Verfahrensgang
Tenor
1. Der Beschluss des Landgerichts Arnsberg vom 16. Juni 2010 – III StVK 608/08 – und der Beschluss des Oberlandesgerichts Hamm vom 9. Juni 2011 – III – 4 Ws 207/10 – verletzen den Beschwerdeführer in seinen Grundrechten aus Artikel 2 Absatz 2 Satz 2 in Verbindung mit Artikel 104 Absatz 1 und Artikel 2 Absatz 2 Satz 2 in Verbindung mit Artikel 20 Absatz 3 des Grundgesetzes. Die Beschlüsse werden aufgehoben. Die Sache wird an das Landgericht Arnsberg zurückverwiesen.
2. Das Land Nordrhein-Westfalen hat dem Beschwerdeführer seine notwendigen Auslagen zu erstatten. Damit erledigt sich der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe.
Tatbestand
Die Verfassungsbeschwerde richtet sich gegen die Bestimmung des Termins für die Entlassung aus der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung in einem sogenannten „Altfall” im Anwendungsbereich des § 67d Abs. 3 Satz 1 StGB.
I.
1. Der Beschwerdeführer wurde mit Urteil des Landgerichts Aachen vom 15. September 1994 wegen sexueller Nötigung in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch von Kindern und wegen Vergewaltigung in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch von Kindern in einem weiteren Fall zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt; zugleich ordnete das Landgericht seine Unterbringung in der Sicherungsverwahrung an.
Mit Berufungsurteil des Landgerichts Arnsberg vom 25. Januar 1996 wurde der Beschwerdeführer wegen falscher Verdächtigung in Tateinheit mit Verleumdung in zwei Fällen unter Auflösung der Gesamtfreiheitsstrafe aus dem Urteil des Landgerichts Aachen vom 15. September 1994 und unter Einbeziehung der in diesem Urteil verhängten Einzelstrafen und Aufrechterhaltung der Anordnung der Sicherungsverwahrung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und drei Monaten verurteilt.
2. Vor den seiner Unterbringung zugrunde liegenden Verurteilungen war der Beschwerdeführer bereits mehrfach einschlägig straffällig geworden: Mit Urteil vom 3. Mai 1977 hatte das Landgericht Mönchengladbach den damals 18-jährigen Beschwerdeführer wegen Mordes und Vergewaltigung in zwei Fällen – die Tatopfer waren 23 und 14 Jahre alt – zu einer Jugendstrafe von neun Jahren verurteilt.
Mit Urteil des Landgerichts Köln vom 12. Mai 1982 war der Beschwerdeführer wegen räuberischen Angriffs auf Kraftfahrer in Tateinheit mit Raub, versuchter Vergewaltigung, sexueller Nötigung und Nötigung zu einer Freiheitsstrafe von acht Jahren verurteilt worden. Die der Verurteilung zugrunde liegenden Taten hatte er im Rahmen eines ihm zur Vorbereitung der Bewährungsaussetzung der Jugendstrafe gewährten Hafturlaubs begangen. Nach vollständiger Verbüßung der gegen ihn verhängten Jugend- und Freiheitsstrafen wurde der Beschwerdeführer am 28. Oktober 1993 aus der Haft entlassen. Am 11. Januar 1994 beging er die erste der Straftaten, die zu seiner erneuten Verurteilung und Unterbringung in der Sicherungsverwahrung führten.
3. Die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung wird nach vollständiger Verbüßung der verhängten Freiheitsstrafen seit dem 21. April 1999 vollstreckt. Am 20. April 2009 befand sich der Beschwerdeführer seit zehn Jahren in der Sicherungsverwahrung. Zur Vorbereitung der Entscheidung nach § 67d Abs. 3 StGB holte die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Arnsberg zunächst ein Gutachten der Sachverständigen Dr. S. und sodann noch ein weiteres Gutachten des Sachverständigen Dr. P. ein. Beide Sachverständigen gelangten in ihren Gutachten übereinstimmend zu dem Ergebnis, dass beim Beschwerdeführer weiterhin ein sehr hohes Rückfallrisiko bestehe.
Die Sachverständige Dr. S. diagnostizierte in ihrem Gutachten vom 11. Mai 2009 eine dissozial narzisstische Persönlichkeitsstörung. Der Beschwerdeführer verfüge aufgrund seiner narzisstischen Struktur über ein makelloses Selbstbild, lasse keinerlei Empathie erkennen und sehe sich vielmehr selbst als Opfer an.
