Verfahrensgang
Niedersächsisches OVG (Urteil vom 20.02.2002; Aktenzeichen 1 K 3516/00) |
Tenor
Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 20. Februar 2002 wird zurückgewiesen.
Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 20 451,68 EUR festgesetzt.
Tatbestand
Die auf sämtliche Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 VwGO gestützte Beschwerde ist unbegründet.
I. Die Rechtssache hat nicht die grundsätzliche Bedeutung, die ihr die Antragsgegnerin beimisst.
1. Der Senat hätte im anhängigen Rechtsstreit keinen Anlass, sich allgemein mit der Frage auseinanderzusetzen, inwieweit die §§ 165 ff. BauGB der Gemeinde Entscheidungsspielräume einräumen.
In welchem Umfang diese Regelungen Raum für gemeindliche Wertungen und Erwägungen lassen, die gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbar sind, hängt von der Struktur der jeweils einschlägigen Norm ab. Einen Grundsatz des Inhalts, dass die Vorschriften des Rechts der städtebaulichen Entwicklungsmaßnahmen tendenziell geeignet sind, Beurteilungs- und Gestaltungsfreiräume zu eröffnen, gibt es nicht. Die §§ 165 ff. BauGB als Teil des Besonderen Städtebaurechts sind eher im Gegenteil durch strengere Bindungen gekennzeichnet als das Recht der Bauleitplanung. Anders als im Anwendungsbereich des § 1 Abs. 3 BauGB hängt es nicht maßgeblich von der planerischen Konzeption der Gemeinde ab, ob die ergriffenen Maßnahmen als erforderlich zu qualifizieren sind. Welche städtebaulichen Ziele im Rahmen des Allgemeinen Städtebaurechts die Gemeinde sich setzt, liegt in ihrem planerischen Ermessen. Der Gesetzgeber ermächtigt sie, die „Städtebaupolitik” zu betreiben, die ihren städtebaulichen Ordnungsvorstellungen entspricht (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 17. Mai 1995 – BVerwG 4 NB 30.94 – Buchholz 406.11 § 1 BauGB Nr. 82, vom 14. August 1995 – BVerwG 4 NB 21.95 – Buchholz 406.11 § 1 BauGB Nr. 86 und vom 11. Mai 1999 – BVerwG 4 BN 15.99 – Buchholz 406.12 § 1 BauNVO Nr. 27). Des Instrumentariums der Bauleitplanung, das ihr der Gesetzgeber in den §§ 5 und 9 BauGB zur Verfügung stellt, darf sie sich bedienen, ohne den Nachweis führen zu müssen, dass dies zur Bewältigung einer bauplanungsrechtlichen Problemlage unentbehrlich oder gar zwingend geboten ist (vgl. BVerwG, Urteile vom 14. Februar 1991 – BVerwG 4 C 20.88 – Buchholz 406.11 § 37 BauGB Nr. 4 und vom 22. Januar 1993 – BVerwG 8 C 46.91 – BVerwGE 92, 8). Im Anwendungsbereich der §§ 165 ff. BauGB sind die Anforderungen schon deshalb zwangsläufig strenger, weil die Entwicklungsmaßnahme, anders als der Flächennutzungs- oder der Bebauungsplan (vgl. hierzu BVerwG, Beschlüsse vom 21. Februar 1991 – BVerwG 4 NB 16.90 – und vom 25. August 1997 – BVerwG 4 BN 4.97 – Buchholz 406.11 § 1 BauGB Nr. 51 und 94), an Art. 14 Abs. 3 Satz 1 GG zu messen ist. Die Entwicklungssatzung erzeugt enteignungsrechtliche Vorwirkungen. Sie legt mit Bindungswirkung für ein etwaiges nachfolgendes Enteignungsverfahren fest, dass das Wohl der Allgemeinheit den Eigentumsentzug generell rechtfertigt. Damit steht die enteignungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens und der Ziele, die realisiert werden sollen, dem Grunde nach fest. Dem Enteignungsverfahren verbleibt die Prüfung, ob das so konkretisierte Gemeinwohl den Zugriff auf das einzelne Grundstück erfordert (vgl. BVerfG, Beschluss vom 4. Juli 2002 – 1 BvR 390/01 –; BVerwG, Urteile vom 15. Januar 1982 – BVerwG 4 C 94.79 – Buchholz 406.15 § 15 StBauFG Nr. 4 und vom 3. Juli 1998 – BVerwG 4 CN 5.97 – Buchholz 406.11 § 165 BauGB Nr. 4; BGH, Urteil vom 2. Oktober 1986 – III ZR 99/85 – NVwZ 1987, 923).
