Verfahrensgang
Bayerischer VGH (Aktenzeichen 1 N 98.1068) |
Tenor
Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 3. Mai 1999 wird verworfen.
Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 100 000 DM festgesetzt.
Tatbestand
I.
1. Die Antragstellerin ist eine Gemeinde in Bayern. Sie ist Nachbargemeinde der Antragsgegnerin. Diese setzte mit einem am 22. Dezember 1994 in Kraft getretenen Bebauungsplan Nr. 714 „Gewerbepark Nord-Ost” ein Sondergebiet für großflächigen Einzelhandel mit einer Gesamtverkaufsfläche bis zu 40 000 qm fest. Die Antragstellerin sieht sich hierdurch in ihren Rechten verletzt.
Das im Bebauungsplan überplante, derzeit landwirtschaftlich genutzte Gebiet mit einer Größe von etwa 56,9 ha liegt etwa 3,5 km vom Stadtkern der Antragsgegnerin entfernt. Vorgesehen ist neben einem 24,2 ha großen Gewerbegebiet mit einer Geschoßflächenzahl von GFZ = 1,0 sowie Grün- und Verkehrsflächen des weiteren ein Sondergebiet für ein Einzelhandelsgroßprojekt, Dienstleistung und Verwaltung mit einer Fläche von 8,1 ha und einer Geschoßflächenzahl von GFZ = 1,5. Die höhere Verwaltungsbehörde machte im Anzeigeverfahren zwar eine ausdrückliche Verletzung von Rechtsvorschriften nicht geltend, erteilte der Antragsgegnerin jedoch die Auflage, in die Textfestsetzung des Bebauungsplans die präzisierende Ergänzung aufzunehmen, daß die gesamte Verkaufsfläche des Sondergebietes auf maximal 40 000 qm beschränkt sei. Die Antragsgegnerin fertigte den Plan mit der verlangten Änderung aus und machte ihn in dieser Fassung bekannt. Auf der Grundlage des Bebauungsplans erteilte sie unter dem 3. Dezember 1997 einen Vorbescheid zur Errichtung eines sog. Factory-Outlet-Centers (FOC) mit einer Verkaufsfläche von etwa 25 000 qm. Dieser Bescheid ist Gegenstand eines anderen Rechtsstreits.
Mit ihrem am 15. April 1998 eingeleiteten Normenkontrollverfahren trug die Antragstellerin vor, die Festsetzung des Sondergebietes sei in formeller und materieller Hinsicht rechtswidrig, und beantragte insoweit die Feststellung der Nichtigkeit des Bebauungsplans. Während des Verfahrens vor dem Normenkontrollgericht faßte der Stadtrat der Antragsgegnerin drei Beschlüsse: Mit Beschluß vom 18. Februar 1998 änderte der Stadtrat im Verfahren der vereinfachten Änderung gemäß § 13 BauGB den Bebauungsplan dahin ab, daß die Ausweisung von gewerblichen Flächen im nordwestlichen Bereich erweitert wurde. Mit weiterem Beschluß vom 23. Juli 1998 faßte er einen Beitrittsbeschluß, nachdem im Verfahren der Normenkontrolle zweifelhaft geworden war, ob eine Ergänzung des ursprünglichen Bebauungsplans nur redaktionell zu verstehen sei. Als sich für die Antragsgegnerin ein Prozeßverlust wegen eines vom Normenkontrollgericht angenommenen Abwägungsfehlers abzeichnete, faßte ihr Stadtrat unter dem 18. März 1999 einen dritten Beschluß:
- Die Stadt nimmt das Verfahren zum o.g. Bauleitplan wieder auf. Es wird ein ergänzendes Verfahren nach § 215 a BauGB durchgeführt. Die für die Sondergebietsausweisung notwendigen Verfahrensschritte ab dem Stand vor dem ersten Billigungsbeschluß werden wiederholt.
- Der Bebauungsplan Nr. 714 „Gewerbepark Nord-Ost” vom 22.12.1994 in der Fassung des Bebauungsplans Nr. 714 Ä I „Gewerbepark Nord-Ost” vom 19.03.1998 wird als Entwurf einschließlich Begründung genehmigt.
