Verfahrensgang

Bayerischer VGH (Aktenzeichen 5 B 99.893)

 

Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 13. September 1999 wird verworfen.

Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 16 000 DM festgesetzt.

 

Gründe

Die Beschwerde bleibt ohne Erfolg.

Nach § 132 Abs. 2 VwGO kann die Revision nur zugelassen werden, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder das Berufungsurteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem das Berufungsurteil beruhen kann. Wird wie hier die Nichtzulassung der Revision mit der Beschwerde angefochten, muß in der Beschwerdebegründung die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung, von der das Berufungsurteil abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO). Die Beschwerdebegründung genügt nicht den Anforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO und ist deshalb als unzulässig zu verwerfen.

1. Die Beschwerde rügt zunächst, die Berufungsentscheidung weiche von Urteilen des Bundesverwaltungsgerichts ab. Die Rüge genügt nicht den Anforderungen an die Darlegung des Revisionszulassungsgrundes des § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO.

Eine die Zulassung der Revision rechtfertigende Divergenz liegt nur vor, wenn das Berufungsgericht mit einem seine Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz von einem in der Rechtsprechung der in § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO genannten Gerichte aufgestellten ebensolchen Rechtssatz abgerückt ist; dabei müssen sich die Rechtssätze grundsätzlich auf dasselbe Gesetz beziehen. Das Darlegungserfordernis des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO verlangt in diesem Zusammenhang, daß in der Beschwerdebegründung ausgeführt wird, daß und inwiefern das Berufungsgericht seine Entscheidung auf einen in der genannten Weise widersprechenden Rechtssatz gestützt hat. Das Aufzeigen einer fehlerhaften oder unterbliebenen Anwendung von Rechtssätzen, die das Bundesverwaltungsgericht in seiner Rechtsprechung aufgestellt hat, genügt den Zulässigkeitserfordernissen nicht (vgl. Beschluß vom 19. August 1997 – BVerwG 7 B 261.97 – Buchholz 310 § 133 n.F. VwGO Nr. 26 = NJW 1997, 3328).

a) Der Kläger ist der Ansicht, das Berufungsurteil weiche von dem im Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 3. November 1998 – BVerwG 9 C 4.97 – (Buchholz 412.3 § 6 BVFG Nr. 90) aufgestellten Rechtssatz ab, die deutsche Sprache müsse im Aussiedlungsgebiet nicht als bevorzugte Umgangssprache verwendet worden sein, wenn sie die Muttersprache geworden sei; ferner weiche es von den im genannten Urteil festgelegten Grundsätzen zur Definition des Begriffs „Muttersprache” ab und überziehe zumindest die diesbezüglichen Anforderungen. Zur Begründung trägt der Kläger im einzelnen Tatsachen vor, aus denen sich ergeben soll, daß ihm die deutsche Sprache im Elternhaus vermittelt worden sei und er sie im gebotenen Umfang erlernt habe. Es kann offenbleiben, inwiefern dieser Vortrag überhaupt von den mit Verfahrensrügen nicht angegriffenen und daher das Revisionsgericht gemäß § 137 Abs. 2 VwGO bindenden tatsächlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs umfaßt wird. Denn jedenfalls läßt er nicht erkennen, welchenabstrakten Rechtssatz der Verwaltungsgerichtshof aufgestellt haben soll, der von den im erwähnten Urteil des Bundesverwaltungsgerichts aufgestellten Rechtssätzen abweicht und auf dem das Berufungsurteil beruht. Dem Beschwerdevorbringen läßt sich allenfalls die Behauptung einer fehlerhaften Rechtsanwendung entnehmen, die, wie dargestellt, die Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO nicht rechtfertigt.

b) Aus diesem Grund genügt auch die Rüge, das Berufungsurteil weiche von den im Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 15. Mai 1990 – BVerwG 9 C 51.89 – (Buchholz 412.3 § 6 BVFG Nr. 64) festgelegten Maßstäben für die Annahme eines Schlüsselerlebnisses ab, nicht den Anforderungen an die Darlegung einer Abweichung. Der Kläger wendet sich ausschließlich gegen die Rechtsanwendung durch das Berufungsgericht, ohne aufzuzeigen, inwiefern ihr Rechtssätze zugrunde liegen, die von der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts abweichen.

