommen (vgl. Abschnitt 4 des Rahmenlehrplans). Die normative Ausgestaltung des Ethikunterrichts wahrt damit das Gebot staatlicher Neutralität und entspricht der gebotenen Offenheit für unterschiedliche religiöse und weltanschauliche Auffassungen. Dass die konkrete Umsetzung des Rahmenlehrplans an der von der Beschwerdeführerin zu 1. besuchten Schule den Regelungen des Gesetzes oder des Rahmenlehrplans nicht entspräche, ist nicht ersichtlich und wird von den Beschwerdeführern auch nicht hinreichend konkret dargelegt. Im Übrigen wäre es für die verfassungsrechtliche Beurteilung ohne Bedeutung, wenn möglicherweise bestimmte Gestaltungen der Schulpraxis mit den vorgenannten Grundsätzen nicht in jeder Hinsicht übereinstimmen würden (so schon 2. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts, Beschluss vom 15. September 1987 – 1 BvR 967/87, 1 BvR 1102/87 – zum Ethikunterricht im Freistaat Bayern). An der verfassungsrechtlichen Beurteilung der gesetzlichen Regelung und der darauf gestützten Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts würde das nichts ändern.
(5) Soweit sich die Beschwerdeführer auf die vom Bundesverfassungsgericht in seinem Vergleichsvorschlag zur gesetzlichen Regelung des Unterrichts im Fach “Lebensgestaltung-Ethik-Religionskunde” im Lande Brandenburg empfohlene Möglichkeit einer Befreiung von diesem Unterricht berufen, gehen sie daran vorbei, dass in jenem Verfahren durch die Umsetzung dieser Anregung die mit den Verfassungsbeschwerden geltend gemachte Beschwer entfallen und eine Sachentscheidung deshalb entbehrlich war (vgl. BVerfGE 106, 210 ≪214 f.≫).
cc) Nach allem war auch die Gewährung einer Befreiung nach § 46 Abs. 5 Satz 1 SchulG von Verfassungs wegen hier nicht geboten.
IV.
Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.
V.
Mit der Nichtannahme der Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung wird der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gegenstandslos (vgl. § 40 Abs. 3 GOBVerfG).
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
Unterschriften
Bryde, Eichberger, Schluckebier
Fundstellen
Haufe-Index 1726735 |
FamRZ 2008, 37 |
NVwZ 2008, 72 |
DÖV 2007, 653 |
FPR 2007, 500 |
LKV 2007, 363 |
NJ 2007, 309 |
DVBl. 2007, 693 |
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