Die enteignungsrechtliche Funktion, die die Entwicklungssatzung erfüllt, schließt es nicht aus, Bewertungs- und Prognosespielräume zuzuerkennen, die einer gerichtlichen Vollkontrolle entzogen sind, setzt der Gestaltungsfreiheit aber auch Grenzen, die sich für die Gemeinde in strikten Vorgaben äußern. Die für die Entwicklungssatzung der Antragsgegnerin relevanten Tatbestandsvoraussetzungen belegen dies. So setzt eine Entwicklungsmaßnahme einen qualifizierten städtebaulichen Handlungsbedarf voraus, der aus Gründen des öffentlichen Interesses ein planmäßiges und aufeinander abgestimmtes Vorgehen im Sinne einer Gesamtmaßnahme erfordert. Soll eine Entwicklungsmaßnahme auf voneinander getrennten Teilflächen verwirklicht werden, so ist der Gesamtmaßnahmecharakter nur gewahrt, wenn die Teilflächen untereinander in einer funktionalen Beziehung stehen. Ob diesen aus § 165 Abs. 1 und 2 BauGB ableitbaren Erfordernissen genügt ist, unterliegt uneingeschränkter richterlicher Überprüfung (vgl. BVerwG, Urteil vom 3. Juli 1998 – BVerwG 4 CN 2.97 – BVerwGE 107, 123). Entsprechendes gilt für das Gemeinwohlerfordernis des § 165 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BauGB. Ob das Wohl der Allgemeinheit die Durchführung einer städtebaulichen Entwicklungsmaßnahme zur Deckung eines erhöhten Bedarfs an Wohn- oder Arbeitsstätten erfordert, hängt freilich von dem Ergebnis einer spezifisch enteignungsrechtlichen Gesamtabwägung aller Gemeinwohlgesichtspunkte ab. Die danach gebotene Bilanzierung ist indes nicht mit planerischer Abwägung gleichzusetzen. Ob die öffentlichen Interessen überwiegen, die für das Planungsvorhaben sprechen, ist nicht lediglich nach Maßgabe der zum Abwägungsgebot entwickelten Grundsätze gerichtlich überprüfbar (vgl. BVerfG, Urteil vom 24. März 1987 – 1 BvR 1046/85 – BVerfGE 74, 264, Beschluss vom 20. März 1984 – 1 BvL 28/82 – BVerfGE 66, 248; BVerwG, Urteile vom 14. Dezember 1990 – BVerwG 7 C 5.90 – BVerwGE 87, 241 und vom 3. Juli 1998 – BVerwG 4 CN 5.97 – a.a.O., Beschluss vom 16. Februar 2001 – BVerwG 4 BN 55.00 – Buchholz 406.11 § 165 BauGB Nr. 9). In welcher Richtung das angestrebte Revisionsverfahren zusätzliche Erkenntnisse sollte vermitteln können, legt die Antragsgegnerin nicht dar.
2. Auch die Frage, welchen Spielraum die Gemeinde bei der Beurteilung der Einwohnerentwicklung hat, rechtfertigt nicht die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung. Der Senat hat sich mit der Problematik, wann eine Entwicklungsmaßnahme im Sinne des § 165 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BauGB zur Deckung eines erhöhten Bedarfs an Wohn- oder Arbeitsstätten erforderlich ist, bereits im Urteil vom 3. Juli 1998 – BVerwG 4 CN 5.97 – (a.a.O.) und im Beschluss vom 16. Februar 2001 – BVerwG 4 BN 55.00 – (a.a.O.) eingehend auseinandergesetzt. Er hat bei dieser Gelegenheit dazu Stellung genommen, wie das Erkenntnismaterial beschaffen sein muss, damit die Gemeinde insoweit ihren Darlegungspflichten genügen kann. Die Antragsgegnerin zeigt nicht auf, inwiefern diese Rechtsprechung weiterer Konkretisierung oder Fortentwicklung bedarf.
