Verfahrensgang
VG Braunschweig (Urteil vom 21.11.2003; Aktenzeichen 8 A 206/01) |
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Braunschweig vom 21. November 2003 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 14 823,73 € festgesetzt.
Gründe
Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Der geltend gemachte Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) liegt nicht vor.
Der Kläger übernahm im Wege der Erbteilsübertragung (Angebot vom 13. Juni 1990; Annahme vom 10. Juli 1990) von der am 26. April 1997 verstorbenen Elsa Bölicke deren hälftigen Anteil an dem Grundstück Libauer Straße 10 in Berlin. Für den anteiligen Wegnahmeschaden aufgrund des Verlustes dieses Hauses war ihr mit Bescheid des Ausgleichsamtes Uelzen vom 20. Oktober 1986 eine Hauptentschädigung (verzinslich ab 1. Juli 1980) in Höhe von 23 320 DM zuerkannt worden, die durch Überweisung sowie durch Zahlung von Kriegsschadenrente voll erfüllt wurde.
Der Wegnahmeschaden wurde nach dem Bescheid des Amtes zur Regelung offener Vermögensfragen Berlin vom 10. Mai 1991 durch die Aufhebung der staatlichen Verwaltung und Übertragung auf den Kläger ausgeglichen.
Das Ausgleichsamt der Stadt Braunschweig erließ am 15. Januar 1999 gegenüber dem Kläger einen Leistungsbescheid, mit dem er als Vermögensübernehmer aufgefordert wurde, zuviel gezahlte Hauptentschädigung in Höhe von 28 992,70 DM an den Ausgleichsfond zurückzuerstatten.
Die behauptete Grundsatzbedeutung führt nicht auf die begehrte Revision. Grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO kommt einer Rechtssache nur dann zu, wenn die Beschwerde eine Rechtsfrage des revisiblen Rechts aufwirft, deren zu erwartende revisionsgerichtliche Klärung der Einheit oder Fortentwicklung des Rechts zu dienen vermag. Der Zulassungsgrund ist nur dann hinreichend dargetan, wenn zumindest die konkrete Rechtsfrage bezeichnet wird, die für die Entscheidung erheblich sein soll, und ein Hinweis auf den Grund enthalten ist, der die Anerkennung der grundsätzlichen Bedeutung rechtfertigen soll (vgl. z.B. Beschluss vom 9. Juni 1970 – BVerwG 6 B 22.69 – Buchholz 310 § 132 VwGO Nr. 62). Daran fehlt es.
Zwar werden in der Beschwerdebegründung einzelne Fragen dargelegt, die grundsätzlich bedeutsam sein sollen. Die Beschwerdebegründung richtet diese Fragen jedoch auf den Tatbestand des vorliegenden Falles aus, statt eine konkrete klärungsbedürftige Fragestellung mit übergeordneter Bedeutung herauszuarbeiten. Damit beschränkt sie sich letztlich darauf, die Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts anzugreifen und Parallelfälle zu vermuten. Mit bloßen Angriffen gegen die Rechtsauffassung der Vorinstanz kann jedoch die grundsätzliche Bedeutung nicht dargelegt werden. Das gilt selbst dann, wenn dazu verfassungsrechtliche Erwägungen angeführt werden (vgl. Beschluss vom 21. Februar 1990 – BVerwG 5 B 94.89 – Buchholz 310 § 132 VwGO Nr. 282).
Davon abgesehen kommt einer Rechtsfrage nicht schon deshalb grundsätzliche Bedeutung zu, weil zu ihr noch keine ausdrückliche Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vorliegt; auch in einem solchen Fall fehlt es an der Klärungsbedürftigkeit, wenn sich die Rechtsfrage durch Auslegung der maßgeblichen Rechtsvorschriften anhand der anerkannten Auslegungskriterien ohne weiteres beantworten lässt oder durch die bisherige Rechtsprechung als geklärt angesehen werden kann (Beschluss vom 31. Juli 1987 – BVerwG 5 B 49.87 – Buchholz 436.0 § 69 BSHG Nr. 14). Letzteres trifft auch dann zu, wenn die vorhandene höchstrichterliche Rechtsprechung ausreichende Anhaltspunkte zur Beurteilung der von der Beschwerde als grundsätzlich herausgestellten Rechtsfrage gibt (Beschluss vom 28. September 1995 – BVerwG 10 B 6.94 –). Ein solcher Fall dürfte hier gegeben sein.
