Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Verpflichtung des Dienststellenleiters zur Vorlage von Unterlagen an den Personalrat, die er seiner Entscheidung über eine Maßnahme nicht zugrunde gelegt hat.
Leitsatz (amtlich)
1. Weil sich auch im personalvertretungsrechtlichen Beschlussverfahren der maßgebliche Zeitpunkt zur Beurteilung der Sach- und Rechtslage grundsätzlich nach dem materiellen Recht bestimmt, ist bei der Prüfung der Begründetheit eines auf die Verletzung eines Mitbestimmungsrechts bezogenen konkreten Feststellungsantrags, bei dem der Eintritt der Zustimmungsfiktion (§ 69 Abs. 2 Satz 5 BPersVG a. F./§ 70 Abs. 3 Satz 4 BPersVG) im Streit steht, auf die bis zum Ende der Zustimmungsfrist geltende Rechtslage abzustellen.
2. Im Fall einer Versetzungsmaßnahme bezieht sich die Verpflichtung der Dienststellenleitung, den Personalrat zu unterrichten (§ 68 Abs. 2 Satz 1 und 2 BPersVG a. F./§ 66 Abs. 1 Satz 1 und 2 BPersVG), auf alle Fakten und Unterlagen, die für die Versetzungsentscheidung maßgebend waren.
3. Ist der Versetzungsentscheidung ein Auswahlverfahren vorausgegangen, können die vollständigen Auswahlunterlagen darüber und über weitere Bewerberinnen und Bewerber nur maßgebend im vorgenannten Sinne sein, wenn der Leiter der Dienststelle, welcher der Personalrat zugeordnet ist, die der personellen Maßnahme zugrundeliegende materielle Auswahlentscheidung selbst getroffen oder sich die von anderen getroffene Auswahlentscheidung zu eigen gemacht hat.
Verfahrensgang
OVG Berlin-Brandenburg (Beschluss vom 10.11.2021; Aktenzeichen OVG 62 PV 10/20) |
VG Berlin (Beschluss vom 14.10.2020; Aktenzeichen 72 K 7/20 PVB) |
Tenor
Auf die Rechtsbeschwerde des Antragstellers werden der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg - Fachsenat für Personalvertretungssachen des Bundes - vom 10. November 2021 und der Beschluss des Verwaltungsgerichts Berlin - Fachkammer für Personalvertretungssachen - Bund - vom 14. Oktober 2020 aufgehoben, soweit der Antrag hinsichtlich der Versetzung von Frau B. S. abgelehnt worden ist. Es wird festgestellt, dass diese Versetzung das Mitbestimmungsrecht des Antragstellers verletzt und der Beteiligte zur Nachholung des Mitbestimmungsverfahrens verpflichtet ist.
Im Übrigen wird die Rechtsbeschwerde des Antragstellers zurückgewiesen.
Gründe
I
Rz. 1
Die Verfahrensbeteiligten streiten darüber, ob die Zustimmungsverweigerung des Antragstellers (Personalrat der Agentur für Arbeit B. N.) zu mehreren konkret bezeichneten Personalmaßnahmen unbeachtlich war, sodass die betreffenden Maßnahmen ohne seine Zustimmung und ohne zustimmungsersetzende Entscheidung der Einigungsstelle umgesetzt werden durften.
Rz. 2
Der Beteiligte (vorsitzendes Mitglied der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit B. N.) bat den Antragsteller im Februar 2020 um Zustimmung zur beabsichtigten Abordnung mit dem Ziel der Versetzung von Frau S. zur Agentur für Arbeit B. N. unter gleichzeitiger Zuweisung zum Jobcenter B. P. sowie um Zustimmung zu deren anschließender Versetzung zur Agentur für Arbeit B. N. Das zugrundeliegende Auswahlverfahren wurde vom Geschäftsführer des Jobcenters unter Verwendung eines elektronischen Bewerbermanagementsystems ("E-Recruiting") durchgeführt. Er wurde dabei von Mitarbeitern des Internen Services der Agentur für Arbeit B. M. unterstützt, die das elektronische Bewerbermanagementsystem verwalten. Der Beteiligte fügte seinem Zustimmungsersuchen eine Übersicht mit Daten zu Frau S. sowie deren Bewerbungsunterlagen bei und führte im Übrigen aus, Frau S. habe sich in dem Auswahlverfahren als bestgeeignete Bewerberin durchgesetzt. Die derzeit auf dem ausgeschriebenen Dienstposten beauftragte Beschäftigte belege Rang 2 und sei Nachrückerin für den Fall einer Absage. Der Antragsteller verweigerte seine Zustimmung zum einen unter Berufung auf § 77 Abs. 2 Nr. 1 BPersVG a. F. mit der Begründung, der Beteiligte habe gegen seine Unterrichtungs- und Informationspflicht nach § 68 Abs. 2 BPersVG a. F. verstoßen, da er ihm die vollständigen Auswahlunterlagen nicht vorgelegt habe. Zum anderen berief sich der Antragsteller auf den Zustimmungsverweigerungsgrund des § 77 Abs. 2 Nr. 2 BPersVG a. F., weil nicht auszuschließen sei, dass Mitbewerberinnen bzw. Mitbewerber durch ein mangelbehaftetes Auswahlverfahren benachteiligt worden seien. Der Beteiligte sah die Zustimmungsverweigerung als unbeachtlich an und ging von einer Zustimmungsfiktion aus. Mit Wirkung zum 4. November 2020 wurde Frau S. ohne Durchführung eines weiteren Zustimmungsverfahrens zur Agentur für Arbeit B. N. versetzt.
