Verfahrensgang
Tenor
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.
Tatbestand
I.
Die Verfassungsbeschwerde betrifft Fragen des verfassungsrechtlichen Schutzes des Vertrauensverhältnisses zwischen Strafverteidiger und Mandant.
Der beschwerdeführende Rechtsanwalt war Strafverteidiger des T. Wegen einer in einem Schreiben an T. enthaltenen beleidigenden Äußerung wurde er zu einer Geldstrafe verurteilt. Der betreffende Brief war als Zufallsfund beschlagnahmt worden, nachdem die Strafverfolgungsbehörden hiervon im Zuge einer Durchsuchung des Haftraums des T. Kenntnis erlangt hatten. Die Durchsuchung wurde im Rahmen eines unter anderem gegen den Beschwerdeführer gerichteten Strafverfahrens gerichtlich angeordnet, nachdem der Beschwerdeführer in den Verdacht geraten war, Briefe des T. aus der Justivollzugsanstalt Trier verbracht und weitergeleitet zu haben, obwohl diese Briefe ihrem Inhalt nach dazu geeignet und bestimmt waren, die Adressaten zu falschen, den T. entlastenden Aussagen zu bewegen. Mit dem angefochtenen Urteil vom 27. März 2009 (2 StR 302/08, NJW 2009, S. 2690) hat der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs die auf die Sachrüge und eine Verfahrensrüge gestützte Revision des Beschwerdeführers verworfen.
Mit seiner Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer die Verletzung von Art. 12 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 2 Abs. 1 und Art. 1 Abs. 1 GG sowie – der Sache nach – von Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG.
Entscheidungsgründe
II.
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen, weil die Annahmevoraussetzungen des § 93a Abs. 2 BVerfGG nicht erfüllt sind. Die Verfassungsbeschwerde hat weder grundsätzliche Bedeutung noch ist ihre Annahme zur Durchsetzung der in § 90 Abs. 1 BVerfGG genannten Rechte angezeigt (vgl. BVerfGE 90, 22 ≪24 ff.≫; 96, 245 ≪248 ff.≫). Sie ist jedenfalls unbegründet. Es verletzt den Beschwerdeführer nicht in seinen Grundrechten, dass seine Verurteilung wegen Beleidigung durch das angegriffene Urteil des Bundesgerichtshofs bestätigt worden ist.
1. Soweit ein Eingriff in das Grundrecht des Beschwerdeführers auf freie Berufsausübung (Art. 12 Abs. 1 GG) vorliegt, ist dieser gerechtfertigt.
a) Nach Art. 12 Abs. 1 GG unterliegt die durch den Grundsatz der freien Advokatur gekennzeichnete anwaltliche Berufsausübung der freien und unreglementierten Selbstbestimmung des einzelnen Rechtsanwalts. Geschützt ist insbesondere auch das Vertrauensverhältnis zwischen Rechtsanwalt und Mandant. Integrität und Zuverlässigkeit des einzelnen Berufsangehörigen sowie das Recht und die Pflicht zur Verschwiegenheit sind die Grundbedingungen dafür, dass dieses Vertrauen entstehen kann. Die Verschwiegenheitspflicht rechnet daher von jeher zu den anwaltlichen Grundpflichten; als unverzichtbare Bedingung der anwaltlichen Berufsausübung hat sie teil am Schutz des Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG (vgl. BVerfGE 110, 226 ≪251 f.≫ mit umfassenden Nachweisen). Der Schutz des Art. 12 Abs. 1 GG umfasst auch die Strafverteidigung, die zu den wesentlichen Berufsaufgaben eines Rechtsanwalts zählt. Die Institution der Strafverteidigung ist durch das Rechtsstaatsprinzip des Grundgesetzes gesichert. Das Recht des Beschuldigten, sich im Strafverfahren von einem Anwalt seiner Wahl und seines Vertrauens verteidigen zu lassen, ist nicht nur durch § 137 Abs. 1 StPO und Art. 6 Abs. 3 c) EMRK gesetzlich garantiert, sondern zugleich durch Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip des Grundgesetzes verfassungsrechtlich verbürgt. Mit der Verankerung des Rechts auf Verteidigung im Verfassungsprinzip des rechtsstaatlichen Strafverfahrens hat das Bundesverfassungsgericht von jeher freie Wahl und Vertrauen als Voraussetzungen einer effektiven Strafverteidigung hervorgehoben. Nur wenn der Beschuldigte auf die Verschwiegenheit seines Verteidigers zählen kann, ist die Vorbedingung für das Entstehen eines Vertrauensverhältnisses geschaffen, ohne das eine Strafverteidigung nicht wirkungsvoll sein kann (vgl. BVerfGE 110, 226 ≪253 f.≫ m.w.N.).
