Verfahrensgang
OVG des Landes Sachsen-Anhalt (Urteil vom 21.02.2008; Aktenzeichen 2 K 258/06) |
Tenor
Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts des Landes Sachsen-Anhalt vom 21. Februar 2008 wird zurückgewiesen.
Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 10 000 € festgesetzt.
Tatbestand
I
Die Antragsteller sind Eigentümer eines im Geltungsbereich des angegriffenen Bebauungsplans 02/00 “Areal E/II” Chemiepark Bitterfeld belegenen, mit einem Wohnhaus bebauten Grundstücks. Das OVG hat den Bebauungsplan insgesamt (UA S. 23 f.) für unwirksam erklärt und zur Begründung – jeweils selbstständig tragend – ausgeführt, dass die Festsetzung des Gewerbegebiets GE 2 im Bereich der vorhandenen Wohnbebauung nicht “erforderlich” i.S.d. § 1 Abs. 3 BauGB sei (UA S. 11 bis 13) und dass der Plan an beachtlichen Abwägungsfehlern leide, weil die Antragsgegnerin die Bedeutung der Eigentumsrechte der Eigentümer von Wohngrundstücken nicht erkannt habe (UA S. 13 bis 23).
Entscheidungsgründe
II
Die auf alle Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 VwGO gestützte Beschwerde der Antragsgegnerin gegen die Nichtzulassung der Revision bleibt ohne Erfolg.
1. Die Rechtssache hat nicht die grundsätzliche Bedeutung, die ihr die Beschwerde beimisst.
1.1 Ist eine gerichtliche Entscheidung – wie hier – auf mehrere, jeweils für sich selbstständig tragfähige Gründe gestützt worden, kommt eine Zulassung der Revision nur in Betracht, wenn für jeden dieser Gründe ein Zulassungsgrund geltend gemacht wird und vorliegt. Wenn nur bezüglich einer Begründung ein Zulassungsgrund gegeben ist, kann diese Begründung nämlich hinweggedacht werden, ohne dass sich der Ausgang des Verfahrens ändert. Die von der Antragsgegnerin geltend gemachten Zulassungsgründe, mit denen sie die selbstständig tragende Begründung des Normenkontrollgerichts zu den Abwägungsmängeln und deren Beachtlichkeit angreift, bleiben indes erfolglos. Schon aus diesem Grund können auch die Rügen zur fehlenden Erforderlichkeit der Festsetzung i.S.d. § 1 Abs. 3 BauGB (Beschwerdebegründung S. 5 bis 11, 20 f. und 27 bis 31) nicht zur Zulassung der Revision führen.
1.2 Die Frage, ob das Abwägungsmaterial überhaupt unvollständig sein und damit ein Abwägungsfehler vorliegen kann, wenn die Bestandsanalyse deshalb keine Prognosen und Angaben zur genauen Fortdauer der bestandsgeschützten Wohnnutzungen enthält, weil derlei “genaue” Angaben gar nicht erlangbar sind (Beschwerdebegründung S. 12 bis 14), würde sich in einem Revisionsverfahren nicht stellen. Das Oberverwaltungsgericht hat entgegen der Auffassung der Beschwerde nicht verlangt, auch Angaben zur genauen Fortdauer einer bestandsgeschützten Wohnnutzung in die Abwägung einzustellen, die praktisch nicht erlangbar sind. Es hat beanstandet, dass sich die Antragsgegnerin mit dem Interesse der Grundstückseigentümer im Gebiet GE 2, ihre Wohngrundstücke in der Zukunft auch über den bloßen Bestand hinaus nutzen zu können, nicht befasst habe, offenbar in der Annahme, die Wohnbebauung befinde sich “in Auflösung”. Den vorgelegten Verwaltungsvorgängen lasse sich nicht entnehmen, dass die Antragsgegnerin vor dem Abwägungsbeschluss genaue Erhebungen über den genauen Umfang und damit auch über die Schutzwürdigkeit der noch vorhandenen Wohnnutzung vorgenommen habe; offenbar erst aus Anlass des Normenkontrollverfahrens habe sie Feststellungen über den genauen Zustand und Leerstand der betroffenen Wohngebäude getroffen. Dem könne die Antragsgegnerin nicht entgegenhalten, den Antragstellern würden keine Nutzungsmöglichkeiten entzogen, sondern neue Möglichkeiten geschaffen, weil der in Rede stehende Bereich keinen Ortsteil i.S.v. § 34 Abs. 1 BauGB darstelle. Es bestehe ein Bebauungszusammenhang entlang der Straße “Am Kraftwerk” im gesamten Abschnitt zwischen Leipziger Straße und der Bahntrasse (UA S. 15 f.).
