Verfahrensgang
LG Heidelberg (Beschluss vom 28.05.2014; Aktenzeichen 1 Qs 25/14) |
AG Heidelberg (Beschluss vom 15.05.2014; Aktenzeichen 115 Gs 456/14) |
Tenor
Der Beschluss des Landgerichts Heidelberg vom 28. Mai 2014 – 1 Qs 25/14 – und der Beschluss des Amtsgerichts Heidelberg vom 15. Mai 2014 – 115 Gs 456/14 – verletzen den Beschwerdeführer in seinen Rechten aus Artikel 2 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 1 Absatz 1, Artikel 2 Absatz 1 sowie Artikel 10 Absatz 1 jeweils in Verbindung mit Artikel 20 Absatz 3 des Grundgesetzes.
Die Beschlüsse werden aufgehoben und die Sache wird an das Amtsgericht zurückverwiesen.
Das Land Baden-Württemberg hat dem Beschwerdeführer seine notwendigen Auslagen zu erstatten.
Damit erledigt sich der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung von Rechtsanwalt Sch.
Tatbestand
Die Verfassungsbeschwerde des in Haft befindlichen Beschwerdeführers betrifft die Anordnung von Beschränkungen nach § 119 Abs. 1 StPO.
I.
1. Der Beschwerdeführer befindet sich seit dem 14. Mai 2014 in der Justizvollzugsanstalt Mannheim zur Verbüßung von Ersatzfreiheitsstrafen in Haft. Mit Beschluss vom 15. Mai 2014 erließ das Amtsgericht Heidelberg wegen des Verdachts des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln einen weiteren Haftbefehl.
2. a) Mit angegriffenem Beschluss vom 15. Mai 2014 ordnete das Amtsgericht Heidelberg an, dass
- „der Empfang von Besuchen und die Telekommunikation der Erlaubnis bedarf,
- Besuche, Telekommunikation sowie der Schrift- und Paketverkehr zu überwachen sind – Besuche optisch und akustisch,
- die Übergabe von Gegenständen bei Besuchen der Erlaubnis bedarf,”
weil dies zur Abwehr der bestehenden Flucht-, Verdunkelungs- und Wiederholungsgefahr erforderlich sei (§ 119 Abs. 1 StPO). Soweit gemäß § 116b StPO andere freiheitsentziehende Maßnahmen der Vollstreckung der Untersuchungshaft vorgingen, gölten die angeordneten Beschränkungen auch für diese.
b) Gegen den Beschluss legte der anwaltlich vertretene Beschwerdeführer Beschwerde ein, die er unter anderem damit begründete, dass die angegriffene Entscheidung keine Begründung enthalte, sondern allein die Haftgründe aufzähle. Die Vorschrift des § 119 StPO sehe keine allgemein anzuordnende Beschränkung vor, vielmehr sei eine einzelfallbezogene Prüfung geboten. Eine solche sei weder im Hinblick auf die Erforderlichkeit insgesamt, noch für jede einzelne Beschränkung vorgenommen worden.
Mit angegriffenem Beschluss vom 28. Mai 2014 verwarf das Landgericht Heidelberg die Beschwerde als unbegründet. Das Amtsgericht habe der Beschwerde – mit dem Hinweis, dass es sich hinsichtlich der im angefochtenen Beschluss angeführten Wiederholungsgefahr um ein Schreibversehen handele – nicht abgeholfen. Das Rechtsmittel bleibe in der Sache ohne Erfolg. Die aufgestellten, nach § 119 StPO zulässigen Beschränkungen der Untersuchungshaft seien aus Sicht der Kammer erforderlich und angemessen, um der bestehenden Flucht- und Verdunkelungsgefahr, die angesichts des Verfahrensgegenstandes naheliege, zu begegnen.