Auch der Sachverständige Dr. P. stellte in seinem Gutachten vom 27. März 2010 fest, dass der Beschwerdeführer eine dissoziale Persönlichkeitsstörung nach ICD-10 mit ausgeprägten narzisstischen Zügen aufweise. Sein Störungsbild sei besonders gekennzeichnet durch eine erhebliche Kränkbarkeit und mangelnde Frustrationstoleranz, ein kaum ausgeprägtes Unrechtsbewusstsein, einen erheblichen Mangel an Empathie und eine starke Neigung, andere zu beschuldigen oder vordergründige Rationalisierungen für das eigene Verhalten anzubieten. Anhand der „Psychopathy Checklist – Screeningversion” (PCL-SV) erreiche der Beschwerdeführer 19 von möglichen 24 Punkten, womit im Sinn der Hare-Klassifikation von einer Psychopathie gesprochen werden könne.
4. Mit dem angegriffenen Beschluss vom 16. Juni 2010 ordnete das Landgericht Arnsberg die Fortdauer der Sicherungsverwahrung an. Nach derzeitiger Rechtslage sei davon auszugehen, dass die Sicherungsverwahrung nicht auf zehn Jahre befristet sei. Die angeordnete Sicherungsverwahrung sei vorliegend auch nicht nach § 67d Abs. 3 Satz 1 StGB für erledigt zu erklären, da – wie in den eingeholten Gutachten übereinstimmend ausgeführt werde – weiterhin die Gefahr bestehe, dass der Beschwerdeführer infolge seines Hanges erhebliche Straftaten begehen werde, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt würden. Nach allen bisherigen Entlassungen und Lockerungen sei er innerhalb kurzer Zeit massiv rückfällig geworden. Auch die beim Beschwerdeführer durchgeführten Therapien hätten seine Verhaltensauffälligkeiten nicht positiv beeinflusst.
5. Gegen den Beschluss des Landgerichts vom 16. Juni 2010 legte der Beschwerdeführer sofortige Beschwerde ein. Mit Beschluss vom 10. August 2010 stellte das Oberlandesgericht Hamm die Entscheidung über die sofortige Beschwerde bis zur Entscheidung des Bundesgerichtshofs über den Vorlagebeschluss des Oberlandesgerichts Nürnberg vom 4. August 2010 zurück. Mit weiterem Beschluss vom 30. November 2010 ordnete das Oberlandesgericht Hamm im Hinblick auf den Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 9. November 2010 die Einholung eines Gutachtens zu der Frage an, ob eine hochgradige Gefahr schwerster Gewalt- und Sexualverbrechen aus konkreten Umständen in der Person oder dem Verhalten des Beschwerdeführers abzuleiten sei.
Der vom Oberlandesgericht beauftragte Sachverständige Prof. Dr. K. stellte in seinem Gutachten vom 7. März 2011 ausgeprägte dissoziale Verhaltenszüge in psychopathischer Ausprägung fest. Der Beschwerdeführer verfüge über eine hohe Durchsetzungsbereitschaft mit manipulativen Fähigkeiten. Im Zentrum stehe seine maximale Egozentrik, bei der die Belange anderer Menschen so gut wie keine Rolle spielten. In eindrucksvoller Weise bediene er sich einer steten und kompletten Schuldzuweisung an andere. Der Beschwerdeführer werde jedoch nicht durch eine psychische Störung zu immer neuen Straftaten gedrängt. Vielmehr gehe es ihm in seiner absolut egozentrischen Art ausschließlich um die Befriedigung durchaus normaler menschlicher Bedürfnisse und Wünsche, nämlich nach sexueller Befriedigung, nach Einfluss, Macht, Durchsetzungsvermögen sowie dem Gefühl eigener Stärke und Überlegenheit. Diese im Grundsatz normalen menschlichen Bedürfnisse habe der Beschwerdeführer in der Vergangenheit nicht in prosozialer, kooperativer und einvernehmlicher Form zu entwickeln versucht, sondern ohne jegliche Rücksichtnahme auf andere durchgesetzt. Dabei sei eine anhaltende und tendenziell eher zunehmende Weigerung festzustellen, wichtige soziale und ethische Normen für sich selbst zu akzeptieren, eigene Schwächen und Fehler zu erkennen und Verantwortung für seine Taten zu übernehmen. Ausdruck einer psychischen Krankheit oder psychischen Störung seien die genannten Verhaltenszüge hingegen nicht.
Angesichts der hohen Intensität der begangenen Straftaten, der emotionalen Unberührbarkeit, des völlig fehlenden Lernens aus eigenen Fehlern, der nachdrücklichen Abwehr jeglicher Versuche zur Persönlichkeitsnachreifung und Verhaltenskorrektur und der ausgesprochen raschen Rückfälligkeit trotz vorangegangener langer Haftzeit sei der Beschwerdeführer zweifelsfrei ein Hochrisikoproband, der in eine hohe Gefährlichkeitsstufe einzuordnen sei. Es bestehe ein deutlich erhöhtes, erhebliches Rückfallrisiko mit erneuten gravierenden Sexualstraftaten. Nicht auszuschließen – allerdings weniger wahrscheinlich – sei auch die Begehung eines erneuten Tötungsdeliktes.