b) Die durch den Bundesgerichtshof bestätigte Verurteilung des Beschwerdeführers greift in dessen Freiheit der Berufsausübung ein. Sie stützt sich entscheidend auf die Verwertung eines Briefs des Beschwerdeführers, den dieser als Strafverteidiger seinem Mandanten innerhalb des Mandatsverhältnisses geschrieben hat. Soweit die Vorschriften der Strafprozessordnung – insbesondere § 94 in Verbindung mit § 97 Abs. 1 Nr. 1 und § 53 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 StPO sowie § 148 StPO – den Schutz der Vertraulichkeit des Verteidigungsverhältnisses regeln und Aussagen über die Beschlagnahme und spätere Verwertung von Verteidigerpost treffen, beziehen sie sich auf die Berufsausübung des als Strafverteidiger tätigen Rechtsanwalts und greifen in den Schutzbereich des Art. 12 Abs. 1 GG ein, soweit sie die Beschlagnahme und Verwertung zulassen (vgl. auch BVerfGE 110, 226 ≪254 ff.≫ zu § 261 Abs. 2 Nr. 1 StGB). Etwas anderes ergibt sich für den hier zu beurteilenden Fall auch nicht daraus, dass der Beschwerdeführer zum Zeitpunkt der Verurteilung und damit der Verwertung des Briefs das Mandatsverhältnis zu T. bereits beendet hatte. In der Verwertung hat sich erneut der Eingriff in das zum Zeitpunkt der Beschlagnahme selbst noch bestehende Mandat manifestiert.
c) Der in der Verwertung des vom Beschwerdeführer verfassten Briefs liegende Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit ist gerechtfertigt.
aa) Eingriffe in die Freiheit der Berufsausübung sind nur dann mit Art. 12 Abs. 1 GG vereinbar, wenn sie auf einer gesetzlichen Grundlage beruhen, die durch ausreichende Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt wird (vgl. BVerfGE 94, 372 ≪390≫). Die aus Gründen des Gemeinwohls unumgänglichen Beschränkungen des Grundrechts stehen unter dem Gebot der Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit. Eingriffe in die Berufsfreiheit dürfen deshalb nicht weiter gehen, als es die sie rechtfertigenden Gemeinwohlbelange erfordern (vgl. BVerfGE 54, 301 ≪313≫). Eingriffszweck und Eingriffsintensität müssen in einem angemessenen Verhältnis stehen (vgl. BVerfGE 101, 331 ≪347≫). Im Einzelfall ist dies durch die Auslegung und Anwendung der einschlägigen Vorschriften seitens der damit befassten Fachgerichte sicherzustellen. Insofern prüft das Verfassungsgericht lediglich, ob eine gerichtliche Entscheidung auf einer grundsätzlich unrichtigen Anschauung von der Bedeutung der Grundrechte beruht, deren Verletzung geltend gemacht wird, oder ob das Auslegungsergebnis selbst die geltend gemachten Grundrechte verletzt (vgl. BVerfGE 18, 85 ≪92 f.≫; 30, 173 ≪188≫).
