Verfahrensgang
BayObLG (Beschluss vom 18.10.2004; Aktenzeichen 6 St ObWs 001/04) |
LG München I (Beschluss vom 02.03.2004; Aktenzeichen 2 Qs 19/04) |
AG München (Entscheidung vom 12.11.2003; Aktenzeichen 834 Gs 283 c/03) |
AG München (Entscheidung vom 31.10.2003; Aktenzeichen 834 Gs 276 c/03) |
Tenor
Der Beschluss des Bayerischen Obersten Landesgerichts vom 18. Oktober 2004 – 6 St ObWs 001/04 – verletzt den Beschwerdeführer in seinen Grundrechten aus Artikel 19 Absatz 4 Satz 1 in Verbindung mit Artikel 2 Absatz 2 Satz 2 des Grundgesetzes, soweit er lediglich feststellt, dass der Haftbefehl des Amtsgerichts München vom 12. November 2003 im Zeitpunkt der Einlegung der Haftbeschwerde vom 20. Februar 2004 rechtswidrig war, und im Übrigen den Antrag des Beschwerdeführers auf nachträgliche gerichtliche Feststellung als unzulässig verwirft. Insoweit wird der Beschluss aufgehoben und die Sache an das Bayerische Oberste Landesgericht zurückverwiesen.
Im Übrigen wird die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen.
Der Freistaat Bayern hat dem Beschwerdeführer vier Fünftel seiner notwendigen Auslagen zu erstatten.
Tatbestand
A.
Der Beschwerdeführer wendet sich mit seiner Verfassungsbeschwerde gegen die teilweise Zurückweisung seines Antrags auf Feststellung der Rechtswidrigkeit erlittener Untersuchungshaft.
I.
1. Der Beschwerdeführer befand sich auf Grund Haftbefehls des Amtsgerichts München vom 31. Oktober 2003, in dem ihm die Bildung einer kriminellen Vereinigung gemäß § 129 Abs. 1 StGB vorgeworfen wurde, seit 31. Oktober 2003 in Untersuchungshaft. Dieser Haftbefehl wurde am 20. November 2003 aufgehoben und durch den Haftbefehl des Amtsgerichts München vom 12. November 2003 ersetzt, der mit einer neuen, auf dem aktuellen Stand der Ermittlungen aufbauenden, detaillierteren Sachverhaltsschilderung ebenfalls auf den Tatvorwurf der Bildung einer kriminellen Vereinigung gestützt wurde.
2. Mit Schriftsatz vom 17. November 2003 legte der Beschwerdeführer gegen den Haftbefehl vom 31. Oktober 2003 Beschwerde ein, da der Haftbefehl jeglicher verwertbarer Grundlage entbehre und vor allem ein hinreichender und erst recht ein dringender Tatverdacht fehle. Hierüber erfolgte zunächst keine Entscheidung.
3. Mit Schriftsatz vom 20. Februar 2004 legte der Beschwerdeführer gegen den Haftbefehl vom 12. November 2003 Beschwerde ein und beantragte zugleich, über die Beschwerde vom 17. November 2003 gegen den Haftbefehl vom 31. Oktober 2003 zu entscheiden, da nach wie vor ein Feststellungsinteresse bestehe.
4. Mit Beschluss vom 2. März 2004 verwarf das Landgericht München I die Beschwerde gegen den Haftbefehl vom 12. November 2003 unter Bejahung von dringendem Tatverdacht und Fluchtgefahr als unbegründet.
5. Mit Beschluss vom 12. März 2004 verwarf das Landgericht München I die Beschwerde gegen den Haftbefehl vom 31. Oktober 2003, der das Amtsgericht München mit Beschluss vom 1. März 2004 nicht abgeholfen hatte, als unzulässig, da sie durch den Haftbefehl vom 12. November 2003 prozessual überholt sei und wegen unveränderten Fortbestehens des den dringenden Tatverdacht begründenden Grundsachverhaltes auch kein besonderes Feststellungsinteresse bestehe.
6. Gegen den Beschluss des Landgerichts München I vom 2. März 2004 legte der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 12. März 2004 weitere Beschwerde ein und beantragte, den Haftbefehl vom 12. November 2003 aufzuheben, hilfsweise außer Vollzug zu setzen. Das Bayerische Oberste Landesgericht, dem die weitere Beschwerde zur Entscheidung vorgelegt wurde, hob, nachdem die Staatsanwaltschaft am 27. April 2004 gemäß § 120 Abs. 3 Satz 1 StPO die Aufhebung des Haftbefehls vom 12. November 2003 beantragt hatte, diesen ohne weitere Sachprüfung mit Beschluss vom 27. April 2004 auf. Der Beschwerdeführer wurde aus der Untersuchungshaft entlassen. Mit Schriftsatz vom 27. Mai 2004 teilte der Beschwerdeführer mit, dass die Beschwerde gegen den Haftbefehl vom 12. November 2003 mit dem Antrag aufrecht erhalten werde, dass der Haftbefehl bereits seit Erlass rechtswidrig gewesen sei. Mit Schriftsatz vom 7. September 2004 beantragte der Beschwerdeführer, die Rechtswidrigkeit der angeordneten Haft zum Zeitpunkt des Erlasses des Haftbefehls zu prüfen, hilfsweise festzustellen, dass bereits zum Zeitpunkt der Einlegung der Haftbeschwerde die angeordnete Untersuchungshaft rechtswidrig gewesen sei.
