Verfahrensgang
VG Chemnitz (Urteil vom 26.07.2005; Aktenzeichen 6 K 112/99) |
Tenor
Das Urteil des Verwaltungsgerichts Chemnitz vom 26. Juli 2005 wird aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Verwaltungsgericht zurückverwiesen.
Die Entscheidung über die Kosten bleibt der Schlussentscheidung vorbehalten.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 5 000 € festgesetzt.
Tatbestand
I.
Die Klägerin begehrt die Feststellung, dass ihr dem Grunde nach ein Anspruch auf Entschädigung nach Maßgabe des NS-Verfolgtenentschädigungsgesetzes für ein Grundstück in Chemnitz zusteht, das der frühere jüdische Eigentümer im Jahre 1935 veräußert hat.
Die Klägerin hat nach Ablehnung ihres Antrags und Zurückweisung ihres Widerspruchs Klage erhoben, über die das Verwaltungsgericht in der Sitzung vom 8. Juli 2004 mündlich verhandelt hat. Dabei ist ausweislich der Niederschrift insbesondere die Frage erörtert worden, in welcher Höhe der Einheitswert des Grundstücks zum Zeitpunkt seiner Veräußerung festgesetzt war und welche Schlussfolgerungen daraus für die Angemessenheit des Kaufpreises und damit die Widerlegung der Entziehungsvermutung nach § 1 Abs. 6 Satz 2 VermG in Verbindung mit Art. 3 REAO bezogen werden können. Das Verwaltungsgericht hat der Beklagten nachgelassen, zu dieser Frage schriftsätzlich Stellung zu nehmen. Es hat die Sache in der mündlichen Verhandlung vertagt, nachdem die Beteiligten auf eine weitere mündliche Verhandlung verzichtet hatten. In der Folgezeit hat das Verwaltungsgericht zu ermitteln versucht, in welcher Höhe der Einheitswert zu dem Zeitpunkt des Verkaufs festgesetzt war. Es hat den Beteiligten durch Verfügung vom 21. Januar 2005 mitgeteilt, die Kammer werde demnächst darüber entscheiden, ob ein Gutachten zu der Frage der Angemessenheit des Kaufpreises eingeholt werde und um Mitteilung gebeten, ob gegen eine vom Verwaltungsgericht benannte Sachverständige Einwände bestünden. Hierauf hat die Beklagte durch Schriftsatz vom 16. Februar 2005 mitgeteilt, gegen die vorgesehene Sachverständige bestünden keine Einwände, jedoch sei mit Blick auf ein inzwischen ergangenes Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 24. November 2004 – BVerwG 8 C 15.03 – (BVerwGE 122, 219) zweifelhaft, ob die Klägerin ihren Anspruch mit ihrer so genannten Globalanmeldung fristgemäß geltend gemacht habe. Das Verwaltungsgericht hat der Klägerin diesen Schriftsatz mit der Bitte um Stellungnahme bis zum 15. März 2005 übersandt. Die Klägerin hat auf diesen Schriftsatz nicht erwidert. Das Verwaltungsgericht hat durch Verfügung vom 23./29. März 2005 die Klägerin unter Bezugnahme auf den Schriftsatz der Beklagten und das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 24. November 2004 darauf hingewiesen, dass und aus welchen Gründen ihre Globalanmeldung die Frist hier nicht gewahrt haben könnte. Es hat die Klägerin zu einer Stellungnahme bis zum 30. April 2005 aufgefordert. Eine Stellungnahme hat die Klägerin nicht abgegeben; sie hat in ihrer Beschwerde geltend gemacht, sie habe die Verfügung des Gerichts nicht erhalten.
Das Verwaltungsgericht hat die Klage sodann ohne mündliche Verhandlung durch das angefochtene Urteil vom 26. Juli 2005 abgewiesen: Die Klägerin habe ihren Anspruch nicht innerhalb der Frist des § 30a Abs. 1 Satz 1 VermG angemeldet. Ihre Globalanmeldung, insbesondere die Anmeldung 3, habe die Frist nicht gewahrt. Nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 24. November 2004 müssten die in der Anlage zur Anmeldung aufgeführten Akten nach ihrer Bezeichnung oder den beigefügten Erläuterungen einen Hinweis darauf geben, dass Gegenstand der Akten ein Entziehungs- oder Schädigungstatbestand hinsichtlich des Grundstücks eines jüdischen Eigentümers sei und der angemeldete Vermögenswert in dem örtlichen Zuständigkeitsbereich des jeweiligen Landesamtes zur Regelung offener Vermögensfragen belegen sein könne. Diesen Anforderungen genüge namentlich der bloße Hinweis auf das Sächsische Hauptstaatsarchiv in Dresden nicht, in dessen Beständen eine Aufstellung über ehemaliges jüdisches Vermögen enthalten sei, in der auch das hier in Rede stehende Grundstück und dessen früherer jüdischer Eigentümer aufgeführt seien.
