Verfahrensgang
LG Bremen (Beschluss vom 05.03.2002; Aktenzeichen 11 Qs 383/2001) |
AG Bremen (Beschluss vom 29.08.2001; Aktenzeichen 91 Gs 1438/01) |
Tenor
Der Beschluss des Landgerichts Bremen vom 5. März 2002 – 11 Qs 383/2001 – und der Beschluss des Amtsgerichts Bremen vom 29. August 2001 – 91 Gs 1438/01 – verletzen den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Artikel 13 Absätze 1 und 2 des Grundgesetzes.
Die Beschlüsse werden aufgehoben. Die Sache wird an das Landgericht Bremen zur Entscheidung über die Kosten zurückverwiesen.
Die Freie Hansestadt Bremen hat dem Beschwerdeführer seine notwendigen Auslagen zu erstatten.
Gründe
Die Verfassungsbeschwerde richtet sich gegen eine strafprozessuale Durchsuchungsanordnung wegen handwerksrechtlicher Verstöße.
I.
1. Der Beschwerdeführer ist seit dem 9. April 1994 Inhaber eines Gewerbebetriebs, der als “Holz- und Bautenschutzgewerbe” angemeldet ist. Zugleich bestand eine Anmeldung bei der Handwerkskammer als handwerksähnliches Gewerbe gemäß § 18 Abs. 2 HwO in Verbindung mit Anlage B zur Handwerksordnung (in der Fassung der Bekanntmachung vom 24. September 1998).
2. Mit angegriffenem Beschluss vom 29. August 2001 ordnete das Amtsgericht wegen des Verdachts einer “Ordnungswidrigkeit nach dem Gesetz zur Bekämpfung der Schwarzarbeit” (SchwarzArbG) die Durchsuchung der Wohn- und Nebenräume des Beschwerdeführers an. Bei einer Kontrolle einer Baustelle in Bremen am 16. August 2001 seien zwei Personen angetroffen worden, die für die Firma des Beschwerdeführers Putz- und Maurerarbeiten ausgeführt hätten. Der Beschwerdeführer sei aber lediglich mit dem Gewerbe Holz- und Bautenschutz gemeldet. Es bestehe daher der Verdacht der fehlenden Ausübungsberechtigung, mithin unerlaubte Handwerksausübung und damit Schwarzarbeit. Als aufzufindende Beweismittel werden “Auftrags- und Abrechnungsunterlagen für die o.a. Baustelle als auch weitere Geschäftsunterlagen/Rechnungen, Angebote, Korrespondenzen, Kontounterlagen, die den Umfang der Schwarzarbeit und der daran beteiligten Personen erkennen lassen” genannt.
3. Die hiergegen eingelegte Beschwerde wies das Landgericht mit angegriffenem Beschluss vom 5. März 2002 als unbegründet zurück. Es hätten tatsächliche Anhaltspunkte für einen Verstoß des Beschwerdeführers gegen das Gesetz zur Bekämpfung der Schwarzarbeit vorgelegen. Die bei der Baustellenkontrolle am 16. August 2001 angetroffenen Personen seien mit Putz- und Maurerarbeiten beschäftigt gewesen. Nach eigenen Angaben hätten die Arbeiter auch Fliesen- und Malerarbeiten durchgeführt. Der Gesamtauftragswert habe 13.000 DM betragen. Eine Eintragung des Beschwerdeführers in der Handwerksrolle bestehe nicht.
Die Maßnahme sei auch verhältnismäßig, da die Ordnungswidrigkeit gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 3 SchwarzArbG mit einem Bußgeld bis zu 100.000 € geahndet werden könne und zudem bei Ordnungswidrigkeiten nach dem Gesetz zur Bekämpfung der Schwarzarbeit von einer großen Gemeinschädlichkeit auszugehen sei. Die Kammer halte ferner – im Anschluss an die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts – die Meisterbriefpflicht für verfassungsgemäß, wenn auch möglicherweise für nicht mehr zeitgemäß.
II.
Der Beschwerdeführer rügt die Verletzung seiner Grundrechte aus Art. 12, Art. 13, Art. 14, Art. 20 und Art. 103 GG.
Bei der Baustellenkontrolle sei einer seiner Angestellten bei der Ausbesserung einer Fuge in einer Fensterlaibung angetroffen worden. Er habe damit eine zulässige Tätigkeit im Holz- und Bautenschutzgewerbe ausgeübt.