3. Der Senat hätte keine Veranlassung, in dem erstrebten Revisionsverfahren näher zu klären, unter welchen Voraussetzungen ein ergänzendes Verfahren nach § 215 a Abs. 1 Satz 1 BauGB in Betracht kommt. Zu diesem Fragenkreis hat er sich bereits mehrfach geäußert. Alle Entscheidungen laufen im Kern auf die Aussage hinaus, dass für ein ergänzendes Verfahren nur dann Raum ist, wenn der Mangel nicht so schwer wiegt, dass er die Planung als Ganzes von vornherein infrage stellt (vgl. BVerwG, Urteil vom 8. Oktober 1998 – BVerwG 4 CN 7.97 – Buchholz 406.11 § 215 a BauGB Nr. 1; Beschlüsse vom 10. November 1998 – BVerwG 4 BN 45.98 – und vom 25. Mai 2000 – BVerwG 4 BN 17.00 – Buchholz 406.11 § 215 a BauGB Nr. 2 und 6). Es bedarf keiner nochmaligen Bestätigung, dass das Mittel des § 215 a Abs. 1 Satz 1 BauGB in den Fällen versagt, in denen – mit den Worten der Antragsgegnerin – eine „Planreparatur” schlechterdings unmöglich erscheint. Ob der Fehler so schwer wiegt, dass er das Grundgerüst der Planung zum Einsturz bringt, hängt von den jeweiligen Umständen ab.
Entscheidungsgründe
II. Die Divergenzrügen greifen nicht durch.
1. Das Normenkontrollgericht hat keinen Rechtssatz aufgestellt, der in Widerspruch zu den Ausführungen des Senats im Urteil vom 3. Juli 1998 – BVerwG 4 CN 5.97 – (a.a.O.) zur Überprüfbarkeit von administrativen Prognoseentscheidungen steht. Das von der Antragsgegnerin in diesem Zusammenhang angeführte Zitat bezieht sich auf das in § 165 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BauGB genannte Tatbestandsmerkmal. Danach entspricht die Durchführung einer städtebaulichen Entwicklungsmaßnahme dem Wohl der Allgemeinheit insbesondere dann, wenn sie der Deckung eines erhöhten Bedarfs an Wohn- oder Arbeitsstätten dient. Der Senat hat darauf hingewiesen, dass sich die Bedarfsentwicklung, auf die § 165 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BauGB abstellt, nur im Wege einer Prognose erfassen lässt, die gerichtlich allein darauf überprüfbar ist, ob sie in einer der Materie angemessenen Weise erarbeitet worden ist (vgl. hierzu im Einzelnen auch BVerwG, Beschluss vom 16. Februar 2001 – BVerwG 4 BN 55.00 – a.a.O.). Zu der Frage, wieweit die Gemeinde im Rahmen von städtebaulichen Entwicklungsmaßnahmen auch außerhalb des Anwendungsbereichs des § 165 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BauGB über Bewertungs- und Prognosespielräume verfügt, findet sich im Urteil vom 3. Juli 1998 – BVerwG 4 CN 5.97 – (a.a.O.) keine Aussage. Jedenfalls insoweit kann das Normenkontrollgericht mithin keinen Rechtssatz formuliert haben, der sich als Abweichung von dieser Entscheidung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO qualifizieren lässt.
2. Das Normenkontrollgericht hat zu der unter Bedarfsdeckungsgesichtspunkten relevanten Bevölkerungsentwicklung keine Aussagen getroffen, die Rechtsausführungen in den Senatsentscheidungen vom 3. Juli 1998 – BVerwG 4 CN 2.97 – (a.a.O.) und – BVerwG 4 CN 5.97 – (a.a.O.) zuwiderlaufen. Es hat aus dem Umstand, dass die Bevölkerungszahl in den vergangenen Jahren im Gemeindegebiet der Antragsgegnerin insgesamt zwar gestiegen, in dem Gebietsteil, in dem die Entwicklungsmaßnahme durchgeführt werden soll, aber zurückgegangen ist, gefolgert, dass dort von einem erhöhten Bedarf an Wohnstätten keine Rede sein könne. Die Antragsgegnerin hält dem Normenkontrollgericht vor, hierbei verkannt zu haben, dass sie im Rahmen ihrer kommunalen Planungshoheit in der Lage sein müsse, einer städtebaulichen Mangellage mit einer offensiven Ansiedlungspolitik entgegenzuwirken und die Einwohnerentwicklung auf der Grundlage eines zukunftsorientierten Gesamtkonzepts gezielt so zu lenken, dass sich der Bevölkerungszuwachs nicht nur auf die Siedlungsschwerpunkte Hooksiel und Hohenkirchen, sondern auch auf den Bereich Horumersiel/Schillig verteile.
