Verfahrensgang
OLG Hamm (Beschluss vom 25.06.2010; Aktenzeichen II-12 WF 102/10) |
AG Borken (Beschluss vom 25.03.2010; Aktenzeichen 34 F 29/10) |
Tenor
1. Der Beschluss des Oberlandesgerichts Hamm vom 25. Juni 2010 – II-12 WF 102/10 – verletzt die Beschwerdeführerin in ihrem Grundrecht aus Artikel 3 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 20 Absatz 3 des Grundgesetzes. Der Beschluss wird aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Entscheidung an das Oberlandesgericht Hamm zurückverwiesen.
Soweit die Verfassungsbeschwerde sich gegen den Beschluss des Amtsgerichts Borken vom 25. März 2010 – 34 F 29/10 – richtet, wird sie nicht zur Entscheidung angenommen.
2. Das Land Nordrhein-Westfalen hat der führerin ihre notwendigen Auslagen für das Verfassungsbeschwerdeverfahren zu erstatten. Damit erledigt sich der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung eines Rechtsanwalts.
3. Der Wert des Gegenstandes der anwaltlichen Tätigkeit für das Verfassungsbeschwerdeverfahren wird auf 8.000 eur (in Worten: achttausend Euro) festgesetzt.
Tatbestand
A.
Die Beschwerdeführerin wendet sich gegen die Versagung von Verfahrenskostenhilfe in einem abstammungsrechtlichen Verfahren.
I.
Die 1950 nichtehelich geborene Beschwerdeführerin geht davon aus, die biologische Tochter des Antragsgegners des Ausgangsverfahrens zu sein, den ihre Mutter ihr gegenüber als Vater benannt und der ihre Geburt gegenüber dem Standesamt angezeigt hatte. Ein erstes Verfahren zur Feststellung der Vaterschaft des Antragsgegners des Ausgangsverfahrens blieb 1955 erfolglos, nachdem einanthropologisch-erbbiologisches Gutachten die Vaterschaft anhand äußerer Merkmale der Beschwerdeführerin und deren Vererbungswahrscheinlichkeit verneint hatte.
Der Verfassungsbeschwerde liegt ein Antrag der Beschwerdeführerin zugrunde, die Einwilligung des Antragsgegners des Ausgangsverfahrens in eine genetische Abstammungsuntersuchung zu ersetzen und ihn zur Duldung der Probenentnahme zu verpflichten. Dabei stützte sie sich ausdrücklich nicht auf § 185 FamFG, der die Wiederaufnahme rechtskräftig abgeschlossener Abstammungsverfahren regelt und dessen Voraussetzungen unstreitig nicht erfüllt sind. Sie begehrte vielmehr die Anwendung von § 1598a BGB, der die rechtsfolgenlose Klärung der biologischen Abstammungsverhältnisse ermöglicht. Diese Vorschrift gewähre zwar ihrem Wortlaut nach Kindern keinen Klärungsanspruch gegen ihre mutmaßlichen biologischen, aber nicht rechtlichen Väter. Jedoch gewähre das allgemeine Persönlichkeitsrecht nach Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG ebenso wie Art. 8 EMRK das Recht, die eigene biologische Abstammung zu erfahren. Dieses Grundrecht werde durch die in § 1598a BGB enthaltene Begrenzung des Klärungsanspruchs auf die Mitglieder der rechtlichen Familie eingeschränkt. Eine solche Beschränkung sei nur zu rechtfertigen, soweit sie in verhältnismäßiger Weise der Wahrung des Familienfriedens der sozialen rechtlichen Familie diene. Gingen dagegen von einer Abstammungsuntersuchung, wie in ihrem Fall, keine Gefahren für eine schützenswerte familiäre Beziehung aus, sei es verfassungswidrig, mutmaßliche Kinder vom Recht auf eine Abstammungsuntersuchung auszuschließen. Daher müsse sie im Wege der verfassungs- und EMRK-konformen Auslegung des § 1598a BGB, die hier möglich sei, in den Kreis der Klärungsberechtigten einbezogen werden. Sollte das Gericht eine verfassungskonforme Auslegung nicht für möglich halten, möge es die Frage dem Bundesverfassungsgericht vorlegen.