6. Auf Antrag des Leiters der Justizvollzugsanstalt Werl vom 10. Januar 2011 wurde ein gerichtliches Verfahren zur Unterbringung des Beschwerdeführers nach dem Therapieunterbringungsgesetz (ThUG) eingeleitet. Im Rahmen dieses Verfahrens holte das Landgericht Arnsberg auf der Grundlage von § 9 ThUG zwei weitere Sachverständigengutachten ein, die wegen fehlender Begutachtungsbereitschaft des Beschwerdeführers allerdings nach Aktenlage erstellt werden mussten.
Der Sachverständige F. stellte in seinem Gutachten vom 11. April 2011 zusammenfassend fest, dass der Beschwerdeführer von allen bisherigen Gutachtern und allen ihn betreuenden Personen als eine ausgeprägte dissoziale Persönlichkeit geschildert werde. Alle Versuche, im Rahmen von psychotherapeutischen Maßnahmen eine strukturelle Umorientierung in Bezug auf die Betrachtung der eigenen Verhaltensweisen zu erzielen, seien weitgehend gescheitert, da der Beschwerdeführer nur eine geringe Fähigkeit zeige, aus Erfahrung zu lernen. Er zeige weiterhin ausgeprägte Symptome einer dissozialen Persönlichkeitsstörung nach ICD-10.
Der Sachverständige Dr. H. gelangte in seinem Gutachten vom 1. Juni 2011 hingegen zu dem Ergebnis, dass der Beschwerdeführer nicht an einer psychischen Störung im Sinne von § 1 Abs. 1 Nr. 1 ThUG leide. Alle Störungen – sowohl psychischer als auch körperlicher Art – hätten das Charakteristikum gemein, die Autonomie des Betroffenen zu schmälern und ihn im Hinblick auf seine gesamte Lebensgestaltung zu behindern. Dieser Verlust an Autonomie sei ein wesentliches Kriterium für eine krankhafte Störung. Bei den allermeisten Erkrankungen trete ein Leidensdruck hinzu, der in dem Betroffenen Bestrebungen wecke, eine Milderung herbeizuführen. Ein solcher Leidensdruck und die Einschränkung der psychosozialen Funktions- und Leistungsfähigkeit seien beim Beschwerdeführer jedoch nicht festzustellen. Wie es scheine, seien seine Taten nicht etwa Ausdruck innerseelischer psychischer Konflikte. Vielmehr sei er aufgrund seiner egozentrischen Haltung der Ansicht, sich auf die von ihm gewählte Art und Weise Befriedigung verschaffen zu dürfen. Dies aber sei kein Defizit im Bereich der sozialen Kompetenz. Zwar ließen sich beim Beschwerdeführer formal mehrere Merkmale einer dissozialen Persönlichkeitsstörung nach ICD-10 feststellen. Das Vollbild der dissozialen Persönlichkeitsstörung sei aber noch durch weitere Eigenschaften – ein völlig desorganisiertes Verhalten und eine Neigung zu biografischem Scheitern – gekennzeichnet, die beim Beschwerdeführer nicht vorlägen. Der Beschwerdeführer sei in anderen Bereichen der sozialen Interaktion gerade nicht gestört und leide auch nicht unter seinen Verhaltensweisen und seinen kognitiven Denkstilen. Damit entfalle ein wesentliches Merkmal einer tatsächlichen psychischen Störung. Die auch vom Sachverständigen Prof. Dr. K. festgestellte ausgeprägte psychopathische und dissoziale Persönlichkeitsstruktur imponiere eher im Sinne eines Lebens- und Denkstils, mit dem sich der Beschwerdeführer stets und auch aktuell noch positiv arrangiert habe. Psychisch gestört zu sein, heiße aber, dass ein Gestörter an sich selbst leide und an seinen mangelnden Lebenskompetenzen scheitere. Der Beschwerdeführer bleibe jedoch in allem, was er tue, souverän. Sein Ich und sein Selbst seien nie erschüttert, und er erweise sich – trotz der langen Hafterfahrung – als überaus robust gegenüber den ihn einengenden Bedingungen.
7. Mit Beschluss vom 9. Juni 2011 hob das Oberlandesgericht Hamm den angefochtenen Beschluss des Landgerichts auf und ordnete die Entlassung des Beschwerdeführers aus der Sicherungsverwahrung zum 19. Dezember 2011 an.
Zwar sei der Beschwerdeführer in allen über ihn eingeholten Gutachten, die das Gericht für überzeugend halte, als hochgradig rückfallgefährdet und gefährlich beschrieben worden.