c) Mit Schriftsatz vom 2. Juni 2014 erhob der anwaltlich vertretene Beschwerdeführer Gegenvorstellung. Die Ausführungen des Landgerichts seien aus Sicht der Verteidigung unzureichend und nicht geeignet, die rechtswidrige Entscheidung des Amtsgerichts zu bestätigen. Der Beschluss enthalte allein einen Hinweis auf die Abwehr von abstrakten Gefahren. Dem Beschluss des Amtsgerichts sei nicht zu entnehmen gewesen, welche Tatsachen der Entscheidung zugrunde gelegen hätten, weshalb das Landgericht bereits deshalb nicht in der Lage gewesen sei, die Überlegungen des Amtsgerichts zu überprüfen. Auch dem Beschluss des Landgerichts könnten keine Tatsachen entnommen werden, die eine reale Gefahr begründen könnten. Weder seien Anhaltspunkte dafür bekannt, dass der Beschwerdeführer seine Flucht aus der Justizvollzugsanstalt plane, noch dafür, dass dies Dritte planten. Der Beschluss des Landgerichts sei so zu verstehen, dass dem Tatvorwurf des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln bereits die Gefahr der Flucht und Verdunkelung innewohne und bei Beschuldigten eines solchen Verfahrensgegenstandes stets konkret mit Flucht und damit zu rechnen sei, dass Dritte dies zu Gunsten des Beschuldigten planten. Dies bedeute aber, dass in sämtlichen Verfahren, denen der Vorwurf des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln zugrunde liege, stets und ausnahmslos Anordnungen nach § 119 StPO zu treffen seien. Eine solche Sichtweise verkenne die Ausnahmeregelung des § 119 StPO. Zudem sei es im Zeitpunkt der Entscheidung zu zwei Hausdurchsuchungen mit Beschlagnahme der beweiserheblichen Betäubungsmittel gekommen, und der Beschwerdeführer habe ausgesagt, so dass eine Beweismittelvernichtung gar nicht mehr möglich sei.
Mit Verfügung vom 13. Juni 2014 wies der Vorsitzende der erkennenden Kammer des Landgerichts die Gegenvorstellung als unzulässig zurück. Entscheidungen der Kammer als Beschwerdegericht seien nicht abänderbar. Etwas anderes könne nur im – hier nicht vorliegenden – Falle des Vortrags neuer Tatsachen gelten. Der Hinweis des Beschwerdeführers auf eine unzureichende Begründung des Kammerbeschlusses treffe nicht zu. Zwar sei richtig, dass in jedem Einzelfall die konkrete Erforderlichkeit von beschränkenden Maßnahmen nach § 119 StPO zu prüfen sei. Daraus folge aber nicht, dass allgemeine Erwägungen in diese Prüfung nicht einfließen dürften. Es sei auch zulässig, zur Begründung der Beschränkungsanordnung auf im Haftbefehl nicht herangezogene Haftgründe zurückzugreifen. Dies gelte in besonderer Weise für Delikte aus dem Bereich der Betäubungsmittelkriminalität, die erfahrungsgemäß konspirativ abgewickelt würden. Die beschränkenden Maßnahmen seien gemessen daran notwendig. Es sei dabei zu berücksichtigen, dass der Beschwerdeführer am 13. Mai 2014 mit zwei Personen, von denen eine bislang unbekannt sei, in der Wohnung seiner Lebensgefährtin aufgetaucht sei. Warum beide den Beschwerdeführer begleitet hätten, sei offen. Die Angaben des Beschwerdeführers zu den Cannabispflanzen und dem Verwendungszweck des von ihm erworbenen Marihuanas seien im Übrigen ungereimt und unglaubhaft. So sei nicht zu erkennen, warum er damit begonnen haben solle, trotz Trennung von seiner Lebensgefährtin in deren Wohnung eine größere Cannabispflanzung anzulegen und außerdem größere Mengen Marihuanas dorthin zu verbringen, die kaum dem Eigenkonsum gedient haben dürften. Bei dieser Sachlage sprächen weit überwiegende Umstände für die Annahme, dass sich der Beschwerdeführer nicht allein, sondern im Rahmen größerer Strukturen mit dem Drogenhandel befasst habe. Die vom Amtsgericht angeordneten Beschränkungen seien auch unter Abwägung der Belange des Beschwerdeführers geboten.
Entscheidungsgründe
II.
