Verfahrensgang

OLG Stuttgart (Beschluss vom 08.07.2003; Aktenzeichen 16 UF 170/03)

 

Tenor

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.

Damit erledigt sich der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung.

 

Tatbestand

I.

Mit der Verfassungsbeschwerde wendet sich der Beschwerdeführer gegen die uneingeschränkte Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts für die beiden gemeinsamen 1996 und 1998 ehelich geborenen Kinder auf die Kindesmutter. Nachdem diese den Entschluss gefasst hatte, sich von dem Beschwerdeführer zu trennen und mit den beiden Kindern zu ihrer Mutter nach Paris zu ziehen, beantragte sie beim Amtsgericht Ravensburg die Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts für die Kinder auf sich. Dem Bericht des Jugendamtes zufolge lehnten die – französisch sprechenden – Kinder einen Umzug nach Paris nicht ab, bevorzugten es aber, in Ravensburg zu bleiben. Das Amtsgericht gab dem Antrag statt, schränkte aber das Aufenthaltsbestimmungsrecht der Kindesmutter insoweit ein, als diese mit den Kindern nicht ohne Zustimmung des Beschwerdeführers aus dem Großraum Oberschwaben/Bodensee/Württembergisches Allgäu wegziehen dürfe. Auf ihre Beschwerde hob das Oberlandesgericht diese Begrenzung auf. Das Aufenthaltsbestimmungsrecht, das das Familiengericht zu Recht und unangefochten auf die Mutter übertragen habe, brauche zum Wohle der Kinder nicht beschränkt zu werden.

Gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts hat der Beschwerdeführer Verfassungsbeschwerde erhoben. Er rügt unter anderem die Verletzung seines Elternrechts aus Art. 6 Abs. 2 GG.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die Voraussetzungen für die Annahme der Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung liegen nicht vor (§ 93a BVerfGG). Die angegriffene Entscheidung, die allein auf die Frage hin zu überprüfen war, ob die Aufhebung der Aufenthaltsbeschränkung verfassungsgemäß ist, verletzt den Beschwerdeführer insbesondere nicht in seinem Elternrecht.

Art. 6 Abs. 2 GG schützt die Eltern-Kind-Beziehung und sichert den Eltern das Recht auf Pflege und Erziehung ihrer Kinder (vgl. BVerfGE 31, 194 ≪204≫). Dieses Freiheitsrecht dient in erster Linie dem Kindeswohl, das zugleich oberste Richtschnur für die Ausübung der Elternverantwortung ist (vgl. BVerfGE 61, 358 ≪371 f.≫; 75, 201 ≪218≫). Allerdings bedarf das Elternrecht, das den Eltern gemeinsam zusteht, insbesondere auch für den Fall, dass die Eltern sich bei der Ausübung ihres Rechts nicht einigen können, der gesetzlichen Ausgestaltung (vgl. BVerfGE 92, 158 ≪178 f.≫; vgl. auch BVerfG, Urteil des Ersten Senats vom 29. Januar 2003 – 1 BvL 20/99, 1 BvR 933/01 –; abgedruckt in FamRZ 2003, S. 285 ≪287≫). Dem dient § 1671 Abs. 2 Ziff. 2 BGB, der bestimmt, dass einem Elternteil auf Antrag die elterliche Sorge oder ein Teil der elterlichen Sorge (wie hier das Aufenthaltsbestimmungsrecht) allein zu übertragen ist, wenn zu erwarten ist, dass die Aufhebung der gemeinsamen Sorge und die Übertragung auf den Antragsteller dem Wohl des Kindes am besten entspricht.

Das Oberlandesgericht hat bei seiner Entscheidung das Elternrecht des Beschwerdeführers nicht verkannt. Insbesondere ist es verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass es in dem angegriffenen Beschluss entscheidend darauf abgestellt hat, der Umzug nach Paris ließe für die Kinder keine größeren Schwierigkeiten erwarten, da sie fließend französisch sprächen, ihnen die neue Umgebung bereits vertraut sei und sie es auch nicht ablehnten, in Paris zu leben. Ob sich das Gericht mit der Erwägung begnügen durfte, die mit dem beabsichtigten Wohnungswechsel einhergehende Beeinträchtigung des Umgangsrechts könne mit regelmäßigen Telefonaten und längeren Ferienaufenthalten aufgefangen werden, ohne zugleich eine Umgangsregelung zu treffen, kann hier dahingestellt bleiben. Zwar lässt es das Kindeswohl geboten erscheinen, in Fällen der vorliegenden Art zugleich mit der Entscheidung über das Aufenthaltsbestimmungsrecht sicherzustellen, dass ein regelmäßiger Kontakt zwischen dem nicht aufenthaltsbestimmungsberechtigten Elternteil und den Kindern gewährleistet ist, der seinerseits Voraussetzung für eine sinnvolle Ausübung des Sorgerechts durch den umgangsberechtigten Elternteil ist. Jedoch hat der Beschwerdeführer hier nicht dargelegt, dass ein Bedürfnis für eine gerichtliche Umgangsregelung besteht, etwa weil mit einer Behinderung des Umgangs durch die Mutter zu rechnen ist oder sich die Eltern nicht auf die Besuchstermine verständigen können. Auch hat er nicht vorgetragen, überhaupt ein Umgangsrecht beantragt zu haben.

Von einer weiteren Begründung wird abgesehen (§ 93d Satz 3 BVerfGG).

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

 

Unterschriften

Steiner, Hohmann-Dennhardt, Bryde

 

Fundstellen

Haufe-Index 971111

FamRZ 2003, 1731

FPR 2003, 667

ZfJ 2004, 75

FF 2003, 242

JAmt 2004, 148

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