Rz. 3
Im Zeitraum von März bis Mai 2020 ersuchte der Beteiligte um Zustimmung zur beabsichtigten Versetzung von vier weiteren namentlich bezeichneten Beschäftigten zur Agentur für Arbeit B. N. unter jeweils gleichzeitiger Zuweisung einer Tätigkeit in einem im Zuständigkeitsbereich dieser Agentur gelegenen Jobcenter. Zudem bat der Beteiligte den Antragsteller um Zustimmung zur beabsichtigten Abordnung des Herrn T. an die Agentur für Arbeit B. N. und vorübergehenden Zuweisung einer höher bewerteten Tätigkeit beim Jobcenter B. R. an diesen. Die betreffenden Zustimmungsverfahren liefen im Wesentlichen in gleicher Weise wie im Fall der Frau S. ab, das heißt der Beteiligte fügte dem jeweiligen Zustimmungsersuchen lediglich Unterlagen über die von der Personalmaßnahme betroffene Beschäftigte bzw. den von der Personalmaßnahme betroffenen Beschäftigten bei, woraufhin der Antragsteller jeweils seine Zustimmung mit derselben Begründung wie bei Frau S. verweigerte. Der Beteiligte sah die Zustimmungsverweigerungen auch in diesen Fällen als unbeachtlich an und führte die Maßnahmen durch. Die Herrn T. betreffende Maßnahme endete mit Ablauf des Monats August 2021.
Rz. 4
Der Antragsteller hat das personalvertretungsrechtliche Beschlussverfahren eingeleitet. Er hat vor dem Verwaltungsgericht beantragt festzustellen, dass die konkret bezeichneten Maßnahmen ohne seine Zustimmung und ohne dass seine Zustimmung durch den Spruch der Einigungsstelle ersetzt worden wäre, jeweils sein Mitbestimmungsrecht verletze und der Beteiligte verpflichtet sei, das Mitbestimmungsverfahren fortzusetzen. Das Verwaltungsgericht hat die Anträge abgelehnt.
Rz. 5
Im Beschwerdeverfahren hat der Antragsteller die konkreten Feststellungsanträge in den Fällen, in denen die oben genannten Versetzungen in Rede standen, aufrechterhalten, den Frau S. betreffenden konkreten Feststellungsantrag mit Blick auf die zwischenzeitlich durchgeführte Versetzung entsprechend geändert und den konkreten Feststellungsantrag hinsichtlich des Herrn T. mit Blick auf die Beendigung der Maßnahmen auf einen abstrakten Feststellungsantrag umgestellt. Das Oberverwaltungsgericht hat die Beschwerde des Antragstellers zurückgewiesen.
Rz. 6
Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die Feststellungsanträge seien zwar zulässig. Die Änderung des Antrags im Fall der Frau S. dahingehend, dass nunmehr auf die Versetzung abgestellt werde, sei ohne Weiteres möglich, weil das Zustimmungsersuchen nach der ständigen Praxis der Beteiligten auch die spätere Versetzung umfasst habe. Insoweit habe der Beteiligte, der durch sein Vorgehen zu erkennen gegeben habe, dass er selbst noch gar nicht entschlossen gewesen sei, Frau S. tatsächlich (aufnehmend) zu versetzen, vom Antragsteller die Zustimmung zur Abordnung und gleichsam auf Vorrat zur Versetzung angestrebt. Das für den abstrakten Feststellungsantrag erforderliche Feststellungsinteresse ergebe sich schon daraus, dass dieser Antrag statt einer Versetzung eine Abordnung zum Gegenstand habe. Alle Feststellungsanträge seien aber unbegründet. Maßgeblich sei insoweit das aktuell geltende Bundespersonalvertretungsgesetz. Denn die konkreten Feststellungsanträge zielten auf die Verwirklichung der Mitbestimmungsbefugnisse und der abstrakte Feststellungsantrag bezwecke eine verbindliche Klärung für gleichartige Fälle in der Zukunft. Die in Rede stehenden Zustimmungsverweigerungen seien somit nunmehr an § 78 Abs. 5 BPersVG zu messen. Für eine danach unbeachtliche Zustimmungsverweigerung werde an der in Bezug auf die Vorgängerregelung des § 77 Abs. 2 BPersVG a. F. gefundenen Rechtsauffassung festgehalten. In den vom Oberverwaltungsgericht nachfolgend zitierten einschlägigen Ausführungen seines Beschlusses vom 24. September 2020 - OVG 62 PV 11.19 - heißt es unter anderem, es sei höchstrichterlich geklärt, dass eine Verletzung der Unterrichtungs- und Informationspflicht des Dienststellenleiters nach § 68 Abs. 2 BPersVG a. F. keinen Gesetzesverstoß im Sinne von § 77 Abs. 2 Nr. 1 BPersVG a. F. darstelle. Die Besorgnis einer Benachteiligung von Beschäftigten im Sinne von § 77 Abs. 2 Nr. 2 BPersVG a. F. müsse durch Tatsachen begründet werden, was dem Antragsteller in Ermangelung der Auswahlunterlagen nicht möglich gewesen sei. Auch habe der Antragsteller den Ablauf der Äußerungsfrist nicht dadurch verhindert, dass er den Beteiligten zuvor aufgefordert habe, die Unterlagen der Auswahlentscheidung vorzulegen. Der Anspruch auf Vorlage von Unterlagen nach § 68 Abs. 2 BPersVG a. F. sei streng aufgabenbezogen. Er bestehe nur, wenn die begehrten Unterlagen zur Erfüllung einer gesetzlichen Aufgabe in Bezug gesetzt werden könnten. Daran fehle es hier. Der Beteiligte habe mit der beabsichtigten Maßnahme auf den Vorschlag des Geschäftsführers des Jobcenters reagiert. Die Auswahlentscheidung sei im Jobcenter getroffen worden. Das Verhalten des Geschäftsführers sei dem Träger nicht als eigenes Verhalten zuzurechnen. Der Beteiligte habe die Auswahl auch nicht tatsächlich wiederholt oder auch nur prüfend nachvollzogen. Er habe sich nur mit der bzw. dem konkreten Beschäftigten befasst. Für die sie bzw. ihn angehende Maßnahme seien die Auswahlunterlagen, die auch andere Bewerberinnen und Bewerber beträfen, nicht erforderlich. Für die im vorliegenden Verfahren zu entscheidenden Fallgestaltungen ergebe sich aus dem Bundespersonalvertretungsgesetz in der aktuellen Fassung keine relevante Rechtsänderung. Schließlich sei eine Verletzung des Mitbestimmungsrechts des Antragstellers auch nicht in dem besonders gelagerten Fall von Frau S. festzustellen. Denn der Antragsteller habe in seiner schriftlichen Zustimmungsverweigerung nicht beanstandet, dass er über die Versetzung erst in dem Moment mitzubestimmen habe, in dem sich der Beteiligte nach erfolgreicher Abordnung zu deren Versetzung (aufnehmender Aspekt) entschließen sollte.