2. Soweit der Kläger im Zusammenhang mit der Frage, ob in der Trennung von seiner ungarischen Mutter und mit der Einordnung in die Familie seines Vaters ein Schlüsselerlebnis hinsichtlich seiner deutschen Volkszugehörigkeit gesehen werden kann, rügt, der Verwaltungsgerichtshof hätte „angesichts der Offensichtlichkeit dieses traumatischen Kindheitserlebnisses entsprechende Aufklärung betreiben müssen und hinsichtlich der Qualifikation dieses Erlebnisses als Schlüsselerlebnis entsprechende Feststellungen treffen müssen”, hat er einen Aufklärungsmangel (§ 86 Abs. 1 VwGO) als Revisionszulassungsgrund im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO nicht ausreichend vorgetragen. Gemäß § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO muß substantiiert dargelegt werden, welche Beweise angetreten worden sind oder welche Ermittlungen sich dem Berufungsgericht hätten aufdrängen müssen, welche Beweismittel bzw. Aufklärungsmöglichkeiten in Betracht gekommen wären, welches Ergebnis die Beweisaufnahme bzw. weitere Aufklärung voraussichtlich gehabt hätte und inwiefern dieses Ergebnis zu einer dem Beschwerdeführer günstigeren Entscheidung hätte führen können. Dabei ist zu berücksichtigen, daß ein Tatsachengericht seine Aufklärungspflicht grundsätzlich dann nicht verletzt, wenn es von einer Beweiserhebung absieht, die eine anwaltlich vertretene Partei nicht beantragt hat. Das Beschwerdevorbringen läßt nicht einmal erkennen, auf welche Tatsachen sich die Beweiserhebung hätte erstrecken sollen, und genügt auch im übrigen nicht den genannten Anforderungen.

3. Die Beschwerde wird ferner auf den Revisionszulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache gestützt (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Grundsätzliche Bedeutung kommt einer Rechtssache nur zu, wenn sie eine für die erstrebte Revisionsentscheidung erhebliche Rechtsfrage des revisiblen Rechts aufwirft, die im Interesse der Einheit oder der Fortbildung des Rechts revisionsgerichtlicher Klärung bedarf. Das Darlegungserfordernis des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO verlangt die Bezeichnung einer konkreten Rechtsfrage, die für die Revisionsentscheidung erheblich sein wird, und einen Hinweis auf den Grund, der ihre Anerkennung als grundsätzlich bedeutsam rechtfertigen soll. Die Beschwerde muß daher erläutern, daß und inwiefern die Revisionsentscheidung zur Klärung einer bisher revisionsgerichtlich nicht beantworteten fallübergreifenden Rechtsfrage führen kann. Daran fehlt es hier.

Der Kläger hält die „statusrechtliche Bedeutung” des Aufnahmebescheids für klärungsbedürftig und wirft damit sinngemäß die Frage auf, ob die dem Aufnahmebescheid gemäß § 27 BVFG n.F. zugrundeliegende Annahme der Voraussetzungen der deutschen Volkszugehörigkeit über das Aufnahmeverfahren hinaus für die Feststellung der Staatsangehörigkeit verbindlich ist. Der Verwaltungsgerichtshof hat die Frage u.a. unter Hinweis auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 19. April 1994 – BVerwG 9 C 20.93 – (BVerwGE 95, 311 ≪318 f.≫) verneint. In diesem Urteil wird ausgeführt, daß und warum sich der Regelungsgehalt des Aufnahmebescheids in der „Aufnahme” erschöpft und sich nicht auf die deutsche Volkszugehörigkeit erstreckt, die für die Aufnahmeentscheidung lediglich als Vorfrage zu prüfen ist, ferner daß eine Bindung, wie sie in § 15 Abs. 5 BVFG a.F. vorgesehen ist, nicht besteht. Die Beschwerde hat sich mit dieser Rechtsprechung nicht auseinandergesetzt und nicht dargetan, inwiefern die aufgeworfene Frage ungeachtet des Urteils vom 19. April 1994 weiterhin rechtsgrundsätzlicher Klärung bedarf.

4. Soweit in dem Beschwerdevorbringen, daß die Beklagte als „ausführende Behörde des Freistaates Bayern” aufgrund seiner Beiladung im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht Köln an dessen Entscheidung gebunden sei, die Rüge einer Verletzung des § 121 VwGO und damit eines Verfahrensmangels im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zu sehen sein sollte, ist sie bereits deshalb nicht schlüssig erhoben, weil sich die Bindung dieser Entscheidung nach dem Gesagten nicht auf die deutsche Volkszugehörigkeit erstreckt. Insoweit sieht der Senat auch unter Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens keinen Anlaß, von der erwähnten Rechtsprechung des 9. Senats abzuweichen.

5. Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 13 Abs. 1 GKG.

 

Unterschriften

Meyer, Mallmann, Gerhardt

 

Fundstellen

Dokument-Index HI567469

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