Diese Auffassung findet in den beiden zitierten Urteilen vom 3. Juli 1998 keine Bestätigung. Nach Ansicht des Senats kann von einem erhöhten Bedarf im Sinne des § 165 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BauGB erst dann gesprochen werden, wenn die Nachfrage nach Wohnraum oder Arbeitsstätten das Angebot aus strukturellen Gründen längerfristig deutlich übersteigt. Der Überhang muss so groß sein, dass es zu seiner Beseitigung mit einer Ausweisung von Flächen, die von ihren Dimensionen und ihren Funktionen her hinter den in § 165 Abs. 3 Satz 1 BauGB bezeichneten Merkmalen zurückbleiben, nicht sein Bewenden haben kann. Das Normenkontrollgericht hat in Übereinstimmung mit diesen Grundsätzen den Bevölkerungsrückgang im Bereich Horumersiel/Schillig als Indikator dafür angesehen, dass in dem fraglichen Raum kein Nachfragedruck besteht, der den vom Senat geforderten Intensitätsgrad aufweist. Die Antragsgegnerin räumt letztlich selbst ein, dass sie eine Nachfragesituation durch die angegriffene Entwicklungsmaßnahme überhaupt erst schaffen will. Die Bereitstellung von Flächen für den Wohnungsbau ist nach ihrer eigenen Darstellung nicht die Folge einer Bedarfsentwicklung, die eine planerische Steuerung unter Einsatz von Mitteln gebietet, für die das Recht der herkömmlichen Bauleitplanung nichts hergibt. Die Sogwirkung, die mit ihr erzeugt werden soll, hat vielmehr Angebotscharakter. Eine Entwicklungsmaßnahme aber, die die Merkmale einer „Angebotsplanung” aufweist, ist nach der Rechtsprechung des Senats unzulässig.
3. Dahinstehen kann, ob sich das Normenkontrollgericht unter dem Blickwinkel der in § 165 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB normierten Erfordernisse über einen Rechtssatz hinweggesetzt hat, den der Senat im Beschluss vom 16. Februar 2001 – BVerwG 4 BN 56.00 – (Buchholz 406.11 § 165 BauGB Nr. 10) im Zusammenhang mit der Frage aufgestellt hat, wieweit die Gemeinde vor der förmlichen Festlegung eines Entwicklungsbereichs zu prüfen hat, ob sich die angestrebten Entwicklungsziele durch den Abschluss städtebaulicher Verträge erreichen lassen. Selbst wenn insoweit ein Zulassungsgrund vorläge, wäre für eine Zulassung der Revision kein Raum. Denn das Normenkontrollurteil beruht nicht auf der geltend gemachten Abweichung. Der an die Antragsgegnerin gerichtete Vorwurf, nicht ausgelotet zu haben, wie es um die Mitwirkungsbereitschaft der betroffenen Grundstückseigentümer steht, ist nur einer von mehreren Gründen, aus denen das Normenkontrollgericht, je selbständig, die Nichtigkeit der angegriffenen Entwicklungssatzung herleitet („Die angegriffene Entwicklungssatzung scheitert schließlich an § 165 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB”). Soweit das Normenkontrollgericht darauf abstellt, dass das Erfordernis einer integrierten Gesamtmaßnahme nicht erfüllt und der Nachweis eines erhöhten Bedarfs an Wohnstätten nicht erbracht ist, greift die Antragsgegnerin diese Feststellungen zwar ebenfalls an. Ihre insoweit erhobenen Grundsatzrügen greifen aber – wie dargelegt – nicht durch. Auch ihre Verfahrensrügen bleiben – wie noch auszuführen ist – ohne Erfolg.
4. Die angefochtene Entscheidung weicht nicht deshalb von dem Urteil des Senats vom 8. Oktober 1998 – BVerwG 4 CN 7.97 – (a.a.O.) ab, weil es die Vorinstanz nicht hat damit bewenden lassen, die Entwicklungssatzung der Antragsgegnerin für unwirksam zu erklären. Das Normenkontrollgericht hat die vom Senat geäußerte Rechtsansicht, dass ein ergänzendes Verfahren im Sinne des § 215 a Abs. 1 Satz 1 BauGB nur dann nicht in Betracht kommt, wenn der Mangel von solcher Art und Schwere ist, dass er die Planung als Ganzes von vornherein infrage stellt, nicht in Zweifel gezogen. Es hat – wohl berechtigterweise – keinen Anlass gesehen, näher darzulegen, wieso die von ihm markierten Fehler so schwer wiegen, dass sie zur Nichtigkeit der angegriffenen Satzung führen. Selbst wenn das Normenkontrollgericht in diesem Zusammenhang das Senatsurteil vom 8. Oktober 1998 – BVerwG 4 CN 7.97 – (a.a.O.) übersehen haben sollte, läge hierin keine Divergenz im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO.
