Verfahrensgang
Niedersächsisches OVG (Urteil vom 19.12.2006; Aktenzeichen 10 LC 73/05) |
Tenor
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 19. Dezember 2006 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 3 092,88 € festgesetzt.
Gründe
Die Beschwerde, die sich auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache stützt (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), hat keinen Erfolg.
Grundsätzliche Bedeutung kommt einer Rechtssache nur zu, wenn eine für die erstrebte Revisionsentscheidung erhebliche Frage des revisiblen Rechts im Interesse der Einheit oder der Fortbildung des Rechts revisionsgerichtlicher Klärung bedarf. Die grundsätzliche Bedeutung ist gemäß § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO darzulegen; dies verlangt die Bezeichnung einer konkreten Rechtsfrage, die für die Revisionsentscheidung erheblich sein wird, und einen Hinweis auf den Grund, der ihre Anerkennung als grundsätzlich bedeutsam rechtfertigen soll (Beschluss vom 19. August 1997 – BVerwG 7 B 261.97 – Buchholz 310 § 133 ≪n.F.≫ VwGO Nr. 26). Diesen Anforderungen genügt die Beschwerde nicht.
1. Die Klägerin will geklärt wissen, “ob der Befreiungstatbestand des § 5 Abs. 3 Rundfunkgebührenstaatsvertrag im Lichte des Art. 12 GG (weit) auszulegen ist, wenn die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 5 Abs. 3 Satz 1 Rundfunkgebührenstaatsvertrag bei einem Autohändler, welcher Autoradios in Vorführwagen vorhält, bereits dem Wortsinn nach erfüllt sind”. Diese Frage rechtfertigt die Zulassung der Revision nicht; soweit sie überhaupt revisibles Recht berührt, ist ein Bedarf nach grundsätzlicher revisionsgerichtlicher Klärung nicht dargelegt.
Die zwischen den Beteiligten umstrittene Auslegung des § 5 Abs. 3 des Rundfunkgebührenstaatsvertrags – RGebStV –, der “Unternehmen, die sich gewerbsmäßig mit der Herstellung, dem Verkauf, dem Einbau oder der Reparatur von Rundfunkempfangsgeräten befassen”, bei der Rundfunkgebührenpflicht ein sogenanntes Händlerprivileg einräumt, bezieht sich im hier vorliegenden Streitfall (noch) auf irrevisibles Landesrecht. Die Bestimmungen dieses Staatsvertrages wurden erst durch § 10 RGebStV i.d.F. des Neunten Rundfunkänderungsstaatsvertrages für revisibel erklärt (s. Gesetz vom 26. Januar 2007, Nds. GVBl S. 54). Die Revisibilität gilt noch nicht für das Staatsvertragsrecht, das für die hier umstrittene Rundfunkgebührenpflicht hinsichtlich eines in der Vergangenheit abgeschlossenen Zeitraums maßgeblich ist. Denn unter den in § 10 RGebStV nunmehr als revisibel bezeichneten “Bestimmungen dieses Staatsvertrags” sind die Bestimmungen des Rundfunkgebührenstaatsvertrags in der Fassung zu verstehen, die dieser durch Art. 7 des Neunten Rundfunkänderungsstaatsvertrags erhalten hat, nicht hingegen das – hier noch maßgebliche – bisherige Gebührenstaatsvertragsrecht (vgl. zum sachlichen und zeitlichen Geltungsbereich des § 48 des Rundfunkstaatsvertrags: Urteile vom 11. März 1998 – BVerwG 6 C 12.97 – BVerwGE 106, 216 ≪218≫ und vom 21. September 2005 – BVerwG 6 C 16.04 – NJW 2006, 632).
Die Revision ist auch nicht im Hinblick darauf zuzulassen, dass die Beschwerde die Vereinbarkeit des § 5 Abs. 3 RGebStV in der Auslegung des Oberverwaltungsgerichts mit Art. 12 GG in Frage stellt. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts vermag die Nichtbeachtung von Bundesrecht bei der Auslegung und Anwendung von Landesrecht die Zulassung der Revision allenfalls dann zu begründen, wenn die Auslegung der – gegenüber dem Landesrecht als korrigierender Maßstab angeführten – bundesrechtlichen Normen ihrerseits ungeklärte Fragen von grundsätzlicher Bedeutung aufwirft. Die angeblichen bundesrechtlichen Maßgaben, deren Tragweite und Klärungsbedürftigkeit im Hinblick auf die einschlägigen landesrechtlichen Regelungen sowie die Entscheidungserheblichkeit ihrer Klärung in dem anhängigen Verfahren sind in der Beschwerdebegründung darzulegen (Beschlüsse vom 19. Juli 1995 – BVerwG 6 NB 1.95 – Buchholz 310 § 47 VwGO Nr. 104 und vom 6. Oktober 2005 – BVerwG 6 BN 2.05 – Buchholz 402.41 Allg. Polizeirecht Nr. 80). An diesen Voraussetzungen fehlt es hier. Klärungsbedürftig mag die (noch irrevisible) Frage sein, inwieweit Autoradios in Vorführwagen der Rundfunkgebührenpflicht unterliegen. Der bundesverfassungsrechtliche Inhalt der durch Art. 12 GG gewährleisteten Berufsfreiheit ist aber, auch wenn man die Auslegung des Landesrechts durch das Berufungsgericht an ihr misst, nicht weiter klärungsbedürftig; die Beschwerde hat Solches im Übrigen auch nicht ansatzweise dargelegt.
