Verfahrensgang
OVG Berlin-Brandenburg (Urteil vom 14.07.2009; Aktenzeichen 10 B 2.09) |
Tenor
Die Beschwerde der Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg vom 14. Juli 2009 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 345,66 € festgesetzt.
Tatbestand
I
Rz. 1
Die Deutsche Botschaft in Kinshasa beglich für den im Kongo in eine Notlage geratenen Kläger im Februar 1998 u.a. eine noch offene Rechnung für ärztliche Behandlungen. Dem Kostenerstattungsbegehren der Beklagten entsprach nach mehrmaliger Aufforderung die Mutter des Klägers, die über dessen Bankkonto verfügungsberechtigt war. Im Februar 2000 forderte der Kläger den Erstattungsbetrag anteilig in Höhe des Arzthonorars über 750 US-Dollar von der Beklagten zurück, da dieses überhöht und nicht nachvollziehbar sei und er einen Teilbetrag bereits an den Arzt bezahlt habe.
Rz. 2
Vor dem Verwaltungsgericht erkannte die Beklagte die Klageforderung in Höhe von 375 US-Dollar (= 345,66 €) an; bezüglich des Restbetrags hat das Gericht der Klage durch Vorbehaltsurteil stattgegeben. Das Oberverwaltungsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Der Erstattungsanspruch sei begründet. Die Beklagte habe das Arzthonorar ohne Rechtsgrund beglichen. Hilfe nach § 5 Abs. 1 Satz 1 KG solle nur gewährt werden, wenn die Notlage nicht auf andere Weise behoben werden könne. Durch Tilgung in der Vergangenheit entstandener Schulden werde in der Regel keine akute Notlage behoben. Der Vortrag der Beklagten, dass eine Ausreise des Klägers aus dem Kongo ohne Begleichung offener Rechnungen gescheitert wäre, sei nicht überzeugend. Die Würdigung der tatsächlichen Umstände stehe dieser Annahme entgegen. Die Beklagte habe den Nachweis der Erforderlichkeit der Hilfeleistung in dieser atypischen Sachverhaltskonstellation nicht führen können.
Rz. 3
Das Oberverwaltungsgericht hat die Revision gegen sein Urteil nicht zugelassen. Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Beklagten.
Entscheidungsgründe
II
Rz. 4
Die Beschwerde ist unbegründet. Weder liegt der geltend gemachte Zulassungsgrund einer grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache vor (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) noch weicht das Urteil des Oberverwaltungsgerichts von der genannten Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts ab (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO).
Rz. 5
1. Die von der Beklagten als grundsätzlich klärungsbedürftig aufgeworfene Frage,
nach welchen Maßstäben zu beurteilen ist, welche Hilfeleistung “erforderlich” im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 1 KG sei,
rechtfertigt die Zulassung der Revision nicht, weil sich über die dem Berufungsurteil zugrunde liegenden zutreffenden Annahmen hinaus keine verallgemeinerungsfähigen Antworten finden lassen, die über den Einzelfall hinausweisen und der Rechtssache dadurch grundsätzliche Bedeutung verleihen könnten. Konsularbeamte sollen einem Deutschen die erforderliche Hilfe leisten, wenn die Notlage auf andere Weise nicht behoben werden kann. Das Gesetz stellt damit in § 5 Abs. 1 Satz 1 KG sowohl hinsichtlich der Erforderlichkeit und damit des Umfangs der Hilfeleistung wie auch hinsichtlich deren Subsidiarität auf die konkreten Umstände des jeweiligen Einzelfalls ab. Dabei versteht es sich von selbst und bedarf nicht der Klärung in einem Revisionsverfahren, dass es bei der Beurteilung der Erforderlichkeit der Hilfe zur Behebung der Notlage darauf ankommt, ob der jeweilige Konsularbeamte die Hilfe bei verständiger Würdigung der objektiven Gesamtumstände (ex ante) für erforderlich halten durfte. Davon ist im Ausgangspunkt auch das Oberverwaltungsgericht ausgegangen (UA S. 15 oben). Dass es die Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 KG nach Durchführung einer Beweisaufnahme verneint hat, verleiht der Sache keine grundsätzliche Bedeutung.
Rz. 6
2. Die weitere als klärungsbedürftig erachtete Frage,
wer für den Fall, dass sich die der Entscheidung des Konsularbeamten zugrunde liegenden Erwägungen nicht mehr rekonstruieren lassen, die Beweislast trägt für das Vorliegen dieses Tatbestandsmerkmals der “Erforderlichkeit”,
beantwortet sich nach den bekannten Grundsätzen des Prozessrechts und bedarf daher keiner Klärung in einem Revisionsverfahren. Die Beschwerde zielt mit ihrer Frage auf die im vorliegenden Fall allein entscheidungserhebliche Annahme des Oberverwaltungsgerichts, die Beklagte trage die Beweislast für die nur ausnahmsweise, vom Regelfall abweichende Einbeziehung der Begleichung offener Rechnungen in den Bereich erforderlicher konsularischer Hilfe nach § 5 Abs. 1 KG (UA S. 14). Dass jedenfalls für atypische Ausnahmefälle derjenige beweislastpflichtig ist, der sich darauf beruft, entspricht allgemeinen Beweislastgrundsätzen und bedarf keiner revisionsgerichtlichen Vertiefung.
Rz. 7
3. Der Zulassungsgrund der Divergenz ist nur dann hinreichend bezeichnet, wenn die Beschwerde einen inhaltlich bestimmten, die angefochtene Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz benennt, mit dem die Vorinstanz einem in der Rechtsprechung u.a. des Bundesverwaltungsgerichts aufgestellten Rechtssatz in Ansehung derselben Rechtsvorschrift widersprochen hat. Die Beschwerde muss daher die angeblich widersprüchlichen abstrakten Rechtssätze einander gegenüberstellen. Diese Voraussetzung erfüllt die vorliegende Beschwerdebegründung nicht. Sie hält dem Oberverwaltungsgericht vielmehr entgegen, dass es einen höchstrichterlich aufgestellten Rechtssatz unrichtig angewandt habe, weil es den Anwendungsbereich des § 5 KG verkannt habe. Ein Anwendungsfehler ist indessen keine Divergenz im Sinne des Revisionszulassungsrechts. Mit Angriffen gegen die vorinstanzliche Tatsachenwürdigung und Rechtsanwendung im Einzelfall lässt sich ein abstrakter Rechtssatzwiderspruch nicht belegen (stRspr, vgl. Beschluss vom 13. Juli 1999 – BVerwG 8 B 166.99 – Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 2 VwGO Nr. 9).
Rz. 8
4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 i.V.m. § 52 Abs. 3 GKG.
Unterschriften
Sailer, Guttenberger, Schipper
Fundstellen