1. a) Mit seiner Verfassungsbeschwerde, für die er die Bewilligung von Prozesskostenhilfe und die Beiordnung von Rechtsanwalt Sch. beantragt, wendet sich der anwaltlich vertretene Beschwerdeführer gegen den Beschluss des Amtsgerichts vom 15. Mai 2014 und den Beschluss des Landgerichts vom 28. Mai 2014. Er rügt eine Verletzung seiner Grundrechte aus Art. 6 Abs. 1 und 2 sowie aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 GG.
Die vom Landgericht bestätigten Anordnungen des Amtsgerichts hinderten den Beschwerdeführer an der unmittelbaren und uneingeschränkten Kommunikation mit Dritten, insbesondere mit seiner Familie. Die Beschränkungen seien gerade nicht Folge der vollzogenen Untersuchungshaft an sich, und als solche grundsätzlich hinzunehmen, sondern stellten eine darüber hinausgehende Einschränkung dar, wobei dieser Eingriff in sein Persönlichkeitsrecht einer besonderen Abwägung und Verhältnismäßigkeitsprüfung im Einzelfall bedürfe. Daran mangele es den angegriffenen Beschlüssen. Das Landgericht halte die angeordneten Beschränkungen schon wegen des Tatvorwurfs an sich für gerechtfertigt, also bei dem Vorwurf des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln stets für erforderlich und angemessen. Damit verkenne es den Ausnahmecharakter der Vorschrift.
Die Anordnungen verstießen auch gegen das Grundrecht des Beschwerdeführers aus Art. 6 Abs. 1 und 2 GG. Er sei leiblicher Vater von vier Kindern im Alter zwischen 2 und 12 Jahren, und die Anordnungen führten zu einer ungerechtfertigten und nicht hinnehmbaren Behinderung des Kontakts zu seiner Familie.
b) Einen mit der Verfassungsbeschwerde verbundenen Eilantrag hat das Bundesverfassungsgericht abgelehnt (BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 18. August 2014 – 2 BvR 1513/14 –).
2. Das Justizministerium Baden-Württemberg hat von einer Stellungnahme zum Verfahren abgesehen.
3. Die Akten des fachgerichtlichen Verfahrens wurden beigezogen.
III.
Die Verfassungsbeschwerde wird zur Entscheidung angenommen, weil dies zur Durchsetzung der Grundrechte des Beschwerdeführers angezeigt ist (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Zu dieser Entscheidung ist die Kammer berufen, weil die maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen durch das Bundesverfassungsgericht bereits entschieden sind und die Verfassungsbeschwerde offensichtlich begründet ist (§ 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG).
Die angegriffenen Beschlüsse des Amts- und Landgerichts verletzen den Beschwerdeführer in seinen Rechten aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 sowie Art. 10 Abs. 1 GG jeweils in Verbindung mit dem in Art. 20 Abs. 3 GG wurzelnden Verhältnismäßigkeitsgrundsatz.
1. Die angeordneten Beschränkungen greifen in die genannten Grundrechte des Beschwerdeführers ein (vgl. zur Besuchsüberwachung BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 20. Juni 1996 – 2 BvR 634/96 –, juris, Rn. 8 m.w.N.; zur Beschränkung des Besuchsverkehrs BVerfGE 34, 384 ≪395 ff.≫; zur Postkontrolle BVerfGK 19, 140 ≪146 f.≫ m.w.N.).