Die vom Bundesverfassungsgericht im Urteil vom 4. Mai 2011 aufgestellten Voraussetzungen einer Aufrechterhaltung der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung über zehn Jahre hinaus könne das Gericht jedoch letztlich nicht feststellen. Der Beschwerdeführer leide nicht an einer psychischen Störung im Sinne von § 1 Abs. 1 Nr. 1 ThUG. Ausweislich der Begründung des Entwurfs eines Gesetzes zur Neuordnung des Rechts der Sicherungsverwahrung und zu begleitenden Regelungen (BTDrucks 17/3403, S. 53 f.) habe sich der Gesetzgeber mit dem Merkmal der psychischen Störung an die in der Psychiatrie genutzten Klassifikationssysteme ICD-10 und DSM-IV angelehnt, ohne jedoch soziale Abweichungen oder soziale Konflikte allein ohne persönliche Beeinträchtigungen mit erfassen zu wollen. Zudem dürfe bei der Auslegung des Tatbestandsmerkmals der psychischen Störung nicht außer Betracht bleiben, dass das Bundesverfassungsgericht dieses Merkmal selbstständig neben das Erfordernis einer hochgradigen Gefahr schwerster Gewalt- oder Sexualstraftaten gestellt habe. Das Vorliegen einer derartigen Gefahr könne daher für sich genommen nicht dazu führen, eine psychische Störung zu bejahen. Auf dieser Grundlage sei – wie sich aus den überzeugenden Gutachten der Sachverständigen Prof. Dr. K. und Dr. H. ergebe – beim Beschwerdeführer das Vorliegen einer psychischen Störung nicht festzustellen. Dabei werde nicht verkannt, dass dem Beschwerdeführer in früheren Gutachten eine dissoziale Persönlichkeitsstörung mit narzisstischen und psychopathischen Anteilen attestiert worden sei. Der Sachverständige Prof. Dr. K. habe in seinem nach Auffassung des Gerichts in jeder Hinsicht überzeugenden aktuellen Gutachten vom 7. März 2011 jedoch ausgeführt, dass die vom Beschwerdeführer ausgehende Gefährlichkeit gerade nicht aus einer psychischen Störung entstehe, die ihn immer wieder zu erheblichen Straftaten drängen würde. Nach Auffassung des Senats könne eine Freiheitsentziehung gemäß Art. 5 Abs. 1 lit. e) EMRK jedoch nur gerechtfertigt sein, wenn die psychische Störung das Gewicht einer schweren seelischen Abartigkeit im Sinne von § 20 StGB erreiche. Dies stehe nicht im Widerspruch zu den Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts vom 4. Mai 2011 und des Bundesgerichtshofs vom 23. Mai 2011 (5 StR 394/10). Soweit beide Gerichte ausgeführt hätten, die psychische Störung müsse nicht zur Einschränkung der Schuldfähigkeit gemäß §§ 20, 21 StGB geführt haben, beziehe sich dies nur auf den Zeitpunkt der Tat. Ausführungen dazu, welches Gewicht die aktuelle psychische Störung haben müsse, ließen sich beiden Entscheidungen nicht entnehmen.
Die somit anzuordnende Freilassung des Beschwerdeführers habe nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts bis spätestens zum 31. Dezember 2011 zu erfolgen. Um die Durchführung der erforderlichen Entlassungsvorbereitungen zu ermöglichen, werde die Freilassung auf den 19. Dezember 2011 bestimmt.
Entscheidungsgründe
II.
1. Mit seiner Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer unter anderem eine Verletzung seiner Rechte aus Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG und aus Art. 104 Abs. 1 GG. Die vom Oberlandesgericht angeordnete Fortdauer des Vollzugs der Sicherungsverwahrung bis zum 19. Dezember 2011 sei verfassungswidrig. Soweit das Oberlandesgericht unter Verweis auf die vom Bundesverfassungsgericht getroffene Übergangsregelung die befristete Fortdauer der Sicherungsverwahrung anordne, fehle hierfür eine Rechtsgrundlage, da das Oberlandesgericht entschieden habe, dass die Sicherungsverwahrung zu beenden sei. Eine Verhältnismäßigkeitsprüfung sei unterblieben, stattdessen werde der vom Verfassungsgericht gesetzte Höchstrahmen unter Verweis auf notwendige Entlassungsvorbereitungen fast vollständig ausgenutzt. Welche Entlassungsvorbereitungen notwendig seien und aus welchem Grund, bleibe unerörtert.
2. Der Kammer hat das Vollstreckungsheft vorgelegen. Das Land Nordrhein-Westfalen hatte Gelegenheit zur Stellungnahme.
III.