Rz. 7
Mit der Rechtsbeschwerde verfolgt der Antragsteller seine Feststellungsbegehren aus der Beschwerdeinstanz weiter. Bezüglich der Versetzung von Frau S. könne seine Zustimmung schon deshalb nicht fingiert werden, weil diese Maßnahme im Zeitpunkt des Zustimmungsersuchens vom Beteiligten noch nicht beabsichtigt gewesen sei. Über sie habe erst nach der Bewährungsfeststellung, zu der die Abordnung gedient habe, entschieden werden sollen. Ohne eine konkrete beabsichtigte Maßnahme fehle es aber an einem Objekt der Zustimmungserklärung bzw. -fiktion. Dies habe er zum damaligen Zeitpunkt nicht rügen müssen. Der Beteiligte hätte, nachdem er im Anschluss an die Bewährungsfeststellung entschieden habe, Frau S. zu versetzen, ein neues Mitbestimmungsverfahren durchführen müssen. Das sei nicht geschehen. Bezüglich der weiteren konkret bezeichneten Maßnahmen sei sein Zustimmungsrecht verletzt, weil sich der Beteiligte nicht darauf berufen könne, dass der Geschäftsführer des Jobcenters eine Auswahlentscheidung getroffen habe, ohne diese selbst nachzuprüfen. Die aufnehmende Versetzung zur Agentur für Arbeit und die Zuweisung zu einem Jobcenter seien zwar nicht am Maßstab des Art. 33 Abs. 2 GG zu messen. Der Beteiligte sei aber verpflichtet, über diese Maßnahmen nach billigem Ermessen zu entscheiden und dabei den arbeitsgerichtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG zu beachten. Treffe er aufgrund einer unzureichenden Tatsachengrundlage eine unbillige Entscheidung, gehe dies zu seinen Lasten. Er, der Antragsteller, habe darüber zu wachen, dass der Beteiligte dieser Verpflichtung gerecht werde, also die Entscheidung des Beteiligten nicht sachwidrig oder diskriminierend sei. Hierzu müsse er die Gründe der Entscheidung des Beteiligten nachvollziehen können. Dafür benötige er die Unterlagen der anderen Bewerberinnen und Bewerber. Bezüglich des abstrakten Feststellungsbegehrens sei zu beachten, dass die Übertragung einer höher bewerteten Tätigkeit dem Grundsatz der Bestenauslese nach Art. 33 Abs. 2 GG unterliege. Die Auswahlentscheidung anhand dieses Maßstabs sei von dem Beteiligten zu treffen. Er dürfe seine Verpflichtung nicht auf den Geschäftsführer des Jobcenters übertragen. Dementsprechend müsse der Beteiligte ihm, dem Antragsteller, auch seine Gründe für die Auswahlentscheidung transparent darstellen. Teile er ihm die Grundlagen der Bestenauslese nicht nachvollziehbar mit, dann habe er die Zustimmung zu verweigern, weil eine Verletzung des Grundsatzes der Bestenauslese und eine Benachteiligung anderer Bewerberinnen und Bewerber zu besorgen sei.
Rz. 8
Der Beteiligte tritt dem entgegen und verteidigt die angefochtene Entscheidung.
II
Rz. 9
Die Rechtsbeschwerde des Antragstellers hat lediglich in dem sich aus dem Tenor ergebenden Umfang Erfolg. Der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts beruht auf der unrichtigen Anwendung einer Rechtsnorm (§ 108 Abs. 2 Bundespersonalvertretungsgesetz - BPersVG - vom 9. Juni 2021 ≪BGBl. I S. 1614≫ i. V. m. § 93 Abs. 1 Satz 1 ArbGG), soweit er die mit Wirkung zum 4. November 2020 vorgenommene Versetzung der Frau S. zur Agentur für Arbeit B. N. zum Gegenstand hat. Er ist daher ebenso wie der durch ihn bestätigte erstinstanzliche Beschluss in diesem Umfang aufzuheben. Da der entscheidungserhebliche Sachverhalt geklärt ist, entscheidet der Senat in der Sache selbst (§ 96 Abs. 1 Satz 2 ArbGG i. V. m. § 562 Abs. 1 und § 563 Abs. 3 ZPO). Dies führt im Hinblick auf die Versetzung der Frau S. zur Feststellung der Verletzung des Mitbestimmungsrechts und zur Verpflichtung des Beteiligten, das Mitbestimmungsverfahren nachzuholen. Im Übrigen ist der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts nicht zu beanstanden und bleibt die Rechtsbeschwerde erfolglos.
Rz. 10
1. Die in der Rechtsbeschwerdeinstanz weiterverfolgten Feststellungsanträge sind zulässig.
Rz. 11
Insbesondere ist das Rechtsschutzbedürfnis für die konkreten Feststellungsanträge mit Blick auf das am 15. Juni 2021 in Kraft getretene Bundespersonalvertretungsgesetz vom 9. Juni 2021 nicht deshalb entfallen, weil nach dieser Gesetzesfassung die von den konkreten Feststellungsanträgen erfassten personellen Maßnahmen offensichtlich nicht mehr mitbestimmungspflichtig wären und deshalb - auch bei einer Verletzung des Mitbestimmungsrechts in der Vergangenheit - ein nach dem neuen Recht zu beurteilender Anspruch des Personalrats auf Nachholung des Mitbestimmungsverfahrens nicht bestünde (vgl. auch BVerwG, Beschluss vom 23. August 2007 - 6 P 7.06 - Buchholz 251.4 § 86 HmbPersVG Nr. 13 Rn. 11 ff.). Denn das trifft nicht zu. Der Antragsteller hat auch nach neuem Recht unter - soweit hier von Bedeutung - unveränderten Voraussetzungen bei einer vom Dienststellenleiter beabsichtigten Versetzung zu einer anderen Dienststelle (§ 78 Abs. 1 Nr. 5 BPersVG) sowie Zuweisung für mehr als drei Monate (§ 78 Abs. 1 Nr. 7 Alt. 2 BPersVG) mitzubestimmen.