7. Mit Verfügung vom 20. September 2004 sah die Staatsanwaltschaft München I gemäß § 154 Abs. 1 StPO von der Verfolgung des den genannten Haftbefehlen zu Grunde liegenden Tatvorwurfs der Bildung einer kriminellen Vereinigung im Hinblick auf eine Anklageerhebung gegen den Beschwerdeführer wegen des Verdachts der Verbreitung pornographischer Schriften gemäß § 184 Abs. 5 Satz 2 a.F. StGB ab.
8. Mit Beschluss vom 18. Oktober 2004 stellte das Bayerische Oberste Landesgericht fest, dass der Haftbefehl des Amtsgerichts München vom 12. November 2003 im Zeitpunkt der Einlegung der Haftbeschwerde vom 20. Februar 2004 rechtswidrig war. Im Übrigen verwarf es den Antrag des Beschwerdeführers auf nachträgliche gerichtliche Feststellung der Rechtswidrigkeit als unzulässig, da ein rechtlich schützenswertes Interesse hieran nur in den zeitlichen und sachlichen Grenzen bestehe, die für die ursprünglich begehrte Beschwerdeentscheidung (hier: Aufhebung des Haftbefehls) maßgeblich gewesen seien. Dies ergebe sich aus dem subsidiären Charakter des Feststellungsanspruchs. Das Feststellungsbegehren trete an die Stelle des ursprünglichen Rechtsschutzbegehrens. Insoweit bestehe kein rechtlich schützenswertes Interesse, dem Betroffenen einen weiter gehenden Prüfungsrahmen als bei seinem zunächst verfolgten Primäranspruch zu eröffnen. Gegenstand der gerichtlichen Prüfung sei deshalb der Haftbefehl im Zeitpunkt der Haftbeschwerde und nicht die lückenlose Kontrolle der Haftbefehlsvoraussetzungen seit dessen Erlass.
Das Feststellungsbegehren erweise sich im Hilfsantrag auch als begründet. Der Haftbefehl vom 12. November 2003 hätte, wenn kein Antrag gemäß § 120 Abs. 3 StPO gestellt worden wäre, vom Senat aus sachlichen Gründen aufgehoben werden müssen. Es habe kein dringender Tatverdacht der mitgliedschaftlichen Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung bestanden.
II.
1. Der Beschwerdeführer rügt die Verletzung des Grundrechts auf effektiven Rechtsschutz (Art. 19 Abs. 4 GG), des Freiheitsgrundrechts (Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG) und des Willkürverbotes (Art. 3 Abs. 1 GG).
Das Bayerische Oberste Landesgericht habe in dem angegriffenen Beschluss vom 18. Oktober 2004 das Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz verletzt, indem es den Antrag des Beschwerdeführers auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der Untersuchungshaft von Anfang an als unzulässig abgewiesen habe. Da das Ermittlungsverfahren nicht nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt worden sei, entfalle die Möglichkeit einer Rehabilitation bezüglich der erlittenen Haft. Hierdurch entstehe ein besonderes Interesse an nachträglicher Feststellung der Rechtswidrigkeit der Haft.
Des Weiteren liege durch die falsche Behauptung eines tatsächlich nicht vorhandenen Tatverdachts durch die Ermittlungsbehörden und durch das den Haftbefehl erlassende Gericht ein Verstoß gegen das Willkürverbot vor. Die Ermittlungsbehörden hätten willkürlich den Verdacht auf eine Katalogstraftat behauptet, um in rechtswidriger Weise die Telefongespräche des Beschwerdeführers abhören zu können. Das Gericht habe diese Behauptung ungeprüft übernommen.
Das Bayerische Oberste Landesgericht habe bei seiner Begründung, dass kein dringender Tatverdacht bestehe, detailliert Ermittlungsergebnisse dargestellt und seine Entscheidung darauf gestützt. Hierbei habe es gezielt keine Aussage aus dem Zeitraum vor dem Erlass des Haftbefehls herangezogen. Aus der Akte ergebe sich jedoch, dass die vom Bayerischen Obersten Landesgericht als Entscheidungsgrundlage herangezogenen Tatsachen bereits vor Erlass des Haftbefehls bekannt gewesen seien und somit kein dringender Verdacht auf Bildung einer kriminellen Vereinigung vorgelegen habe. Im Einzelnen sei auf die Aussage des Zeugen K… vom 17. Oktober 2003 verwiesen, woraus sich ergebe, dass keinerlei feste Struktur innerhalb der Gruppe vorgelegen habe, was Voraussetzung für das Vorliegen einer kriminellen Vereinigung wäre, und dass jegliches strafrechtlich relevante Verhalten oder Gespräch innerhalb der Gruppe unterbunden worden sei.
