Verfahrensgang
Bayerischer VGH (Aktenzeichen 3 B 96.4216) |
Tenor
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 18. November 1999 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 47 899 DM festgesetzt.
Gründe
Die Beschwerde ist unbegründet. Die von der Klägerin geltend gemachten Revisionszulassungsgründe des § 132 Abs. 2 Nrn. 1 und 3 VwGO liegen nicht vor.
Grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine grundsätzliche, höchstrichterlich bisher noch nicht geklärte Rechtsfrage aufwirft, deren im erstrebten Revisionsverfahren zu erwartende Entscheidung zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder für eine bedeutsame Weiterentwicklung des Rechts geboten erscheint. Die in diesem Sinne zu verstehende grundsätzliche Bedeutung muß gemäß § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO durch Anführung mindestens einer konkreten, sich aus dem vorliegenden Verwaltungsrechtsstreit ergebenden Rechtsfrage, die für die Entscheidung des Revisionsgerichts erheblich sein wird, und durch den Hinweis auf den Grund, der die Anerkennung der grundsätzlichen Bedeutung rechtfertigen soll, dargelegt werden (vgl. u.a. BVerwGE 13, 90 ≪91 f.≫).
Die von der Klägerin als vermeintlich rechtsgrundsätzlich aufgeworfenen Frage, ob § 19 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2, § 22 Abs. 1 BeamtVG in Verbindung mit § 43 SVG in der am 6. Oktober 1992 maßgeblichen Fassung mit Art. 3, Art. 6 und Art. 33 Abs. 5 GG sowie mit Gemeinschaftsrecht im Sinne des Art. 177 EG-Vertrag vereinbar seien, bedarf keiner Klärung in dem mit der Beschwerde angestrebten Revisionsverfahren, weil die Frage ohne klärungsbedürftigen Zweifel zu bejahen ist.
Nachgeheiratete Witwen von Beamten haben keinen Anspruch auf eine Alimentation im Sinne des Art. 33 Abs. 5 GG. Der ihnen unter den Voraussetzungen des § 22 Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit § 19 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BeamtVG zu bewilligende Unterhaltsbeitrag ist keine alimentationsrechtliche Versorgung. Er dient lediglich dem Ausgleich von Härten, die sich daraus ergeben, daß das Gesetz der nachgeheirateten Witwe eine volle Witwenversorgung versagt. Dementsprechend hat er lediglich Auffüllungsfunktion. Der Dienstherr darf seine Pflicht zur Gewährung eines Unterhaltsbeitrages durch eine bestimmte anderweitige wirtschaftliche Sicherung der nachgeheirateten Witwe als erfüllt ansehen (stRspr; vgl. u.a. BVerwGE 41, 207 ≪214≫; 66, 360 ≪365≫; 70, 211 ≪215≫; Urteile vom 15. März 1988 – BVerwG 2 C 16.87 – ≪Buchholz 239.1 § 22 Nr. 4≫ und vom 9. März 1989 – BVerwG 2 C 8.87 – ≪Buchholz 239.1 § 22 Nr. 5≫). Verfassungsrechtliche Bedenken sind dagegen auch mit Blick auf Art. 3 und Art. 6 GG nicht zu erheben. Davon ist das Bundesverwaltungsgericht in ständiger Rechtsprechung als selbstverständlich ausgegangen (vgl. BVerwGE 10, 352 ≪354≫; Urteile vom 16. Juli 1964 – BVerwG 2 C 88.62 – ≪Buchholz 232 § 123 Nr. 3≫ und – zuletzt – vom 21. Oktober 1999 – BVerwG 2 C 41.98 – ≪zur Veröffentlichung bestimmt≫; s. auch Finger in Fürst, GKÖD I, Teil 4 O § 19 Rz. 3). Von einer Gemeinschaftsrecht verletzenden Diskriminierung nachgeheirateter Witwen von Beamten oder Soldaten kann ebensowenig die Rede sein.
Das angefochtene Urteil beruht auch nicht auf einem Verfahrensfehler im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO. Die Rüge, durch die Nichtvorlage der Sache an den Europäischen Gerichtshof habe das Berufungsgericht die Klägerin ihrem gesetzlichen Richter entzogen, geht schon deshalb fehl, weil keine Vorlagepflicht bestand. Diese besteht nach Art. 177 Abs. 3 EGV nur, wenn die Entscheidung des einzelstaatlichen Gerichts selbst nicht mehr mit einem Rechtsmittel des innerstaatlichen Rechts angefochten werden kann. Da die Nichtzulassungsbeschwerde jedenfalls hinsichtlich der Einhaltung des revisiblen Rechts ein Rechtsmittel im Sinne der genannten Bestimmung ist (stRspr; vgl. Beschlüsse vom 14. Dezember 1992 – BVerwG 5 B 72.92 – ≪NVwZ 1993, 770≫ und vom 23. August 1995 – BVerwG 1 B 46.95 – ≪Buchholz 451.20 § 33 a Nr. 8≫) und das Gemeinschaftsrecht zum revisiblen Recht im Sinne des § 137 Abs. 1 VwGO gehört, stellt das Berufungsurteil keine letztinstanzliche Entscheidung dar (vgl. Beschluß vom 23. August 1995, a.a.O. m.w.N.).
Ebensowenig liegt ein Verstoß gegen die Vorlagepflicht nach Art. 100 Abs. 1 GG vor. Die in Art. 100 Abs. 1 GG, §§ 80 ff. BVerfGG geregelte Vorlagepflicht besteht nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nur dann, wenn das Gericht eine entscheidungserhebliche Gesetzesvorschrift für verfassungswidrig erachtet (vgl. u.a. BVerfGE 80, 54 ≪58≫ m.w.N.). Das Berufungsgericht hat jedoch die Verfassungsmäßigkeit der im vorliegenden Fall anzuwendenden versorgungsrechtlichen Vorschriften – zutreffend – bejaht.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 13 Abs. 1 Satz 1 GKG. Als Streitwert ist nach der ständigen Praxis des Senats pauschalierend der zweifache Jahresbetrag des begehrten Unterhaltsbeitrages festzusetzen (vgl. zuletzt Beschluß vom 13. September 1999 – BVerwG 2 B 53.99 – ≪zur Veröffentlichung bestimmt≫).
Unterschriften
Dr. Franke, Dr. Silberkuhl, Dr. Kugele
Fundstellen