Mit einem weiteren Schriftsatz beantragte die Beschwerdeführerin die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe.
Mit Beschluss vom 25. März 2010 wies das Amtsgericht Borken den Antrag auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe mangels hinreichender Erfolgsaussicht in der Hauptsache zurück. Nach dem klaren Wortlaut gewähre § 1598a BGB keinen Klärungsanspruch des Kindes gegen den vermeintlichen biologischen Vater. Eine verfassungskonforme Auslegung zugunsten der Beschwerdeführerin sei im vorliegenden Fall nicht geboten, weil die Frage ihrer Abstammung vom Antragsgegner des Ausgangsverfahrens bereits 1955 gerichtlich geprüft und rechtskräftig negativ beschieden worden sei.
In ihrer sofortigen Beschwerde rügte die Beschwerdeführerin, das Amtsgericht habe die Erfolgsaussichten zu Unrecht verneint. Das 1955 durchgeführte Vaterschaftsfeststellungsverfahren stehe dem aktuellen Antrag unter anderem deshalb nicht entgegen, weil sie gar keine Durchbrechung der Rechtskraft des alten Urteils zur rechtlichen Vaterschaft begehre, sondern eine Abstammungsklärung nach § 1598a BGB ohne statusrechtliche Konsequenzen anstrebe. Bei Erlass des § 1598a BGB habe der Gesetzgeber sich zwar ausdrücklich gegen einen rechtsfolgenlosen Klärungsanspruch des mutmaßlichen biologischen, aber nicht rechtlichen Vaters ausgesprochen, weil diesem nur dann das Recht eingeräumt werden sollte, die Abstammung eines Kindes von seinem rechtlichen Vater in Zweifel zu ziehen, wenn er gleichzeitig bereit sei, in die Stellung des rechtlichen Vaters einzurücken. Die Situation möglicher biologischer, aber nicht rechtlicher Kinder sei hingegen im Gesetzgebungsverfahren nicht thematisiert worden. Auch die Verweisung auf die damalige Abstammungsuntersuchung gehe fehl. Denn das 1955 eingeholte anthropologisch-erbbiologische Gutachten sei nicht nur nach heutigen wissenschaftlichen Maßstäben überholt, der damalige Gutachter müsse außerdem entweder bereits im Nationalsozialismus als Erbbiologe tätig oder bei Erstellung des Gutachtens noch ein junger und unerfahrener Arzt gewesen sein.
Das Oberlandesgericht Hamm wies die sofortige Beschwerde mit Beschluss vom 25. Juni 2010 mangels Erfolgsaussicht in der Hauptsache zurück. Es könne offen bleiben, ob das Urteil aus dem Jahr 1955 dem Anspruch entgegenstehe; dagegen könne immerhin sprechen, dass es bei dem jetzigen Begehren der Beschwerdeführerin nicht um die rechtliche Vaterschaft gehe, sondern allein um ihre biologische Abstammung. Jedenfalls aber lasse sich der Anspruch aus § 1598a BGB nicht herleiten. Insoweit könne auch eine – gegebenenfalls verfassungskonforme – Auslegung der Beschwerdeführerin nicht helfen. Selbst wenn es verfassungswidrig sei, der Beschwerdeführerin den geltend gemachten Anspruch zu versagen, liege kein Fall vor, in dem das Verfahren nach Art. 100 GG auszusetzen sei. Denn unterlassene Gesetzgebungsakte – hier: das Schaffen einer Rechtsgrundlage für das Begehren der Beschwerdeführerin – könnten nicht vorgelegt werden. Ein Verstoß gegen Art. 3 GG, der einer Richtervorlage zugänglich sei, liege hier nicht vor, es gehe allein um die Frage, ob das allgemeine Persönlichkeitsrecht aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG gebiete, der Beschwerdeführerin die Klärung ihrer Abstammung zu ermöglichen.
II.