Rz. 12
2. Der konkrete Feststellungsantrag bezüglich Frau S. ist begründet, soweit dieser Antrag deren Versetzung betrifft (a). Im Übrigen ist er ebenso wie die konkreten Feststellungsanträge bezüglich der vier weiteren namentlich bezeichneten Beschäftigten (b) und der abstrakte Feststellungsantrag (c) unbegründet.
Rz. 13
a) Das Oberverwaltungsgericht hat den konkreten Feststellungsantrag betreffend die zum 4. November 2020 vorgenommene Versetzung der Frau S. zur Agentur für Arbeit B. N. zu Unrecht für unbegründet erachtet. Das auf die konkrete Feststellung der Verletzung des Mitbestimmungsrechts und Verpflichtung des Beteiligten zur Fortsetzung des Mitbestimmungsverfahrens gerichtete Begehren ist - entgegen der Auffassung des Oberverwaltungsgerichts - materiell-rechtlich nicht anhand des am 15. Juni 2021 in Kraft getretenen Bundespersonalvertretungsgesetzes vom 9. Juni 2021, sondern auf der Grundlage der im Zeitpunkt der streitigen Versetzung der Frau S. anzuwendenden Fassung des Bundespersonalvertretungsgesetzes zu beurteilen (aa). Dabei steht zwischen den Verfahrensbeteiligten zu Recht außer Streit, dass dem Antragsteller bezüglich des aufnehmenden Aspekts der Versetzung der Frau S. ein Mitbestimmungsrecht nach § 75 Abs. 1 Nr. 3 BPersVG a. F. zugestanden hat. Ferner steht zu Recht nicht im Streit, dass der Antragsteller seine Zustimmung hierzu nicht explizit erteilt hat und diese auch nicht durch einen Spruch der Einigungsstelle ersetzt worden ist. Zwischen den Beteiligten streitig und zu klären ist vielmehr die Frage, ob diese Versetzung im Zeitpunkt der Vorlage vom 13. Februar 2020 beabsichtigt im Sinne des § 69 Abs. 2 Satz 1 BPersVG a. F. gewesen ist mit der Folge, dass mit dieser Vorlage auch für die Versetzung das erforderliche Mitbestimmungsverfahren eingeleitet worden ist. Das ist zu verneinen (bb). Auf die zwischen den Verfahrensbeteiligten weitere strittige Frage, ob die schriftliche Zustimmungsverweigerung des Antragstellers vom 2. März 2020 als unbeachtlich und seine Zustimmung infolgedessen als fingiert anzusehen ist, kommt es damit in diesem Zusammenhang nicht an.
Rz. 14
aa) Die Prüfung der Begründetheit des konkreten Feststellungsantrags bezüglich der Versetzung der Frau S. richtet sich nach dem Bundespersonalvertretungsgesetz vom 15. März 1974 (BGBl. I S. 693), vor dem hier maßgeblichen Zeitpunkt zuletzt geändert durch Art. 1 des Gesetzes vom 25. Mai 2020 (BGBl. I S. 1063) - BPersVG a. F. -.
Rz. 15
Im personalvertretungsrechtlichen Beschlussverfahren sind Rechtsänderungen während des Rechtsbeschwerdeverfahrens in gleicher Weise zu berücksichtigen, wie sie die Vorinstanz berücksichtigen müsste, wenn sie im Zeitpunkt der Entscheidung über die Rechtsbeschwerde entschiede (stRspr, vgl. etwa BVerwG, Beschluss vom 24. November 2021 - 5 P 5.20 - IÖD 2022, 114 ≪115≫ m. w. N.). Das führt hier dazu, dass über den Antrag des Antragstellers auf Feststellung der Verletzung seines Mitbestimmungsrechts bei der im Anschluss an die vorangegangene Abordnung vorgenommenen Versetzung der Frau S. zur Agentur für Arbeit B. N. nach dem Bundespersonalvertretungsgesetz in der vorstehend genannten früheren Fassung zu entscheiden ist. Denn die Frage nach dem maßgeblichen Zeitpunkt zur Beurteilung der Sach- und Rechtslage bestimmt sich grundsätzlich nach dem materiellen Recht (vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 17. Dezember 2021 - 7 C 7.20 - NVwZ 2022, 803 Rn. 14 und Beschluss vom 4. Juli 2006 - 5 B 90.05 - juris Rn. 6, jeweils m. w. N.). Dementsprechend ist in einer Fallkonstellation wie der hier vorliegenden, in der es zunächst darum geht, ob ein Mitbestimmungsverfahren überhaupt wirksam eingeleitet worden ist, auf das seinerzeit geltende Recht abzustellen. Denn diese Frage ist auf die Vergangenheit bezogen und daher nach dem damals geltenden Recht zu beurteilen.
Rz. 16
bb) Der Beteiligte hat bei der Versetzung der Frau S. das Mitbestimmungsrecht des Antragstellers nach § 75 Abs. 1 Nr. 3 Alt. 1 BPersVG a. F. verletzt, da er diese ohne Durchführung des erforderlichen Mitbestimmungsverfahrens vorgenommen hat. Infolgedessen ist der Beteiligte - sofern er an der Versetzung festhält - zur Nachholung dieses Mitbestimmungsverfahrens verpflichtet, für das gemäß dem vorstehend dargelegten Maßstab, weil in der Zukunft liegend, das dann geltende Recht maßgeblich ist.