2. Das Bayerische Staatsministerium der Justiz hatte Gelegenheit zur Stellungnahme (§ 94 Abs. 2 BVerfGG). Es vertritt die Ansicht, die Verfassungsbeschwerde sei teilweise unzulässig, im Übrigen unbegründet. Vor allem verletze die angegriffene Entscheidung des Bayerischen Obersten Landesgerichts vom 18. Oktober 2004 den Beschwerdeführer nicht in seinem Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz aus Art. 19 Abs. 4 GG. Der Beschwerdeführer habe in seinen Schriftsätzen vom 20. Februar und 12. März 2004 lediglich Beschwerde (bzw. weitere Beschwerde) gegen den Haftbefehl des Amtsgerichts München vom 12. November 2003 eingelegt. Diesen Schriftsätzen könne nicht entnommen werden, dass er mit seinem Rechtsmittel auch die Feststellung der Rechtswidrigkeit des Haftbefehls bereits zum Zeitpunkt seines Erlasses anstrebte. Vielmehr ergebe sich aus ihnen, dass es dem Beschwerdeführer vordringlich auf eine Aufhebung des Haftbefehls angekommen sei. Nur darüber habe das Landgericht München I in dem Beschluss vom 2. März 2004 entschieden. Nach Erledigung der Hauptsache durch Aufhebung des Haftbefehls sei auch das Bayerische Oberste Landesgericht im Verfahren über die weitere Beschwerde nicht gehalten gewesen, Verfahrensgegenstände einzubeziehen, über die das Landgericht nicht entschieden habe. Es habe sich somit zu Recht darauf beschränkt, die Rechtswidrigkeit des Haftbefehls vom 12. November 2003 zum Zeitpunkt der Einlegung der Haftbeschwerde vom 20. Februar 2004 festzustellen.
Entscheidungsgründe
B.
Die Kammer nimmt die – zulässige – Verfassungsbeschwerde gegen den Beschluss des Bayerischen Obersten Landesgerichts vom 18. Oktober 2004 zur Entscheidung an, weil dies zur Durchsetzung der Grundrechte des Beschwerdeführers angezeigt ist (§ 93b in Verbindung mit § 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG), und gibt ihr statt. Die Verfassungsbeschwerde ist insoweit in einer die Entscheidungszuständigkeit der Kammer gemäß § 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG eröffnenden Weise offensichtlich begründet; die für die Beurteilung maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen hat das Bundesverfassungsgericht bereits entschieden.
Im Übrigen wird die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen.
I.
Das Bayerische Oberste Landesgericht hat die Grundrechte des Beschwerdeführers aus Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG in Verbindung mit Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG verletzt, indem es den Feststellungsantrag des Beschwerdeführers teilweise als unzulässig verworfen hat.
1. a) Art. 19 Abs. 4 GG enthält ein Grundrecht auf effektiven und möglichst lückenlosen richterlichen Rechtsschutz gegen Akte der öffentlichen Gewalt (vgl. BVerfGE 8, 274 ≪326≫; 67, 43 ≪58≫; 96, 27 ≪39≫; 104, 220 ≪231≫; stRspr). Die in Art. 19 Abs. 4 GG verbürgte Effektivität des Rechtsschutzes wird in erster Linie von den Prozessordnungen gesichert. Sie treffen Vorkehrungen dafür, dass der Einzelne seine Rechte auch tatsächlich wirksam durchsetzen kann und die Folgen staatlicher Eingriffe im Regelfall nicht ohne gerichtliche Prüfung zu tragen hat (vgl. BVerfGE 94, 166 ≪213≫; 96, 27 ≪39≫; 104, 220 ≪231≫). Dabei fordert Art. 19 Abs. 4 GG zwar keinen Instanzenzug (vgl. BVerfGE 49, 329 ≪343≫; 83, 24 ≪31≫; 87, 48 ≪61≫; 92, 365 ≪410≫; 96, 27 ≪39≫; 104, 220 ≪231≫; stRspr). Eröffnet das Prozessrecht aber eine weitere Instanz, so gewährleistet Art. 19 Abs. 4 GG in diesem Rahmen die Effektivität des Rechtsschutzes im Sinne eines Anspruchs auf eine wirksame gerichtliche Kontrolle (vgl. BVerfGE 40, 272 ≪274 f.≫; 54, 94 ≪96 f.≫; 65, 76 ≪90≫; 96, 27 ≪39≫; 104, 220 ≪232≫; stRspr). Das Rechtsmittelgericht darf ein von der jeweiligen Prozessordnung eröffnetes Rechtsmittel daher nicht ineffektiv machen und für den Beschwerdeführer “leer laufen” lassen (vgl. BVerfGE 78, 88 ≪98 f.≫; 96, 27 ≪39≫; 104, 220 ≪232≫; Beschlüsse der 1. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 3. Februar 1999 – 2 BvR 804/97 –, NJW 1999, S. 3773 und der 3. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 18. Dezember 2002 – 2 BvR 1660/02 –, NJW 2003, S. 1514 ≪1515≫). Hiervon muss sich das Rechtsmittelgericht bei der Antwort auf die Frage leiten lassen, ob im jeweiligen Einzelfall für ein nach der Prozessordnung statthaftes Rechtsmittel ein Rechtsschutzinteresse besteht.