Die Kammer nimmt die zulässige Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung an, weil dies zur Durchsetzung der in § 90 Abs. 1 BVerfGG genannten Rechte des Beschwerdeführers angezeigt ist (vgl. § 93a Abs. 2 lit. b) BVerfGG), und gibt ihr statt. Hierzu ist sie nach § 93b in Verbindung mit § 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG berufen, da die maßgeblichen verfassungsrechtlichen Grundsätze in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts geklärt sind und die Verfassungsbeschwerde nach diesen Grundsätzen offensichtlich begründet ist.
1. Der angegriffene Beschluss des Landgerichts Arnsberg vom 16. Juni 2010 verletzt den Beschwerdeführer nach Maßgabe des Urteils des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 4. Mai 2011 (2 BvR 2365/09 u.a. – NJW 2011, S. 1931 ff.) in seinen Rechten aus Art. 2 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit Art. 104 Abs. 1 GG und Art. 2 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG.
Der Beschluss des Landgerichts über die Fortdauer der Sicherungsverwahrung des Beschwerdeführers, der die seiner Unterbringung zu Grunde liegenden Anlasstaten vor Inkrafttreten von Art. 1 des Gesetzes zur Bekämpfung von Sexualdelikten und anderen gefährlichen Straftaten vom 26. Januar 1998 (BGBl I S. 160) begangen hat, genügt nicht den Anforderungen, die sich aus Nummer III. 2. Buchstabe a) des Tenors der Senatsentscheidung vom 4. Mai 2011 (a.a.O., S. 1933) für eine Fortdaueranordnung auf der Grundlage der verfassungswidrigen, aber für vorläufig weiter anwendbar erklärten Vorschrift des § 67d Abs. 3 Satz 1 in Verbindung mit § 2 Abs. 6 StGB ergeben. Daran ändert der Umstand nichts, dass die Strafvollstreckungskammer im Zeitpunkt ihrer Entscheidung das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 4. Mai 2011 nicht berücksichtigen konnte, da diese Entscheidung noch nicht ergangen war. Für die Feststellung einer Grundrechtsverletzung kommt es allein auf die objektive Verfassungswidrigkeit der angefochtenen Urteile im Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts an; unerheblich ist hingegen, ob die Grundrechtsverletzung den Fachgerichten vorwerfbar ist (BVerfG, a.a.O., S. 1946 ≪Rn. 175≫; BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 8. Juni 2011 – 2 BvR 2846/09 –, juris).
2. Auch die Beschwerdeentscheidung des Oberlandesgerichts Hamm vom 9. Juni 2011 verletzt den Beschwerdeführer in seinen Rechten aus Art. 2 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit Art. 104 Abs. 1 GG und Art. 2 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG.
Nach Maßgabe von Nummer III. 2. Buchstabe a) des Tenors der Senatsentscheidung vom 4. Mai 2011 (NJW 2011, S. 1931 ≪1933≫) darf in den von § 67d Abs. 3 Satz 1 in Verbindung mit § 2 Abs. 6 StGB erfassten Fällen die zehn Jahre überschreitende Fortdauer der Unterbringung eines Sicherungsverwahrten, dessen Anlasstaten vor Inkrafttreten von Art. 1 des Gesetzes zur Bekämpfung von Sexualdelikten und anderen gefährlichen Straftaten vom 26. Januar 1998 (BGBl I S. 160) begangen wurden, nur noch dann angeordnet werden, wenn eine hochgradige Gefahr schwerster Gewalt- oder Sexualdelikte aus konkreten Umständen in der Person oder dem Verhalten des Untergebrachten abzuleiten ist und dieser an einer psychischen Störung im Sinne von § 1 Abs. 1 Nr. 1 ThUG leidet. Aufgrund von Nummer III. 2. Buchstabe b) des Tenors (BVerfG, a.a.O., S. 1933) sind die zuständigen Gerichte verpflichtet, unverzüglich zu überprüfen, ob diese Vorausetzungen bei den betroffenen Untergebrachten gegeben sind und – falls nicht – ihre Freilassung spätestens mit Wirkung zum 31. Dezember 2011 anzuordnen. Die dem absehbaren Prüfungsaufwand der Strafvollstreckungskammern geschuldete Fristsetzung zum 31. Dezember 2011 bedeutet indes nicht, dass der Entlassungstermin innerhalb des verbleibenden Zeitraums bis zum Ende des Jahres 2011 nach Ermessen zu bestimmen wäre.