bb) Die gesetzliche Grundlage der Verwertung des im Haftraum seines Mandanten beschlagnahmten Briefs des Beschwerdeführers ergibt sich aus den Regelungen der Strafprozessordnung. Die Vorschriften des § 244 Abs. 2 und des § 261 StPO berechtigen und verpflichten das Gericht, die Beweisaufnahme zur Ermittlung des wahren Sachverhalts grundsätzlich auf alle zur Verfügung stehenden Beweismittel zu erstrecken. Damit trägt das Gesetz den verfassungsrechtlichen Erfordernissen der Wahrheitserforschung im Strafprozess (vgl. BVerfGE 57, 250 ≪275≫) und der funktionstüchtigen Strafrechtspflege (vgl. BVerfGE 122, 248 ≪272 f.≫) Rechnung. Verwertungsverbote stellen demgegenüber eine begründungsbedürftige Ausnahme dar (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 15. Oktober 2009 – 2 BvR 2438/08 –, juris, Rn. 7 m.w.N.). Ein Verwertungsverbot kann sich nach der ständigen, verfassungsrechtlich nicht zu beanstandenden Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs jedoch im Einzelfall nach Abwägung der betroffenen Belange dann ergeben, wenn der Beweis unter Verstoß gegen Verfahrensvorschriften erhoben worden ist (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 2. Juli 2009 – 2 BvR 2225/08 –, juris, Rn. 15 ff. mit umfassenden Nachweisen).
cc) Vorliegend hat der Bundesgerichtshof die Verwertung des vom Beschwerdeführer verfassten Schreibens schon deswegen für zulässig erachtet, weil die Durchsuchung der Haftzelle des T., die Durchsicht der dabei aufgefundenen Verteidigerpost und schließlich die Beschlagnahme des Briefs rechtmäßig gewesen seien. Diese Auffassung ist von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden. Sie ergibt sich aus einer willkürfreien Auslegung des § 97 und des § 148 StPO und verkennt auch nicht Bedeutung und Reichweite der hiervon berührten Grundrechte, namentlich der Berufsfreiheit des Beschwerdeführers und des Anspruchs seines Mandanten auf ein faires, rechtsstaatliches Verfahren (Art. 2 Abs. 1, Art. 20 Abs. 3 GG). Vielmehr ist der Bundesgerichtshof im Rahmen der vorzunehmenden Abwägung rechtsfehlerfrei zu dem Ergebnis gekommen, dass das staatliche Interesse an der Wahrheitserforschung die Belange des Beschwerdeführers und seines Mandanten überwog.
(1) Es ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass der Bundesgerichtshof die zum Zeitpunkt der Anordnung und Durchführung der Durchsuchung gegebene Verdachtslage für ausreichend erachtet hat, um die Durchsuchung – wie geschehen – auf im Haftraum des T. aufgefundene, vom Beschwerdeführer stammende Verteidigerpost zu erstrecken.
Insbesondere aus dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 27. Februar 2007 („Cicero”-Urteil, BVerfGE 117, 244) lässt sich nichts Gegenteiliges herleiten. Dort hat der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts mit Blick auf den vom Grundrecht der Pressefreiheit (Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG) umfassten Informantenschutz für die Durchsuchung bei einem Presseunternehmen wegen des Verdachts des Geheimnisverrats durch einen Journalisten spezifische tatsächliche Anhaltspunkte für eine strafbare Handlung des Journalisten gefordert (vgl. BVerfGE 117, 244 ≪262≫). Ein diesen Anforderungen genügender Verdacht gegen den Beschwerdeführer lag – was dieser selbst nicht verkennt – vor: Wie der Bundesgerichtshof im Einzelnen ausgeführt hat, bestanden zum Zeitpunkt des Erlasses des Durchsuchungsbeschlusses gewichtige Anhaltspunkte für eine (versuchte) Strafvereitelung des Beschwerdeführers, die über den für den Erlass eines Durchsuchungs- und Beschlagnahmebeschlusses erforderlichen Anfangsverdacht hinausgingen. Mithin kann letztlich offen bleiben, ob und inwieweit die sehr spezifisch auf den Fall der Durchsuchung bei einem Presseunternehmen wegen des Verdachts des Geheimnisverrats zugeschnittenen Anforderungen des genannten Urteils vom 27. Februar 2007 auf den vorliegenden Fall der Durchsuchung (Durchsicht) von Verteidigerpost in einem auch gegen die Person des Strafverteidigers selbst gerichteten Ermittlungsverfahren wegen (versuchter) Strafvereitelung zu übertragen sind.
