Verfahrensgang
Sächsisches OVG (Beschluss vom 20.05.2014; Aktenzeichen PL 9 A 358/12) |
Tenor
Die Beschwerde des Antragstellers gegen die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde in dem Beschluss des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 20. Mai 2014 wird zurückgewiesen.
Gründe
Rz. 1
Die Beschwerde des Antragstellers nach § 88 Abs. 2 SächsPersVG i.V.m. § 92a Satz 1 ArbGG gegen die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde in dem Beschluss des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 20. Mai 2014 hat keinen Erfolg.
Rz. 2
1. Die Beschwerde ist nicht wegen der vom Antragsteller geltend gemachten Divergenz zuzulassen.
Rz. 3
Gemäß § 88 Abs. 2 SächsPersVG i.V.m. § 92 Abs. 1 Satz 2 und § 72 Abs. 2 Nr. 2 ArbGG ist die Rechtsbeschwerde wegen Divergenz zuzulassen, wenn der angefochtene Beschluss von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, des Bundesverwaltungsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung eines anderen Senats desselben Oberverwaltungsgerichts bzw. Verwaltungsgerichtshofs oder eines anderen Oberverwaltungsgerichts bzw. Verwaltungsgerichtshofs abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht. In der Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde ist die Entscheidung, von der der angefochtene Beschluss abweicht, zu bezeichnen (§ 92a Satz 2 i.V.m. § 72a Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ArbGG). Eine die Rechtsbeschwerde eröffnende Divergenz ist nur dann hinreichend bezeichnet, wenn die Beschwerde einen abstrakten, inhaltlich bestimmten, die angefochtene Entscheidung tragenden Rechtssatz benennt, mit dem die Vorinstanz einem in der Rechtsprechung eines der aufgeführten Gerichte aufgestellten ebensolchen, die Entscheidung tragenden Rechtssatz in Anwendung derselben Rechtsvorschrift widersprochen hat (stRspr, vgl. z.B. BVerwG, Beschlüsse vom 28. März 1994 – 6 PB 22.93 – AP Nr. 8 zu § 92a ArbGG 1979 und vom 28. Juli 2014 – 5 PB 1.14 – juris Rn. 9, jeweils m.w.N.). Eine solche Divergenz kann auch dann anzunehmen sein, wenn beide Entscheidungen auf der Grundlage von verschiedenen, aber inhaltsgleichen Rechtsnormen ergangen sind (vgl. BVerwG, Beschluss vom 28. Januar 2004 – 6 PB 10.03 – Buchholz 251.2 § 91 BlnPersVG Nr. 2 S. 1 f.). Das Aufzeigen einer fehlerhaften oder unterbliebenen Anwendung der Rechtssätze, die das betreffende Gericht in seiner Rechtsprechung aufgestellt hat, genügt den Zulässigkeitsanforderungen nicht (vgl. BVerwG, Beschluss vom 28. Juli 2014 – 5 PB 1.14 – juris Rn. 9). Gemessen daran ist die Beschwerde des Antragstellers bereits nicht ausreichend begründet.
Rz. 4
a) Der Antragsteller sieht einen Widerspruch zu der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zunächst darin, dass das Oberverwaltungsgericht angenommen habe,
„[d]ie Mitbestimmung des Personalrats bei der Festlegung von Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit scheidet aus, wenn die Maßnahme nur einen Teil der Arbeitszeit der betroffenen Beschäftigten erfasst” (Beschwerdebegründung vom 3. September 2014 S. 3).
Rz. 5
Demgegenüber habe das Bundesverwaltungsgericht in dem Beschluss vom 12. August 2002 – 6 P 17.01 – (Buchholz 251.7 § 72 NWPersVG Nr. 29) den Rechtssatz aufgestellt, „[d]ie Mitbestimmung des Personalrats bei der Festlegung von Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit kann auch dann eingreifen, wenn nur ein Teil der täglichen Arbeitszeit geregelt wird” (Beschwerdebegründung vom 3. September 2014 S. 3).
Rz. 6
Damit ist eine Divergenz nicht in der gebotenen Weise dargetan. Das Vorbringen erschöpft sich in der Gegenüberstellung von wertenden Interpretationen und der Zusammenfassung von Ausführungen der jeweiligen Gerichte, die teils aus ihrem für das Verständnis erforderlichen Kontext herausgelöst werden. Insbesondere ist dem Beschluss des Oberverwaltungsgerichts auch unter Berücksichtigung der weiteren Ausführungen des Antragstellers (vgl. Beschwerdebegründung vom 31. Juli 2015 S. 1 f.) der entscheidungstragende Rechtssatz im Sinne des Antragstellers nicht zu entnehmen. Nach Auffassung des Oberverwaltungsgerichts ist der Mitbestimmungstatbestand des § 81 Abs. 2 Nr. 1 SächsPersVG deshalb nicht erfüllt, weil durch die in Ziff. III enthaltenen Regelungen weder die vorgeschriebene Arbeitszeit des hauptamtlichen Lehrpersonals verbindlich auf die Wochenarbeitszeit oder die einzelnen Wochentage verteilt noch nach Wochentag, Dauer oder Uhrzeit fixiert werde (UA Rn. 23).