Rz. 17
Das durch die Vorlage des Beteiligten vom 13. Februar 2020 eingeleitete Mitbestimmungsverfahren genügt im Hinblick auf die in Rede stehende Versetzung nicht den Anforderungen an ein ordnungsgemäßes Mitbestimmungsverfahren, da dem Beteiligten zu diesem Zeitpunkt die erforderliche Versetzungsabsicht fehlte. Nach § 69 Abs. 2 Satz 1 BPersVG a. F. hat der Dienststellenleiter den Personalrat von einer beabsichtigten Maßnahme zu unterrichten und seine Zustimmung einzuholen. Eine Maßnahme wird im Sinne der vorgenannten Vorschrift beabsichtigt, wenn der Dienststellenleiter seinen Willensbildungsprozess mit Blick auf den Gegenstand des Mitbestimmungsrechts abgeschlossen hat (stRspr, vgl. etwa BVerwG, Beschluss vom 17. Mai 2017 - 5 P 2.16 - Buchholz 250 § 75 BPersVG Nr. 127 Rn. 10 m. w. N.). Ob das der Fall ist, hängt vom konkreten Sachverhalt ab und ist unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls im Wege der Tatsachenwürdigung zu beurteilen. Auf der Grundlage der vom Antragsteller in der mündlichen Anhörung gemachten Angaben hat das Oberverwaltungsgericht festgestellt, dass der Beteiligte im Zeitpunkt des Ersuchens um Zustimmung zur Abordnung mit dem Ziel der Versetzung zu Letzterer noch nicht entschlossen gewesen ist. Hiergegen hat der Beteiligte keine zulässigen und begründeten Verfahrensrügen erhoben, sodass diese Feststellung für den Senat bindend ist (§ 108 Abs. 2 BPersVG i. V. m. § 92 Abs. 2 Satz 1, § 72 Abs. 5 ArbGG, § 559 Abs. 2 ZPO). Ein weiteres Mitbestimmungsverfahren vor der mit Wirkung zum 4. November 2020 vorgenommenen Versetzung der Frau S. hat der Beteiligte nicht durchgeführt.
Rz. 18
b) Das Oberverwaltungsgericht hat zu Recht dahin erkannt, dass der konkrete Feststellungsantrag betreffend die Zuweisung einer Tätigkeit an Frau S. beim Jobcenter B. P. sowie die konkreten Feststellungsanträge betreffend die jeweilige Versetzung zur Agentur für Arbeit B. N. und Zuweisung einer Tätigkeit bei einem in deren Zuständigkeitsbereich gelegenen Jobcenter an die Beschäftigten Herrn S. S., Frau A. P., Herrn L. W. und Frau M. K. unbegründet sind. Für die beantragten Feststellungen ist in Anwendung des vorstehend für die Bestimmung des maßgeblichen Beurteilungszeitpunkts dargelegten Maßstabs materiell-rechtlich ebenfalls auf das Bundespersonalvertretungsgesetz alter Fassung abzustellen. Denn in einer Fallkonstellation wie der hier vorliegenden, in der es zunächst darum geht, ob eine Maßnahme als gebilligt gilt, ist insoweit auf das seinerzeit maßgebliche Recht abzustellen. Das folgt aus den sich aus dem materiellen (Bundes-)Personalvertretungsrecht ergebenden Rechtswirkungen der Zustimmungsfiktion. Die zu einer von der Dienststelle beabsichtigten Maßnahme beantragte Zustimmung gilt als erteilt, wenn der Personalrat seine Zustimmung nach Maßgabe des in diesem Zeitpunkt geltenden Rechts nicht unter Angabe beachtlicher Gründe schriftlich innerhalb der gesetzlich bestimmten Frist verweigert (vgl. § 69 Abs. 2 Satz 5 BPersVG a. F., der einen mit der aktuellen Regelung des § 70 Abs. 3 Satz 4 BPersVG übereinstimmenden Wortlaut und Regelungsgehalt ≪vgl. BT-Drs. 19/26820 S. 113≫ aufweist). Mit Eintritt der Zustimmungsfiktion ist das konkrete Mitbestimmungsverfahren ordnungsgemäß beendet. Die Frage, ob ein nicht ordnungsgemäß durchgeführtes Mitbestimmungsverfahren fortzusetzen oder nachzuholen ist, stellt sich dann nicht mehr. Für eine Fortsetzung oder Nachholung wäre vielmehr kein Raum. Zwischen den Verfahrensbeteiligten steht insoweit allein im Streit, ob der Beteiligte die vorgenannten personellen Maßnahmen jeweils vornehmen durfte, obwohl der Antragsteller ihnen nicht zugestimmt hatte und seine Zustimmung auch nicht durch einen Spruch der Einigungsstelle ersetzt worden ist, weil die Zustimmungsfiktion nach § 69 Abs. 2 Satz 5 BPersVG a. F. eingetreten ist. Das ist zu bejahen. Nach dieser Vorschrift gilt eine Maßnahme, zu welcher die Dienststellenleitung gemäß § 69 Abs. 2 Satz 1 BPersVG a. F. die Zustimmung des Personalrats beantragt hat, als gebilligt, wenn nicht der Personalrat gemäß § 69 Abs. 2 Satz 3 BPersVG a. F. innerhalb einer Frist von zehn Arbeitstagen die Zustimmung unter Angabe von (beachtlichen) Gründen schriftlich verweigert. Das Oberverwaltungsgericht hat im Ergebnis zu Recht angenommen, dass die Zustimmung als gebilligt gilt, weil weder die Frist für den Eintritt der Billigungsfiktion entsprechend § 69 Abs. 2 Satz 5 BPersVG a. F. unterbrochen wurde (aa) noch der Antragsteller für seine jeweils schriftlich unterbreitete Zustimmungsverweigerung beachtliche Gründe geltend gemacht hat (bb).