Das Verwaltungsgericht hat die Revision gegen sein Urteil nicht zugelassen. Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Klägerin.
Entscheidungsgründe
II.
Die Beschwerde ist begründet. Die Revision kann zwar nicht nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zur Klärung der Fragen zugelassen werden, welche die Klägerin in ihrer Beschwerde als grundsätzlich bedeutsam bezeichnet hat. Das Urteil des Verwaltungsgerichts beruht jedoch auf dem geltend gemachten Verfahrensfehler einer Verletzung des rechtlichen Gehörs (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).
1. Die Klägerin möchte als grundsätzlich bedeutsam die Fragen geklärt wissen,
ob die Globalanmeldung ANM-3 der Claims Conference die Antragsfrist des § 30a VermG auch hinsichtlich solcher Vermögenswerte gewahrt hat, die in einer kurz nach dem Krieg für etwaige Beschlagnahmezwecke erstellten Liste über das im Nationalsozialismus arisierte ehemalige jüdische Eigentum aufgeführt werden, wenn in der Anlage zur ANM-3 zwar das diese Liste verwahrende Archiv, nicht aber die genaue Fundstelle und/oder Bezeichnung der die Liste enthaltenden Akte angegeben ist,
ob auch solche Akten und Aktenbestände, die eindeutig nur NS-verfolgungsbedingte Entziehungsvorgänge enthalten bzw. die ausdrücklich zum Zwecke der Erfassung von derartigen Entziehungen angelegt wurden, in der Anlage zur ANM-3 zwingend namentlich und/oder nach exakter Fundstelle angegeben werden müssen, damit die Globalanmeldung ANM-3 hinsichtlich der hierin aufgeführten Vermögenswerte fristwahrend wirkt,
und ob insoweit entscheidend ist, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang der Behörde die Existenz dieser Akten bereits bekannt ist.
Diese Fragen würden sich in dem angestrebten Revisionsverfahren nicht stellen und könnten deshalb dort nicht beantwortet werden.
Die Klägerin hat mit ihrer Klage von vornherein ausschließlich die Feststellung begehrt, dass sie bezogen auf das hier in Rede stehende Grundstück einen Anspruch auf Entschädigung nach Maßgabe des NS-Verfolgtenentschädigungsgesetzes hat. Nach § 1 Abs. 1a des NS-Verfolgtenentschädigungsgesetzes in der Fassung von Art. 1 des Gesetzes zur Ergänzung des NS-Verfolgtenentschädigungsgesetzes (Zweites Entschädigungsrechtsergänzungsgesetz – 2. EntschRErgG) vom 1. September 2005 (BGBl I 2675) steht der Klägerin ein Anspruch auf Entschädigung auch dann zu, wenn sie innerhalb der Anmeldefrist nach § 30a Abs. 1 Satz 1 VermG eine nur allgemein umschriebene Anmeldung einreicht und zu dieser Anmeldung unter Beschränkung auf Entschädigung innerhalb einer Frist von 12 Monaten ab dem 8. September 2005 einen bestimmten Vermögenswert benennt. Hat die Klägerin vor dem 8. September 2005 einen bestimmten Vermögenswert bereits benannt, kann sie den Antrag spätestens bis zum 30. Juni 2007 auf Entschädigung beschränken. Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt, wie die Klägerin selbst vorträgt. Sie hat mit ihrer Globalanmeldung eine nur allgemein umschriebene Anmeldung eingereicht, zu dieser Anmeldung das hier in Rede stehende Grundstück benannt und sich auf Entschädigung beschränkt. Unter diesen Voraussetzungen kommt es für den allein noch streitigen Entschädigungsanspruch nicht darauf an, ob die zunächst allgemein umschriebene Anmeldung schon bezogen auf den konkreten Vermögenswert hinreichend bestimmt war. Vielmehr soll § 1 Abs. 1a NS-Verfolgtenentschädigungsgesetz gerade die Fälle erfassen, in denen eine Rückgabe des Vermögenswertes ausscheidet, weil die nur allgemein umschriebene Anmeldung die Frist für eine Rückgabe nicht wahren konnte.