Rz. 7
b) Aus dem gleichen Grund scheitert die Rüge des Antragstellers, die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts weiche von dem Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 8. Juli 2003 – 6 P 5.03 – (Buchholz 251.4 § 86 HmbPersVG Nr. 11) ab. Hinzu kommt, dass der Rechtssatz „wonach eine Regelung eines Teils der Dienstverpflichtung (dort Probe, hier Lehre) für das Vorliegen des Mitbestimmungstatbestandes ausreichend ist” (vgl. Beschwerdebegründung vom 3. September 2014 S. 4), den der Antragsteller diesem Beschluss entnommen haben will, dort nicht aufgestellt wurde. Die vom Antragsteller insoweit in Bezug genommenen Ausführungen verhalten sich allein zu dem Begriff der Dienstdauer bei Beschäftigten, deren Dienstleistung nur zum Teil in der Dienststelle erbracht wird.
Rz. 8
c) Auch die vom Antragsteller geltend gemachte Abweichung von dem Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 24. April 2002 – 6 P 3.01 – (BVerwGE 116, 216 ≪219 f.≫) liegt nicht vor. Zum einen ist dort der Rechtssatz „[e]ine Maßnahme, die mittelbare Auswirkungen auf die Arbeitszeit hat, kann der Mitbestimmung unterfallen” (vgl. Beschwerdebegründung vom 3. September 2014 S. 11), den der Antragsteller der Entscheidung entnimmt, in dieser Allgemeinheit nicht aufgestellt worden. Zum anderen verbietet sich ein die Divergenz begründender Vergleich auch deshalb, weil sich der Beschluss ausschließlich auf den in § 86 Abs. 1 Nr. 1 HmbPersVG a.F. enthaltenen Auffangtatbestand „sonstige Regelungen, die die Dienstdauer beeinflussen” stützt, der in § 81 Abs. 2 Nr. 1 SächsPersVG keine Entsprechung findet.
Rz. 9
2. Die Rechtsbeschwerde ist nicht wegen der vom Antragsteller geltend gemachten grundsätzlichen Bedeutung einer entscheidungserheblichen Rechtsfrage zuzulassen.
Rz. 10
Grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 88 Abs. 2 SächsPersVG i.V.m. § 92 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG kommt einer Rechtsfrage nur zu, wenn mit ihr eine für die erstrebte Rechtsbeschwerdeentscheidung erhebliche Frage aufgeworfen wird, die im Interesse der Einheit und Fortbildung des Rechts der Klärung bedarf. Die Rechtsfrage muss zudem klärungsfähig sein, was der Fall ist, wenn sie in der Rechtsbeschwerdeinstanz beantwortet werden kann. Nach § 88 Abs. 2 SächsPersVG i.V.m. § 92a Satz 2 i.V.m. § 72a Abs. 3 Nr. 1 ArbGG muss die Begründung der auf den Zulassungsgrund des § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG gestützten Nichtzulassungsbeschwerde die Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung einer Rechtsfrage und deren Entscheidungserheblichkeit enthalten. Dieses Darlegungserfordernis setzt die Formulierung einer bestimmten, höchstrichterlich noch ungeklärten und für die Rechtsbeschwerdeentscheidung erheblichen Rechtsfrage sowie die Angabe voraus, worin die allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung besteht. Die Beschwerde muss substantiiert erläutern, dass und inwiefern die Rechtsbeschwerdeentscheidung zur Klärung einer bisher vom Bundesverwaltungsgericht nicht beantworteten, fallübergreifenden und entscheidungserheblichen Rechtsfrage führen kann. Die Begründungspflicht verlangt, dass sich die Beschwerde mit den Erwägungen des angefochtenen Beschlusses, auf die sich die aufgeworfene Frage von angeblich grundsätzlicher Bedeutung bezieht, substantiiert auseinandersetzt. Es bedarf auch der substantiierten Auseinandersetzung mit den Gründen bereits ergangener einschlägiger Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts. Soweit sich die Vorinstanz mit der von der Beschwerde als grundsätzlich angesehenen Frage beschäftigt hat, gehört zu der erforderlichen Durchdringung des Prozessstoffes die Erörterung sämtlicher Gesichtspunkte, die im Einzelfall für die erstrebte Zulassung der Rechtsbeschwerde rechtlich Bedeutung haben können. In der Begründung ist auch substantiiert aufzuzeigen, aus welchen Gründen der Rechtsauffassung, die der aufgeworfenen Frage von angeblich grundsätzlicher Bedeutung zugrunde liegt, zu folgen ist (BVerwG, Beschluss vom 28. Juli 2014 – 5 PB 1.14 – juris Rn. 4). Gemessen daran kommt die Zulassung der Rechtsbeschwerde nicht in Betracht.