Rz. 19
aa) Die Frist des § 69 Abs. 2 Satz 3 BPersVG a. F. wurde mit dem Eingang des jeweiligen Zustimmungsantrags des Beteiligten beim Antragsteller in Gang gesetzt und - entgegen der Ansicht des Antragstellers - durch die Weigerung des Beteiligten, dem Antragsteller die von ihm angeforderten Auswahlunterlagen des Jobcenters vorzulegen, nicht unterbrochen. Denn der Antragsteller ist durch die mit dem jeweiligen Zustimmungsantrag vorgelegten Unterlagen der bzw. des von den Maßnahmen konkret betroffenen Beschäftigten ausreichend unterrichtet worden.
Rz. 20
(1) Gemäß § 68 Abs. 2 Satz 1 und 2 BPersVG a. F. ist die Personalvertretung zur Durchführung ihrer Aufgaben rechtzeitig und umfassend zu unterrichten und ihr sind die hierfür erforderlichen Unterlagen vorzulegen. Mit dieser Verpflichtung des Dienststellenleiters korrespondiert ein entsprechender Anspruch des Personalrats. Der Unterrichtungs- und Informationsanspruch des Personalrats als solcher wie auch der darauf bezogene Anspruch auf Vorlage von Unterlagen sind strikt aufgabengebunden und in ihrer Reichweite durch das Erforderlichkeitsprinzip begrenzt (stRspr, vgl. etwa BVerwG, Beschluss vom 29. September 2020 - 5 P 11.19 - BVerwGE 169, 279 Rn. 10 m. w. N.). Die Äußerungsfrist des Personalrats im Sinne des § 69 Abs. 2 Satz 3 BPersVG a. F. beginnt erst mit der vollständigen Unterrichtung über die mitbestimmungspflichtige Maßnahme zu laufen (stRspr, vgl. etwa BVerwG, Beschluss vom 7. April 2010 - 6 P 6.09 - BVerwGE 136, 271 Rn. 20 m. w. N.). Die Unterrichtung des Personalrats ist entsprechend dem Sinn und Zweck des in § 69 Abs. 2 BPersVG a. F. geregelten Mitbestimmungsverfahrens vollständig, wenn dem Personalrat die Kenntnisse vermittelt werden, die er zu einer sachgerechten Entscheidung über den Gegenstand des Mitbestimmungsverfahrens benötigt. Die Unterrichtung muss so umfassend erfolgen, dass er alle entscheidenden Gesichtspunkte kennt, die für die Ausübung des Mitbestimmungsrechts von Bedeutung sein können (stRspr, vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 10. August 1987 - 6 P 22.84 - BVerwGE 78, 65 ≪68≫ und vom 26. Januar 1994 - 6 P 21.92 - BVerwGE 95, 73 ≪78≫). Hält der Personalrat die ihm erteilten Auskünfte nicht für ausreichend, ist er unter Umständen gehalten, noch innerhalb der Äußerungsfrist ergänzende Informationen zu der von der Dienststelle beabsichtigten Maßnahme zu verlangen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 11. November 2009 - 6 PB 25.09 - Buchholz 251.92 § 67 SAPersVG Nr. 2 Rn. 19 ff.). Ein Anspruch auf Erfüllung des Auskunftsverlangens besteht allerdings nur in dem Umfang, in dem der Personalrat die Kenntnis der Unterlagen zur Durchführung seiner Aufgaben benötigt.
Rz. 21
Gemessen daran war eine Vorlage der vom Antragsteller jeweils angeforderten Unterlagen der anderen Bewerberinnen und Bewerber nicht erforderlich, damit dieser eine sachgerechte Entscheidung über die in Rede stehenden personellen Maßnahmen treffen konnte. Im Fall einer Versetzungsmaßnahme bezieht sich die Verpflichtung zur Information des Personalrats durch die Dienststelle unter Berücksichtigung der dargestellten Grundsätze zwar grundsätzlich auf alle Fakten und Unterlagen, die für die Versetzungsentscheidung maßgebend waren (vgl. Fischer/Goeres/Gronimus/Lechtermann, in: Fürst, GKÖD, Band V, K § 75 Rn. 36b). Gleiches gilt in Bezug auf die Entscheidung über eine Zuweisung für eine Dauer von mehr als drei Monaten. Maßgebend in diesem Sinne können sie aber nur gewesen sein, wenn der Leiter der Dienststelle, welcher der Personalrat zugeordnet ist, die der personellen Maßnahme zugrundeliegende materielle Auswahlentscheidung auch selbst getroffen hat. So verhält es sich hier jedoch nicht.
Rz. 22
Das Oberverwaltungsgericht hat in Anbetracht der wortgetreuen Wiedergabe seiner Ausführungen zum materiellen Recht alter Fassung aus seinem Beschluss vom 24. September 2020 - OVG 62 PV 11.19 - (juris Rn. 28 bis 47) der Sache nach auch für das streitgegenständliche Verfahren festgestellt, dass der Beteiligte im Vorfeld der in Rede stehenden Versetzungen und Zuweisungen jeweils kein eigenes Auswahlverfahren durchgeführt und die Auswahl des Geschäftsführers des jeweiligen Jobcenters tatsächlich auch nicht wiederholt oder auch nur prüfend nachvollzogen hat. Vielmehr hat er mit den beabsichtigten Versetzungen und Zuweisungen nur dem Besetzungsvorschlag der Geschäftsführer der Jobcenter entsprechen wollen und entsprochen. Diese Feststellungen sind nicht mit Verfahrensrügen angegriffen und daher für den Senat bindend (§ 92 Abs. 2 Satz 1, § 72 Abs. 5 ArbGG i. V. m. § 559 Abs. 2 ZPO). Hat der Beteiligte aber tatsächlich weder ein eigenes Auswahlverfahren durchgeführt noch das im Jobcenter durchgeführte Auswahlverfahren anhand der vollständigen Auswahlunterlagen überprüft, inhaltlich nachvollzogen oder gewürdigt und sich insofern die dort getroffene Entscheidung zu eigen gemacht, waren die Unterlagen der anderen Bewerberinnen und Bewerber für seine Entscheidungsfindung hinsichtlich der Versetzungen und Zuweisungen schon deshalb nicht maßgeblich, weil er eine solche materielle Auswahlentscheidung nicht selbst getroffen hat. Demzufolge sind diesbezügliche Unterlagen für die korrespondierende Zustimmungsentscheidung des Antragstellers auch nicht erforderlich und müssen ihm nicht vorgelegt werden.