1. Mit ihrer Verfassungsbeschwerde rügt die Beschwerdeführerin eine Verletzung ihres Anspruchs auf Rechtsschutzgleichheit aus Art. 3 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG und eine Verletzung ihres Rechts auf Kenntnis der eigenen Abstammung aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG sowie aus Art. 8 EMRK in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG.
Sie sei in ihrem Anspruch auf Rechtsschutzgleichheit verletzt, weil die Gerichte die Anforderungen an die Erfolgsaussicht ihres Antrags überspannt hätten. Das Verfahren werfe die schwierige, bislang ungeklärte Rechtsfrage auf, ob eine verfassungs- und EMRK-konforme Auslegung des § 1598a BGB möglich und geboten sei. Der Wortlaut des § 1598a BGB sei weniger eindeutig als in den angegriffenen Entscheidungen angenommen. In diesen Fällen sei nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts Verfahrenskostenhilfe zu gewähren.
Die Gerichte hätten ihr Recht auf Kenntnis der eigenen Abstammung, das als Bestandteil des allgemeinen Persönlichkeitsrechts nach Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG wie auch durch das Recht auf Achtung des Privatlebens nach Art. 8 EMRK geschützt werde, bei der Auslegung und Anwendung des § 1598a BGB nicht ausreichend berücksichtigt.
2. Das Land Nordrhein-Westfalen hat sich nicht zur Verfassungsbeschwerde geäußert. Der Antragsgegner des Ausgangsverfahrens hält die angegriffenen Entscheidungen für richtig.
3. Die Akten des Ausgangsverfahrens lagen dem Bundesverfassungsgericht vor.
Entscheidungsgründe
B.
1. Die Kammer nimmt die Verfassungsbeschwerde gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts zur Entscheidung an und gibt ihr statt, weil dies zur Durchsetzung der Rechte der Beschwerdeführerin aus Art. 3 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG angezeigt ist (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG).
Die Voraussetzungen für eine Stattgabe durch die Kammer (§ 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG) sind erfüllt, weil die maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen durch das Bundesverfassungsgericht bereits entschieden sind und die Verfassungsbeschwerde zulässig und offensichtlich begründet ist.
Der Beschluss des Oberlandesgerichts verkennt hinsichtlich der Voraussetzungen für die Gewährung von Verfahrenskostenhilfe den Gehalt des Rechts auf Rechtsschutzgleichheit und verletzt die Beschwerdeführerin dadurch in ihrem Grundrecht aus Art. 3 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG.
a) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts gebietet Art. 3 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG eine weitgehende Angleichung der Situation von Bemittelten und Unbemittelten bei der Verwirklichung des Rechtsschutzes (vgl. BVerfGE 9, 124 ≪131≫; stRspr). Zwar ist es verfassungs-rechtlich unbedenklich, die Gewährung von Prozesskostenhilfe davon abhängig zu machen, dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg hat und nicht mutwillig erscheint. Die Prüfung der Erfolgsaussichten soll jedoch nicht dazu dienen, die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung selbst in das summarische Verfahren der Prozesskostenhilfe zu verlagern und dieses an die Stelle des Hauptsacheverfahrens treten zu lassen. Das Prozesskostenhilfeverfahren will den Rechtsschutz, den der Rechtsstaatsgrundsatz erfordert, nicht selbst bieten, sondern zugänglich machen (vgl. BVerfGE 81, 347 ≪357≫).
Auslegung und Anwendung der §§ 114 f. ZPO obliegen dabei in erster Linie den zuständigen Fachgerichten. Verfassungsrecht wird jedoch dann verletzt, wenn die angegriffene Entscheidung Fehler erkennen lässt, die auf einer grundsätzlich unrichtigen Anschauung von der Bedeutung der in Art. 3 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG verbürgten Rechtsschutzgleichheit beruhen. Die Fachgerichte überschreiten den Entscheidungsspielraum, der ihnen bei der Auslegung des gesetzlichen Tatbestandsmerkmals der hinreichenden Erfolgsaussicht verfassungsrechtlich zukommt, wenn sie einen Auslegungsmaßstab verwenden, durch den einer unbemittelten Partei im Vergleich zur bemittelten die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung unverhältnismäßig erschwert wird.