2. In Grundrechte darf nur auf gesetzlicher Grundlage eingegriffen werden. Dieser allgemeine rechtsstaatliche Grundsatz gilt auch für den Vollzug der Untersuchungshaft. Die Vorschrift des § 119 Abs. 1 StPO bietet – wie bereits die bis 31. Dezember 2009 geltende Vorgängernorm des § 119 Abs. 3 StPO – grundsätzlich eine zureichende gesetzliche Grundlage für Einschränkungen grundrechtlicher Freiheiten des Untersuchungsgefangenen und – gemäß § 119 Abs. 6 Satz 1 StPO – auch des Strafgefangenen, für den die nach § 116b Satz 2 StPO nachrangig zu vollstreckende Untersuchungshaft angeordnet ist (vgl. BVerfGE 34, 369 ≪379≫; 34, 384 ≪395≫; 35, 307 ≪309≫; 35, 311 ≪316≫; 57, 170 ≪177≫). Die Auslegung der Vorschriften des Untersuchungshaftrechts hat allerdings dem Umstand Rechnung zu tragen, dass ein Untersuchungsgefangener noch nicht rechtskräftig verurteilt ist und deshalb allein den unvermeidlichen Beschränkungen unterworfen werden darf (vgl. BVerfGE 15, 288 ≪295≫; 34, 369 ≪379≫; 42, 95 ≪100≫; BVerfGK 13, 163 ≪165≫). Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit muss daher den Vollzug der Untersuchungshaft in besonderem Maße prägen (vgl. BVerfGE 34, 369 ≪380≫; 35, 5 ≪9≫; 35, 307 ≪309≫; BVerfGK a.a.O.). Die besonderen Anforderungen, die sich aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit für den Vollzug der Untersuchungshaft ergeben, begrenzen auch die Möglichkeit der Verallgemeinerung von Beschränkungen. Bei der Anwendung generalklauselartiger Vorschriften ist grundsätzlich die Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles geboten (vgl. BVerfGE 15, 288 ≪297≫; 35, 5 ≪11≫; 35, 307 ≪309≫; BVerfGK 12, 378 ≪380≫; 13, 163 ≪165≫). Voraussetzung für die Zulässigkeit von Grundrechtseingriffen auf der Grundlage von § 119 StPO ist eine reale Gefährdung der in der Bestimmung bezeichneten öffentlichen Interessen (vgl. BVerfGE 15, 288 ≪295≫; 34, 369 ≪380≫), der durch die Inhaftierung allein nicht ausreichend entgegengewirkt werden kann. Für das Vorliegen einer solchen Gefahr müssen konkrete Anhaltspunkte bestehen (vgl. BVerfGE 35, 5 ≪10≫; 42, 234 ≪236≫; 57, 170 ≪177≫). Die bloße Möglichkeit, dass ein Untersuchungsgefangener seine Freiheiten missbraucht, reicht nicht aus (vgl. BVerfGE 35, 5 ≪10≫; BVerfG, Beschlüsse der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 25. Juli 1994 – 2 BvR 806/94 –, NJW 1995, S. 1478 ≪1480≫, vom 20. Juni 1996 – 2 BvR 634/96 –, juris, Rn. 8, und vom 10. Januar 2008 – 2 BvR 1229/07 – juris, Rn. 17).
Diese noch für die alte Gesetzesfassung aufgestellten Grundsätze gelten nach der Neufassung des § 119 StPO gleichermaßen für die Anordnung von Beschränkungen nach Absatz 1 der Vorschrift (vgl. auch Meyer-Goßner, StPO, 56. Aufl. 2013, § 119 Rn. 6 f. m.w.N.). Nachdem der Untersuchungshaftvollzug nunmehr Ländersache ist, beschränkt sich die bundesgesetzliche Regelung auf Maßnahmen, die dem Zweck der Untersuchungshaft zu dienen bestimmt sind (vgl. BGH, NJW 2012, S. 1158 ≪1158 f.≫ m.zahlr.w.N.). Für diesen Bereich stellt § 119 Abs. 1 StPO weiterhin die generalklauselartige Rechtsgrundlage für Beschränkungen der Untersuchungshaft dar. Mit der Neufassung dieser Vorschrift will der Gesetzgeber sicherstellen, dass in jedem Einzelfall jede Beschränkung von dem Haftgericht auf ihre konkrete Erforderlichkeit geprüft und begründet wird (BRDrucks 829/08, S. 32).
3. Den oben dargestellten Grundsätzen werden die Entscheidungen des Amts- und Landgerichts nicht gerecht; sie lassen keine einzelfallbezogene Abwägung erkennen, wenn sie sich mit der Feststellung begnügen, die angeordneten Beschränkungen seien zur Abwehr von Flucht- und Verdunkelungsgefahr erforderlich. Dies gilt unabhängig davon, ob die in Streit stehenden Beschränkungen der Untersuchungshaft auch in verfassungsgemäßer Weise hätten angeordnet werden können.