Das Bundesverwaltungsgericht hätte diese Rechtsänderung in dem angestrebten Revisionsverfahren zu berücksichtigen. Hat sich nach Erlass des angefochtenen Urteils das Recht geändert, ist für die Nachprüfung des angefochtenen Urteils die Rechtslage zum Zeitpunkt der Revisionsentscheidung maßgeblich, wenn das Tatsachengericht, entschiede es jetzt, das geänderte Recht zu berücksichtigen hätte (Urteil vom 26. November 2003 – BVerwG 9 C 6.02 – BVerwGE 119, 245 ≪248≫). Ob die Klägerin einen Anspruch auf die begehrte Feststellung hat, richtet sich nach dem Recht, das zum Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts gilt. Mangels abweichender Übergangsregelung erstreckt sich der Geltungsanspruch des Zweiten Entschädigungsrechtsergänzungsgesetzes auch auf noch nicht bestandskräftig erledigte vermögensrechtliche Anträge.
Auf die vom Verwaltungsgericht abgehandelte Frage käme es deshalb in dem angestrebten Revisionsverfahren nicht mehr an.
2. Das angefochtene Urteil beruht auf dem geltend gemachten Verfahrensfehler (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO). Das Verwaltungsgericht hat den Anspruch der Klägerin auf Gewährung rechtlichen Gehörs verletzt. Es hätte unter den hier obwaltenden Umständen die Klägerin ausdrücklich darauf hinweisen müssen, dass es für seine beabsichtigte Entscheidung maßgeblich darauf ankomme, ob die Klägerin ihren Anspruch nach den Maßstäben rechtzeitig angemeldet hat (§ 30a Abs. 1 Satz 1 VermG), die das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 24. November 2004 – BVerwG 8 C 15.03 – (a.a.O.) hierzu aufgestellt hat.
a) Entgegen der Auffassung der Klägerin war das Verwaltungsgericht allerdings nicht deshalb verpflichtet, eine mündliche Verhandlung anzusetzen, weil ihr Verzicht auf mündliche Verhandlung verbraucht gewesen wäre.
Der Verzicht auf mündliche Verhandlung nach § 101 Abs. 2 VwGO ist einerseits eine grundsätzlich unwiderrufliche Prozesshandlung. Er bezieht sich andererseits seinem Inhalt nach lediglich auf die nächste Entscheidung des Gerichts und wird – wenn diese kein abschließendes Urteil ist – dadurch verbraucht. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist der Verzicht auf eine mündliche Verhandlung nach § 101 Abs. 2 VwGO deshalb dann nicht mehr wirksam, wenn nach diesem Verzicht ein Beweisbeschluss ergeht, den Beteiligten durch einen Auflagenbeschluss eine Stellungnahme abgefordert wird oder Akten zu Beweiszwecken beigezogen werden oder sonst neue Erkenntnismittel in den Prozess eingeführt werden (Beschluss vom 29. Dezember 1995 – BVerwG 9 B 199.95 – Buchholz 310 § 101 VwGO Nr. 21; Beschluss vom 17. September 1998 – BVerwG 8 B 105.98 – Buchholz 310 § 101 VwGO Nr. 24). Eine derartige den Verzicht verbrauchende Zwischenentscheidung des Verwaltungsgerichts ist hier nicht ergangen.
b) Jedoch steht es im Ermessen des Gerichts, ob es trotz wirksamen Verzichts ohne mündliche Verhandlung entscheidet. Das Gericht hat in diesem Zusammenhang dafür einzustehen, dass trotz der unterbleibenden mündlichen Verhandlung das rechtliche Gehör der Beteiligten nicht verletzt wird (Beschluss vom 27. August 2003 – BVerwG 6 B 32.03 – NVwZ-RR 2004, 77). Danach kann etwa die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung erforderlich sein, wenn ein Beteiligter geltend macht, eine wesentliche Änderung der Prozesslage erfordere unter dem Gesichtspunkt seines rechtlichen Gehörs deren Durchführung.