Inwiefern das Oberverwaltungsgericht damit die Anforderungen an die Zusammenstellung des Abwägungsmaterials in grundsätzlicher Weise verkannt haben sollte, ist nicht erkennbar. Es hat von der Antragsgegnerin lediglich verlangt, sich mit der Frage zu befassen, ob sich die als Gewerbegebiet überplante Wohnbebauung tatsächlich in Auflösung befindet oder eine Überplanung fortbestehen würde. Unter diesem Blickwinkel hat es Erhebungen zu Umfang und Schutzwürdigkeit der Wohnnutzung verlangt, die die Antragsgegnerin nach dem Satzungsbeschluss – offenbar aus Anlass des Normenkontrollverfahrens – auch vorgenommen hat. Entgegen der Darstellung der Beschwerde ist das Oberverwaltungsgericht auch nicht der Auffassung, es sei unerheblich, ob sich die Wohngebäude im Innen- oder Außenbereich befinden. Es geht vielmehr davon aus, dass das Gewicht der Eigentümerbelange bei einer Lage im Innenbereich größer ist als bei einer Außenbereichslage (UA S. 14). Dass das Oberverwaltungsgericht die Anforderungen an eine Bestandsaufnahme zum planungsrechtlichen “Status” (UA S. 14) der Wohngrundstücke in grundsätzlicher Weise überspannt habe, behauptet auch die Antragsgegnerin nicht.
1.3 Die unterschiedlich formulierten Fragen zum Gebot der Konfliktbewältigung im Bebauungsplan, zur Notwendigkeit weiterer immissionstechnischer Untersuchungen und zur Zulässigkeit einer Verlagerung der “Feinsteuerung” auf das vorhabenbezogene Genehmigungsverfahren (Beschwerdebegründung S. 14 bis 18) hält die Antragsgegnerin für klärungsbedürftig, weil ihr die beteiligten Fachbehörden, die über die entsprechende Sachkunde verfügten, mehrfach bestätigt hätten, dass auf eine weitere Konfliktbewältigung im Rahmen der Bauleitplanung verzichtet werden könne, weil diese nicht möglich sei (Beschwerdebegründung S. 15). Das Normenkontrollgericht habe im Widerspruch zur Rechtsprechung des Senats seiner Fehlerbetrachtung den Rechtssatz zugrunde gelegt, dass nach dem Gebot der Konfliktbewältigung bei der Ausweisung eines Gewerbegebiets immer Gutachten über Immissionsprognosen und die Festsetzung entsprechender Begrenzungen gehörten (Beschwerdebegründung S. 17).
Mit diesen Fragen wird kein Klärungsbedarf aufgezeigt; die Antragsgegnerin unterstellt dem Normenkontrollgericht Aussagen, die es nicht getroffen hat. Das Normenkontrollgericht hat festgestellt, dass das von der Antragsgegnerin festgesetzte “Schalenmodell”, mit dem Nutzungskonflikte mit Blick auf die jeweilige Störanfälligkeit eines Betriebs gelöst werden sollen, nur auf den Schutz der weiter im Süden liegenden “Kraftwerkssiedlung” und das Mischgebiet bezogen worden sei. Die Wohnbebauung innerhalb des ausgewiesenen Gewerbegebiets sei unberücksichtigt geblieben; das ergebe sich aus dem Beschlussvorschlag zur Abwägung (UA S. 20). Eine prognostische Einschätzung der neu entstehenden Immissionen zu Lasten der Wohnbebauung im Gewerbegebiet habe die Antragsgegnerin nicht vorgenommen. Der Umweltbericht, auf den hinsichtlich der Umweltauswirkungen Bezug genommen werde, enthalte keine Einschätzung der durch die Ansiedlung von Gewerbe in den neu ausgewiesenen Gewerbegebieten entstehenden (zusätzlichen) Belastungen (UA S. 21).