- Der genehmigte Entwurf des Bebauungsplans mit der Begründung wird gemäß § 3 Abs. 2/Abs. 3 BauGB öffentlich ausgelegt. Gemäß § 3 Abs. 3, Satz 1, 2. HS BauGB wird bestimmt, daß Anregungen nur zu den Festsetzungen zu dem Sondergebiet vorgebracht werden können.
- Aufgrund der eventuell überörtlichen Bedeutung der Sondergebietsfestsetzung erfolgt die Bekanntmachung des Billigungsbeschlusses und der öffentlichen Auslegung in den Amtlichen Mitteilungen der Stadt Ingolstadt und ergänzend hierzu im Bayerischen Staatsanzeiger; darüber hinaus wird die interkommunale Abstimmung im Sinne des § 2 Abs. 2 BauGB nach dem Grundsatz der Betroffenheit durchgeführt.
Die Antragsgegnerin führte diesen dritten Beschluß in das Verfahren vor dem Normenkontrollgericht ein. Dazu vertrat sie die Auffassung, daß damit dem Begehren der Antragstellerin Rechnung getragen worden und demzufolge das Rechtsschutzinteresse für den gestellten Normenkontrollantrag entfallen sei.
2. Das Normenkontrollgericht bejahte in seinem Urteil vom 3. Mai 1999 die Antragsbefugnis und das Rechtsschutzinteresse der Antragstellerin. Es stellte ferner die Nichtigkeit des Bebauungsplans fest, soweit dieser ein Sondergebiet für großflächigen Einzelhandel mit einer Gesamtfläche von maximal 40 000 qm festgesetzt habe. Nach seiner Auffassung widerspricht der angegriffene Bebauungsplan dem materiellen interkommunalen Abwägungsgebot. Dieser Mangel könne in einem ergänzenden Verfahren nach § 215 a Abs. 1 BauGB nicht behoben werden. Der festgestellte Fehler betreffe den Kern der Abwägungsentscheidung und stelle damit im Hinblick auf die gebotene einheitliche Entscheidung die Planung von vornherein als Ganzes in Frage. Hierzu verweist das Gericht auf zwei Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. BVerwG, Urteil vom 8. Oktober 1998 – BVerwG 4 CN 7.97 – Buchholz 406.11 § 215 a BauGB Nr. 1 = NVwZ 1999, 414; Beschluß vom 10. November 1998 – BVerwG 4 BN 45.98 – Buchholz 406.11 § 215 a BauGB Nr. 2 = NVwZ 1999, 420).
3. Mit ihrer Beschwerde macht die Antragsgegnerin geltend, die Revision sei aus jedem der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Gründe zuzulassen. Das Normenkontrollgericht weiche hinsichtlich der Auslegung des § 215 a Abs. 1 BauGB von dem angeführten Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 8. Oktober 1998 ab und beruhe auf dieser Abweichung. Die Sache habe insoweit auch grundsätzliche Bedeutung. Es sei klärungsbedürftig, welche festgestellten Fehler in einem ergänzenden Verfahren geheilt werden könnten. Die bisherige Rechtsprechung einschließlich des entstandenen Schrifttums erlaube hierzu noch keine klare Antwort. Klärungsbedürftig sei ferner die Frage, ob und inwieweit der zur Prüfung stehende Bebauungsplan im Verfahren nach § 215 a Abs. 1 BauGB auch geändert werden dürfe. Schließlich sei von grundsätzlicher Bedeutung, ob die planende Gemeinde von sich aus und im Vorgriff auf eine ggf. negative Entscheidung das ergänzende Verfahren nach § 215 a Abs. 1 BauGB aufnehmen könne und welche Folgerungen sich hieraus für das Normenkontrollverfahren ergäben. Ferner erhebt die Antragsgegnerin eine Verfahrensrüge. Auch der anhörungsberechtigte Investor hat im Beschwerdeverfahren vorgetragen und sich für die Zulassung der Revision ausgesprochen.
