Verfahrensgang
Tenor
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.
Damit erledigt sich zugleich der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung.
Tatbestand
I.
Die Beschwerdeführer wenden sich gegen die vorgesehene Besetzung von 25 freiberuflichen Notarstellen in Baden.
1. Das Justizministerium Baden-Württemberg schrieb, unter erstmaliger Gebrauchmachung seiner ihm durch das Vierte Gesetz zur Änderung der Bundesnotarordnung vom 22. Juli 2005 (BGBl I S. 2188) in § 115 Abs. 1 BNotO eingeräumten Befugnis, im badischen Rechtsgebiet Notare zur hauptberuflichen Amtsausübung zu bestellen, 25 Notarstellen aus. Mit Bescheiden vom 1. Juli 2006 teilte das Ministerium den Bewerbern das Ergebnis seiner Auswahlentscheidungen mit.
2. Die Beschwerdeführer sind als so genannte Richternotare im Dienst des Landes Baden-Württemberg tätig und werden nach R 1 beziehungsweise R 2 besoldet. Zwei von ihnen haben sich auf ausgeschriebene Stellen beworben. Ihnen wurde mitgeteilt, dass sie zwar nicht an den von ihnen präferierten Orten, jedoch an anderen Amtssitzen eingesetzt werden sollen. Mit Beschlüssen vom 3. September 2007 (1 BvR 2177/07 und 1 BvR 2203/07) untersagte die 3. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts, die ausgeschriebenen Stellen in Baden-Baden und Bruchsal, auf welche sich jeweils ein Beschwerdeführer des vorliegenden Verfahrens bewarb, bis zur Entscheidung über die Verfassungsbeschwerde, längstens für die Dauer von sechs Monaten, zu besetzen.
3. Einen Antrag der Beschwerdeführer, die ausgeschriebenen Stellen generell nicht zu besetzen und die Stellenausschreibung abzubrechen, wies das Oberlandesgericht Stuttgart mit Beschluss vom 16. Februar 2007 als unbegründet zurück. Rechtsgrundlage für die Ausschreibung sei § 115 Abs. 1 BNotO in Verbindung mit den allgemeinen Regelungen der §§ 3, 4, 6, 6b BNotO. Dem Bund stehe für die erfolgte Änderung die Gesetzgebungskompetenz zu, so dass die Vorschrift des § 115 Abs. 1 BNotO nicht gegen Art. 74 Abs. 1 Nr. 1, Art 72 Abs. 2 GG verstoße. Aufgrund der den Schutz der Landesinteressen bezweckenden Regelung des Art. 138 GG können bei vorliegend gegebenem übereinstimmenden Willen des Bundes und des allein betroffenen Landes Baden-Württemberg aus Art. 72 Abs. 2 GG keine weiteren Einschränkungen entnommen werden. Der erforderliche Schutz des Landes erfolge abschließend durch Art. 138 GG. Die beabsichtigte Bestellung freier Notare verletze die Beschwerdeführer nicht in ihren Rechten aus Art. 12 Abs. 1 GG. Das hiernach zu gewährende Mindestmaß an wirtschaftlicher Unabhängigkeit sei durch die garantierte Grundbesoldung nach R 1 beziehungsweise R 2 gewährleistet. Hinsichtlich der nach § 4 BNotO anzustellenden Bedürfnisprüfung seien keine Ermessensfehler erkennbar. Die hiergegen eingelegten sofortigen Beschwerden wies der Bundesgerichtshof mit Beschluss vom 23. Juli 2007 als unzulässig zurück. Die beanstandete Fortsetzung des Besetzungsverfahrens auf der Grundlage der eingeleiteten Stellenausschreibung könne die Beschwerdeführer nicht in eigenen subjektiven Rechten verletzen. Eine solche Rechtsverletzung folge weder aus Art. 33 Abs. 5 GG noch aus Art. 12 Abs. 1 GG.
Entscheidungsgründe
II.
Die Beschwerdeführer rügen eine Verletzung ihrer Rechte aus Art. 12 Abs. 1 GG und Art. 33 Abs. 5 GG. Überdies beantragen die Beschwerdeführer im Wege der einstweiligen Anordnung die Untersagung der Stellenbesetzung bis zur Entscheidung über die gleichzeitig eingelegte Verfassungsbeschwerde.