Das Normenkontrollgericht bemängelt nicht – wie die Antragsgegnerin vorträgt (Beschwerdebegründung S. 15, 17) – das Fehlen “weiterer” Untersuchungen. Ebenso wenig stellt es die Sachkunde von Fachbehörden in Frage. Es sieht es vielmehr als abwägungsfehlerhaft an, dass die Antragsgegnerin auf eine Konfliktbewältigung durch späteres Verwaltungshandeln verweist und dabei darauf verzichtet hat, die neu entstehenden Immissionen in den Blick zu nehmen. Entgegen der Darstellung der Antragsgegnerin liegen nach den Feststellungen des Normenkontrollgerichts gerade keine “explizit anders” lautenden fachbehördlichen Einschätzungen vor (Beschwerdebegründung S. 15), sondern es fehlt bereits an einer vorausschauenden Betrachtung der Konfliktlage. Damit legt das Normenkontrollgericht – wie auch die in Bezug genommenen Fundstellen belegen – die Rechtsprechung des Senats zugrunde, wonach die Gemeinde von einer abschließenden Konfliktbewältigung im Bebauungsplan Abstand nehmen darf, wenn bei vorausschauender Betrachtung die Durchführung der als notwendig erkannten Konfliktlösungsmaßnahmen außerhalb des Planungsverfahrens auf der Stufe der Verwirklichung der Planung sichergestellt ist (Beschlüsse vom 8. November 2006 – BVerwG 4 BN 32.06 – juris und vom 14. Juli 1994 – BVerwG 4 NB 25.94 – Buchholz 406.11 § 1 BauGB Nr. 75). Einen darüber hinausgehenden Klärungsbedarf zeigt die Beschwerde nicht auf.
1.4 Die auf die vom Normenkontrollgericht bejahte Beachtlichkeit der Abwägungsmängel zielende Frage, ob es für die Annahme der konkreten Möglichkeit einer anderen Planung genügt, wenn es lediglich “naheliegt”, dass anders geplant worden wäre (Beschwerdebegründung S. 18 bis 20), reduziert sich auf den Vorwurf, dass eine Alternativplanung vom Normenkontrollgericht “schlichtweg behauptet” werde (Beschwerdebegründung S. 20), da es sich um eine “ohne objektive Anhaltspunkte getroffene Wahrscheinlichkeitsentscheidung des OVG” handele (Beschwerdebegründung S. 19). Die Antragsgegnerin wirft damit keine klärungsbedürftige Frage auf, sondern wendet sich gegen die Würdigung des Normenkontrollgerichts, dass im vorliegenden Fall “naheliegende Umstände” i.S.d. Rechtsprechung des Senats vorliegen (vgl. dazu nur Urteil vom 9. April 2008 – BVerwG 4 CN 1.07 – NVwZ 2008, 899 m.w.N.) und dass sich anhand dieser Umstände die Möglichkeit abzeichnet, dass der Mangel im Abwägungsvorgang von Einfluss auf das Abwägungsergebnis gewesen sein kann. Auch soweit die Antragsgegnerin auf “andere gewichtige als die (vermeintlich) zu wenig beachteten Belange” verweist (Beschwerdebegründung S. 19 – Klammerzusatz im Original), greift sie ebenfalls nur die Würdigung und Gewichtung der vom Normenkontrollgericht angeführten objektiven Umstände, nämlich dass bei einer genaueren Bestandsaufnahme der vorhandenen Wohnnutzungen bereits im Planverfahren, bei zutreffender Einschätzung der Möglichkeiten einer Fremdkörperfestsetzung und der Erkenntnis, dass ohne eine auf die Neuansiedlung von Gewerbe in den Gebieten GE 1 bis GE 6 bezogene Immissionsprognose eine Konfliktbewältigung nicht dem Genehmigungsverfahren vorbehalten bleiben darf, und daher anders geplant worden wäre (UA S. 22 f.), als falsch an. Dass das Gewicht des betroffenen Belangs in der Abwägung für die Ergebnisrelevanz von Bedeutung sein kann, ist in der Rechtsprechung des Senats geklärt (Urteil vom 9. April 2008 a.a.O.; Urteil vom 18. November 2004 – BVerwG 4 CN 11.03 – BVerwGE 122, 207 ≪213≫). Auch hier wird ein darüber hinausgehender Klärungsbedarf nicht aufgezeigt.