b) Der Beschwerdeführer ist zwar durch den Haftbefehl vom 12. November 2003 nicht mehr gegenwärtig beschwert. Es besteht aber ein Rechtsschutzbedürfnis für die Feststellung der Verfassungswidrigkeit des angegriffenen Hoheitsaktes (vgl. BVerfGE 53, 152 ≪157≫). Dieses ist nicht dadurch entfallen, dass der Haftbefehl aufgehoben wurde.
Allerdings ist es mit der durch Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG sowie durch Art. 20 Abs. 3 in Verbindung mit Art. 2 Abs. 1 GG verbürgten Effektivität des Rechtsschutzes grundsätzlich vereinbar, ein Rechtsschutzinteresse nur solange als gegeben anzusehen, wie eine gegenwärtige Beschwer ausgeräumt, einer Wiederholungsgefahr begegnet oder eine fortwirkende Beeinträchtigung beseitigt werden kann. Darüber hinaus kann aber ein Feststellungsinteresse vor allem bei schwerwiegenden, tatsächlich aber nicht mehr fortwirkenden Grundrechtseingriffen fortbestehen. Solche kommen vor allem bei Anordnungen in Betracht, die das Grundgesetz – wie in den Fällen des Art. 13 Abs. 2 und Art. 104 Abs. 2 und 3 – vorbeugend dem Richter vorbehalten hat (Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 3. Februar 1999 – 2 BvR 804/97 –, NJW 1999, S. 3773), so dass ein Feststellungsinteresse wegen des Eingriffs in das Freiheitsgrundrecht auch bei der unter Beachtung der Unschuldsvermutung vollzogenen Untersuchungshaft zu bejahen ist (vgl. BVerfGE 9, 89 ≪93≫; 53, 152 ≪157 f.≫; Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 4. Februar 2000 – 2 BvR 453/99 –, NJW 2000, S. 1401). Auf diese Weise stehen Anordnungen einer Freiheitsentziehung (Art. 2 Abs. 2 Satz 2, Art. 104 Abs. 2 und 3 GG) einer gerichtlichen und verfassungsgerichtlichen Überprüfung offen, auch wenn die angeordnete Maßnahme inzwischen durchgeführt und beendet ist (vgl. BVerfGE 96, 27 ≪40≫; 104, 220 ≪233≫).
Während früher generell eine nachträgliche gerichtliche Klärung schwerwiegender Grundrechtseingriffe davon abhängig gemacht wurde, dass deren direkte Belastung sich auf eine Zeitspanne beschränkt, in der der Betroffene die gerichtliche Entscheidung in dem von der maßgeblichen Prozessordnung vorgesehenen Verfahren kaum erlangen kann (vgl. BVerfGE 96, 27 ≪39 f.≫; 110, 77 ≪85 f.≫), hängt nach der neueren Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts die Gewährung von Rechtsschutz im Hinblick auf das bei Freiheitsentziehungen bestehende Rehabilitierungsinteresse weder vom konkreten Ablauf des Verfahrens und dem Zeitpunkt der Erledigung der Maßnahme noch davon ab, ob Rechtsschutz typischerweise noch vor Beendigung der Haft erlangt werden kann (so BVerfGE 104, 220 ≪235≫ zur Abschiebungshaft; Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 13. März 2002 – 2 BvR 261/01 –, NJW 2002, S. 2700 ≪2701≫ zur diskriminierenden Unterbringung beim Strafvollzug). Nichts anderes kann für den Fall der strafrechtlichen Untersuchungshaft gelten. Die Beschwerde darf in solchen Fällen nicht wegen prozessualer Überholung als unzulässig verworfen werden; vielmehr ist die Rechtmäßigkeit der zwischenzeitlich erledigten Maßnahme zu prüfen und gegebenenfalls deren Rechtswidrigkeit festzustellen (vgl. BVerfGE 96, 27 ≪41 f.≫; 104, 220 ≪235 f.≫; Beschlüsse der 1. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 3. Februar 1999 – 2 BvR 804/97 –, NJW 1999, S. 3773 und vom 4. Februar 2000 – 2 BvR 453/99 –, NJW 2000, S. 1401; im Anschluss hieran OLG Celle, Beschluss vom 21. Februar 2003 – 2 Ws 39/03 –, in JURIS; Matt, in: Löwe-Rosenberg, StPO, 25. Aufl. 2003, Vor § 304 Rn. 72; § 304 Rn. 54; Meyer-Goßner, StPO, 48. Aufl. 2005, Vor § 296 Rn. 18a m.w.N.; Wankel, in: KMR – Kommentar zur StPO, Stand Dezember 2003, § 117 Rn. 16).