Die Pflicht zur Eintragung des selbständigen Betriebs eines zulassungspflichtigen Handwerks in die Handwerksrolle nach § 1 HwO, die regelmäßig erst nach Ablegung der Meisterprüfung möglich sei, sei mit Art. 12 GG nicht mehr zu vereinbaren. Außerdem begründeten europarechtliche Vorschriften eine Ungleichbehandlung zwischen deutschen Handwerkern, die ihre Tätigkeit erst nach Ablegung der Meisterprüfung und Eintragung in die Handwerksrolle ausüben dürften, und EU-ausländischen Handwerkern, bei denen diese Einschränkung nicht gelte. Darüber hinaus seien die Vorschriften der Handwerksordnung insgesamt zu unbestimmt, so dass ein Verstoß gegen Art. 103 GG vorliege. Es sei nicht gesetzlich geregelt, welche Tätigkeiten ohne Eintragung in die Handwerksrolle erlaubt und welche verboten seien.
Der Durchsuchungsbeschluss genüge ferner nicht den Anforderungen des Art. 13 Abs. 1 GG. Er beinhalte keinerlei Begründung, so dass für den Beschwerdeführer nicht erkennbar gewesen sei, welche Taten ihm vorgeworfen würden. Der Tatvorwurf und die aufzufindenden Beweismittel seien nicht hinreichend konkret bezeichnet worden. Die Fachgerichte differenzierten nicht zwischen einer Ordnungswidrigkeit nach § 117 HwO und § 1 Abs. 1 Nr. 3 SchwarzArbG. Anlass der Durchsuchungsanordnung sei zudem lediglich eine Baustellenkontrolle gewesen. Es habe mithin kein hinreichender Tatverdacht für eine Ordnungswidrigkeit nach dem Gesetz zur Bekämpfung der Schwarzarbeit bestanden. Die Durchsuchung sei ferner unverhältnismäßig gewesen. Zunächst hätte der Beschwerdeführer zum Tatvorwurf befragt werden müssen. Die Gerichte hätten auch nicht erwogen, ob die beanstandete Tätigkeit möglicherweise dem Minderhandwerk zuzuordnen sei oder im unerheblichen Nebenbetrieb durchgeführt wurde.
III.
1. Die Freie Hansestadt Bremen hat von einer Stellungnahme zu der Verfassungsbeschwerde abgesehen.
2. Der Zentralverband des Deutschen Handwerks weist darauf hin, dass nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts der schwerwiegende Eingriff einer Durchsuchung in angemessenem Verhältnis zur Stärke des bestehenden Tatverdachts und zur Schwere der Tat stehen müsse. In diesem Zusammenhang sei von Bedeutung, in welcher Höhe die Ordnungswidrigkeit mit einer Geldbuße bewehrt sei. Gemäß § 117 Abs. 1 Nr. 1 HwO (in der Fassung der Bekanntmachung vom 24. September 1998) handle ordnungswidrig, wer entgegen § 1 HwO ein Handwerk als stehendes Gewerbe selbständig betreibe, wobei die Ordnungswidrigkeit mit einer Geldbuße bis zu 10.000 € (bis 31. Dezember 2001: 20.000 Deutsche Mark) geahndet werden könne. Nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 SchwarzArbG (in der Fassung der Bekanntmachung vom 6. Februar 1995) handle ordnungswidrig, wer Dienst- oder Werkleistungen in erheblichem Umfang erbringe, indem er ein Handwerk als stehendes Gewerbe selbständig betreibe, ohne in der Handwerksrolle eingetragen zu sein. Hier sehe der Gesetzgeber in § 1 Abs. 2 SchwarzArbG einen Bußgeldrahmen von bis zu 100.000 € (bis 31. Dezember 2001: 200.000 Deutsche Mark) vor. Der Qualifikationstatbestand des § 1 Abs. 1 Nr. 3 SchwarzArbG konsumiere den Grundtatbestand des § 117 Abs. 1 HwO, soweit das qualifizierende Tatbestandsmerkmal “Dienst- oder Werkleistungen in erheblichem Umfange” gegeben sei. Durch dieses Tatbestandsmerkmal werde zum Ausdruck gebracht, dass die Tathandlungen eine andere Qualität erreichten als beim Grundtatbestand des § 117 Abs. 1 Nr. 1 HwO, wobei auf den objektiven Umfang der Leistungen anhand der Kriterien Dauer, Häufigkeit, Regelmäßigkeit und Intensität abzustellen sei. Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung durch den Ermittlungsrichter komme es daher auf die Frage an, ob sich der Anfangsverdacht auf eine Ordnungswidrigkeit nach § 117 Abs. 1 Nr. 1 HwO oder auf eine solche nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 SchwarzArbG beziehe. Beide Vorschriften seien Ausdruck eines unterschiedlichen Unrechtsgehalts und könnten somit Einfluss auf die Ermessenserwägung haben. Während angesichts der Schwere der Tat und der Höhe der Bußgeldbewehrung eine Durchsuchung bei hinreichendem Verdacht einer Ordnungswidrigkeit nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 SchwarzArbG in der Regel als verhältnismäßig anzusehen sei, müsse bei Vorliegen eines Tatverdachts der unerlaubten Handwerksausübung nach § 117 Abs. 1 HwO angesichts der geringeren Bußgeldbewehrung den persönlichen und tatsächlichen Umständen des Einzelfalls mehr Gewicht beigemessen werden. So müsse auch dahingehend unterschieden werden, ob bei dem Verdächtigten lediglich der Formalakt der Eintragung ausstehe oder ob er auch den materiellen Voraussetzungen für eine Handwerksrolleneintragung nicht genüge. Nur in letzterem Fall komme überhaupt in Betracht, der Tat eine derartige Schwere beizumessen, die eine Durchsuchungsanordnung als verhältnismäßig erscheinen lasse.
Andererseits stehe ein geringeres Angriffsmittel als die Durchsuchung und Beschlagnahme in der Regel nicht zur Verfügung. Auch sei die Aufforderung zur freiwilligen Herausgabe von Unterlagen regelmäßig erfolglos. Anfragen vor Durchführung von Durchsuchungsmaßnahmen würden diese oft zwecklos machen. Regelmäßig werde bestimmtes beweiserhebliches Material ausgelagert. In der Praxis habe sich gezeigt, dass sich nur in einer ganz geringen Anzahl von Fällen ex post der Verdacht eines Verstoßes gegen das Gesetz zur Bekämpfung der Schwarzarbeit auf Grund einer durchgeführten Durchsuchungsmaßnahme als unbegründet erwiesen habe. Dies belege eine sorgfältige Vorarbeit. Durchsuchungsmaßnahmen würden nur beantragt, wenn hinreichende Verdachtsmomente vorlägen. Erst auf Grund der durchgeführten Durchsuchung und Beschlagnahme lasse sich nachweisen, dass Schwarzarbeit in weit größerem Umfang ausgeführt wurde, als ursprünglich angenommen.
Der Meisterzwang sei nach wie vor verfassungsgemäß. Die Gründe, die das Bundesverfassungsgericht in BVerfGE 13, 97 zur Vereinbarkeit des Befähigungsnachweises für das Handwerk mit dem Grundgesetz genannt habe, bestünden unverändert fort. Das Handwerk sei der zweitstärkste Wirtschaftszweig in Deutschland. In den Betrieben des Handwerks werde der größte Teil des Nachwuchses der gesamten gewerblichen Wirtschaft ausgebildet.
3. Weiterhin hat der Berufsverband unabhängiger Handwerkerinnen und Handwerker Stellung genommen. Er hält die angegriffene Entscheidung für verfassungswidrig, da § 117 Abs. 1 Nr. 1 HwO und § 1 Abs. 1 Nr. 3 SchwarzArbG verfassungswidrig seien. Angesichts der Höhe der Geldbußen und der Bedeutung der Ordnungswidrigkeit gemäß § 17 Abs. 3 und Abs. 4 OWiG liege ein Verstoß gegen den Verfassungsgrundsatz der Schuldangemessenheit vor. Die Durchsuchung sei unverhältnismäßig, da es sich um schwerwiegende Grundrechtseingriffe handele, der Vorwurf aber nur eine Ordnungswidrigkeit betreffe. Im Übrigen fehle eine genaue Prüfung des Tatverdachts der Ordnungswidrigkeit. Regelmäßig diene die Durchsuchung erst der Begründung eines solchen Tatverdachts und erfolge daher zum Zwecke der Ausforschung. Dies widerspreche dem Grundsatz der Unschuldsvermutung. Der Meisterzwang verstoße zudem gegen Art. 12 GG.
4. Dem Bundesverfassungsgericht hat der Verwaltungsvorgang vorgelegen.
IV.