2. Die geltend gemachten Divergenzrügen (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) genügen nicht den Darlegungsanforderungen. Die Darlegung einer Divergenz setzt voraus, dass ein inhaltlich bestimmter, die angefochtene Entscheidung tragender abstrakter Rechtssatz benannt wird, auf welchen das vorinstanzliche Gericht die angegriffene Entscheidung gestützt hat, und dass zum anderen ein dem widersprechender, die Entscheidung tragender Rechtssatz eines der gesetzlich benannten Divergenzgerichte zu der gleichen Frage aufgezeigt wird.
2.1 Bei der auf den Beschluss BVerwG 4 B 74.06 vom 4. Januar 2007 (ZfBR 2007, 273 = BauR 2007, 667) gestützten Divergenz zitiert die Antragsgegnerin zwar einen Rechtssatz aus der Entscheidung. Ein der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts widersprechender Rechtssatz des Normenkontrollgerichts wird indes nicht formuliert, sondern dem Gericht nur vorgeworfen, den Eigentümerbelangen “einen von vornherein unzutreffenden Stellenwert beigemessen” zu haben (Beschwerdebegründung S. 22).
2.2 Mit der nächsten Divergenzrüge werden zwar wiederum (mehrere) Passagen aus zwei in Bezug genommenen Entscheidungen des Senats vorgetragen (Beschwerdebegründung S. 22 bis 27). Die Antragsgegnerin räumt aber selbst ein, dass das “OVG in abstracto diese Grundsätze seiner Entscheidung voranstellt” und meint nur, dass “es sie in der Sache unbeachtet” gelassen habe (Beschwerdebegründung S. 24). Die Begründung beschränkt sich auf den Vorwurf der fehlerhaften Rechtsanwendung, ohne einen Rechtssatzwiderspruch aufzuzeigen. Das gilt für den Einwand, kleinere Abweichungen seien unerheblich (vgl. dazu Urteil vom 9. April 2008 a.a.O.), wie für den Vorwurf, das Normenkontrollgericht habe “keinerlei konkrete Umstände” zur Offensichtlichkeit festgestellt (Beschwerdebegründung S. 25). Wie bereits unter 1.4 ausgeführt, hat das Normenkontrollgericht nicht nur “abstrakt” Rechtssätze des Senats zitiert, sondern mit Blick auf den konkreten Fall objektive Umstände angeführt. Insofern ist auch der im Schriftsatz vom 30. September 2008 erhobene Vorwurf, das Normenkontrollgericht habe sich auf ein bloßes Zitieren der Rechtsprechung beschränkt, verfehlt. Die Ausführungen zur Fremdkörperfestsetzung wiederholen letztlich nur den bereits mit der Grundsatzrüge (siehe wiederum oben unter 1.4) erhobenen Vorwurf, das Normenkontrollgericht habe die Möglichkeit des Einflusses “allein aus einer eigenen Wahrscheinlichkeitsprognose” abgeleitet (Beschwerdebegründung S. 26).
3. Die Verfahrensrügen gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO führen ebenfalls nicht zum Erfolg der Beschwerde.