2. a) Das Bayerische Oberste Landesgericht hat zwar die sich aus Art. 19 Abs. 4 GG in Verbindung mit Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG ergebenden Anforderungen an die Gewährung eines effektiven Rechtsschutzes dem Grunde nach erkannt, indem es ein Rechtsschutzinteresse des Beschwerdeführers an der Feststellung der Rechtswidrigkeit des mittlerweile aufgehobenen Haftbefehls als gegeben ansah. Es hat jedoch insoweit den effektiven Rechtsschutz des Beschwerdeführers nicht ausreichend gewahrt, als es den Antrag auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der Untersuchungshaft für den Zeitraum vor Einlegung der Haftbeschwerde vom 20. Februar 2004 aus verfahrensrechtlichen Gründen als unzulässig verworfen hat. Es geht davon aus, dass ein rechtlich schützenswertes Interesse an einer nachträglichen Feststellung nur in den zeitlichen und sachlichen Grenzen bestehe, die für die ursprünglich begehrte Beschwerdeentscheidung (hier: Aufhebung des Haftbefehls) maßgeblich waren, was sich aus dem subsidiären Charakter des Feststellungsanspruchs ergebe. Gegenstand der gerichtlichen Prüfung sei deshalb der Haftbefehl im Zeitpunkt der Haftbeschwerde und nicht die lückenlose Kontrolle der Haftbefehlsvoraussetzungen seit dessen Erlass.
Diese von einem Teil der Rechtsprechung zuerst für den Bereich der öffentlich-rechtlichen und der zivilrechtlichen Unterbringung entwickelte Ansicht (BayObLGZ 2002, 304 ≪309 f.≫; BayObLG, NJW-RR 2004, S. 8 f. und Beschluss vom 14. Oktober 2002 – 3Z BR 149/02 –, in JURIS; OLG Hamm, BtPrax 2001, S. 212 ≪213≫; Pfälz. OLG Zweibrücken, FGPrax 2005, S. 137 ≪138≫) stellt darauf ab, ob der Betroffene bereits mit der Erstbeschwerde gegen den damals noch vollzogenen Haftbefehl nur dessen Aufhebung oder auch die Feststellung seiner Rechtswidrigkeit begehrt hat (zustimmend auch Demharter, FGPrax 2002, S. 137 ≪138≫, der jedoch bezweifelt, ob damit dem vom Bundesverfassungsgericht in den Vordergrund gestellten Rehabilitierungsinteresse in allen Fällen Rechnung getragen werden kann). Demgegenüber gehen weite Teile der oberlandesgerichtlichen Rechtsprechung offenbar von einem weiteren Prüfungsspielraum aus (vgl. OLG Frankfurt a.M., FGPrax 2005, S. 88 ≪89≫; KG Berlin, FGPrax 2000, S. 213; Schlesw.-Holst. OLG, FGPrax 1998, S. 244 und LG Köln NJW 1998, S. 1323 jeweils zur Unterbringung; OLG Köln, NJW 1998, S. 462 zur Abschiebungshaft; vgl. auch OLG Karlsruhe, FGPrax 2003, S. 145 – mit ablehnender Anm. Demharter, FGPrax 2003, S. 237 ≪238≫ – zum Grundsatz der “wohlwollenden” Auslegung der gegenüber dem Gericht gestellten Anträge im FGG-Verfahren, in dem Beschwerde und sofortige Beschwerde überhaupt keines förmlichen Antrags oder einer Begründung bedürfen).
Mit seiner Entscheidung stellt das Bayerische Oberste Landesgericht auf den konkreten Verfahrensablauf ab und trägt mit seiner rein normativen Argumentation den sich aus der Senatsentscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 5. Dezember 2001 (BVerfGE 104, 220 ≪235≫) ergebenden Anforderungen an die Gewährung eines effektiven Rechtsschutzes nicht in hinreichendem Maße Rechnung. Hiernach hängt die Gewährung von Rechtsschutz im Hinblick auf das bei Freiheitsentziehungen bestehende Rehabilitierungsinteresse gerade nicht vom konkreten Ablauf des Verfahrens ab (BVerfGE 104, 220 ≪235≫; Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 13. März 2002 – 2 BvR 261/01 –, NJW 2002, S. 2700 ≪2701≫). Besteht bei Freiheitsentziehungen durch Haft ein schutzwürdiges Interesse an der (nachträglichen) Feststellung ihrer Rechtswidrigkeit auch dann, wenn sie erledigt sind, so müssen die Fachgerichte dies bei der Beantwortung der Frage nach einem Rechtsschutzinteresse gemäß Art. 19 Abs. 4 GG beachten (BVerfGE 104, 220 ≪235 f.≫). Insoweit kann dem Rehabilitierungsinteresse des Beschwerdeführers ein “subsidiärer” Charakter des Feststellungsbegehrens nicht entgegengehalten werden. Die Haftaufhebung ist das “wesensgleiche” Plus zur Feststellung, dass die Inhaftierung rechtswidrig ist; mit ihr wird die Erkenntnis der Rechtswidrigkeit praktisch umgesetzt. Um die allgemeine prozessrechtliche “Subsidiarität” von Festellungs- gegenüber Bewirkungsanträgen geht es hier nicht.