Zum einen lässt die Beschwerdebegründung außer Acht, dass der Senat sich mit der Problematik und der Frage der Verfassungsmäßigkeit im Hinblick auf § 349 LAG bereits ausführlich in zahlreichen Entscheidungen auseinander gesetzt hat (vgl. etwa Urteile vom 18. Mai 2000 – BVerwG 3 C 9.99 – VIZ 2000, 596 = Buchholz 427.3 § 349 LAG Nr. 8; 22. Oktober 1998 – BVerwG 3 C 19.98 – IFLA 1999, 19 = Buchholz 427.3 § 349 LAG Nr. 7; 22. Oktober 1998 – BVerwG 3 C 37.97 – BVerwGE 107, 294; 19. Juni 1997 – BVerwG 3 C 40.96 – BVerwGE 105, 106 = Buchholz 427.3 § 349 LAG Nr. 3; 19. Juni 1997 – BVerwG 3 C 10.97 – BVerwGE 105, 110; 6. Mai 1997 – BVerwG 3 C 38.96 – Buchholz 427.3 § 349 LAG Nr. 2; 3. November 1994 – BVerwG 3 C 32.93 – Buchholz 427.6 § 20 a BFG Nr. 2). Zur ordnungsgemäßen Darlegung aller in diesem Rahmen noch in einem Revisionsverfahren zu klärenden Rechtsfragen hätte namentlich eine Auseinandersetzung mit dieser Rechtsprechung gehört (vgl. DVBl 1960, 854). Daran fehlt es ebenfalls.
Zum anderen hat sich der Senat in einer neueren Entscheidung, die allerdings dem Kläger zum Zeitpunkt der Beschwerdebegründung noch nicht bekannt sein konnte, mit Fragen des § 349 LAG, namentlich verfassungsrechtlichen Problemen im Hinblick auf eine möglicherweise unzulässige Rückwirkung des 33. Änderungsgesetzes des LAG vom 16. Dezember 1999 (BGBl I S. 2422) befasst (vgl. Urteil vom 15. Juli 2004 – BVerwG 3 C 44.03). Danach beruhen die Rückforderungsregelungen insgesamt auf der nicht zu beanstandenden Erwägung des Gesetzgebers, dass durch den nachträglichen Schadensausgleich – etwa in Form der Rückgabe der entzogenen Vermögensgegenstände – der Rechtsgrund für die Gewährung des Lastenausgleichs entfallen ist. Es besteht kein Anlass, jemandem Leistungen zu belassen, die vom Staat als Ausgleich für einen inzwischen anderweitig ausgeglichenen und damit letztlich nicht mehr existenten Vermögensverlust erbracht worden sind. Es handelt sich um die Rückabwicklung einer Vermögensverschiebung, die sich im Nachhinein als nicht mehr gerechtfertigt erweist. Dieser Grundgedanke trägt prinzipiell die Forderung, dass der gesamte als Lastenausgleich gewährte Entschädigungsbetrag zurückzuzahlen ist. Geklärt ist durch diese Entscheidung auch, dass das 33. Änderungsgesetz des LAG vom 16. Dezember 1999 (BGBl I S. 2422) nicht gegen das verfassungsrechtliche Rückwirkungsverbot verstößt, obwohl die Neuregelungen zum Teil an einen in der Vergangenheit abgeschlossenen Sachverhalt anknüpfen und ihn für die Zukunft mit der Folge neu regeln, dass eine bei Entritt des Schadensausgleichs noch nicht bestehende Rückzahlungspflicht Platz greift.
Das Rückwirkungsverbot besteht nämlich nicht absolut, sondern lediglich soweit, wie der Vertrauensschutzgedanke reicht, da dieser nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nicht nur den Grund, sondern auch die Grenze des Rückwirkungsverbots bildet. Es gilt daher nicht, wenn sich ausnahmsweise ein schutzwürdiges Vertrauen auf den Bestand einer bestimmten Rechtslage nicht bilden konnte (vgl. etwa BVerfGE 88, 384 ≪404≫). So hat schon der Gesetzgeber den Geschädigten gegenüber zweifelsfrei zum Ausdruck gebracht, dass die Zuerkennung und Erfüllung der Hauptentschädigung stets unter dem Vorbehalt ihrer Rückforderung im Falle nachträglichen Schadensausgleichs stand, indem er ihnen ausdrücklich die Rechtspflicht auferlegt hat, die entsprechenden Wiederaufnahmegründe anzuzeigen (§ 342 Abs. 2 Satz 2 LAG; vgl. dazu auch Urteil vom 19. Juni 1997 – BVerwG 3 C 10.97, a.a.O.).
Die Kostenfolge ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO; die Entscheidung über den Wert des Streitgegenstandes folgt aus § 14 i.V.m § 13 Abs. 1 Satz 2 GKG.
Unterschriften
Prof. Dr. Driehaus, van Schewick, Dr. Dette
Fundstellen