Ein hinreichender Tatverdacht im Sinne § 170 Abs. 1 StPO, wie ihn der Beschwerdeführer im Anschluss an eine mit Blick auf §§ 138a ff. StPO im Schrifttum vertretene Auffassung (vgl. Lüderssen/Jahn, in: Löwe/Rosenberg, StPO, Bd. 4, 26. Aufl. 2007, § 148 Rn. 19) für erforderlich hält, war dagegen für die Durchsuchung von Verfassungs wegen nicht notwendig, zumal die Durchführung mit Grundrechtseingriffen verbundener Ermittlungsmaßnahmen bei bereits bestehendem hinreichendem Tatverdacht unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit ihrerseits nicht unproblematisch wäre.
(2) Durchgreifende verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit der Durchsuchung resultieren auch nicht daraus, dass der Bundesgerichtshof die Darlegung eines qualifizierten Beteiligungsverdachts des Beschwerdeführers (also eines Verdachts im Sinne des § 97 Abs. 2 Satz 3 Hs. 1 StPO; vgl. BGH, Urteil vom 28. Juni 2001 – 1 StR 198/01 –, NStZ 2001, S. 604 ≪606≫) im Durchsuchungsbeschluss des Amtsgerichts Trier vom 5. Juli 2005 nicht für erforderlich gehalten hat. Die Begründung des Bundesgerichtshofs – die Durchsuchungsmaßnahme sei nach dem im Beschluss bezeichneten Durchsuchungszweck nicht auf die Gewinnung von Verteidigerkorrespondenz, sondern auf die etwaige Sicherstellung eines Mobiltelefons und von Kassibern an T. in dessen Verfahren gerichtet gewesen – ist nachvollziehbar und wird auch vom Beschwerdeführer nicht in Frage gestellt. Wenn der Durchsuchungsbeschluss primär nicht auf die Gewinnung von Verteidigerkorrespondenz gerichtet war, schließt dies nicht aus, dass er objektiv auch deren Durchsicht gestattete, wie es ersichtlich auch der Bundesgerichtshof angenommen hat.
(3) Die Durchsicht der bei T. aufgefundenen Verteidigerkorrespondenz ist im Übrigen auch nach Maßgabe der Europäischen Menschenrechtskonvention in ihrer Auslegung durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) nicht zu beanstanden.
Die Korrespondenz zwischen einem Strafverteidiger und seinem Mandanten unterliegt dem Schutz des Art. 8 Abs. 1 EMRK (vgl. EGMR, Urteil vom 13. Januar 2009 – Sorvisto ./. Finnland, 19348/04 –, Rn. 104 ff.). Ferner sieht der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte das Recht eines Beschuldigten, mit seinem Anwalt unüberwacht zu kommunizieren, als eines der grundlegenden Erfordernisse eines fairen Prozesses in einer demokratischen Gesellschaft an, das von Art. 6 Abs. 3 c) EMRK umfasst sei (vgl. EGMR, Urteil vom 28. November 1991 – S. ./. Schweiz, 12629/87 u.a. –, Rn. 48). Schreiben eines Häftlings an seinen Anwalt oder von diesem an den Häftling dürfen deswegen nur in Ausnahmefällen gelesen werden, nämlich dann, wenn die Behörden Anlass zur Annahme haben, dass ein Missbrauch vorliegt, weil der Inhalt des Schreibens die Sicherheit der Vollzugsanstalt oder Dritter gefährdet oder in anderer Weise strafbar ist. Die Plausibilität der Gründe hängt von den Gesamtumständen ab, jedoch setzt sie Tatsachen und Informationen voraus, die geeignet sind, einen objektiven Beobachter davon zu überzeugen, dass der privilegierte Kommunikationsweg missbraucht wird (vgl. EGMR, Urteil vom 5. Juli 2001 – Erdem ./. Deutschland, 38321/97 –, NJW 2003, S. 1439 ≪1441≫). Diese Voraussetzungen waren nach den Ausführungen des Bundesgerichtshofs gegeben; angesichts des gegen den Beschwerdeführer und seinen Mandanten bestehenden Verdachts der Strafvereitelung durch Beeinflussung von Zeugen lag die Annahme eines Missbrauchs nahe.