Hiernach dürfen schwierige, bislang ungeklärte Rechts- und Tatfragen nicht im Prozesskostenhilfeverfahren entschieden werden, sondern müssen auch von Unbemittelten einer prozessualen Klärung zugeführt werden können (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 14. Juli 1993 – 1 BvR 1523/92 –, NJW 1994, S. 241 ≪242≫). Zwar muss Prozesskostenhilfe nicht immer schon dann gewährt werden, wenn die entscheidungserhebliche Rechtsfrage noch nicht höchstrichterlich geklärt ist. Die Ablehnung der Gewährung kann ungeachtet des Fehlens einschlägiger höchstrichterlicher Rechtsprechung gerechtfertigt sein, wenn die Rechtsfrage angesichts der gesetzlichen Regelung oder im Hinblick auf Auslegungshilfen, die von bereits vorliegender Rechtsprechung bereitgestellt werden, ohne Schwierigkeiten beantwortet werden kann (vgl. BVerfGE 81, 347 ≪359≫). Ist dies nicht der Fall und steht eine höchstrichterliche Klärung noch aus, ist es mit dem Gebot der Rechtsschutzgleichheit hingegen nicht zu vereinbaren, der unbemittelten Partei wegen fehlender Erfolgsaussichten ihres Begehrens Prozesskostenhilfe vorzuenthalten (vgl. BVerfGE 81, 347 ≪359≫). Ansonsten würde der unbemittelten Partei im Gegensatz zu der bemittelten die Möglichkeit genommen, ihren Rechtsstandpunkt im Hauptsacheverfahren darzustellen und von dort aus in die höhere Instanz zu bringen (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 10. August 2001 – 2 BvR 569/01 –, DVBl 2001, S. 1748 ≪1750≫; BVerfGK 8, 213 ≪217≫; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 19. Februar 2008 – 1 BvR 1807/07 –, NJW 2008, S. 1060 ≪1061≫).
Die Erfolgsaussichten werden im Fall einer ungeklärten Rechtslage auch dann in verfassungswidriger Weise verneint, wenn das Fachgericht im Prozesskostenhilfeverfahren der Frage der Verfassungsmäßigkeit einer entscheidungserheblichen Norm nur deshalb keine Bedeutung für die Erfolgsaussicht im Hauptsacheverfahren beimisst, weil es irrtümlich davon ausgeht, die verfassungsrechtliche Frage könne im Hauptsacheverfahren einer Klärung im Wege des Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG durch das Bundesverfassungsgericht nicht zugeführt werden. Spricht das Fachgericht der für die Erfolgsaussicht des Begehrens erheblichen Frage der Verfassungsmäßigkeit einer Norm die fachgerichtliche Entscheidungsrelevanz in der unzutreffenden Annahme ab, die Verfassungswidrigkeit sei aus verfassungsprozessrechtlichen Gründen ohnehin nicht feststellbar, trifft es die fachrechtlich gebotene, überschlägige Beurteilung der Erfolgsaussicht auf fehlerhafter Grundlage. Damit wird der unbemittelten Partei im Gegensatz zu der bemittelten die Möglichkeit genommen, ihren Rechtsstandpunkt im Hauptsacheverfahren darzustellen und darauf hinzuwirken, dass er von dort gegebenenfalls im Wege des Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG vor das Bundesverfassungsgericht gebracht wird.
b) Danach hätte das Oberlandesgericht der Beschwerdeführerin die Verfahrenskostenhilfe nicht mit der gewählten Begründung verweigern dürfen.