Rz. 11
a) Die vom Antragsteller als grundsätzlich bedeutsam bezeichnete Frage,
„ob es einer Vollregelung der Arbeitszeit bedarf, damit diese mitbestimmungspflichtig ist” (Beschwerdebegründung vom 3. September 2014 S. 5 und vom 31. Juli 2015 S. 2 f.),
rechtfertigt deshalb nicht die Zulassung der Revision, weil sie nach der insoweit maßgeblichen Rechtsauffassung des Oberverwaltungsgerichts nicht entscheidungserheblich ist. Das Oberverwaltungsgericht ist davon ausgegangen, dass der Mitbestimmungstatbestand des § 81 Abs. 2 Nr. 1 SächsPersVG nicht erfüllt ist, weil durch die in Ziff. III VwV DA-SVPolFH enthaltenen Regelungen keine generelle und unmittelbar verbindliche Verteilung der vorgeschriebenen Arbeitszeit auf die Wochenarbeitszeit oder auf die einzelnen Wochentage erfolgen solle. Ebenso wenig werde die vorgeschriebene Arbeitszeit nach Wochentag, Dauer oder Uhrzeit fixiert (vgl. UA Rn. 23).
Rz. 12
b) Die vom Antragsteller für grundsätzlich bedeutsam gehaltene Rechtsfrage
„[r]eicht die mittelbare Wirkung einer Regelung auf die wöchentliche oder tägliche Arbeitszeit (soweit die sonstigen Voraussetzungen des Mitbestimmungstatbestandes vorliegen) aus, um die Mitbestimmungspflicht zu begründen?” (Beschwerdebegründung vom 3. September 2014 S. 6)
ist nicht klärungsbedürftig. Dies ist (auch) dann nicht der Fall, wenn sich die von der Beschwerde aufgeworfene Rechtsfrage auf der Grundlage der vorhandenen Rechtsprechung und/oder mit Hilfe der üblichen Regeln sachgerechter Gesetzesinterpretation beantworten lässt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 24. August 1999 – 4 B 72.99 – BVerwGE 109, 268 ≪270≫ zu § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). So liegt es hier.
Rz. 13
Ob eine mittelbar wirkende Regelung der Arbeitszeit gemäß § 81 Abs. 2 Nr. 1 SächsPersVG mitbestimmungspflichtig ist, ergibt sich – entgegen der Auffassung des Oberverwaltungsgerichts und ebenso wie bei unmittelbar wirkenden Regelungen – aus den spezifischen Anforderungen des § 81 Abs. 2 Nr. 1 SächsPersVG. Bereits seinem Wortlaut nach schließt § 81 Abs. 2 Nr. 1 SächsPersVG eine Mitbestimmung bei mittelbar wirkenden Maßnahmen weder grundsätzlich aus, noch lässt er generell jede mittelbare Auswirkung einer Regelung für die Erfüllung des Tatbestandes genügen. Eine mittelbare Arbeitszeitregelung unterliegt vielmehr gemäß § 81 Abs. 2 Nr. 1 SächsPersVG der Mitbestimmung, wenn eine Auslegung im Einzelfall ergibt, dass sie vom Tatbestand der Norm erfasst ist (vgl. z.B. BVerwG, Beschlüsse vom 5. Februar 1971 – 7 P 16.70 – BVerwGE 37, 173 ≪174≫, vom 9. Oktober 1991 – 6 P 21.89 – Buchholz 250 § 75 BPersVG Nr. 75 S. 66 ≪70≫, vom 30. Juni 2005 – 6 P 9.04 – BVerwGE 124, 34 ≪36 ff.≫ und vom 23. August 2007 zu § 86 Abs. 1 Nr. 1 HmbPersVG – 6 P 7.06 – Buchholz 251.4 § 86 HmbPersVG Nr. 13 Rn. 30 f.; dagegen betrifft der vom Antragsteller herangezogene Beschluss vom 24. April 2002 – 6 P 3.01 – BVerwGE 116, 216 ≪219 f.≫ den Auffangtatbestand „sonstige Regelungen, die die Dienstdauer beeinflussen” in § 86 Abs. 1 Nr. 1 HmbPersVG a.F., der in § 81 Abs. 2 Nr. 1 SächsPersVG keine Entsprechung findet, so dass sich daraus für die hier aufgeworfene Frage nichts ergibt; vgl. zu der Auffangregelung in § 74 Abs. 1 Nr. 9 HePersVG auch Beschlüsse vom 30. Januar 1996 – 6 P 50.93 – Buchholz 251.5 § 74 HePersVG Nr. 1 S. 1 ≪2≫ und vom 24. Februar 2003 – 6 P 12.02 – Buchholz 251.5 § 74 HePersVG Nr. 3 zu § 74 Abs. 1 Nr. 9 S. 1 ≪5≫ HePersVG). Soweit (auch) das Mitbestimmungsrecht des § 81 Abs. 2 Nr. 1 SächsPersVG eine entsprechende Maßnahme voraussetzt (§ 79 Abs. 1 SächsPersVG), ergibt sich nichts anderes.
Rz. 14
3. Von einer weiteren Begründung wird nach § 88 Abs. 2 SächsPersVG i.V.m. § 92a Satz 2 i.V.m. § 72a Abs. 5 Alt. 1 ArbGG abgesehen.
Unterschriften
Vormeier, Stengelhofen, Dr. Harms
Fundstellen