Die Antragstellerin ist dem Beschwerdevorbringen entgegengetreten. Der Vertreter des öffentlichen Interesses, der sich im vorinstanzlichen Verfahren beteiligt hatte, hat sich nicht geäußert. Die Beteiligten sind durch richterliche Verfügung darauf hingewiesen worden, daß gegen die Zulässigkeit der Beschwerde im Hinblick auf das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis Bedenken bestehen könnten. Daraufhin hat die Antragsgegnerin ihr Vorbringen ergänzt.
Entscheidungsgründe
II.
Die Beschwerde ist unzulässig. Die erhobene Verfahrensrüge genügt nicht den Anforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO. Hinsichtlich der übrigen vorgetragenen Zulassungsgründe fehlt es der Antragsgegnerin an dem zur Durchführung des Revisionsverfahrens erforderlichen schützenswerten rechtlichen Interesse.
1. Die von der Beschwerde erhobene Verfahrensrüge ist unzulässig, da unschlüssig. Sie genügt nicht der Darlegungspflicht des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO. Die Beschwerde trägt vor, ein vom Normenkontrollgericht seiner Entscheidung zugrunde gelegtes Privatgutachten, das die Antragstellerin vorgelegt habe, trage die Entscheidung des Normenkontrollgerichts nicht. Die Beschwerde vermißt insoweit eine nähere Beweisaufnahme.
Mit diesem Vorbringen kann ein Verfahrensmangel nicht schlüssig dargetan werden. Sollte die Verfahrensrüge eine Verletzung des § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO meinen, ist sie unsubstantiiert. Ein konkreter Verstoß gegen den richterlichen Überzeugungsgrundsatz wird nicht angegeben. Dafür ist auch nichts ersichtlich. Ein Gericht kann sich in tatsächlicher Hinsicht durchaus auf ein vorgelegtes Privatgutachten stützen. Dies zu tun, ist letztlich eine Frage seiner „freien” Beweiswürdigung. Die Ausführungen der Beschwerde stellen sich insoweit lediglich als Angriff auf die sachliche Richtigkeit des angefochtenen Urteils dar, indem der Beweiswürdigung des Normenkontrollgerichts eine eigene, davon abweichende Beweiswürdigung entgegengesetzt wird. Sollte die Beschwerde dagegen eine Verletzung des § 86 Abs. 1 VwGO meinen, so gibt sie nicht an, weshalb die Antragsgegnerin – anwaltlich vertreten – in Kenntnis des vorgelegten Privatgutachtens einen ihr möglichen Beweisantrag nicht gestellt hat. Zumindest müßte die Beschwerde darlegen, weshalb sich dem Gericht auch ohne förmlichen Beweisantrag eine Beweisaufnahme hätte aufdrängen müssen. Auch dieser Vortrag unterbleibt. Schließlich wird nicht dargetan, welcher Beweismittel sich das Normenkontrollgericht zu der gewünschten näheren Beweisaufnahme hätte bedienen sollen (vgl. BVerwG, Beschluß vom 19. August 1997 – BVerwG 7 B 261.97 – NJW 1997, 3328 unter Hinweis auf BVerwG, Beschluß vom 6. März 1995 – BVerwG 6 B 81.94 – Buchholz 310 § 86 Abs. 1 VwGO Nr. 265).
2. Hinsichtlich der auf § 132 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 VwGO gestützten Zulassungsgründe fehlt es der Antragsgegnerin an dem zur Durchführung des Revisionsverfahrens erforderlichen schützenswerten rechtlichen Interesse. Ob die inhaltlichen Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 Nrn. 1 oder 2 VwGO gegeben sind, bedarf keiner Entscheidung.