Dies hat das Bayerische Oberste Landesgericht in seinem Beschluss vom 18. Oktober 2004 verkannt und ist somit den vom Bundesverfassungsgericht gestellten Anforderungen an die Gewährleistung eines effektiven Rechtsschutzes gemäß Art. 19 Abs. 4 GG im Falle erledigter freiheitsbeschränkender Maßnahmen nicht vollständig nachgekommen.
b) Hierin liegt gleichzeitig eine Verkennung von Bedeutung und Tragweite des Grundrechts aus Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG. Das Bayerische Oberste Landesgericht geht in dem angegriffenen Beschluss ohne weitere Einschränkung davon aus, dass kein dringender Tatverdacht der mitgliedschaftlichen Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung bestanden habe. Die Bezugnahme auf die durchgeführten Ermittlungen unter Hinweis auf verschiedene Aktenstellen, welche Protokolle über Zeugenaussagen enthalten, erfolgte ohne Angabe des Zeitpunkts der Ermittlungstätigkeiten, so dass kein Anhaltspunkt dafür besteht, das Bayerische Oberste Landesgericht habe seine Feststellung, es habe kein dringender Tatverdacht bestanden, materiell-rechtlich auf einen bestimmten Zeitraum oder sogar konkret auf die Zeit ab dem 20. Februar 2004 beschränken wollen. Abgesehen hiervon hätte der spätere Wegfall eines ursprünglich bestehenden Tatverdachts zu einer teilweisen Unbegründetheit des Feststellungsantrages und nicht zu dessen teilweiser Unzulässigkeit führen müssen.
c) Auch aus dem Umstand, dass der Beschwerdeführer erst am 20. Februar 2004 gegen den Haftbefehl vom 12. November 2003 Beschwerde eingelegt hat, kann nicht gefolgert werden, dass ein Rechtsschutzbedürfnis für die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Untersuchungshaft vor diesem Zeitpunkt nicht bestehen würde. Abgesehen davon, dass bei Einlegung dieser Beschwerde noch die vorhergehende Beschwerde vom 17. November 2003 anhängig war, stellt der Zeitraum von knapp drei Monaten nach Ergehen der angegriffenen Entscheidung angesichts des damals noch nicht abgeschlossenen Verfahrens über die Untersuchungshaft und die zu Grunde liegende, dem Beschwerdeführer vorgeworfene Straftat, keinen Umstand dar, der es rechtfertigen könnte, ein Rechtsschutzbedürfnis zu verneinen (vgl. hierzu auch Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 18. Dezember 2002 – 2 BvR 1660/02 –, NJW 2003, S. 1514 ≪1515≫).
II.
Gemäß § 95 Abs. 1 Satz 1 BVerfGG ist die Verletzung von Art. 19 Abs. 4 in Verbindung mit Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG durch das Bayerische Oberste Landesgericht, das zwar den dringenden Tatverdacht ohne zeitliche Einschränkung verneint, jedoch die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Untersuchungshaft in verfassungsrechtlich zu beanstandender Weise zeitlich eingeschränkt hat, festzustellen. Der angegriffene Beschluss ist unter Zurückverweisung der Sache an das Bayerische Oberste Landesgericht (vgl. Art. 55 Abs. 6 Satz 3 in Verbindung mit Art. 11 Abs. 2 Nr. 1 des Bayerischen Gesetzes zur Ausführung des Gerichtsverfassungsgesetzes und von Verfahrensgesetzen des Bundes – BayAGGVG –, zuletzt geändert durch § 2 des Gesetzes zur Auflösung des Bayerischen Obersten Landesgerichts und der Staatsanwaltschaft bei diesem Gericht ≪Gerichtsauflösungsgesetz BayObLGAuflG≫ vom 25. Oktober 2004 ≪BayGVBl S. 400≫ in Verbindung mit § 120 Abs. 4 und § 74a Abs. 1 Nr. 4 GVG, § 9 EGGVG) aufzuheben (§ 93c Abs. 2 in Verbindung mit § 95 Abs. 2 BVerfGG). Das Bayerische Oberste Landesgericht hat unter Berücksichtigung der angeführten Gesichtspunkte noch eine Entscheidung über die Rechtswidrigkeit des Haftbefehls vom 12. November 2003 vor dem Zeitpunkt der Einlegung der Haftbeschwerde vom 20. Februar 2004 zu treffen.