Beruht die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung auf Vorschriften, die nicht nur wegen eines Verstoßes gegen das Abstandsgebot, sondern darüber hinaus auch wegen eines Verstoßes gegen das Vertrauensschutzgebot mit dem Grundgesetz unvereinbar sind – wie insbesondere in den sogenannten „Altfällen” im Anwendungsbereich des § 67d Abs. 3 Satz 1 in Verbindung mit § 2 Abs. 6 StGB –, überwiegen die öffentlichen Sicherheitsinteressen das grundrechtlich geschützte Vertrauen der Betroffenen nur noch unter den in Nummer III. 2. Buchstabe a) des Tenors der Entscheidung vom 4. Mai 2011 genannten strengen Voraussetzungen. Nur sofern und solange diese Voraussetzungen gegeben sind, genügt die Fortdauer der Sicherungsverwahrung noch dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (BVerfG, a.a.O., S. 1944 ≪Rn. 156≫). Halten daher die zuständigen Gerichte die Voraussetzungen im Zeitpunkt der Entscheidung nicht für gegeben, haben sie zwingend die unverzügliche Entlassung der Betroffenen anzuordnen.
Eine – wenn auch zeitlich befristete – Fortdauer der Unterbringung zum Zweck der Durchführung von Entlassungsvorbereitungen kommt insofern nicht in Betracht. Zwar ist es im Hinblick auf eine erfolgreiche soziale Wiedereingliederung grundsätzlich geboten, die von langjährigem Freiheitsentzug Betroffenen rechtzeitig vor dem Entlassungstermin auf die Entlassungssituation und das Leben in Freiheit vorzubereiten (vgl. BVerfGE 116, 69 ≪90≫ – zum Jugendstrafvollzug –, BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 11. Mai 1993, NJW 1994, S. 1273 ≪1274≫). Dieses aus dem verfassungsrechtlichen Resozialisierungsanspruch (vgl. BVerfGE 35, 202 ≪235 f.≫) abgeleitete Gebot reicht jedoch nur so weit, wie die befristete Fortdauer der Freiheitsentziehung zur Durchführung hinreichender Entlassungsvorbereitungen mit dem Freiheitsanspruch der Betroffenen in einen verhältnismäßigen Ausgleich zu bringen ist. Von vornherein ausgeschlossen ist ein solcher Ausgleich im Hinblick auf das erhebliche Gewicht des Grundrechtseingriffs in denjenigen Fällen, in denen die Freiheitsentziehung auf Vorschriften beruht, die (auch) gegen das Vertrauensschutzgebot verstoßen. Dem Resozialisierungsanspruch der Betroffenen ist in diesen Fällen, soweit im Einzelfall möglich und notwendig, durch eine dem Fehlen ausreichender Entlassungsvorbereitungen angepasste engmaschige Begleitung und geeignete Weisungen im Rahmen der kraft Gesetzes eintretenden Führungsaufsicht (§ 67d Abs. 3 Satz 2 i.V.m. § 68b StGB) Rechnung zu tragen.
Diesen Vorgaben wird der angegriffene Beschluss des Oberlandesgerichts Hamm vom 9. Juni 2011 nicht gerecht. Im Fall des Beschwerdeführers, der die seiner Unterbringung zu Grunde liegenden Anlasstaten vor Inkrafttreten von Art. 1 des Gesetzes zur Bekämpfung von Sexualdelikten und anderen gefährlichen Straftaten vom 26. Januar 1998 (BGBl I S. 160) begangen hat und sich seit dem 20. April 2009 mehr als zehn Jahre in der Sicherungsverwahrung befindet, ist – wie das Oberlandesgericht zutreffend festgestellt hat – § 67d Abs. 3 Satz 1 in Verbindung mit § 2 Abs. 6 StGB nach Maßgabe von Nummer III. 2. des Tenors der Senatsentscheidung vom 4. Mai 2011 anwendbar.
Nachdem das Gericht die Voraussetzungen einer Fortdauer der Unterbringung auf der Grundlage der Weitergeltungsanordnung verneint hat, hätte es die unverzügliche Entlassung des Beschwerdeführers anordnen müssen. Dass es den Entlassungstermin statt dessen, bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung, um sechs Monate und zehn Tage hinausgeschoben hat, um – ausweislich der Beschlussgründe – die Durchführung von Entlassungsvorbereitungen zu ermöglichen, verletzt den Beschwerdeführer in seinen Grundrechten aus Art. 2 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit Art. 104 Abs. 1 GG und Art. 2 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG.
3. Die Entscheidung über die Aufhebung und Zurückverweisung beruht auf § 95 Abs. 2 BVerfGG.
4. Das Landgericht hat nach den Maßgaben des Urteils des Bundesverfassungsgerichts vom 4. Mai 2011 (NJW 2011, S. 1931 ff.) unverzüglich erneut über die Frage zu entscheiden, ob im Fall des Beschwerdeführers die Voraussetzungen einer Fortdauer der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung gemäß Nummer III. 2. Buchstabe a) des Tenors des Urteils vom 4. Mai 2011 vorliegen.