Da die zu bestellenden freien Notare lediglich Beurkundungstätigkeiten wahrnehmen könnten, werde dieser Tätigkeitsbereich bei den Richternotaren im Umfang abnehmen und die Tätigkeiten auf dem Gebiet der freiwilligen Gerichtsbarkeit – Grundbuch- und Nachlasssachen – zunehmen. Dies stelle dann jedoch eine unterwertige Beschäftigung dar. Durch eine infolge des zu erwartenden Rückgangs der Beurkundungstätigkeit eintretende Reduzierung oder einen Wegfall der Gebührenanteile seien sie in ihrem grundrechtsgleichen Recht aus Art. 33 Abs. 5 GG verletzt. Die auch im Zuge der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs aufgeworfene und durch das Ministerium behandelte Frage der grundsätzlichen Neuordnung des Notariats würde unterlaufen, wenn voreilig 25 Stellen besetzt würden. Hiermit verstoße der Dienstherr auch gegen seine Fürsorgepflicht. Durch eine Verschiebung des Berufsbildes sei ihre Berufswahlfreiheit betroffen. Die anzustellende Bedürfnisprüfung fehle. Die als Rechtsgrundlage dienende Vorschrift des § 115 Abs. 1 BNotO sei verfassungswidrig. Da es sich um eine tatbestandslose Ermessensnorm handele, genüge sie nicht dem Gesetzesvorbehalt. Schließlich liege ein Kompetenzverstoß vor. Die Einführung eines freien Notariats werde nicht angegriffen, jedoch sei eine Mischform aus freien Notaren und solchen im Landesdienst nur für eine Übergangszeit, nicht jedoch als Dauerlösung zulässig. Da der Landesgesetzgeber den Verzicht auf Notare im Landesdienst noch nicht erklärt habe und die diesbezüglichen Zuständigkeiten im Gesetz über die Freiwillige Gerichtsbarkeit des Landes Baden-Württemberg (LFGG) noch nicht geändert habe, erfolge die Ernennung von 25 freien Notaren vorzeitig. Zudem hätte der Landtag vor der Zustimmung der Landesregierung zu einer Änderung des § 115 BNotO mitwirken müssen.
III.
Die Verfassungsbeschwerde war nicht zur Entscheidung anzunehmen, weil die Annahmevoraussetzungen des § 93a Abs. 2 BVerfGG nicht vorliegen. Der Verfassungsbeschwerde kommt weder grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung zu noch ist ihre Annahme zur Durchsetzung der in § 90 Abs. 1 BVerfGG genannten Rechte angezeigt (vgl. BVerfGE 90, 22 ≪24≫; 96, 245 ≪248≫). Sie hat keine hinreichende Aussicht auf Erfolg. Die Verfassungsbeschwerde ist unbegründet.
1. Die angegriffene Entscheidung des Bundesgerichtshofs steht in Einklang mit den durch Art. 33 Abs. 5 GG gewährleisteten hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums.
a) Ein Verstoß gegen den Grundsatz der amtsangemessenen Alimentierung infolge der Zulassung freier Notare liegt nicht vor. Nach dem Alimentationsprinzip ist der Dienstherr verpflichtet, den Beamten und seine Familie lebenslang angemessen zu alimentieren und ihm nach seinem Dienstrang, nach der mit seinem Amt verbundenen Verantwortung und nach Maßgabe der Bedeutung des Berufsbeamtentums für die Allgemeinheit entsprechend der Entwicklung der allgemeinen wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse und des angemessenen Lebensstandards einen angemessenen Lebensunterhalt zu gewähren. Dies schließt eine Kürzung der Bezüge aus sachlichen Gründen nicht aus (vgl. BVerfGE 114, 258 ≪289≫).
