Verfahrensgang
Tenor
Die Verfassungsbeschwerde wird nach Maßgabe des Urteils des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 10. Februar 2004 – 2 BvR 834/02, 2 BvR 1588/02 – zurückgewiesen.
Der Freistaat Bayern hat dem Beschwerdeführer die notwendigen Auslagen zu erstatten.
Gründe
Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Unterbringung eines Straftäters nach Vollverbüßung der Freiheitsstrafe auf Grund des Bayerischen Gesetzes zur Unterbringung von besonders rückfallgefährdeten hochgefährlichen Straftätern (BayStrUBG) vom 24. Dezember 2001 (BayGVBl S. 978 f.).
I.
1. Der Beschwerdeführer wurde 1998 durch Urteil des Landgerichts Weiden i.d.Opf. wegen sexuellen Missbrauchs von Schutzbefohlenen in zehn Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt.
2. Der Beschwerdeführer verbüßte die vom Landgericht Weiden i.d.Opf. verhängte Gesamtfreiheitsstrafe bis zum 27. Mai 2002 vollständig. Am 4. März 2002 beantragte die Justizvollzugsanstalt, das Verfahren nach dem Bayerischen Straftäterunterbringungsgesetz durchzuführen. Der dem Beschwerdeführer beigeordnete Rechtsanwalt wandte sich gegen eine Unterbringung seines Mandanten unter anderem mit der Begründung, das Bayerische Straftäterunterbringungsgesetz sei verfassungswidrig. Es verstoße gegen Art. 103 Abs. 2 GG und Bundesrecht (Art. 31 GG), sei kompetenzwidrig erlassen und missachte den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.
Mit Beschluss vom 6. Mai 2002 ordnete die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Bayreuth auf Antrag der Justizvollzugsanstalt für die Zeit nach Vollstreckung der Freiheitsstrafe die unbefristete Unterbringung des Beschwerdeführers in einer Justizvollzugsanstalt gemäß Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 2 BayStrUBG an.
Die Voraussetzungen für die Unterbringung lägen gemäß Art. 1 Abs. 1 BayStrUBG in Verbindung mit § 66 Abs. 2 StGB vor. Verfassungsrechtliche Bedenken gegen das Bayerische Straftäterunterbringungsgesetz bestünden nicht. Es handle sich um eine Regelung auf dem Gebiet der öffentlichen Sicherheit und Ordnung, für das auch landesrechtliche Regelungen möglich seien. Nach den überzeugenden Gutachten der beiden angehörten Sachverständigen, denen sich die Strafvollstreckungskammer anschließe, gehe vom Beschwerdeführer mangels einer erfolgreichen Sozialtherapie gegenwärtig eine erhebliche Gefahr für die sexuelle Selbstbestimmung anderer aus.
3. Gegen den vorgenannten landgerichtlichen Beschluss legte der Beschwerdeführer sofortige Beschwerde ein, die das Oberlandesgericht unter Hinweis auf die Ausführungen der Strafvollstreckungskammer als unbegründet zurückwies.
4. Der Beschwerdeführer wendet sich mit seiner Verfassungsbeschwerde gegen die Unterbringungsentscheidungen sowie mittelbar gegen das Bayerische Straftäterunterbringungsgesetz.
Im Wesentlichen trägt er vor, dem bayerischen Gesetzgeber habe die Gesetzgebungsbefugnis gefehlt. Der Bundesgesetzgeber habe die freiheitsentziehenden Maßregeln der Besserung und Sicherung in den §§ 63, 64 und 66 StGB abschließend geregelt. Das Bayerische Straftäterunterbringungsgesetz verletze des Weiteren den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, da es nicht als milderes Mittel die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus vorsehe. Darüber hinaus verstoße das Bayerische Straftäterunterbringungsgesetz gegen das Rückwirkungsverbot und das Verbot der Doppelbestrafung.
II.
1. Das Bayerische Straftäterunterbringungsgesetz verstößt gegen die Kompetenznormen des Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 in Verbindung mit Art. 70 Abs. 1 und Art. 72 Abs. 1 GG (Urteil des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 10. Februar 2004 – 2 BvR 834/02, 2 BvR 1588/02 –). Das Gesetz ist mit dem Grundgesetz unvereinbar. Es bleibt jedoch nach Maßgabe der Gründe dieses Urteils bis zum 30. September 2004 anwendbar. Daher ist die Verfassungsbeschwerde im Ergebnis zurückzuweisen.
Der Senat hat in seiner Entscheidung vom 10. Februar 2004 die zuständigen Gerichte für verpflichtet erklärt, sämtliche nach dem Bayerischen Straftäterunterbringungsgesetz vollzogenen Unterbringungen nach Maßgabe der Entscheidungsgründe unverzüglich zu überprüfen (Urteil vom 10. Februar 2004, Umdruck, S. 88). Insoweit greift das Bundesverfassungsgericht der Entscheidung der Vollstreckungsgerichte nicht vor.
Das Landgericht Bayreuth hat dementsprechend die Unterbringung des Beschwerdeführers unverzüglich nach Maßgabe der Gründe des Urteils vom 10. Februar 2004 zu überprüfen.
2. Da die Frage nach der Gesetzgebungskompetenz für die nachträgliche Straftäterunterbringung im Sinne des Beschwerdeführers beantwortet wird, ist aus Billigkeitsgründen Kostenerstattung anzuordnen (vgl. Urteil vom 10. Februar 2004, Umdruck, S. 89 f.).
III.
Diese Entscheidung ist mit fünf zu drei Stimmen ergangen.
Unterschriften
Hassemer, Jentsch, Broß, Osterloh, Di Fabio, Mellinghoff, Lübbe-Wolff, Gerhardt
Fundstellen