Seit dem Verzicht der Beteiligten auf mündliche Verhandlung in der Sitzung vom 8. Juli 2004 hatte die Prozesslage sich verändert. Die Beteiligten waren in der mündlichen Verhandlung vom 8. Juli 2004 ersichtlich davon ausgegangen, die Anmeldung des in Rede stehenden Anspruchs durch die Klägerin sei wirksam, namentlich fristgerecht. Aus ihrer Sicht ging es nur noch um tatsächliche Ermittlungen zu der Frage, ob die Entziehungsvermutung des § 1 Abs. 6 Satz 2 VermG in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 REAO durch die Zahlung eines angemessenen Kaufpreises nach Art. 3 Abs. 2 REAO widerlegt ist. Die Beteiligten durften auch nach dem Stand der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, namentlich nach dem Urteil vom 23. Oktober 2003 – BVerwG 7 C 62.02 – (BVerwGE 119, 145), davon ausgehen, dass die Globalanmeldung der Klägerin die Anforderungen des § 30 Abs. 1 Satz 1 und § 30a Abs. 1 Satz 1 VermG erfüllt hat. Die Anlage zu ihrer Anmeldung 3 bezeichnete mit dem Hinweis auf den Bestand des Sächsischen Hauptstaatsarchivs in Dresden Unterlagen, aus denen sich das beanspruchte Grundstück und das Eigentum eines Juden ergaben. An dieser Einschätzung hat sich (möglicherweise) durch das später ergangene Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 24. November 2004 – BVerwG 8 C 15.03 – (a.a.O.) etwas geändert. Dieses Urteil ist vom Verwaltungsgericht dahin verstanden worden, dass es die Voraussetzungen verschärft, unter denen ein später konkret bezeichneter Vermögenswert schon von der Anmeldung 3 der Klägerin erfasst war und deshalb rechtzeitig angemeldet war. Nach Auffassung des Verwaltungsgerichts engt die später ergangene Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 24. November 2004 durch zusätzliche Anforderungen ein, welche Archivalien und Unterlagen überhaupt geeignet sind, auf den später konkretisierten Vermögenswert hinzuführen. Damit ist zumindest eine Voraussetzung für den geltend gemachten Anspruch wieder zweifelhaft geworden, von deren Klärung die Beteiligten bei ihrem Verzicht auf mündliche Verhandlung ausgingen.
Jedoch führt eine Änderung der Prozesslage nicht von selbst zur Unwirksamkeit eines einmal erklärten Verzichts auf mündliche Verhandlung. Namentlich ist im Verwaltungsprozess nicht über § 173 VwGO § 128 Abs. 2 Satz 1 ZPO anwendbar, wonach bei einer wesentlichen Änderung der Prozesslage der Verzicht auf mündliche Verhandlung widerruflich ist. Denn das Verfahren der Entscheidung ohne mündliche Verhandlung hat in § 101 Abs. 2 VwGO für den Verwaltungsprozess eine eigenständige Regelung erfahren. Für eine Anwendung des § 128 ZPO über § 173 VwGO ist daneben kein Raum (Beschluss vom 15. Februar 1980 – 2 CB 19.79 – NJW 1980, 1482; Beschluss vom 29. Dezember 1995 – BVerwG 9 B 199.95 – a.a.O.).
Ferner war jedenfalls zunächst durchaus die Möglichkeit der Klägerin gewahrt, sich auf die geänderte Prozesslage auch in einem Verfahren ohne mündliche Verhandlung einzustellen. Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 24. November 2004 und dessen Bedeutung für die Wahrung der Anmeldefrist auch in diesem Fall lag für sie auf der Hand. Das Urteil ist gerade zu Anmeldungen der Klägerin ergangen. Zudem hatte die Beklagte mit Schriftsatz vom 16. Februar 2005 auf die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 24. November 2004 hingewiesen und mit Blick auf diese Entscheidung Zweifel an der Rechtzeitigkeit der Anmeldung geltend gemacht. Das Verwaltungsgericht hat der Klägerin diesen Schriftsatz unter Fristsetzung mit der Bitte um Stellungnahme übersandt. Die Klägerin hatte damit ausreichend Gelegenheit sowohl zur Rechtzeitigkeit der Anmeldung unter dem Blickwinkel der Entscheidung vom 24. November 2005 als auch zu der Frage Stellung zu nehmen, ob die geänderte Prozesslage zur Wahrung rechtlichen Gehörs eine mündliche Verhandlung erforderlich macht.