Den Beschwerdeführern fließt auch künftig für jede von ihnen vorgenommene Beurkundung ein Gebührenanteil zu, so dass diese Tätigkeit weiterhin Mehreinnahmen mit sich bringt. Selbst für den von den Beschwerdeführern befürchteten Fall, dass die Notare im Landesdienst durch die zusätzliche Tätigkeit von 25 freien Notaren keinerlei Beurkundungstätigkeit mehr wahrnehmen könnten, erhalten sie eine Besoldung, welche mindestens der Besoldungsgruppe R 1 entspricht. Die ihnen hiernach zustehende Besoldung gewährt ihre rechtliche und wirtschaftliche Sicherheit und Unabhängigkeit. Dafür, dass ihnen in Zukunft mit ihrer Besoldung und den ihnen im Einzelfall zukommenden Gebührenanteilen ein amtsangemessener Lebensunterhalt nicht mehr ermöglicht wird (vgl. hierzu BVerfGE 107, 218 ≪237≫), liegen keine Anhaltspunkte vor. Eine Bestandsgarantie für die neben der Besoldung in der Vergangenheit belassenen Gebührenanteile kann Art. 33 Abs. 5 GG nicht entnommen werden (BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 23. Dezember 2005 – 2 BvR 1779/05 –, Rn. 6).
b) Durch eine infolge der Zulassung freier Notare möglicherweise vermehrte Tätigkeit in den der freiwilligen Gerichtsbarkeit zugeordneten Feldern des Grundbuch- und Nachlasswesens werden die Beschwerdeführer nicht in ihrem grundrechtsgleichen Recht auf amtsangemessene Beschäftigung verletzt. Hiernach braucht der Beamte grundsätzlich in Ausübung seines Amtes nur solche Tätigkeiten zu verrichten, die seinem Status entsprechen (vgl. BVerfGE 70, 251 ≪266≫). Art. 33 Abs. 5 GG garantiert jedoch kein Recht am Amt im funktionellen Sinne, das heißt ein Recht auf unveränderte und ungeschmälerte Ausübung der übertragenen dienstlichen Aufgaben (vgl. BVerfGE 56, 146 ≪162≫). Die den Amtsnotaren nach § 29 Abs. 1 Satz 1 LFGG beziehungsweise gemäß § 17 Abs. 3 LFGG und § 38 LFGG zugewiesenen Aufgaben in Grundbuch- und Nachlasssachen zählen zu den Aufgabenfeldern eines in Baden ansässigen Notars. Damit prägen auch in sonstigen Landesteilen als nichtrichterlich statuierte Aufgabenfelder das jeweilige statusrechtliche Amt eines Notars im Landesdienst. Obgleich somit schon eine unterwertige Beschäftigung nicht vorliegen kann, ist überdies zu berücksichtigen, dass etwa die Tätigkeit im Bereich des Nachlasswesens, beispielsweise soweit die gewillkürte Erbfolge betroffen ist (vgl. § 3 Nr. 2c, § 16 Abs. 1 Nr. 6 RPflG), in die funktionelle Zuständigkeit eines Richters fällt, was nach dem Vortrag der Beschwerdeführer immerhin die Hälfte der Nachlasssachen ausmacht. Die Garantie, neben der Beurkundungstätigkeit, allein oder weit überwiegend solche richterliche Aufgaben wahrzunehmen, folgt aus der Sicherung des statusrechtlichen Amtes in Art. 33 Abs. 5 GG jedoch nicht.
c) Ein Verstoß gegen die Fürsorgepflicht ist ebenfalls nicht gegeben. Zu den hergebrachten und nicht nur zu berücksichtigenden, sondern zu beachtenden Grundsätzen des Berufsbeamtentums gehört auch der Grundsatz der Fürsorgepflicht des Dienstherrn gegenüber dem Beamten (vgl. BVerfGE 8, 332 ≪356 f.≫). Der genannte Grundsatz ist das Korrelat zum hergebrachten Grundsatz der Treuepflicht des Beamten. Der Grundsatz der Fürsorgepflicht verpflichtet den Dienstherrn, den Beamten gegen unberechtigte Anwürfe in Schutz zu nehmen, ihn entsprechend seiner Eignung und Leistung zu fördern und bei seinen Entscheidungen die wohlverstandenen Interessen des Beamten in gebührender Weise zu berücksichtigen (BVerfGE 43, 154 ≪165≫).