Rz. 23
Das gilt selbst dann, wenn der Beteiligte als für die Versetzung zuständige Dienststelle rechtlich verpflichtet gewesen sein sollte, selbst ein Auswahlverfahren durchzuführen oder jedenfalls die Auswahlentscheidung des Jobcenters eigenständig zu würdigen. Zwar kann auch die Rüge von Fehlern bei dem von der Geschäftsführung eines Jobcenters durchgeführten Auswahlverfahren einen beachtlichen Zustimmungsverweigerungsgrund nach § 77 Abs. 2 Nr. 1 und 2 BPersVG a. F. darstellen, weil nicht offensichtlich ausgeschlossen ist, dass sich eine rechtswidrige Auswahlentscheidung unabhängig davon, wer dafür zuständig gewesen ist, auf die Rechtmäßigkeit der zu ihrer Umsetzung getroffenen personellen Maßnahmen auswirkt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 31. Januar 2017 - 5 P 10.15 - BVerwGE 157, 266 Rn. 36). Das zwingt aber nicht zu dem Schluss, dass der Leiter der Dienststelle dem ihm zugeordneten Personalrat gemäß § 68 Abs. 2 Satz 1 und 2 BPersVG a. F. auch solche Unterlagen vorzulegen hat, die er seiner Entscheidung tatsächlich nicht zugrunde gelegt hat.
Rz. 24
(2) Aus der allgemeinen Überwachungsaufgabe der Personalvertretung gemäß § 67 Abs. 1 Satz 1 BPersVG a. F., wonach die Dienststelle und die Personalvertretung darüber zu wachen haben, dass alle Angehörigen nach Recht und Billigkeit behandelt werden, folgt hier schon deshalb kein Anspruch des Antragstellers auf Vorlage der Auswahlunterlagen, weil in einer Konstellation wie der vorliegenden eine solche jedenfalls dann nicht erforderlich ist (vgl. zum diesbezüglichen Maßstab der Erforderlichkeit BVerwG, Beschluss vom 19. Dezember 2018 - 5 P 6.17 - BVerwGE 164, 146 Rn. 39), wenn wie hier feststeht, dass eine Auswahl durch die betreffende Dienststellenleitung gar nicht stattgefunden hat.
Rz. 25
bb) Der Antragsteller hat die Zustimmung zu den in Rede stehenden konkreten Versetzungen und Zuweisungen jeweils nicht in beachtlicher Weise verweigert.
Rz. 26
Die Verweigerung der Zustimmung des Personalrats ist - soweit sich die Frage hier stellt - unbeachtlich, wenn die gegen die beabsichtigte Maßnahme angeführten Gründe offensichtlich nicht auf einen der gesetzlichen Verweigerungsgründe des § 77 Abs. 2 BPersVG a. F. inhaltlich bezogen sind oder die Begründung aus sonstigen Gründen rechtsmissbräuchlich ist. Zwar genügt es für eine beachtliche Zustimmungsverweigerung, wenn es das Vorbringen des Personalrats aus der Sicht eines sachkundigen Dritten als möglich erscheinen lässt, dass einer der dafür zugelassenen und in § 77 Abs. 2 BPersVG a. F. abschließend geregelten Verweigerungsgründe gegeben ist. Hingegen ist die Darlegung einer Rechtsauffassung oder der Vortrag von Tatsachen seitens des Personalrats unbeachtlich, wenn sich daraus ersichtlich, das heißt von vornherein und eindeutig, keiner der gesetzlich zugelassenen Verweigerungsgründe ergeben kann, deren Vorliegen also nach keiner vertretbaren Betrachtungsweise als möglich erscheint (stRspr, vgl. etwa BVerwG, Beschluss vom 29. September 2020 - 5 P 7.19 - PersV 2021, 179 Rn. 10 m. w. N.). So liegt es hier.
Rz. 27
(1) Soweit sich der Antragsteller jeweils auf den Verweigerungsgrund des § 77 Abs. 2 Nr. 2 BPersVG a. F. gestützt hat, führen seine zur Begründung gemachten Ausführungen nicht auf eine beachtliche Zustimmungsverweigerung. Denn dieser Versagungsgrund setzt das Bestehen der durch Tatsachen begründeten Besorgnis voraus, dass durch die Maßnahme der betroffene Beschäftigte oder andere Beschäftigte benachteiligt werden, ohne dass dies aus dienstlichen Gründen gerechtfertigt ist. Hierzu muss der Personalrat nachprüfbare konkrete Tatsachen vortragen, die die Besorgnis einer ungerechtfertigten Benachteiligung als möglich erscheinen lassen. Meinungen, Wertungen, Vermutungen, Unterstellungen oder Gerüchte reichen dagegen nicht aus, um darauf die Besorgnis einer Benachteiligung zu stützen (vgl. z. B. Fischer/Goeres/Gronimus/Lechtermann, GKÖD, Band V, K § 77 Rn. 20a m. w. N. sowie Rehak, in: Lorenzen/Gerhold/Schlatmann u. a., BPersVG, 89. Update 12/2021, § 77 BPersVG a. F. Rn. 131 m. w. N.). Das gilt auch, wenn - wie hier - geltend gemacht wird, dass sich vermeintliche Fehler im Auswahlverfahren des Jobcenters auf die Rechtmäßigkeit der zur Umsetzung der Auswahlentscheidung getroffenen personellen Maßnahme des Trägers auswirken können (vgl. hierzu BVerwG, Beschluss vom 31. Januar 2017 - 5 P 10.15 - BVerwGE 157, 266 Rn. 36). Den dargelegten Anforderungen genügt der Antragsteller schon deshalb nicht, weil er in seinem jeweiligen Schreiben keine konkreten Tatsachen vorgetragen hat, die die Besorgnis einer Ungleichbehandlung begründen könnten, sondern seine Zustimmungsverweigerung lediglich negativ damit begründet hat, es sei nicht auszuschließen, dass Mitbewerberinnen und Mitbewerber durch ein mangelhaftes Auswahlverfahren benachteiligt worden seien.