(4) Keinen verfassungsrechtlichen Bedenken begegnet es schließlich, dass der Bundesgerichtshof auf der Grundlage des § 108 Abs. 1 StPO die Beschlagnahme des durchgesehenen Briefs als Zufallsfund für rechtmäßig erachtet hat. Der Brief selbst begründete nunmehr den Verdacht einer Straftat des Beschwerdeführers in hohem Maße, nachdem die in dem Schreiben enthaltenen Formulierungen am Vorliegen einer Beleidigung wenig Zweifel ließen und angesichts des Briefkopfs trotz fehlender Unterschrift auch sehr deutliche Hinweise auf den Beschwerdeführer als Urheber vorlagen. Damit ist noch nicht gesagt, dass die Strafverfolgungsbehörden allein wegen des – gegebenenfalls auch qualifizierten – Verdachts einer in einem Verteidigerschreiben geäußerten Beleidigung eine Durchsuchung zum Zweck der Beschlagnahme dieses Schreibens hätten vornehmen dürfen. Ein solches Vorgehen hätte angesichts des Gewichts der betroffenen grundrechtlich geschützten Interessen Fragen der Verhältnismäßigkeit aufgeworfen, die sich vorliegend auf Grund der besonderen Umstände des Einzelfalls nicht stellen.
2. Der Beschwerdeführer ist auch nicht in seiner Meinungsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG) verletzt.
a) Auch beleidigende Äußerungen können den Schutz der Meinungsfreiheit nach Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG genießen (vgl. BVerfGE 61, 1 ≪7≫; 85, 1 ≪15≫). Allerdings unterliegt die Meinungsfreiheit nach Art. 5 Abs. 2 GG denjenigen Schranken, die sich aus den Vorschriften zum Schutz der persönlichen Ehre ergeben. Hierzu zählt auch § 185 StGB. Bei der Auslegung und Anwendung dieser Vorschrift muss der Bedeutung und Tragweite des Art. 5 Abs. 1 GG Rechnung getragen werden. Das erfordert eine im Rahmen der Anwendung des einfachen Rechts vorzunehmende fallbezogene Abwägung (vgl. BVerfGE 54, 129 ≪137≫). Insofern ist bei Äußerungen gegenüber Familienangehörigen und anderen Vertrauenspersonen, die gegen die Wahrnehmung von Seiten weiterer Personen abgeschirmt sind, dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) des sich Äußernden in besonderer Weise Rechnung zu tragen. Zum Persönlichkeitsrecht gehört unter den Bedingungen eines besonderen Vertrauensverhältnisses die Möglichkeit des Einzelnen, seine Emotionen frei auszudrücken, geheime Wünsche oder Ängste zu offenbaren und das eigene Urteil über Verhältnisse oder Personen freimütig kundzugeben. Unter solchen Umständen getroffene Äußerungen, die gegenüber Außenstehenden oder der Öffentlichkeit wegen ihres ehrverletzenden Gehalts nicht schutzwürdig wären, genießen in solchen Vertraulichkeitsbeziehungen als Ausdruck der Persönlichkeit und Bedingung ihrer Entfaltung verfassungsrechtlichen Schutz, der dem Schutz der Ehre des durch die Äußerung Betroffenen vorgeht (vgl. BVerfGE 90, 255 ≪259 ff.≫). Der Kreis möglicher Vertrauenspersonen ist dabei nicht auf Ehegatten oder Familienangehörige beschränkt, sondern erstreckt sich auch auf ähnliche Vertrauensverhältnisse (vgl. näher BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 23. November 2006 – 1 BvR 285/06 –, NJW 2007, S. 1194 ≪1195≫). Die strafrechtliche Rechtsprechung und Literatur tragen diesen Grundsätzen Rechnung, indem sie bei ehrverletzenden Äußerungen über nicht anwesende Dritte in besonders engen Lebensbeziehungen einen Schutz der Vertraulichkeit im Sinne einer beleidigungsfreien Sphäre zugestehen, wenn die Mitteilungen Ausdruck des besonderen Vertrauens sind und mit ihrer Weitergabe an Dritte nicht gerechnet werden muss (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 23. November 2006 – 1 BvR 285/06 –, NJW 2007, S. 1194 ≪1195≫ m.w.N.).
