Verfahrensgang
OVG des Landes Sachsen-Anhalt (Urteil vom 14.01.2005; Aktenzeichen 1 L 79/04) |
Tenor
Die Beschwerde der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts des Landes Sachsen-Anhalt vom 14. Januar 2005 wird zurückgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens als Gesamtschuldner.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 2 553,66 EUR festgesetzt.
Gründe
Die Beschwerde hat keinen Erfolg.
1. Das Beschwerdevorbringen rechtfertigt nicht die Zulassung der Revision wegen der geltend gemachten grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).
Die Beschwerde sieht als grundsätzlich bedeutsam die Frage an,
in welchem Umfange die zur Vertretung der Kommune berechtigte Betriebsleitung (eines Eigenbetriebs) ihrerseits Dritten ihre Aufgaben überlassen kann.
Diese Frage rechtfertigt die Zulassung der Revision nicht. Ob und inwieweit Mitarbeiter eines gemeindlichen Eigenbetriebs für die Gemeinde bei Erlass eines Widerspruchsbescheids handlungsbefugt sind, beurteilt sich nach Landesrecht, hier nach § 7 des Gesetzes über die kommunalen Eigenbetriebe im Land Sachsen-Anhalt (EigBG LSA), und ist somit nicht revisibel.
Die Beschwerde wendet gegen das angefochtene Urteil darüber hinaus ein, das Berufungsgericht habe sich nicht ausreichend mit der Pflicht der Beklagten zur Überwachung der Stadtwerke Zeitz GmbH bei der Wahrnehmung der gemeindlichen Aufgabe der Abwasserbeseitigung befasst, die Voraussetzungen für die Notwendigkeit der Erneuerung eines Kanalnetzes verkannt, die Frage des Vorliegens eines darauf bezogenen Erneuerungskonzepts außer Betracht gelassen, keine bzw. unzureichende Ermittlungen zur Möglichkeit zwischenzeitlicher Erneuerung der Kanalanschlüsse und zum Erneuerungsaufwand angestellt und den Begriff der Erneuerung unzutreffend ausgelegt. Diese Ausführungen erschöpfen sich in dem Vorwurf fehlerhafter Rechtsanwendung und lassen die Herausarbeitung fallübergreifend bedeutsamer Rechtsfragen vermissen. Im Übrigen beziehen sie sich – abgesehen von dem verfahrensrechtlichen Gesichtspunkt der gerichtlichen Aufklärungspflicht – wiederum nur auf die Auslegung und Anwendung landesrechtlicher Vorschriften und sind daher nicht geeignet, einen revisionsgerichtlichen Klärungsbedarf darzutun.
2. Die Revision ist auch nicht nach § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO wegen eines Verfahrensmangels zuzulassen.
Der Umstand, dass das Berufungsgericht sich in seinen Urteilsgründen nicht mit der Frage auseinander gesetzt hat, ob die Unterzeichnerin des angegriffenen Widerspruchsbescheids für die Widerspruchsbehörde handeln durfte, lässt nicht den Schluss auf einen Verstoß gegen den Grundsatz rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO) zu. Ein Gehörsverstoß ist bereits nicht hinreichend dargelegt (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO). Weder aus dem Urteilstatbestand noch aus der Beschwerdebegründung ergibt sich, dass die Kläger die genannte Frage – und nicht nur die Frage, ob die Betriebsleitung des Eigenbetriebs vertretungsbefugt war – in den Vorinstanzen thematisiert haben. Deshalb spricht nichts für die Annahme, das Berufungsgericht könnte Vorbringen der Kläger hierzu nicht zur Kenntnis genommen oder außer Betracht gelassen haben. Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass § 7 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 1 EigBG LSA die Betriebsleitung dazu ermächtigt, Bedienstete in bestimmtem Umfang mit ihrer Vertretung zu beauftragen.
Mit dem Vortrag, das Oberverwaltungsgericht hätte die Vertretungsproblematik „erkennen und behandeln müssen”, ist ein Begründungsmangel des angefochtenen Urteils schon nicht dargetan. Das Begründungserfordernis bezieht sich nach § 108 Abs. 1 Satz 2 VwGO auf die für die richterliche Überzeugung leitend gewesenen Gründe. Ob ein Gericht einen für die Entscheidungsfindung erheblichen Gesichtspunkt übersehen hat, ist eine Frage des materiellen Rechts, nicht des verfahrensrechtlichen Begründungserfordernisses.
Sollte den Darlegungen der Kläger zur grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache zugleich die Rüge in verschiedener Hinsicht unzureichender Sachaufklärung der Vorinstanz (§ 86 Abs. 1 VwGO) zu entnehmen sein, so greift diese Rüge gleichfalls nicht durch. Da die Kläger in der mündlichen Verhandlung keine Beweisanträge gestellt haben, könnte das Berufungsgericht seine Aufklärungspflicht nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nur dann verletzt haben, wenn sich ihm eine weitere Ermittlung aufgedrängt hätte (vgl. BVerwG, Beschluss vom 19. August 1997 – BVerwG 7 B 261.97 – Buchholz 310 § 133 (n.F.) VwGO Nr. 26 S. 14 f.; Beschluss vom 10. Oktober 2001 – BVerwG 9 BN 2.01 – Buchholz 401.65 Hundesteuer Nr. 7 S. 11). Das traf indessen für die von der Beschwerde angesprochenen Umstände nicht zu.