In diesem Zusammenhang sieht sich das Bundesverfassungsgericht veranlasst, auf Folgendes hinzuweisen:
Das Oberlandesgericht Hamm verkennt in der angegriffenen Entscheidung Sinn und Tragweite des Urteils des Bundesverfassungsgerichts vom 4. Mai 2011.
a) Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Urteil vom 4. Mai 2011 ausgeführt, dass in den sogenannten „Altfällen”, in denen die Betroffenen wegen ihrer Anlasstaten bereits vor Inkrafttreten der jeweils einschlägigen Neuregelungen über die Sicherungsverwahrung verurteilt worden waren, eine Verlängerung der Sicherungsverwahrung über die frühere Zehnjahreshöchstfrist hinaus nur noch möglich ist, wenn die Voraussetzungen von Art. 5 Abs. 1 Satz 2 lit. e) EMRK erfüllt sind (BVerfG, a.a.O., S. 1941 ff. ≪Rn. 131 ff., insb. Rn. 156≫). Da die Bestimmung der Voraussetzungen einer psychischen Störung bzw. eines „unsound mind” im Sinne von Art. 5 Abs. 1 Satz 2 lit. e) EMRK in erster Linie dem Gesetzgeber obliegt, ist für die Dauer der Weitergeltung der Vorschriften über die Sicherungsverwahrung bis zu einer Neuregelung auf den Begriff der „psychischen Störung” aus § 1 Abs. 1 Nr. 1 ThUG als innerstaatlicher Entsprechung des konventionsrechtlichen Begriffs zurückzugreifen (BVerfG, a.a.O., S. 1946 ≪Rn. 173≫).
Wie den Gesetzgebungsmaterialien zu entnehmen ist, hat der Gesetzgeber mit dem Begriff der „psychischen Störung” ausdrücklich auf die vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte zu Art. 5 Abs. 1 Satz 2 lit. e) EMRK entwickelten Voraussetzungen für eine Freiheitsentziehung Bezug genommen. Er hat damit in Abweichung von der bisherigen Rechtslage, in der lediglich zwischen der Unterbringung gefährlicher Straftäter in einer Justizvollzugsanstalt zu Präventionszwecken auf der einen und der Unterbringung psychisch Kranker, die im Zustand der Schuldunfähigkeit oder der verminderten Schuldfähigkeit Straftaten begangen hatten (§§ 20, 21, 63 StGB), auf der anderen Seite unterschieden wurde, erstmals die besonderen Voraussetzungen des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 lit. e) EMRK konkretisiert und eine weitere Unterbringungsart für psychisch gestörte, für die Allgemeinheit gefährliche Personen geschaffen, bei der im Rahmen des Verfahrens eine psychische Störung festgestellt und die Unterbringung sodann nicht in einer Justizvollzugsanstalt, sondern in einer therapeutischen Anstalt vollzogen wird (BVerfG, a.a.O., S. 1946 ≪Rn. 173≫). Damit hat der Gesetzgeber gerade nicht an die vorhandenen gesetzlichen Regelungen, insbesondere die §§ 20, 21 StGB angeknüpft, sondern ersichtlich eine neue dritte und damit eigenständige Kategorie geschaffen, die das Verständnis der psychischen Störung nach der Europäischen Menschenrechtskonvention aufgreift und sich unterhalb der Schwelle von §§ 20, 21 StGB einordnet. Dementsprechend setzt der Begriff der psychischen Störung im Sinne von § 1 Abs. 1 Nr. 1 ThUG gerade nicht voraus, dass der Grad einer Einschränkung der Schuldfähigkeit nach §§ 20, 21 StGB erreicht wird. Vielmehr sind auch spezifische Störungen der Persönlichkeit, des Verhaltens, der Sexualpräferenz sowie der Impuls- und Triebkontrolle unter diesen Begriff zu fassen; gleiches gilt insbesondere auch für die dissoziale Persönlichkeitsstörung (BVerfG, a.a.O., S. 1943 ≪Rn. 152≫, S. 1946 ≪Rn. 173≫; vgl. dazu auch BGH, Beschluss des 5. Strafsenats vom 23. Mai 2011 – 5 StR 394/10 u.a. –, juris Rn. 7, sowie Beschluss vom 21. Juni 2011 – 5 StR 52/11 –, juris Rn. 24).