5. Soweit die Antragsgegnerin eine Abweichung von dem Senatsbeschluss vom 25. Februar 1998 – BVerwG 4 NB 40.96 – (Buchholz 406.11 § 215 BauGB Nr. 9) rügt, räumt sie selbst ein, dass es im anhängigen Rechtsstreit nicht um die Behebung von Form- und Verfahrensfehlern geht. Ob sich die Grundsätze, die der Senat in der zitierten Entscheidung entwickelt hat, auf inhaltliche Mängel übertragen lassen, kann dahinstehen. Hierfür mögen gute Gründe sprechen. Der Senatsbeschluss vom 25. Februar 1998 trifft zu dieser Frage jedoch keine Aussage, über die sich das Normenkontrollgericht hinweggesetzt haben könnte.
III. Die Verfahrensrügen vermögen der Beschwerde ebenfalls nicht zum Erfolg zu verhelfen.
1. Soweit das Normenkontrollgericht den Standpunkt vertritt, dass die räumlich voneinander getrennten Flächen, auf die sich die Entwicklungsmaßnahme bezieht, nicht in einer funktionalen Beziehung zueinander stehen, beruht das angefochtene Urteil nicht auf aktenwidrigen Feststellungen im Sinne des § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Der angebliche Widerspruch zwischen den tatsächlichen Annahmen der Vorinstanz und dem Akteninhalt liegt nicht vor. Das Normenkontrollgericht stellt nicht in Abrede, dass sich im Bericht zur Entwicklungssatzung Angaben zu dem Konzept der Entwicklungsmaßnahme finden (vgl. UA S. 9 bis 12). Diese Aussagen reichen nach seiner Einschätzung aber nicht aus, um den Anforderungen des § 165 Abs. 1 und 2 BauGB zu genügen. Wieweit diese rechtliche Beurteilung die Entscheidung zu tragen geeignet ist, ist eine Frage der tatrichterlichen Beweiswürdigung und Überzeugungsbildung, die als solche nicht als Verfahrensmangel rügefähig ist.
2. Das Normenkontrollgericht hat nicht dadurch einen Verfahrensverstoß begangen, dass es keine Veranlassung gesehen hat, das Niedersächsische Ministerium für Frauen, Arbeit und Soziales um eine ergänzende Stellungnahme zu bitten oder Beweis durch Vernehmung eines fachkundigen Bediensteten des Ministeriums zu erheben. Die Antragsgegnerin räumt ein, dass die Vorinstanz die Stellungnahme des Ministeriums vom Mai 2000 zur Kenntnis genommen hat (vgl. UA S. 9). Sie legt nicht dar, wieso sich dem Normenkontrollgericht insoweit ergänzende Ermittlungen hätten aufdrängen müssen. Sie lässt auch unerörtert, welche zusätzlichen Erkenntnisse zu erwarten gewesen wären, wenn die Vorinstanz die von ihr als notwendig erachteten weiteren Schritte unternommen hätte.
3. Dahinstehen kann, ob das Normenkontrollgericht aktenwidrig angenommen hat, dass die Errichtung der zwei vorgesehenen Großparkplätze nur dann zügig umgesetzt werden kann, wenn zuvor die Flächen der Entwicklungszone V veräußert werden. Die insoweit getroffene Feststellung ist nur eines von mehreren Gliedern, die in der Argumentationskette der Vorinstanz jedes für sich den Schluss rechtfertigen, dass von einer integrierten Gesamtmaßnahme keine Rede sein kann.
4. Das Gleiche gilt für die nach Ansicht des Normenkontrollgerichts mangelnde Verzahnung zwischen der Bereitstellung von Wohnbauland und von Sonderbauflächen.
5. Ein Verfahrensfehler lässt sich auch nicht daraus ableiten, dass sich das Normenkontrollgericht über die Angabe der Antragsgegnerin hinweggesetzt hat, die Siedlungsentwicklung so steuern zu wollen, dass auf den Bereich Horumersiel/Schillig 30 v.H. Zuwachs entfallen. Die Vorinstanz ist der Rechtsauffassung der Antragsgegnerin, im Rahmen des § 165 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BauGB den Bedarf an Wohnbauflächen nach eigenem planerischen Ermessen auf das Gemeindegebiet verteilen zu dürfen, nicht gefolgt. Von diesem materiellrechtlichen Ansatz her erübrigte es sich, auf das Konzept, von dem die Entwicklungsmaßnahme insoweit getragen wird, näher einzugehen.
IV. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 14 Abs. 3 und § 13 Abs. 1 Satz 1 GKG.
Unterschriften
Paetow, Halama, Gatz
Fundstellen