III.
Soweit sich die Verfassungsbeschwerde gegen die Haftbefehle des Amtsgerichts München vom 31. Oktober 2003 und vom 12. November 2003 sowie gegen den Beschluss des Landgerichts München I vom 2. März 2004 richtet, liegen die Annahmevoraussetzungen des § 93a Abs. 2 BVerfGG nicht vor.
1. Hinsichtlich des Haftbefehls vom 31. Oktober 2003 hat der Beschwerdeführer den Rechtsweg nicht erschöpft (§ 90 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG).
a) Rechtsweg im Sinne von § 90 Abs. 2 BVerfGG ist zunächst jeder in einer Rechtsvorschrift vorgesehene Instanzenzug, der als Rechtsweg ausgestaltet ist (BVerfGE 4, 193 ≪198≫; 34, 204 ≪205≫; 42, 252 ≪257≫). Der Grundsatz der Subsidiarität gebietet es, dass der Beschwerdeführer im Ausgangsverfahren alle prozessualen Möglichkeiten ausschöpft, um die geschehenen Grundrechtsverletzungen zu beseitigen (BVerfGE 81, 97 ≪102 f.≫). Hierzu gehört im vorliegenden Fall des im Haftbeschwerdeverfahren ergangenen Beschlusses des Landgerichts München I vom 12. März 2004 das Rechtsmittel der weiteren Beschwerde gemäß § 310 Abs. 1 StPO zum Bayerischen Obersten Landesgericht. Diese hat der Beschwerdeführer bislang nicht erhoben. Die zum Bayerischen Obersten Landesgericht eingelegte weitere Beschwerde vom 12. März 2004 richtete sich, auch nach deren durch Schriftsatz vom 27. Mai 2004 erfolgter Umstellung auf das Feststellungsbegehren, ausdrücklich nur gegen den Haftbefehl vom 12. November 2003.
b) Die Einlegung dieses Rechtsmittels war für den Beschwerdeführer auch nicht unzumutbar. Die Unzumutbarkeit, den Rechtsweg zu erschöpfen, kann nur angenommen werden, wenn der Rechtsweg offensichtlich unzulässig ist (BVerfGE 91, 93 ≪106≫), das heißt der Beschwerdeführer nach dem Stand der Rechtsprechung und Lehre bei Einlegung des Rechtsmittels über die Unzulässigkeit nicht im Ungewissen sein kann (BVerfGE 28, 1 ≪6≫; 48, 341 ≪344≫; 49, 252 ≪255≫), oder die Rechtslage so zweifelhaft ist, dass dem Beschwerdeführer nicht zugemutet werden kann, ein Rechtsmittel einzulegen, bevor er Verfassungsbeschwerde erhebt (BVerfGE 17, 252 ≪257≫; 27, 88 ≪97≫; 69, 233 ≪243≫). Dies ist bei einem grundsätzlich vorhandenen Instanzenzug nicht der Fall.
aa) In der fachgerichtlichen Rechtsprechung und Literatur ist zwar strittig, ob § 310 Abs. 1 StPO, wonach auf die Beschwerde hin erlassene Beschlüsse des Landgerichts oder Oberlandesgerichts, sofern sie Verhaftungen oder die einstweilige Unterbringung betreffen, durch weitere Beschwerde angefochten werden können, auch im Falle eines aufgehobenen Haftbefehls anwendbar ist (bejahend etwa OLG Celle, Beschluss vom 21. Februar 2003 – 2 Ws 39/03 –, in JURIS; Matt, a.a.O., § 310 Rn. 33, jeweils im Anschluss an die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur nachträglichen Überprüfung eines erheblichen Grundrechtseingriffs trotz “prozessualer Überholung”; verneinend Meyer-Goßner, StPO, 48. Aufl. 2005, § 310 Rn. 7) oder zumindest bei Aufhebung des Haftbefehls nach Einlegung der weiteren Beschwerde das Beschwerdeverfahren trotz prozessualer Überholung weitergeführt werden kann (bejahend etwa: OLG Düsseldorf, StV 2001, S. 332; Matt, a.a.O., Vor § 304 Rn. 72, verneinend: OLG Hamm, NJW 1999, S. 229 ≪230≫; KG Berlin, Beschluss vom 20. Januar 1999 – 1 AR 27/99 – 5 Ws 34/99 –, in JURIS, beide noch unter der Auffassung, dass sich die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zum Rechtsschutz gegen richterliche Durchsuchungsanordnungen auf die Vollstreckung eines Haftbefehls nicht übertragen lasse; Pfälz. OLG Zweibrücken, JBlRP 2001, S. 195). Auch wird in der Rechtsprechung angenommen, dass bei mehreren aufeinander folgenden, denselben Gegenstand betreffenden Haftentscheidungen grundsätzlich nur jeweils die letzte Haftentscheidung angefochten werden kann (vgl. OLG Düsseldorf MDR 1969, S. 779 ≪780≫; StV 1993, S. 592; MDR 1995, S. 950; Hanseat. OLG Hamburg, MDR 1984, S. 72; StV 1994, S. 323 ≪324≫; Schlesw.-Holst. OLG, SchlHA 1986, S. 104; so auch Hilger, in: Löwe-Rosenberg, StPO, 25. Aufl. 1996, § 114 Rn. 33, § 117 Rn. 18), da es einem vernünftigen Verfahrensablauf widerspreche, wenn der Beschuldigte beliebig auf frühere, denselben Sachvorgang betreffende Haftentscheidungen zurückgreifen könnte, deren Begründung möglicherweise bereits überholt ist (vgl. OLG Düsseldorf MDR 1969, S. 779 ≪780≫; Hanseat. OLG Hamburg, MDR 1984, S. 72; so auch Hilger, a.a.O., § 114 Rn. 33).