Dies entspricht dem Willen des Gesetzgebers, der ausdrücklich darauf hinweist, dass auch ein „weiterhin abnorm aggressives und ernsthaft unverantwortliches Verhalten eines verurteilten Straftäters” – und zwar unabhängig vom Vorliegen einer im klinischen Sinn behandelbaren psychischen Krankheit – nach Art. 5 Abs. 1 Satz 2 lit. e) EMRK eine Freiheitsentziehung rechtfertigen kann und in diesem Sinne auch der Begriff der psychischen Störung des § 1 Abs. 1 Nr. 1 ThUG zu verstehen sei (BTDrucks 17/3403, S. 53 f.).
Zwar führt die Gesetzesbegründung ferner aus, dass sich die Begriffswahl des § 1 Abs. 1 Nr. 1 ThUG „zugleich” an den in der Psychiatrie eingeführten Klassifikationssystemen ICD-10 und DSM-IV anlehne. Danach erfordere die Annahme einer der dort aufgeführten Diagnosen einen klinisch erkennbaren Komplex von Symptomen oder Verhaltensauffälligkeiten, die mit persönlichen Belastungen und Beeinträchtigungen der betroffenen Person verbunden sind; soziale Abweichungen oder Konflikte allein reichen hingegen nicht aus. Allerdings könnten sich spezifische Störungen der Persönlichkeit, des Verhaltens, der Sexualpräferenz, der Impuls- oder Triebkontrolle als psychische Störung darstellen. Dies gelte insbesondere für die dissoziale Persönlichkeitsstörung und verschiedene Störungen der Sexualpräferenz, etwa die Pädophilie oder den Sadomasochismus. Letztlich decke der Begriff der „psychischen Störung” ein breites Spektrum von Erscheinungsformen ab, von denen nur ein Teil in der psychiatrisch-forensischen Begutachtungspraxis als psychische Erkrankung gewertet werde (vgl. BTDrucks 17/3403, S. 54).
b) Ungeachtet der ergänzenden Bezugnahme des Gesetzgebers auf die psychiatrischen Klassifikationssysteme ICD-10 und DSM-IV handelt es sich danach bei dem Begriff der „psychischen Störung” in § 1 Abs. 1 Nr. 1 ThUG um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der mit den überkommenen Kategorisierungen der Psychiatrie nicht deckungsgleich ist. Ob seine Merkmale im Einzelfall erfüllt sind, haben die Gerichte eigenständig zu prüfen. Auch wenn die Frage nach dem Vorliegen einer psychischen Störung im Sinne von § 1 Abs. 1 Nr. 1 ThUG regelmäßig nur auf der Grundlage eines Sachverständigengutachtens zu beantworten sein wird, obliegt die rechtliche Beurteilung der von Sachverständigen ermittelten medizinischen oder psychologischen Tatsachen allein den Gerichten (vgl. BVerfGE 70, 297 ≪310≫; 109, 133 ≪164≫).
c) Das Landgericht wird zunächst darüber zu befinden haben, ob die bereits vorliegenden mehreren Gutachten für eine Entscheidung über das Vorliegen einer psychischen Störung im Sinne von § 1 Abs. 1 Nr. 1 ThUG genügen oder ob hierfür ein ergänzendes Gutachten erforderlich ist. Mit Blick auf die vorhandenen Gutachten wird das Landgericht zu prüfen haben, ob diese den vorstehend dargestellten, vom Gesetzgeber gewollten Begriff der psychischen Störung im Sinne von § 1 Abs. 1 Nr. 1 ThUG zugrunde gelegt haben. Für die vom Oberlandesgericht Hamm herangezogenen Gutachten spricht hiergegen allerdings, dass das Gutachten vom 7. März 2011 ausdrücklich eine „psychische Störung im Sinne der §§ 20, 21 StGB” prüft und das Gutachten vom 1. Juni 2011 maßgeblich auf das Fehlen eines subjektiven Leidensempfindens abstellt. Dass die Betroffenen keinen oder nur einen geringen Leidensdruck empfinden und sich subjektiv in ihrer Lebensführung nicht behindert fühlen, gehört jedoch zum Störungsbild einer dissozialen oder antisozialen Persönlichkeitsstörung (vgl. Butcher/Mineka/Hooley, Klinische Psychologie, 13. Aufl. 2009, S. 484) und schließt daher für sich genommen das Vorliegen einer „psychischen Störung” im Sinne von § 1 Abs. 1 Nr. 1 ThUG nicht aus. Entscheidend ist in den Fällen einer dissozialen oder antisozialen Persönlichkeitsstörung vielmehr der Grad der objektiven Beeinträchtigung der Lebensführung in sozialer und ethischer Hinsicht. Dieser Grad ist anhand des gesamten – auch des strafrechtlich relevanten – Verhaltens der Betroffenen zu bestimmen.
5. Die Anordnung der Auslagenerstattung folgt aus § 34a Abs. 2 BVerfGG. Damit erledigt sich der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
Unterschriften
Lübbe-Wolff, Landau, Huber
Fundstellen