b) Nach diesen Maßstäben handelt es sich bei dem hier in Rede stehenden Brief nicht um eine Äußerung, die einem besonderen verfassungsrechtlichen Schutz unterläge und daher vom Bundesgerichtshof einer beleidigungsfreien Sphäre hätte zugeordnet werden müssen.
Dass zwischen dem Beschwerdeführer und seinem Mandanten eine Beziehung bestanden hätte, die es bereits aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes geboten hätte, dem Beschwerdeführer einen Raum ungehinderter Kundgabe von Emotionen zuzugestehen, ist nicht ersichtlich und wird auch von ihm nicht behauptet. Auf das vom Schutz der Berufsausübungsfreiheit erfasste Vertrauensverhältnis zwischen Strafverteidiger und Mandant lassen sich die dargelegten Grundsätze jedoch entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers nicht allgemein übertragen. Denn dieses Vertrauensverhältnis fußt auf anderer Grundlage und erfüllt eine andere soziale Funktion als rein private Vertrauensbeziehungen. Es dient der Sicherung einer effektiven Verteidigung des Beschuldigten und somit der Durchführung eines fairen, rechtsstaatlichen Strafverfahrens. Der als Strafverteidiger tätige Rechtsanwalt nimmt als der Interessenvertretung seines Mandanten verpflichtetes Organ der Rechtspflege (vgl. BVerfGE 110, 226 ≪252≫) eine wichtige und unverzichtbare Mittlerstellung ein. Wie der Bundesgerichtshof dargelegt hat, ist ein verfassungsrechtlich schutzwürdiges Interesse des dem Sachlichkeitsgebot (§ 43a Abs. 3 BRAO) unterliegenden Verteidigers an ungehinderter Kundgabe ehrverletzender Äußerungen dem Mandanten gegenüber nicht anzuerkennen; ferner kann angesichts der nur dem Rechtsanwalt obliegenden Verschwiegenheitspflicht auch nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass Äußerungen des Verteidigers seinem Mandanten gegenüber von der Wahrnehmung durch Dritte abgeschirmt wären. Damit sind die wesentlichen Gründe für den besonderen Schutz von Äußerungen in privaten Vertrauensbeziehungen jedenfalls für Äußerungen des Verteidigers seinem Mandanten gegenüber nicht einschlägig (vgl. Ruhmannseder, NJW 2009, S. 2647 ≪2649≫). Im umgekehrten Falle ehrverletzender Äußerungen des Mandanten über Dritte gegenüber seinem Verteidiger mag durchaus etwas anderes gelten; das bedarf hier aber keiner weiteren Vertiefung.
3. Von einer weiteren Begründung wird abgesehen (§ 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG).
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
Unterschriften
Broß, Di Fabio, Landau
Fundstellen
Haufe-Index 2368768 |
NJW 2010, 2937 |
NJW-Spezial 2010, 536 |
NPA 2011 |
StRR 2010, 461 |
StV 2010, 666 |