2.1 Ein Rechtsmittel ist nur zulässig, wenn der Rechtsmittelführer ein schützenswertes rechtliches Interesse daran besitzt, daß das Rechtsmittelgericht zu seinen Gunsten die Rechtslage klärt und gegenüber dem vorinstanzlichen Gericht abändernd entscheidet. An diesem rechtlichen Interesse fehlt es hier. Das Beschwerdegericht hierzu läßt offen, ob dies als eine Frage der fehlenden materiellen Beschwer oder des fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses (vgl. etwa BFH, Beschluß vom 11. Januar 1990 – VIII B 43.89 – BFH/NV 1991, 168) anzusehen ist.
2.2 Maßgebend für die Beurteilung des Interesses ist das von der Antragsgegnerin im Streitfall verfolgte konkrete Rechtsschutzbegehren. Dieses besteht nicht.
2.2.1 Das erklärte Ziel der Beschwerde ist es, in einem Revisionsverfahren die Abänderung der vorinstanzlichen Entscheidung dahin zu erreichen, daß statt der vom Normenkontrollgericht gemäß § 47 Abs. 5 Satz 2 VwGO ausgesprochenen Erklärung der Nichtigkeit vielmehr die in § 47 Abs. 5 Satz 4 VwGO vorgesehene Erklärung der Unwirksamkeit getroffen wird. Aus diesem Grunde trägt die Beschwerde hinsichtlich der materiellen Rechtslage ausschließlich Zulassungsgründe vor, welche die Rechtsfolge der fehlerhaften bauplanerischen Festsetzung betreffen. Den vom Normenkontrollgericht festgestellten materiellen Mangel des angegriffenen Bebauungsplans nimmt die Beschwerde dagegen hin. Demgemäß behandelt das Beschwerdevorbringen nur Fragen der Auslegung und Anwendung des § 215 a Abs. 1 Satz 1 BauGB.
Die unzulässige Verfahrensrüge ändert an diesem Bild des eigentlichen Rechtsschutzbegehrens der Antragsgegnerin nichts. Vielmehr zeigt das außerprozessuale Verhalten der Antragsgegnerin im vorinstanzlichen Verfahren mit Deutlichkeit, daß es ihr allein darauf ankommt, den von ihr mit der Feststellung der Nichtigkeit befürchteten Verlust einer anderenfalls als gegeben angenommenen „Heilungsmöglichkeit” zu vermeiden. Nur so läßt sich der Beschluß des Stadtrates der Antragsgegnerin vom 18. März 1999 erklären, erneut das Planaufstellungsverfahren wiederaufzunehmen und den Mangel unzureichender interkommunaler Abstimmung auszuschließen.
2.2.2 Die mit der Revision erstrebte Erklärung, der angegriffene Bebauungsplan sei bis zur Behebung des vom Normenkontrollgericht festgestellten Mangels nicht wirksam, würde die Rechtslage der Antragsgegnerin nicht in einem schützenswerten Sinne verbessern. Im vorliegenden Streitfall unterscheiden sich die Rechtsfolgen der getroffenen Feststellung der Nichtigkeit und der erstrebten Erklärung der Unwirksamkeit des angegriffenen Bebauungsplans in keiner für die Antragsgegnerin rechtlich erheblichen Weise. Das ergibt sich aus zwei Gründen:
(1) Die von der Antragsgegnerin vor allem erstrebte „rückwirkende” Heilung ist rechtlich ausgeschlossen. Das beruht auf dem Charakter des vom Normenkontrollgericht festgestellten Mangels. Aufgrund des neu eingeleiteten Verfahrens ist es rechtlich nicht möglich, den erneut beschlossenen Bebauungsplan rückwirkend in Kraft zu setzen.
