Verfahrensgang
Hessischer VGH (Urteil vom 17.07.2003; Aktenzeichen 4 N 1559/01) |
Tenor
Die Beschwerde der Antragsteller gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 17. Juli 2003 wird zurückgewiesen.
Die Antragsteller tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 10 000 € festgesetzt.
Gründe
Die auf § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO gestützte Beschwerde bleibt ohne Erfolg.
Die von den Antragstellern erhobene Gehörsrüge (§ 108 Abs. 2 VwGO i.V.m. Art. 103 Abs. 1 GG) könnte, wie auch die Beschwerde nicht verkennt, nur dann zur Zulassung der Revision führen, wenn das Normenkontrollgericht bei Vermeidung des behaupteten Verfahrensfehlers den angegriffenen Bebauungsplan nicht nur für unwirksam, sondern für nichtig hätte erklären müssen (vgl. dazu BVerwG, Beschluss vom 11. Dezember 2002 – BVerwG 4 BN 16.02 – BVerwGE 117, 239). Das ist indessen nicht der Fall. Selbst wenn das Normenkontrollgericht den Antragstellern das rechtliche Gehör gewährt hätte, das nach Ansicht der Beschwerde fehlerhaft versagt worden ist, hätte sich an dem Ausspruch der (bloßen) Unwirksamkeit nichts geändert.
Die Gehörsrüge knüpft an folgende Ausführungen im Berufungsurteil (UA S. 17 f.) an: Der Umstand, dass die Antragsgegnerin kein prognostisches Sachverständigengutachten zu der voraussichtlichen zusätzlichen Verkehrsbelastung eingeholt, sondern sich mit der durchgeführten “Verkehrsabschätzung” begnügt habe, sei möglicherweise als Fehler bei der Zusammenstellung des Abwägungsmaterials zu werten. Unterstelle man dies, handele es sich aber nicht um einen erheblichen Mangel im Abwägungsvorgang im Sinne von § 214 Abs. 3 Satz 2 BauGB, weil das (unterstellte) Defizit weder offensichtlich noch auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen sei. Die Beschwerde wirft dem Normenkontrollgericht vor, es habe sich bei dieser rechtlichen Würdigung um eine Überraschungsentscheidung gehandelt, mit der die Antragsteller nach dem Verlauf des Verfahrens und der mündlichen Verhandlung nicht hätten rechnen müssen. Hätten die Antragsteller zu diesen Fragen vortragen können, wäre das Normenkontrollgericht zu dem Ergebnis gelangt, dass es sich um einen erheblichen Mangel im Abwägungsvorgang im Sinne von § 214 Abs. 3 Satz 2 BauGB gehandelt habe. Ein solcher durchgreifender Abwägungsmangel hätte zur Feststellung der Nichtigkeit des Bebauungsplanes führen müssen, weil der Abwägungsmangel nicht in einem ergänzenden Verfahren (§ 215a BauGB) zu beheben sei.
Der beschließende Senat braucht dem Vorwurf der Beschwerde, es habe sich um eine Überraschungsentscheidung gehandelt, nicht weiter nachzugehen. Selbst wenn man dies zugunsten der Beschwerde annehmen und weiter davon ausgehen würde, dass das Normenkontrollgericht bei Gewährung rechtlichen Gehörs einen erheblichen Mangel im Abwägungsvorgang im Sinne von § 214 Abs. 3 Satz 2 BauGB angenommen hätte, würde daraus nicht die Nichtigkeit des Bebauungsplanes folgen. Das Normenkontrollgericht hat mit Blick auf das unterbliebene Sachverständigengutachten einen “Fehler bei der Zusammenstellung des Abwägungsmaterials” unterstellt. Ein derartiger Fehler ließe sich ohne weiteres in einem ergänzenden Verfahren beheben, nämlich dadurch, dass das unterbliebene Sachverständigengutachten erhoben, in das Verfahren eingeführt und bei der Abwägung berücksichtigt wird. Es verhält sich hier somit nicht anders als bei anderen Fehlern im Abwägungsvorgang, die in aller Regel in einem ergänzenden Verfahren behoben werden und damit nicht die Nichtigkeitsfolge nach sich ziehen können. Welche Folgerungen für das Abwägungsergebnis sich aus der etwaigen Erhebung eines Sachverständigengutachtens ergeben würden, ist für die Frage, ob ein Mangel im Abwägungsvorgang im Sinne von § 215a Abs. 1 BauGB behebbar ist, ohne Bedeutung.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Festsetzung des Streitwerts auf § 14 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3, § 13 Abs. 1 Satz 1 GKG.
Unterschriften
Paetow, Lemmel, Jannasch
Fundstellen