3.1 Die Beschwerde macht als Mangel des Verfahrens die Aktenwidrigkeit des festgestellten Sachverhalts geltend (Beschwerdebegründung S. 31 bis 34).
Die Verfahrensrüge der “Aktenwidrigkeit”, die den Grundsatz der freien Beweiswürdigung und das Gebot der sachgerechten Ausschöpfung des vorhandenen Prozessstoffs betrifft, setzt die schlüssig vorgetragene Behauptung voraus, zwischen den in der angegriffenen Entscheidung getroffenen tatsächlichen Annahmen und dem insoweit unumstrittenen Akteninhalt sei ein Widerspruch gegeben. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts muss dieser Widerspruch offensichtlich sein, so dass es einer weiteren Beweiserhebung zur Klärung des richtigen Sachverhalts nicht bedarf; der Widerspruch muss also “zweifelsfrei” sein. Es bedarf daher einer genauen Darstellung des Verstoßes, und zwar durch konkrete Angaben von Textstellen aus dem vorinstanzlichen Verfahren, aus denen sich der Widerspruch ergeben soll. Diese Voraussetzungen sind erforderlich, da eine Kritik an der tatrichterlichen Beweiswürdigung und Überzeugungsbildung als solche nicht als Verfahrensmangel rügefähig ist (Beschlüsse vom 2. November 1999 – BVerwG 4 BN 41.99 – UPR 2000, 226 und vom 4. Juli 2001 – BVerwG 4 B 51.01 –).
3.1.1 Soweit die Antragsgegnerin vorträgt, der schriftsätzliche Vortrag der Antragsteller zum “Schalenmodell” und der Zuordnung zur Zone 3, der – wie sich herausgestellt habe – falsch sei, sei aktenwidrig vom Normenkontrollgericht zugrunde gelegt worden (Beschwerdebegründung S. 32), legt sie nicht dar, dass das Gericht den im Tatbestand des Urteils wiedergegebenen Vortrag der Antragsteller (UA S. 6) seiner Würdigung zugrunde gelegt hat. In den Entscheidungsgründen geht das Normenkontrollgericht vielmehr von einer Zuordnung des Gewerbegebiets, in dem das Grundstück der Antragsteller liegt, (nur) zur Zone 2 aus und führt daran anknüpfend aus, dass bei der Gliederung die Wohnbebauung innerhalb des ausgewiesenen Gewerbegebiets unberücksichtigt geblieben sei (UA S. 20). Die Antragsgegnerin räumt denn auch selbst ein, dass die “Einstufung … letztlich ohne Konsequenzen” bleibe (Beschwerdebegründung S. 32).
3.1.2 Die Antragsgegnerin macht des Weiteren geltend, die Annahme des Normenkontrollgerichts, sie habe “keinerlei Bestandsanalyse … vorgenommen und deshalb keinerlei Vorstellung, was sie … tatsächlich überplant habe, … (stehe) in krassem Widerspruch zu den Planunterlagen” (Beschwerdebegründung S. 33). Die behauptete Aktenwidrigkeit wird damit nicht belegt. Das Oberverwaltungsgericht hat nicht angenommen, dass die Antragsgegnerin keinerlei Bestandsanalyse bezüglich der vorhandenen Wohnbebauung vorgenommen habe. Es hat – wie dargelegt (oben 1.2) – einen Abwägungsfehler darin gesehen, dass sich die Antragsgegnerin nicht mit dem Interesse der Grundstückseigentümer im Gebiet GE 2, ihre Wohngrundstücke in der Zukunft auch über den bloßen Bestand hinaus nutzen zu können, befasst habe. Unter diesem Gesichtspunkt hat es beanstandet, dass die Antragsgegnerin keine genauen Erhebungen über Umfang und Fortdauer der Wohnnutzung in dem Gewerbegebiet vorgelegen hätten (UA S. 22). Dass sich derartige Erhebungen insbesondere zur Fortdauer der Wohnnutzung in den Akten befunden hätten, legt die Beschwerde nicht dar.