Ob dem Betroffenen die Möglichkeit verbleiben muss, – unabhängig vom Beschwerdeverfahren gegen den jüngeren Haftbefehl – im Beschwerdeverfahren gegen den älteren, aufgehobenen Haftbefehl die Feststellung der Rechtswidrigkeit zu beantragen, oder ob er dieses Rechtsschutzziel im jeweils den jüngsten Haftbefehl betreffenden Verfahren verfolgen muss, ist jedoch von der fachgerichtlichen Rechtsprechung – soweit ersichtlich – noch nicht geklärt. Das Bundesverfassungsgericht hat bereits bejaht (Beschlüsse der 3. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 30. September 1999 – 2 BvR 1775/99 –, StV 2000, S. 322 ≪323≫ und der 1. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 20. September 2001 – 2 BvR 1144/01 –, StV 2001, S. 691 ≪692≫), dass eine materiell-rechtliche und damit auch eine verfassungsrechtlich selbständige Überprüfung früherer Haftentscheidungen möglich und geboten ist, auch wenn spätere Haftentscheidungen vorliegen oder durch diese späteren Haftentscheidungen Verfahrens- und Verfassungsverstöße für die Zukunft beseitigt wurden. Im Übrigen ist zu berücksichtigen, dass die Zulässigkeit dieser Rechtsmittel von den angerufenen Fachgerichten unter Beachtung der dargelegten verfassungsrechtlichen Anforderungen zu beurteilen sind (vgl. BVerfGE 104, 220 ≪235≫; Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 24. Juli 2002 – 2 BvR 2266/00 –, JURIS, auch in: AuAS 2002, S. 200 ≪201≫), wobei statthafte Rechtsbehelfe nicht durch eine zu enge Auslegung und Anwendung prozessualer Regeln “leer laufen” dürfen (vgl. BVerfGE 96, 27 ≪39≫) und die Fachgerichte auch mit Rücksicht auf die Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde die zuvörderst ihnen übertragene Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes zu erfüllen haben (Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 13. März 2002 – 2 BvR 261/01 –, NJW 2002, S. 2700 ≪2701≫).
bb) Auch wenn somit zweifelhaft ist, ob die weitere Beschwerde gegen einen aufgehobenen und durch einen neuen Haftbefehl ersetzten Haftbefehl statthaft ist, muss der Beschwerdeführer nach dem in § 90 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG zum Ausdruck kommenden Grundsatz der Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde von diesem Rechtsmittel zunächst Gebrauch machen (BVerfGE 91, 93 ≪106≫) und sein Rechtsschutzziel mit den ihm durch das Gesetz zur Verfügung gestellten Rechtsbehelfen zu erreichen suchen (BVerfGE 22, 287 ≪290≫; 77, 275 ≪282≫), zumal wenn – wie hier – der Rechtsschutz vor den Fachgerichten in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht geeignet ist, die unmittelbaren Normwirkungen einer gerichtlichen Prüfung zu unterziehen, die den Anforderungen des Art. 19 Abs. 4 GG genügt (BVerfGE 71, 305 ≪337≫).
2. Der Haftbefehl vom 12. November 2003 stellt nach seiner Aufhebung durch das Bayerische Oberste Landesgericht keinen tauglichen Angriffsgegenstand mehr dar. Entsprechendes gilt für den Beschluss des Landgerichts München I vom 2. März 2004. Mit der Entscheidung des Bayerischen Obersten Landesgerichts, dass der Haftbefehl vom 12. November 2003 im Zeitpunkt der Einlegung der Haftbeschwerde vom 20. Februar 2004 rechtswidrig war, wurde inzident der die Haftbeschwerde verwerfende Beschluss des Landgerichts aufgehoben.
IV.
Die Entscheidung über die Auslagenerstattung beruht auf § 34a Abs. 2 und 3 BVerfGG.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
Unterschriften
Broß, Osterloh, Mellinghoff
Fundstellen