Eine Verletzung rechtlichen Gehörs folgte aber aus einem weiteren Umstand. Als das Verwaltungsgericht erst einige Monate später über die Klage entschied, musste die Klägerin nicht mehr damit rechnen, das Verwaltungsgericht werde jetzt noch entscheidungserheblich auf die nicht eingehaltene Frist des § 30a Abs. 1 Satz 1 VermG abstellen. Sie durfte deshalb zu diesem Zeitpunkt ohne besonderen Hinweis des Verwaltungsgerichts Vortrag zu dieser Frage für entbehrlich halten.
Zwar muss das Verwaltungsgericht im Allgemeinen die Beteiligten nicht darauf hinweisen, wann es die ohne mündliche Verhandlung mögliche Entscheidung zu erlassen gedenkt. Hier jedoch bestand eine Besonderheit. Der Gesetzgeber hatte die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Wirksamkeit der so genannten Globalanmeldung der Klägerin aufgegriffen. Er hat – wie bereits dargestellt – für Ansprüche auf bloße Entschädigung die Globalanmeldung der Klägerin und deren spätere Präzisierung in jedem Falle ausreichen lassen. Zum Zeitpunkt der Entscheidung des Verwaltungsgerichts war das Gesetzgebungsverfahren bereits weitgehend abgeschlossen. Das Gesetz war vom Deutschen Bundestag in seiner Sitzung vom 16. Juni 2005 in dritter Lesung endgültig verabschiedet worden (Deutscher Bundestag Plenarprotokoll 15/181 S. 17113). Der Bundesrat hatte in seiner Sitzung vom 8. Juli 2005 beschlossen, zu dem (nicht zustimmungspflichtigen) Gesetz keinen Antrag auf Anrufung des Vermittlungsausschusses zu stellen (BRDrucks 448/05). Das parlamentarische Gesetzgebungsverfahren war mithin bereits vollständig abgeschlossen, als das Verwaltungsgericht am 24. Juli 2005 das angefochtene Urteil erließ. Zu diesem Zeitpunkt standen nur noch die Ausfertigung des Gesetzes und seine Verkündung im Bundesgesetzblatt aus. Mit dem Inkrafttreten des Gesetzes wäre die Prozesslage wieder hergestellt worden, die bei dem Verzicht auf mündliche Verhandlung bestanden hatte, es wäre wieder ausschließlich darauf angekommen, ob die Entziehungsvermutung des § 1 Abs. 6 Satz 2 VermG in Verbindung mit Art. 3 REAO durch die Zahlung eines angemessenen Kaufpreises widerlegt ist. Wenn das Verwaltungsgericht bei diesem Stand des Gesetzgebungsverfahrens von dem bereits zeitlich weit zurückliegenden Verzicht auf mündliche Verhandlung noch Gebrauch machen wollte, musste es die Klägerin darauf hinweisen, denn dem Verwaltungsgericht musste klar sein, dass die Klägerin bei dem derzeitigen Stand des Gesetzgebungsverfahrens weiteren Vortrag zur Frage der Fristversäumnis für entbehrlich halten durfte.
Der Senat kann offen lassen, ob die Verfügung des Verwaltungsgerichts vom 23./29. März 2005 geeignet war, den erforderlichen Anstoß zu weiterem Vortrag zu der Frage der Fristversäumnis zu geben. Denn die Klägerin hat sich unwiderleglich dahin eingelassen, dass sie diese Verfügung des Gerichts nicht erhalten hat.
Der Senat macht von der Möglichkeit Gebrauch, wegen des Verfahrensfehlers die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Verwaltungsgericht zurückzuverweisen (§ 133 Abs. 6 VwGO). Auf Grund der dargelegten Rechtsänderung hängt der geltend gemachte Anspruch nicht mehr davon ab, ob nach den Maßstäben der Urteile des Bundesverwaltungsgerichts vom 23. Oktober 2003 und vom 24. November 2004 die Frist des § 30a Abs. 1 Satz 1 VermG gewahrt ist.
Die Festsetzung des Streitwerts folgt aus § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3, § 52 Abs. 1 und Abs. 2 GKG.
Unterschriften
Sailer, Herbert, Neumann
Fundstellen