Maßgebend für die Beurteilung der Möglichkeit einer rückwirkenden Heilung ist § 215 a Abs. 2 BauGB. Danach können nur Bebauungspläne mit Mängeln, die eine Verletzung der in § 214 Abs. 1 BauGB bezeichneten oder nach Landesrecht bestehenden sonstigen Verfahrens- oder Formvorschriften darstellen, nach Beseitigung des Mangels rückwirkend in Kraft gesetzt werden. Bei anderen Mängeln – auch solchen, die in einem „ergänzenden Verfahren” behoben werden können – ist eine rückwirkende „Heilung” ausgeschlossen. § 215 a Abs. 2 BauGB ist insoweit abschließend. Dies ist für den entsprechenden § 215 Abs. 3 BauGB a.F. bereits ausgesprochen worden (vgl. BVerwG, Urteil vom 18. April 1996 – BVerwG 4 C 22.94 – BVerwGE 101, 58 ≪61≫; BVerwG, Beschluß vom 7. November 1997 – 4 NB 48.96 – Buchholz 406.11 § 215 BauGB Nr. 12 = NVwZ 1998, 956). Der Gesetzgeber hat in § 215 a Abs. 2 BauGB die Regelung des § 215 Abs. 3 BauGB a.F. ersichtlich nicht abändern wollen. Die Beschwerde greift die angeführte Rechtsprechung nicht an.
Das Normenkontrollgericht hat einen Mangel der in § 215 a Abs. 2 BauGB bezeichneten Art nicht festgestellt. Damit scheidet für die Antragsgegnerin die Möglichkeit der rückwirkenden Änderung der materiellen Rechtslage aus. Sie kann danach den Bebauungsplan – gelangt sie im Verfahren zum selben Planinhalt – gemäß § 10 Abs. 3 Satz 4 BauGB nur für die Zukunft in Kraft setzen.
(2) § 215 a Abs. 1 Satz 1 BauGB legt die Annahme nahe, daß der Gesetzgeber bei „behebbaren” Mängeln den Ausspruch der Nichtigkeit vermieden wissen wollte, um in einem „ergänzenden” Verfahren eine Verfahrensvereinfachung zu erreichen. Die planende Gemeinde, die ihre planerischen Absichten nicht aufgeben will, soll verfahrensbezogen ihr Verfahren dort – gleichsam an „rangbereiter” Stelle – erneut beginnen dürfen, an der sich der Mangel gezeigt hat, um so das weitere Verfahren mit dem Ziel einer nunmehr ordnungsgemäßen Beschlußfassung fortsetzen zu können.
Die Antragsgegnerin ist in eben dieser Weise tatsächlich vorgegangen. Sie verhält sich genau so, wie sie sich im Falle des von ihr erstrebten „ergänzenden Verfahrens” verhalten müßte. Ihr Stadtrat hat durch seinen Beschluß vom 18. März 1999 die Stelle des Aufgreifens des Verfahrens auf die beschränkt durchzuführende Beteiligung gemäß § 3 Abs. 3 Satz 1 BauGB bestimmt. Der genehmigte Entwurf des Bebauungsplans mit der Begründung soll dazu gemäß § 3 Abs. 2/Abs. 3 BauGB öffentlich ausgelegt werden. Das erneute Verfahren damit ist zwar inhaltlich auf Festsetzungen zum vorgesehenen Sondergebiet, nicht aber hinsichtlich des anregungsbefugten Personenkreises begrenzt. Damit unternimmt die Antragsgegnerin mit dem Beschluß vom 18. März 1999 freiwillig selbst genau dasjenige, was ihr auch im Falle einer gerichtlichen Erklärung der Unwirksamkeit durch ein „ergänzendes Verfahren” möglich wäre.