Eine grundsätzliche Bedeutung erhält die von der Beschwerde aufgeworfene Frage schließlich nicht dadurch, dass die Klägerin im Hinblick auf die in Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG garantierte Rundfunkfreiheit behauptet, angesichts der Entwicklung des Privatrundfunks erfordere die sogenannte Grundversorgungsaufgabe einen gebührenfinanzierten öffentlich-rechtlichen Rundfunk nicht mehr. Das Bundesverfassungsgericht hat wiederholt erkannt, dass der private Rundfunk Defizite an gegenständlicher Breite und thematischer Vielfalt aufweist, die nur hingenommen werden können, soweit und solange der öffentlich-rechtliche Rundfunk in vollem Umfang funktionstüchtig bleibt. In dieser Grundversorgung der Bevölkerung mit Rundfunkprogrammen findet die Gebührenfinanzierung im dualen System ihre Rechtfertigung (so zuletzt Urteil vom 22. Februar 1994 – 1 BvL 30/88 – BVerfGE 90, 60 ≪90 f.≫; Kammerbeschluss vom 6. September 1999 – 1 BvR 1013/99 – NJW 2000, 649). Dass sich die maßgeblichen Verhältnisse seither so wesentlich geändert hätten, dass eine erneute grundsätzliche Klärung erforderlich wäre, legt die Beschwerde nicht näher dar und ist auch sonst nicht ersichtlich.
2. Auch die Frage, “ob ein Autohändler die in den ihm zum Verkauf überlassenen Kraftfahrzeugen fest eingebauten Radiogeräte zum Empfang im Sinne von § 12 Abs. 2 Rundfunkstaatsvertrag bereithält”, führt nicht zur Zulassung der Revision. Zwar handelt es sich bei dieser Bestimmung um revisibles Recht. Denn die Länder haben von der durch Art. 99 GG gegebenen Möglichkeit, Landesrecht für revisibel zu erklären, für den Bereich des Rundfunkstaatsvertrages bereits durch dessen § 48 in der für den Streitfall maßgeblichen Fassung des Dritten Rundfunkänderungsstaatsvertrages (s. Gesetz vom 15. November 1996, Nds. GVBl S. 446) Gebrauch gemacht. Die Frage nach der persönlichen Reichweite der Rundfunkgebührenpflicht ist aber in ständiger Rechtsprechung dahin geklärt, dass sie ohne Rücksicht auf die Nutzungsgewohnheiten der Empfänger allein an den Teilnehmerstatus anknüpft, der durch die Bereithaltung eines Empfangsgerätes begründet wird (vgl. BVerfG, Urteil vom 22. Februar 1994 a.a.O. und Kammerbeschluss vom 6. September 1999 a.a.O. ≪juris Rn. 13≫).
Anders als die Beschwerde meint, kommt es deshalb schon im Ansatz nicht darauf an, ob der Autohändler die in Vorführwagen eingebauten Rundfunkempfangsgeräte bereithält, “um in erheblich gesteigertem Maße an Rundfunksendungen tatsächlich teilhaben zu können”. Inwieweit derartige Geräte aus der Rundfunkgebührenpflicht auszunehmen sind, ist keine Frage des § 12 Abs. 2 RStV, sondern richtet sich nach den Vorschriften des Rundfunkgebührenstaatsvertrages über Gebührenbefreiungen bzw. -ermäßigungen. Was die Vereinbarkeit dieser Bestimmungen und ihrer Auslegung mit höherrangigem Recht betrifft, hat das Bundesverwaltungsgericht bereits entschieden, dass eine Differenzierung, die die Befreiung der Rundfunkgerätehändler von (weiteren) Rundfunkgebühren nur hinsichtlich der in den Geschäftsräumen für Vorführzwecke zum Empfang bereitgehaltenen Rundfunkgeräte gewährt, nicht aber auf Autoradios in Vorführwagen erstreckt, sofern die Vorführwagen nicht ausschließlich der Vorführung der Rundfunkgeräte dienen, nicht willkürlich ist (Beschlüsse vom 9. März 1984 – BVerwG 7 B 23.83 – Buchholz 401.84 Benutzungsgebühren Nr. 50 und vom 17. August 2004 – BVerwG 6 B 49.04 – ≪juris Rn. 13≫).
3. Die Frage schließlich, “ob die Heranziehung eines Autohändlers zur Zahlung von Rundfunkgebühren für Radios in Vorführwagen das Äquivalenzprinzip verletzt”, würde sich in einem Revisionsverfahren schon deshalb nicht stellen, weil das den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz im Abgabenrecht ausprägende Äquivalenzprinzip für die Abgrenzung des Kreises der Rundfunkgebührenpflichtigen nicht gilt (Urteil vom 9. Dezember 1998 – BVerwG 6 C 13.97 – BVerwGE 108, 108 ≪111 f.≫; Beschluss vom 4. April 2002 – BVerwG 6 B 1.02 – ≪juris Rn. 8≫). Soweit der früher für das Rundfunkrecht zuständige 7. Senat des Bundesverwaltungsgericht das Äquivalenzprinzip im Zusammenhang mit der Rundfunkgebührenpflicht für anwendbar angesehen hat (vgl. Urteil vom 26. Februar 1988 – BVerwG 7 C 34.87 – BVerwGE 79, 90 ≪91≫), hat der für das Rundfunkrecht nunmehr allein zuständige beschließende Senat diese Rechtsprechung ausdrücklich aufgegeben. Die Beschwerde zeigt keine Gesichtspunkte auf, die den Senat zu einer Änderung dieser Rechtsprechung veranlassen könnten.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Festsetzung des Streitwertes auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 3 GKG.
Unterschriften
Dr. Bardenhewer, Dr. Hahn, Dr. Bier
Fundstellen