3.2 Erfolglos bleibt auch die Rüge, das Normenkontrollgericht habe das Äußerungsrecht der Antragsgegnerin und damit ihren Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt, weil es der Entscheidung Satellitenbilder aus dem Internet zugrunde gelegt habe, die ihr nicht zur Kenntnis gegeben worden seien (Beschwerdebegründung S. 34 bis 36). Wie sie selbst auf die Beschwerdeerwiderung hin angibt, hat das Normenkontrollgericht vor der mit einer Ortbegehung verbundenen mündlichen Verhandlung darauf hingewiesen, dass es sich Satellitenbilder über Google Earth angeschaut habe. Soweit sie (nunmehr) geltend macht, sie habe sich zu den Bildern nicht im Rahmen der mündlichen Verhandlung äußern können, legt die Antragsgegnerin mit der Beschwerde weder dar, warum sie sich gehindert gesehen hat, in der mündlichen Verhandlung Nachfragen zu den Bildern zu stellen, noch legt sie dar, was sie vorgetragen hätte, wenn ihr die Möglichkeit zur Äußerung eingeräumt worden wäre. Ihr Einwand, sie kenne die Bilder nicht (Beschwerdebegründung S. 35), verfängt nicht, da es sich bei Google Earth um eine allgemein zugängliche Informationsquelle handelt. Abgesehen davon ist nicht ersichtlich, dass die angegriffene Entscheidung auf dem behaupteten Verstoß beruhen könnte. Denn das Normenkontrollgericht hat den Gebietscharakter nicht etwa nur anhand von Internetluftbildern beurteilt, sondern sich auf die vorhandenen Pläne und die bei der Begehung gewonnene Anschauung der Örtlichkeiten gestützt. Soweit die Antragsgegnerin geltend macht, das Normenkontrollgericht habe beim Ortstermin dem tatsächlichen Bebauungszusammenhang keine Aufmerksamkeit geschenkt und daher keine Erkenntnisse von dem tatsächlichen Zusammenhang der Bebauung erlangen können (Beschwerdebegründung S. 35), ist der Vortrag nicht nachvollziehbar. Hat ein Gericht eine Ortsbesichtigung durchgeführt, verfügt es über eine eigene Anschauung der örtlichen Verhältnisse. Unter welchem rechtlichen Gesichtspunkt es die gewonnene Erkenntnis verwertet, ist für die Frage, ob das Gericht aufgrund der Ortsbesichtigung über eine verlässliche Grundlage zur Beurteilung der planungsrechtlichen Zuordnung eines Gebiets verfügt, unerheblich. Das verkennt die Antragsgegnerin, wenn sie sinngemäß den Vorwurf erhebt, das Normenkontrollgericht habe sich gleichsam den Blick verstellt, weil es bei der Ortsbegehung stets nur darum gegangen sei, welche Häuser bewohnt oder unbewohnt seien (Beschwerdebegründung S. 36). Abgesehen davon enthält die Sitzungsniederschrift entgegen der Darstellung der Antragsgegnerin nicht nur eine Aufzählung der jeweiligen Gebäude, sondern auch eine (kurze) Zusammenfassung der örtlichen Gegebenheiten. Im Übrigen wird nicht beachtet, dass das Normenkontrollgericht neben der Ortskenntnis auch auf vorhandene Pläne verweist. Hierzu verhält sich die Beschwerde überhaupt nicht.
3.3 Ebenso wenig greift die Rüge, das Normenkontrollgericht sei über wichtigen Vortrag hinweggegangen (Beschwerdebegründung S. 36 bis 38). Die Antragsgegnerin legt nicht dar, inwieweit sich die in der Beschwerde dargelegten Argumente zur “Entwicklungsfähigkeit” ausgehend von der materiellen Rechtsauffassung des Oberverwaltungsgerichts als entscheidungserheblich erweisen, sondern beschränkt sich auf die Bemerkung, dass sich deren Entscheidungserheblichkeit aufdränge.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 GKG.
Unterschriften
Prof. Dr. Rubel, Dr. Philipp, Dr. Bumke
Fundstellen