An den Befugnissen der Notare im Landesdienst wird jedoch keine Änderung vorgenommen. Im Gegensatz zu den freien Notaren haben sie noch deren Befugnisse überschreitende Kompetenzen, etwa im Grundbuch- und Nachlasswesen. Diese konzentrierte Aufgabenwahrnehmung vermag auch Synergieeffekte auszulösen, was die Entscheidung der rechtsuchenden Bevölkerung, die Tätigkeit eines Notars im Landesdienst in Anspruch zu nehmen, durchaus beeinflussen kann. In dieser Konstellation stehen finanzielle Aspekte für die Beschwerdeführer im Vordergrund. Die Tangierung solcher Interessen in dem geschilderten Umfang vermag eine Fürsorgepflichtverletzung jedoch nicht zu begründen. Der Einwand, dass Überlegungen zur grundsätzlichen Neuordnung des badischen Notariats oder des Notarsystems in Baden-Württemberg durch die vorschnelle Besetzung von 25 freien Notarstellen unterlaufen würden, betrifft zuvörderst rechtspolitische Überlegungen. Die Frage der Festlegung der zweckmäßigsten oder effizientesten künftigen Notarstruktur ist jedoch zunächst Sache des Landes Baden-Württemberg und – unter Beachtung der aufgezeigten verfassungsrechtlichen Grenzen – keiner präventiven Kontrolle durch das Bundesverfassungsgericht zu unterziehen. Hiernach stellt die Entscheidung, 25 Stellen mit freiberuflichen Notaren zu besetzen und daneben weiterhin Notare im Landesdienst zu beschäftigen, keinen Verstoß gegen die Fürsorgepflicht dar.
2. Die erfolgte Ausschreibung von 25 freien Notarstellen verletzt die Beschwerdeführer nicht in ihrem Grundrecht auf freie Berufsausübung (Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG).
a) Der Begriff des Berufes in Art. 12 Abs. 1 GG ist weit auszulegen und umfasst auch den Beruf im öffentlichen Dienst (vgl. BVerfGE 7, 377 ≪397 f.≫; 39, 334 ≪369≫). Jedoch erfährt Art. 12 GG sowohl hinsichtlich der darin garantierten Berufswahl als auch hinsichtlich der Berufsausübung Einschränkungen aus Art. 33 Abs. 5 GG (BVerfGE 39, 334 ≪369≫).
Da die Beschwerdeführer beamtete Notare im Landesdienst sind, unterfällt die Frage deren amtsangemessener Alimentation und deren amtsangemessener Beschäftigung, welche die inhaltliche Ausgestaltung des öffentlichrechtlichen Dienstverhältnisses betrifft, vorliegend allein dem Maßstab des Art. 33 GG (vgl. Manssen, in: von Mangoldt/Klein/Starck, GG, 5. Aufl., Art. 12 Rn. 46; Scholz, in: Maunz/Dürig, GG, Stand: Juni 2006, Art. 12 Rn. 212). Eine zusätzliche Prüfung der hoheitlichen Maßnahmen am Maßstab des Art. 12 Abs. 1 GG erfolgt daher insoweit nicht.
b) Schließlich korrespondiert der Pflicht des Staates nach § 4 BNotO, wonach so viele Notare bestellt werden, wie es den Erfordernissen einer geordneten Rechtspflege entspricht, kein Grundrecht aus Art. 12 Abs. 1 GG. Bei der Festsetzung der Zahl der Notarstellen handelt die zuständige öffentlichrechtliche Körperschaft im Rahmen ihrer Organisationsgewalt (BVerfGE 73, 280 ≪292≫). Zwar ist der Staat gehalten, sein hier bestehendes Ermessen pflichtgemäß auszuüben und die ordnungsgemäße Erfüllung der den Notaren zugewiesenen Aufgaben sicherzustellen. Dieser Pflicht korrespondiert jedoch kein Grundrecht aus Art. 12 Abs. 1 GG (BVerfGE 73, 280 ≪294≫).
3. Die Frage der Verfassungsmäßigkeit der Regelung des § 115 Abs. 1 BNotO ist nach der nicht zu beanstandenden Entscheidung des Bundesgerichtshofs unerheblich, so dass diese auch in vorliegendem Verfahren dahinstehen kann.
4. Mit der Ablehnung der Annahme der Verfassungsbeschwerde wird der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gegenstandslos (§ 40 Abs. 3 GOBVerfG).
Von einer weiteren Begründung der Entscheidung wird abgesehen (§ 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG).
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
Unterschriften
Hassemer, Di Fabio, Landau
Fundstellen