Das Oberlandesgericht nimmt aufgrund unzutreffender Erwägungen an, die von der Beschwerdeführerin aufgeworfenen verfassungsrechtlichen Fragen könnten mangels prozessualer Klärungsmöglichkeit schon deshalb nicht im Sinne der Beschwerdeführerin entschieden werden, weil eine Vorlage an das Bundesverfassungsgericht nach Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG nicht möglich sei. Zwar geht das Oberlandesgericht zu Recht davon aus, dass schlichtes gesetzgeberisches Unterlassen nicht Gegenstand einer Vorlage sein kann (vgl. E. Klein, in: Benda/Klein, Verfassungsprozessrecht, 3. Aufl. 2012, § 24 Rn. 790; Dollinger, in: Umbach/Clemens/Dollinger, BVerfGG, 2. Aufl. 2005, § 80 Rn. 45). Dagegen ist eine Vorlage aber möglich, wenn der Gesetzgeber auf einem Rechtsgebiet bereits tätig geworden ist und ein Gericht die geschaffenen Vorschriften angesichts einer grundrechtlichen Schutzpflicht für unzureichend hält (vgl. Dollinger, in: Umbach/Clemens/Dollinger, BVerfGG, 2. Aufl. 2005, § 80 Rn. 46 f.; Ulsamer, in: Maunz/Schmidt-Bleibtreu/Klein/Bethge, BVerfGG, § 80 Rn. 140 ff. ≪Februar 2012≫). Entsprechend hält das Bundesverfassungsgericht Vorlagen auch dann für zulässig, wenn das vorlegende Gericht die unterlassene Einbeziehung weiterer Tatbestände in eine begünstigende Regelung als Verletzung staatlicher Schutzpflichten betrachtet (vgl. nur BVerfGE 112, 74; 117, 316; 127, 263).
c) Die Entscheidung des Oberlandesgerichts beruht auf dem Verstoß. Es ist nicht ausgeschlossen, dass das Gericht bei Beachtung der sich aus Art. 3 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG ergebenen Anforderungen zu einem anderen Ergebnis gekommen wäre.
2. Soweit die Beschwerdeführerin außerdem eine Verletzung ihres durch das Grundgesetz und die Europäische Konvention für Menschenrechte garantierten Rechts auf Kenntnis der eigenen Abstammung rügt, ist die Verfassungsbeschwerde unzulässig, weil die Beschwerdeführerin nicht darlegt, inwiefern sie durch die Versagung der Verfahrenskostenhilfe ausnahmsweise in diesem Recht verletzt sein könnte. Insoweit wird sie auf das vorrangige fachgerichtliche Hauptsacheverfahren verwiesen, mit dem sie ihren Anspruch auf rechtsfolgenlose Klärung ihrer Abstammung verfolgt und das, soweit aus den Akten ersichtlich, noch nicht abgeschlossen ist.
3. Die Verfassungsbeschwerde gegen den Beschluss des Amtsgerichts Borken vom 25. März 2010 wird nicht zur Entscheidung angenommen. Durch die Aufhebung der Entscheidung des Oberlandesgerichts ist der fachgerichtliche Rechtsweg wieder eröffnet. Von einer weiteren Begründung wird insoweit gemäß § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.
4. Die Entscheidung über die Auslagenerstattung folgt aus § 34a Abs. 2 BVerfGG. Der erfolglose Teil der Verfassungsbeschwerde ist von untergeordneter Bedeutung, so dass trotz teilweisen Unterliegens der Beschwerdeführerin die vollständige Erstattung ihrer Auslagen anzuordnen ist.
Die Entscheidung über den Gegenstandswert beruht auf § 37 Abs. 2 in Verbindung mit § 14 Abs. 1 Satz 1 RVG.
5. Der Antrag der Beschwerdeführerin auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und auf Beiordnung eines Rechtsanwalts für das Verfassungsbeschwerdeverfahren erledigt sich dadurch, dass das Land Nordrhein-Westfalen zur Kostenerstattung verpflichtet wird (vgl. zur Prozesskostenhilfe BVerfGE 105, 239 ≪240≫).
Unterschriften
Kirchhof, Eichberger, Britz
Fundstellen
Haufe-Index 3626956 |
NJW 2013, 1148 |
FamRZ 2013, 605 |
FuR 2013, 325 |
FamFR 2013, 182 |