Verfahrensgang
OVG Berlin-Brandenburg (Entscheidung vom 08.03.2016; Aktenzeichen 6 B 61.15) |
VG Berlin (Entscheidung vom 20.10.2014; Aktenzeichen 26 K 260.13) |
Gründe
Rz. 1
Durch Beschluss vom 23. Januar 2017 - 6 B 43.16 - hat der Senat die Beschwerde des Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg vom 8. März 2016 zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die Anhörungsrüge des Beklagten, die er mit Schriftsätzen vom 22. Februar 2017 und vom 27. Februar 2017 begründet hat.
Rz. 2
Die Verfahrensgarantie des rechtlichen Gehörs gemäß Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO, deren Verletzung nach § 152a VwGO gerügt werden kann, verpflichtet das Gericht, das Vorbringen jedes Verfahrensbeteiligten bei seiner Entscheidung in Erwägung zu ziehen. Der Gehörsanspruch verlangt jedoch nicht, dass das Gericht das gesamte Vorbringen der Beteiligten in den Gründen einer Entscheidung wiederzugeben und zu jedem einzelnen Gesichtspunkt Stellung zu nehmen hat. Vielmehr sind in der Entscheidung nur diejenigen Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind. Das Gericht kann sich auf die Darstellung und Würdigung derjenigen rechtlichen Gesichtspunkte beschränken, auf die es nach seinem Rechtsstandpunkt entscheidungserheblich ankommt. Daher kann aus dem Umstand, dass das Gericht nicht auf sämtliche Begründungselemente des Beteiligtenvorbringens eingegangen ist, nur dann geschlossen werden, es habe diesen Aspekt nicht berücksichtigt, wenn er nach dem Rechtsstandpunkt des Gerichts eine Frage von zentraler Bedeutung betrifft (stRspr, vgl. BVerfG, Beschluss vom 19. Mai 1992 - 1 BvR 986/91 - BVerfGE 86, 133 ≪145 f.≫; BVerwG, Urteil vom 5. Juli 1994 - 9 C 158.94 - BVerwGE 96, 200 ≪209 f.≫ und Beschluss vom 21. Juni 2007 - 2 B 28.07 - Buchholz 235.1 § 58 BDG Nr. 3 Rn. 6). Dies gilt erst recht für Entscheidungen über die Nichtzulassung der Revision, die nach § 133 Abs. 5 Satz 2 VwGO auch im Falle der Ablehnung der Zulassung nur kurz begründet werden sollen.
Rz. 3
Danach hat die Anhörungsrüge keinen Erfolg. Das Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren ist nicht fortzuführen, weil der Beklagte nicht dargelegt hat, dass der Nichtzulassungsbeschluss vom 23. Januar 2017 auf einem Gehörsverstoß beruht (§ 152a Abs. 1 Satz 1 VwGO). Der Beklagte wendet sich in der Sache gegen die Würdigung seines Beschwerdevorbringens durch den Senat. Er will erreichen, dass der Senat seine Entscheidung, der Beklagte habe einen Revisionszulassungsgrund nicht dargelegt, umfassend überdenkt. Es ist jedoch nicht der Zweck der Anhörungsrüge, das abgeschlossene Verfahren wiederaufzugreifen, um die verfahrensabschließende Entscheidung des Gerichts auf materielle Richtigkeit zu prüfen. Erst recht ist die Anhörungsrüge nicht dazu bestimmt, das Vorbringen in dem abgeschlossenen Verfahren zu ergänzen oder gar zu erweitern. Im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren sind Revisionszulassungsgründe innerhalb der Beschwerdebegründungsfrist nach § 133 Abs. 3 Satz 1 VwGO darzulegen; das Bundesverwaltungsgericht ist auf die Prüfung beschränkt, ob die fristgerecht geltend gemachten Revisionszulassungsgründe vorliegen.
Rz. 4
Der Senat hat die Gesichtspunkte, auf die der Beklagte seine Verfahrens- und Grundsatzrügen in der Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde gestützt hat, zur Kenntnis genommen. Dies ergibt sich bereits daraus, dass er die Rügen in den Gründen des Nichtzulassungsbeschlusses vom 23. Januar 2017 einzeln aufgeführt und abgehandelt hat. Der Senat hat dargestellt, aus welchen Gründen er die Rügen für unbegründet gehalten hat. Damit ist dem rechtlichen Gehör Genüge getan. Der Gehörsanspruch verpflichtet das Gericht nicht, den Begründungsgang des Beteiligtenvorbringens zugrunde zu legen oder auf einzelne Argumente gesondert einzugehen. Demgegenüber wiederholt und ergänzt der Beklagte mit der Anhörungsrüge in weiten Teilen sein Beschwerdevorbringen. Er hält die rechtliche Würdigung seiner Verfahrens- und Grundsatzrügen durch den Senat für fehlerhaft und will in der Sache eine Wiederholung der Zulassungsprüfung erreichen.