Die Verfassungsbeschwerde wird zur Entscheidung angenommen, weil dies zur Durchsetzung der Grundrechte des Beschwerdeführers angezeigt ist (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Zu dieser Entscheidung ist die Kammer berufen, weil die maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen durch das Bundesverfassungsgericht bereits entschieden sind und die Verfassungsbeschwerde offensichtlich begründet ist (§ 93c Abs. 1 BVerfGG).
Die angegriffenen Beschlüsse verletzen den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Art. 13 Abs. 1 und Abs. 2 GG, weil der empfindliche Eingriff einer Durchsuchung vorschnell und auf unzureichender Verdachtsgrundlage angeordnet wurde. Darüber hinaus lassen die angegriffenen Beschlüsse eine tragfähige Verhältnismäßigkeitsprüfung nicht erkennen.
1. a) Das Gewicht des Eingriffs verlangt als Durchsuchungsvoraussetzung Verdachtsgründe, die über vage Anhaltspunkte und bloße Vermutungen hinausreichen. Ein Verstoß gegen diese Anforderungen liegt vor, wenn sich sachlich zureichende plausible Gründe für eine Durchsuchung nicht mehr finden lassen (vgl. BVerfGE 44, 353 ≪371 f.≫; 59, 95 ≪97≫; Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 20. April 2004 – 2 BvR 2043/03 u.a. –, NJW 2004, S. 3171 ≪3172≫).
b) Die Durchsuchung bedarf vor allem einer Rechtfertigung nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Sie muss im Blick auf den bei der Anordnung verfolgten gesetzlichen Zweck Erfolg versprechend sein. Ferner muss gerade diese Zwangsmaßnahme zur Ermittlung und Verfolgung der Straftat erforderlich sein. Schließlich muss der jeweilige Eingriff in angemessenem Verhältnis zu der Schwere der Straftat und der Stärke des Tatverdachts stehen; dies ist nicht der Fall, wenn andere, weniger einschneidende Mittel zur Verfügung stehen (vgl. BVerfGE 42, 212 ≪220≫). Der Richter darf die Durchsuchung nur anordnen, wenn er sich auf Grund eigenverantwortlicher Prüfung der Ermittlungen überzeugt hat, dass die Maßnahme verhältnismäßig ist (vgl. BVerfGE 96, 44 ≪51≫).
Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz gebietet zwar nicht, bei der Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten stets von Durchsuchungs- und Beschlagnahmeanordnungen abzusehen. Allerdings sind die Anforderungen an die Stärke des Tatverdachts umso höher, je weniger schwer die dem Betroffenen zur Last gelegte Tat wiegt.
In Fällen der Durchsuchung bei Handwerkern, die sich auf einen Verstoß gegen die Handwerksordnung und das Gesetz zur Bekämpfung der Schwarzarbeit stützen, sind darüber hinaus die Wertungen des Grundrechts aus Art. 12 Abs. 1 GG zu berücksichtigen. Ist im Rahmen der Ermittlungstätigkeit noch unklar, ob überhaupt eine Ordnungswidrigkeit gegeben ist oder ob es sich um die von Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Ausübung der Berufsfreiheit handelt, so gebietet der insofern schwache Anfangsverdacht eine strenge Verhältnismäßigkeitsprüfung. Mit Blick auf die Veränderung der wirtschaftlichen und rechtlichen Umstände sind Zweifel daran angebracht, ob die bis Ende des Jahres 2003 geltenden Regelungen über die Ausgestaltung des Meisterzwangs (§ 1 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 7 HwO a.F.) dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit in dem hier maßgeblichen Zeitraum noch gerecht werden konnten. Wegen dieser Bedenken hat das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass die damals geltende Ausnahmeregelung des § 8 HwO a.F. mit Blick auf Bedeutung und Tragweite des Grundrechts aus Art. 12 Abs. 1 GG großzügig anzuwenden ist (vgl. Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 5. Dezember 2005 – 1 BvR 1730/02 –, DVBl 2006, S. 244 ≪246≫). Diese Besonderheiten sind auch bei Durchsuchungsmaßnahmen zu berücksichtigen, die sich auf einen Verstoß gegen die Handwerksordnung stützen.