Das Amtsgericht verzichtet – abgesehen von der Bezugnahme auf die Haftgründe – auf jede Begründung seiner Entscheidung. Auch die Annahme des Landgerichts, Flucht- und Verdunkelungsgefahr lägen angesichts des Verfahrensgegenstandes nahe, stellt keine einzelfallbezogene Verhältnismäßigkeitsprüfung dar. Das Vorliegen der Haftgründe allein kann Anordnungen nach § 119 Abs. 1 StPO schon deshalb nicht rechtfertigen, weil diese bereits Voraussetzung der Untersuchungshaft und deshalb für sich genommen nicht geeignet sind, die Erforderlichkeit darüber hinausgehender Beschränkungen zu begründen. Weder zeigen die angegriffenen Beschlüsse eine trotz Inhaftierung fortdauernde konkrete Gefährdung der Haftzwecke auf, noch erfolgt eine Prüfung, ob gerade die angeordneten Maßnahmen zur Behebung dieser Gefahr verhältnismäßig sind. Diese Auseinandersetzung war auch nicht deshalb entbehrlich, weil sich die Gefährdung der Haftzwecke ohne die angeordneten Beschränkungen in hinreichendem Maß aus der Natur des Tatvorwurfs ergeben hätte. Die Kammer verkennt dabei nicht, dass gerade im Bereich der Betäubungsmittelkriminalität die Anordnung von Beschränkungen nach § 119 Abs. 1 StPO in der überwiegenden Zahl der Fälle erforderlich sein mag, weil erfahrungsgemäß damit zu rechnen ist, dass der Beschuldigte anderenfalls – etwa telefonisch – auf den Kreis seiner Lieferanten und Abnehmer in unlauterer Weise einwirken wird. Jedoch ist zumindest der jeweilige Stand der Ermittlungen zu berücksichtigen. Im Übrigen kann angesichts der Vielgestaltigkeit möglicher Tathergänge und -zusammenhänge allein der pauschale Verweis auf den Tatvorwurf – der Handel mit Betäubungsmitteln – den vorliegenden Abwägungs- und Begründungsmangel nicht beheben.
Schließlich ist der vorliegende Abwägungsmangel nicht durch die Verfügung des Vorsitzenden der 1. Großen Strafkammer vom 13. Juni 2014 geheilt worden. Dabei kann offen bleiben, unter welchen Voraussetzungen eine Heilung überhaupt in Betracht kommt und ob die in der Verfügung vorgenommene Begründung dem dargestellten Maßstab einer einzelfallbasierten Abwägung gerecht wird. Eine Heilung des Abwägungsdefizits scheidet bereits deshalb aus, weil die fragliche Verfügung lediglich vom Vorsitzenden der Großen Strafkammer unterzeichnet ist. Die am Ausgangsbeschluss mitwirkenden beisitzenden Richter waren hieran nicht beteiligt, sodass keine Entscheidung des für die Beschwerde gegen den amtsgerichtlichen Beschluss zuständigen Kollegialorgans vorliegt. Zudem ist nicht ersichtlich, dass dem Beschwerdeführer zu der – erstmals in der Verfügung offengelegten – Begründung der Anordnungen rechtliches Gehör gewährt worden ist.
4. Ob durch die angegriffenen Entscheidungen weitere Grundrechte des Beschwerdeführers – insbesondere aus Art. 6 Abs. 1 GG – verletzt worden sind, kann angesichts des Verstoßes gegen Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 und Art. 10 Abs. 1 GG dahinstehen.
IV.
Die Entscheidung über die Aufhebung und Zurückverweisung beruht auf § 95 Abs. 2 BVerfGG. Die Auslagen für das Verfassungsbeschwerdeverfahren sind dem Beschwerdeführer gemäß § 34a Abs. 2 BVerfGG zu erstatten.
Unterschriften
Landau, Kessal-Wulf, König
Fundstellen