Rz. 5
Ergänzend sei bemerkt: Die Ausführungen des Senats in dem Nichtzulassungsbeschluss vom 23. Januar 2017 unter Randnummer 5 fassen das Vorgehen des Beklagten zusammen, wie es das Oberverwaltungsgericht festgestellt hat. Nach dessen tatsächlichen Feststellungen hat der Beklagte die endgültige Leistungsgewährung an die Klägerin für 2013 nach Art. 6 StV abgelehnt, weil er deren Wirtschaftsplan für unzureichend und die Mittelverwendung für unwirtschaftlich gehalten hat. Weiterhin hat das Oberverwaltungsgericht festgestellt, dass der Beklagte durch sein prozessuales wie außerprozessuales Verhalten deutlich gemacht hat, nicht die Absicht zu haben, für das Jahr 2014 Leistungen unter Außerachtlassung der von ihm formulierten Bedingungen zu erbringen (Berufungsurteil S. 12). Der Senat hatte diese im Wege tatrichterlicher Schlussfolgerung gewonnenen Tatsachenfeststellungen der Entscheidung über die Nichtzulassungsbeschwerde zugrunde zu legen, weil sie nach § 137 Abs. 2 VwGO Bindungswirkung entfaltet haben.
Rz. 6
Die Auffassung des Beklagten, das Oberverwaltungsgericht habe diese Feststellungen seinerseits unter Verletzung rechtlichen Gehörs getroffen, lässt die gesetzliche Bindungswirkung nicht entfallen. Sein Verweis auf den Antrag auf Tatbestandsberichtigung geht fehl; der Beklagte übergeht, dass dieser Antrag erfolglos geblieben ist. Der Senat hat den bindenden Tatsachenfeststellungen des Oberverwaltungsgerichts rechtliche Bedeutung für die Gehörsrüge des Beklagten beigemessen, wonach das Oberverwaltungsgericht in der mündlichen Berufungsverhandlung habe ansprechen müssen, dass es die Klage trotz fehlender Bewilligungsanträge der Klägerin für zulässig halte. Die Auffassung des Beklagten, diese Beurteilung sei fehlerhaft, ist nicht geeignet, einen Gehörsverstoß darzulegen.
Rz. 7
Dem Senat erschließt sich nicht, dass seine Annahmen, das Vorbringen des Beklagten zur Prüfungsbefugnis sei von zentraler Bedeutung, der Beklagte habe aber die Aktenwidrigkeit der hierzu getroffenen Tatsachenfeststellungen des Oberverwaltungsgerichts nicht belegt, widersprüchlich sein sollen. Es geht einerseits um die Bewertung des prozessualen Stellenwerts eines Vortrags, andererseits um den Nachweis seiner tatsächlichen Grundlagen.
Rz. 8
Die Ausführungen des Senats, die Auslegung des Staatsvertrags durch das Oberverwaltungsgericht habe die durch Art. 3 Abs. 1 und Art. 20 Abs. 3 GG vorgegebenen äußersten Grenzen nicht überschritten, sind dem Umstand geschuldet, dass es sich bei dem durch Zustimmungsgesetz gebilligten Staatsvertrag um irrevisibles Landesrecht handelt. Davon ausgehend hat der Senat in den Gründen des Nichtzulassungsbeschlusses vom 23. Januar 2017 diejenigen Erwägungen dargestellt, die nach seiner Rechtsauffassung für die Entscheidungen über die Grundsatzrügen wesentlich gewesen sind. Nach dem eingangs Gesagten war der Senat nicht verpflichtet, in den Beschlussgründen sämtliche Gesichtspunkte des auf die Grundsatzrügen bezogenen Beschwerdevorbringens abzuarbeiten. Insbesondere musste er in Anbetracht des § 133 Abs. 5 Satz 2 VwGO nicht auf Gesichtspunkte eingehen, die er nicht für entscheidungserheblich gehalten hat.
Rz. 9
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
Fundstellen
Dokument-Index HI10513620 |