Rz. 28
(2) Ebenso wenig stellt es einen beachtlichen Grund für die Zustimmungsverweigerung dar, wenn sich der Antragsteller auf § 77 Abs. 2 Nr. 1 i. V. m. § 68 Abs. 2 BPersVG a. F. beruft, weil ihm jeweils die entscheidenden Unterlagen für die Auswahl der bzw. des konkreten Beschäftigten nicht vorgelegt worden seien und er deshalb nicht nachvollziehen könne, ob das Auswahlverfahren, das der jeweiligen Versetzung und/oder Zuweisung zugrunde gelegen habe, ordnungsgemäß durchgeführt worden sei. Zum einen hat ein entsprechender Unterrichtungsanspruch des Antragstellers aus § 68 Abs. 2 BPersVG a. F. - wie oben dargelegt - schon nicht bestanden. Zum anderen und darüber hinaus ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geklärt, dass der Personalrat nicht berechtigt ist, die Zustimmung allein wegen mangelnder Unterrichtung zu verweigern. Denn die Verletzung der Unterrichtungspflicht stellt keinen Gesetzesverstoß im Sinne von § 77 Abs. 2 Nr. 1 BPersVG a. F. dar, da diese Bestimmung keine das Mitbestimmungsverfahren sichernde Vorschrift ist und sich die in ihr genannten Zustimmungsverweigerungsgründe allein auf die vom Dienststellenleiter beabsichtigte personelle Maßnahme selbst beziehen. Der Informationsanspruch des Personalrats ist vielmehr dadurch geschützt, dass die Äußerungsfrist mit der von ihr erfassten Billigungsfiktion für den Fall, dass eine Äußerung überhaupt nicht oder nicht den gesetzlichen Anforderungen entsprechend abgegeben wird, erst mit der vollständigen Unterrichtung des Personalrats zu laufen beginnt (BVerwG, Beschluss vom 7. April 2010 - 6 P 6.09 - BVerwGE 136, 271 Rn. 20 m. w. N.).
Rz. 29
(3) Der vorliegende Fall gibt keine Veranlassung, der Frage nachzugehen, ob der Antragsteller die Verweigerung der Zustimmung zu der jeweiligen Versetzung und/oder Zuweisung mit Erfolg hätte darauf stützen können, diese sei rechtswidrig, weil der Beteiligte weder ein eigenes Auswahlverfahren durchgeführt noch das Auswahlverfahren der Geschäftsführung des Jobcenters einer Richtigkeitskontrolle unterzogen und es sich so zu eigen gemacht habe. Denn nach den nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen und daher für den Senat bindenden Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts fehlt jeglicher Anhaltspunkt dafür, dass der Antragsteller in einem der in Rede stehenden Zustimmungsverfahren seine Zustimmungsverweigerung entsprechend begründet hat.
Rz. 30
c) Das Oberverwaltungsgericht hat den abstrakten Feststellungsantrag zu Recht als unbegründet angesehen. Es hat, da dieser Antrag gegenwarts- und zukunftsgerichtet ist, für die materiell-rechtliche Prüfung zu Recht auf das aktuelle Recht abgestellt (BVerwG, Beschluss vom 11. März 2014 - 6 PB 42.13 - juris Rn. 9; vgl. ferner Urteil vom 27. September 2018 - 5 C 7.17 - BVerwGE 163, 232 Rn. 8). Der Antragsteller hat danach - was zwischen den Verfahrensbeteiligten auch nicht streitig ist - bei der Abordnung (§ 78 Abs. 1 Nr. 7 Alt. 1 BPersVG), der Übertragung einer höher zu bewertenden Tätigkeit (§ 78 Abs. 1 Nr. 3 Alt. 1 BPersVG) und - wie bereits erwähnt - der Zuweisung für mehr als drei Monate (§ 78 Abs. 1 Nr. 7 Alt. 2 BPersVG) mitzubestimmen. Im Übrigen wird zur weiteren Begründung auf die Ausführungen unter 2. b) Bezug genommen. Diese gelten für den abstrakten Feststellungsantrag entsprechend, da die nunmehr heranzuziehenden Vorschriften des § 66 Abs. 1 Satz 1 und 2 BPersVG (bisher § 68 Abs. 2 Satz 1 und 2 BPersVG a. F.), § 70 Abs. 3 Satz 1 und 4 BPersVG (bisher § 69 Abs. 2 Satz 3 und 5 BPersVG a. F.) sowie § 78 Abs. 5 Nr. 1 und 2 BPersVG (bisher § 77 Abs. 2 Nr. 1 und 2 BPersVG a. F.) - soweit hier von Bedeutung - einen mit der jeweiligen Vorgängerregelung übereinstimmenden Wortlaut aufweisen und der anlassgebende Sachverhalt mit dem Sachverhalt deckungsgleich ist, der den unter 2. b) behandelten konkreten Feststellungsanträgen zugrunde liegt.
Fundstellen
Haufe-Index 15344337 |
BVerwGE 2023, 285 |
ZBR 2023, 70 |
ZTR 2022, 620 |
AP 2022 |
DÖV 2022, 1047 |
JZ 2022, 625 |
LKV 2022, 458 |
LKV 2022, 559 |
PersV 2022, 465 |
VR 2022, 432 |
öAT 2022, 242 |
ArbR 2022, 520 |
IÖD 2022, 242 |