2. Diesen verfassungsrechtlichen Maßstäben werden die angegriffenen Beschlüsse nicht gerecht.
a) Die Fachgerichte gehen, ohne zwischen dem Tatbestand des § 117 Abs. 1 Nr. 1 HwO (in der Fassung der Bekanntmachung vom 24. September 1998) und dem des § 1 Abs. 1 Nr. 3 SchwarzArbG (in der Fassung der Bekanntmachung vom 6. Februar 1995) zu differenzieren, von einem Anfangsverdacht bezüglich einer “Ordnungswidrigkeit nach dem Gesetz zur Bekämpfung der Schwarzarbeit” aus. Angesichts der unterschiedlichen Tatbestandsvoraussetzungen und Bußgeldhöhen handelt es sich jedoch um unterschiedliche Regelungen zu Taten mit einem ebenfalls unterschiedlichen Unrechtsgehalt. Zur Begründung des Tatverdachts gehört bei § 1 Abs. 1 Nr. 3 SchwarzArbG die Darlegung der Ausführung von Dienst- oder Werkleistungen “in erheblichem Umfange”. Um diesen Anfangsverdacht verfassungsgemäß begründen zu können, ist erforderlich, dass Feststellungen getroffen werden, die nach einfachem Recht die Anwendung des Qualifikationstatbestands gegenüber dem Grundtatbestand des § 117 Abs. 1 Nr. 1 HwO nachvollziehbar machen. Kann ein Anfangsverdacht auch nicht im Ansatz im Hinblick auf § 1 Abs. 1 Nr. 3 SchwarzArbG begründet werden, so kommt eine Durchsuchung allein wegen eines Verstoßes gegen § 117 Abs. 1 HwO in Betracht.
Der angegriffenen Durchsuchungsanordnung lag lediglich eine Baustellenkontrolle zugrunde. Ausführungen dazu, warum eine einzelne Baustellenkontrolle zur Annahme eines “erheblichen Umfangs” der Ausführung von handwerklichen Dienst- oder Werkleistungen im Sinne von § 1 Abs. 1 Nr. 3 SchwarzArbG durch den Beschwerdeführer führt, fehlen. Es erscheint bedenklich, ohne weitere Anhaltspunkte von der lediglich einmaligen Ausführung handwerklicher Tätigkeiten auf einen dauerhaften und wiederholten Verstoß im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 3 SchwarzArbG zu schließen.
b) Bei der Prüfung der Verhältnismäßigkeit der Maßnahme ist nach der Schwere der dem Betroffenen zur Last gelegten Ordnungswidrigkeit zu differenzieren. Umfangreiche Ausführungen zur Verhältnismäßigkeit sind zwar weder im Durchsuchungsbeschluss, noch in der Beschwerdeentscheidung grundsätzlich und stets von Verfassungs wegen geboten. Im vorliegenden Fall hätten sich in Anbetracht des auf lediglich einer Baustellenüberprüfung beruhenden Tatverdachts Ausführungen hierzu geradezu aufdrängen müssen. Während der Beschluss des Amtsgerichts jegliche Ausführungen zur Verhältnismäßigkeit vermissen lässt, geht das Landgericht angesichts der Höhe des in § 1 Abs. 1 Nr. 3 SchwarzArbG angedrohten Bußgelds und der allgemein gesehenen großen Gemeinschädlichkeit von Schwarzarbeit von der Verhältnismäßigkeit der Maßnahme aus. Die Verhältnismäßigkeitserwägungen des Landgerichts gehen damit bereits von einer falschen Grundlage aus. Ein hinreichender Tatverdacht bezüglich einer Ordnungswidrigkeit nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 SchwarzArbG war vorliegend gerade nicht begründbar.
3. Auf die Vereinbarkeit des für die Eintragung in die Handwerksrolle in der Regel erforderlichen Befähigungsnachweises für das Handwerk mit dem Grundgesetz kommt es nach alledem nicht an. Die Frage kann hier offen bleiben, da jedenfalls eine Verletzung der Grundrechte des Beschwerdeführers aus Art. 13 Abs. 1 und Abs. 2 GG in Verbindung mit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz festzustellen ist, die der Verfassungsbeschwerde zum Erfolg verhilft.
V.
Die angegriffenen Beschlüsse sind aufzuheben (§ 95 Abs. 2 BVerfGG). Die Sache wird an das Landgericht zurückverwiesen, das noch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu entscheiden haben wird.
VI.
Die Entscheidung über die Auslagenerstattung beruht auf § 34a Abs. 2 BVerfGG.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
Unterschriften
Broß, Osterloh, Mellinghoff
Fundstellen