Soweit es um die Überwachung der Tätigkeit der Stadtwerke durch die Beklagte geht, hat das Oberverwaltungsgericht Feststellungen über die Abwicklung des Zahlungsverkehrs des Eigenbetriebs Abwasser der Beklagten getroffen und hierzu festgestellt, Einnahmen und Ausgaben seien über ein Verrechnungskonto der Beklagten verbucht worden, über das die Stadtwerke hätten verfügen können. Ohne Anhaltspunkte dafür, dass die üblichen kommunalen Kontrollmechanismen der gemeindlichen Rechnungsprüfung insoweit nicht zum Tragen gekommen wären, hatte das Gericht keinen Anlass, dazu nähere Nachforschungen anzustellen. Die Kläger haben nicht ansatzweise dargetan, dass sie mit ihrem Vorbringen dem Berufungsgericht entsprechende Anhaltspunkte geliefert hätten. Auch im Übrigen sind sie den Darlegungsanforderungen an eine Aufklärungsrüge (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO) nicht gerecht geworden, weil sie nicht dargelegt haben, welche für geeignet und erforderlich gehaltenen Aufklärungsmaßnahmen in Betracht gekommen wären und welche tatsächlichen Feststellungen bei Durchführung der unterbliebenen Sachverhaltsaufklärung voraussichtlich getroffen worden wären (BVerwG, Beschluss vom 19. August 1997 a.a.O. S. 14). Dies gilt in gleicher Weise hinsichtlich der sonstigen Tätigkeiten der Stadtwerke im Rahmen der Auswechslung der Grundstücksanschlüsse.
Soweit die Kläger eine weitergehende Sachaufklärung zur Frage vermissen, ob die Hausanschlüsse erneuerungsbedürftig waren, liegt dem eine Rechtsauffassung zu den Anforderungen an die Notwendigkeit einer Erneuerung zu Grunde, die erklärtermaßen von derjenigen des Berufungsgerichts abweicht. Der Umfang der gebotenen Sachaufklärung ist jedoch von der durch das Oberverwaltungsgericht eingenommenen materiellrechtlichen Position her zu bestimmen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 10. Oktober 2001 a.a.O.).
Der Frage, ob die Hausanschlussleitungen nach ihrer Herstellung bereits erneuert worden sind, ist die Vorinstanz ausweislich der Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils durch Auswertung der Akten der Beklagten nachgegangen. Ergaben sich weder daraus noch aus dem Vortrag der Kläger greifbare Anhaltspunkte für Erneuerungsmaßnahmen, so mussten sich dem Gericht keine weiteren Ermittlungen aufdrängen, zumal die Kläger nicht dargelegt haben, welche Unterlagen der Beklagten noch weiteren Aufschluss hätten geben können. Auch soweit ein Beteiligter mangels Sachnähe keine substanziellen Angaben zu bestimmten Sachverhaltsumständen machen kann, ist ein Gericht, das die Verwaltungsakten beigezogen und ausgewertet hat, seinerseits nicht zu weitergehenden Ermittlungen „ins Blaue hinein” verpflichtet.
Schließlich mussten sich der Vorinstanz auch keine zusätzlichen Ermittlungen zu den von der Beklagten geltend gemachten Aufwendungen aufdrängen. Das Gericht ist insoweit nicht untätig geblieben, sondern hat die von der Beklagten im gerichtlichen Verfahren nachgereichten Aufmaßblätter und Abrechnungsunterlagen ausgewertet. Anhand dieser Unterlagen hat es sich auch mit dem von den Klägern erhobenen Einwand mangelnder Plausibilität unterschiedlicher Kosten für deren vier Grundstücke auseinander gesetzt und hierzu darauf hingewiesen, dass die Kostendifferenzen eine Erklärung in Unterschieden hinsichtlich der Zahl, der Länge und des Verlaufs der jeweiligen Anschlussleitungen fänden. Dass das Gericht unter diesen Umständen keinen Anlass zu weiteren Nachforschungen sah, verletzt nicht die Pflicht zur Amtsermittlung, sondern entspricht im Gegenteil dem Erfordernis, aus Gründen der Prozessökonomie die Amtsermittlung mit Augenmaß zu betreiben (vgl. BVerwG, Urteil vom 17. April 2002 – BVerwG 9 CN 1.01 – BVerwGE 116, 188 ≪196 ff.≫).
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 159 Satz 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 52 Abs. 3, § 47 Abs. 3 GKG.
Unterschriften
Hien, Dr. Nolte, Domgörgen
Fundstellen