Das Normenkontrollgericht hat im Streitfall den „Nichtigkeitsgrund” gerade in der unzureichenden Beteiligung und der daraus resultierenden unzureichenden Abwägung gesehen. Der Beschluß vom 18. März 1999 setzt mit dem ergänzenden Verfahren insoweit an der frühest möglichen Stelle ein. Es begrenzt die neu aufgeworfene Abwägungsfrage nicht auf die vorzunehmende interkommunale Abstimmung. Lediglich einen erneuten Aufstellungsbeschluß hat der Stadtrat der Antragsgegnerin nicht gefaßt. Es mag dahinstehen, ob dem Beschluß des Stadtrates vom 18. März 1999 ohnedies die Aufgabe eines derartigen Beschlusses zukommt. Der in § 2 Abs. 1 BauGB vorgesehene Aufstellungsbeschluß ist jedenfalls keine Voraussetzung der Rechtmäßigkeit des Bebauungsplans (vgl. BVerwG, Beschluß vom 15. April 1988 – BVerwG 4 N 4.87 – BVerwGE 79, 200). Die Antragsgegnerin verhält sich auf der Grundlage des Beschlusses ihres Stadtrates vom 18. März 1999 damit nicht anders, wie sie sich aufgrund der Nichtigkeitserklärung verhalten darf. Kann der vom Normenkontrollgericht festgestellte Rechtsmangel in dem aufgenommen Verfahren beseitigt werden, besteht für die Antragsgegnerin auch im Hinblick auf die vom Normenkontrollgericht getroffene Feststellung der Nichtigkeit kein Verbot der Normwiederholung. Die Verfahrensschritte, welche die Antragsgegnerin für einen rechtswirksamen Bebauungsplan beachten muß, sind danach hinsichtlich der getroffenen Feststellung der Nichtigkeit und der erstrebten Erklärung der Unwirksamkeit des angegriffenen Bebauungsplans im Streitfall dieselben.
2.2.3 Die Beschwerde macht zur weiteren Begründung des Interesses an dem erstrebten Revisionsverfahren geltend, die Antragsgegnerin müsse mit erheblichen finanziellen Nachteilen rechnen, wenn es bei dem Ausspruch der Nichtigkeit bleibe. Dazu trägt die Beschwerde im einzelnen vor:
Die Antragsgegnerin habe Städtebauförderungsmittel erhalten. Der Förderungszweck sei die Stärkung der Ortsmitte. Die Förderungsmittel müßten zurückgezahlt werden, wenn durch Zulassung eines Factory-Outlet-Centers oder eines sonstigen Einzelhandelsgroßprojektes gegen den Förderungszweck verstoßen worden sei. Die auf der Grundlage von Richtlinien entstandene Rechtslage gelte allerdings aus Gründen des Bestandsschutzes dann nicht, wenn kein Neuverfahren, sondern ein Altverfahren durchgeführt werde, in dem ein gescheiterter Bebauungsplan „repariert” werde. Darin liege das Rechtsschutzinteresse der Antragsgegnerin an der erstrebten Änderung des gerichtlichen Ausspruchs. Die Beschwerde verweist dazu insbesondere auf einen Bescheid der Regierung von Oberbayern vom 19. Oktober 1999, der in seiner Nr. 10 einen Widerrufsvorbehalt enthält.
Bei allem Verständnis für die Antragsgegnerin, die finanzielle Nachteile befürchtet und diese vermeiden will, begründen die vorgetragenen Umstände kein selbständiges rechtliches Interesse. Unter welchen Voraussetzungen die bewilligende Stelle von einem Widerruf Gebrauch machen darf, hat die bewilligende Stelle nach Maßgabe ihrer Bestimmungen selbst zu entscheiden. Die Antragsgegnerin muß – will sie einen nunmehr rechtswirksamen Bebauungsplan erreichen – alle jene Fehler vermeiden, die das Normenkontrollgericht im Streitfall festgestellt hat. Die Beurteilung der bewilligenden Stelle hängt ersichtlich nicht davon ab, aufgrund welchen prozessualen Ausspruchs der festgestellte Mangel des angegriffenen Bebauungsplans beseitigt wird, wenn die Antragstellerin das materiellrechtlich Mögliche und Gebotene unternimmt.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf § 13 Abs. 1 Satz 1, § 14 Abs. 3 VwGO. Der beschließende Senat folgt der vorinstanzlichen Beurteilung.
Unterschriften
Gaentzsch, Berkemann, Heeren
Fundstellen
Haufe-Index 567498 |
BauR 2000, 1008 |
NVwZ 2000, 808 |
DÖV 2000, 924 |
GewArch 2000, 259 |
VR 2001, 106 |
ZfBR 2000, 341 |
BRS 2000, 285 |
DVBl. 2000, 939 |
UPR 2000, 235 |
FSt 2000, 610 |
VA 2000, 192 |