Entscheidungsstichwort (Thema)
Anspruch auf Verwendungszulage bei eindeutiger Zuordnung einer haushalterischen Planstelle zu einem konkreten Dienstposten
Normenkette
BBesG § 46 Abs. 1 S. 1 Fassung: 2002-08-06
Verfahrensgang
OVG Berlin-Brandenburg (Urteil vom 29.05.2019; Aktenzeichen OVG 4 B 33.14) |
VG Berlin (Urteil vom 05.06.2014; Aktenzeichen 5 K 48.11) |
Tenor
Die Beschwerde des Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg vom 29. Mai 2019 wird zurückgewiesen.
Der Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 21 312 € festgesetzt.
Gründe
Rz. 1
1. Der Kläger stand bis zu seiner Versetzung in den Ruhestand zum Ablauf des Juli 2017 im Dienst des Beklagten, zuletzt als Obersozialrat (Besoldungsgruppe A 14) bei einem Sozialamt. Er befand sich seit August 2007 in der aktiven Phase und seit August 2012 in der Freistellungsphase der Altersteilzeit mit einer Quote von 50 v.H. im Blockmodell, die mit Ablauf des Juli 2017 endete.
Rz. 2
Nachdem der ehemalige Leiter des Leistungs- und Verantwortungszentrums Soziales (im Folgenden: Amt für Soziales) des Bezirks, ein Magistratsdirektor der Besoldungsgruppe A 15, in die bis Ende Juni 2006 andauernde Freistellungsphase seiner Altersteilzeit eingetreten war, übertrug das Bezirksamt dem Kläger dessen Aufgaben ab Juli 2005 bis zu einer Nachbesetzung vorübergehend, ab dem 23. Dezember 2011 dauerhaft.
Rz. 3
Mit Schreiben vom April 2010 machte der Kläger die Zahlung einer Verwendungszulage für die Wahrnehmung der Aufgaben eines höherwertigen Amtes für die Zeit von Januar 2007 bis zum 22. Dezember 2011 geltend. Das Verwaltungsgericht hat das Klageverfahren eingestellt, soweit der Kläger die Klage auf Zahlung der Zulage für die Zeit vor dem Jahr 2008 zurückgenommen hat; es hat den Beklagten verpflichtet, die Zulage für den Zeitraum von Januar 2008 bis zum 22. Dezember 2011 anteilig entsprechend der Quote der bewilligten Altersteilzeit zu zahlen, und im Übrigen die Klage abgewiesen. Das Oberverwaltungsgericht hat auf die Berufung des Klägers das erstinstanzliche Urteil geändert, soweit darin das Verfahren nicht eingestellt worden ist, und das Verfahren eingestellt, soweit der Kläger die Klage hinsichtlich der Höhe des geltend gemachten Betrages teilweise zurückgenommen hat, sowie den Beklagten verpflichtet, die Zulage auch in der Freistellungsphase der Altersteilzeit anteilig zu gewähren. Die Berufung des Beklagten hat das Oberverwaltungsgericht zurückgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Der Kläger habe einen Anspruch auf Zahlung einer Verwendungszulage, weil ihm jedenfalls im geltend gemachten Zeitraum die Aufgaben eines mit der Besoldungsgruppe A 15 bewerteten und damit eines gegenüber dem innegehabten Statusamt höherwertigen Amtes vorübergehend vertretungsweise übertragen gewesen seien. Der Dienstposten "Leitung des Amtes für Soziales" sei der in den jeweils geltenden Bezirkshaushaltsplänen ausgewiesenen Planstelle der Besoldungsgruppe A 15 zugeordnet gewesen.
Rz. 4
2. Die Revision ist nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen.
Rz. 5
Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, wenn sie eine Frage des revisiblen Rechts von allgemeiner, über den Einzelfall hinausreichender Bedeutung aufwirft, die im konkreten Fall entscheidungserheblich ist. Ein derartiger Klärungsbedarf besteht nicht, wenn die Rechtsfrage bereits geklärt ist oder auf der Grundlage der bestehenden bundesgerichtlichen Rechtsprechung mit Hilfe der anerkannten Auslegungsregeln auch ohne Durchführung eines Revisionsverfahrens eindeutig beantwortet werden kann (stRspr, vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 24. Januar 2011 - 2 B 2.11 - NVwZ-RR 2011, 329 Rn. 4, vom 9. April 2014 - 2 B 107.13 - Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 2 VwGO Nr. 20 Rn. 9 und vom 20. Juni 2017 - 2 B 84.16 - juris Rn. 9).
Rz. 6
a) Die von der Beschwerde bezeichnete Frage,
"ist für die Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit im Sinne von § 46 des Bundesbesoldungsgesetzes in der Fassung vom 6. August 2002, der gemäß Art. 125a GG bis zum 30. Juni 2011 in Berlin fortgalt und aufgrund von § 1b Abs. 1 Nr. 1 des Landesbesoldungsgesetzes mit Wirkung vom 1. Juli 2011 in das Berliner Landesrecht überführt wurde (im folgenden § 46 BBesG Bln) die Ausweisung einer entsprechenden Stelle im Haushaltsplan ausreichend mit der Folge, dass ein entsprechender subjektiver Anspruch des den Dienstposten innehabenden Beamten auf die Zulagenzahlung besteht, oder ist darüber hinaus erforderlich, dass die Dienstpostenbewertung des konkret-funktionellen Amtes gemäß § 18 BBesG Bln eine Höherwertigkeit der Tätigkeit ergibt",
hat keine rechtsgrundsätzliche Bedeutung, weil sie sich im angestrebten Revisionsverfahren nicht stellen würde. Denn von der der Fragestellung zugrundeliegenden Annahme, für die Höherwertigkeit der Tätigkeit sei die Ausweisung einer entsprechenden Stelle im Haushaltsplan ausreichend, ist das Berufungsgericht gerade nicht ausgegangen. Entgegen der Beschwerde hat das Berufungsgericht nicht angenommen, dass für die Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit die "bloße" abstrakte Ausweisung einer entsprechenden Stelle im Haushaltsplan genügt. Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung darauf gestützt, dass der Dienstposten "Leitung des Amtes für Soziales" im streitgegenständlichen Zeitraum der in den jeweils geltenden Haushaltsplänen ausgewiesenen Planstelle der Besoldungsgruppe A 15 (Magistratsdirektor) ersichtlich zuzuordnen und dementsprechend zu bewerten gewesen sei. Zur Begründung hat es auf die Darlegungen des Verwaltungsgerichts gemäß § 130b Satz 1 VwGO Bezug genommen. Danach sei in den Haushaltsplänen für die Abteilung Soziales eine einzige Planstelle nach Besoldungsgruppe A 15 ausgebracht gewesen, bei der es sich neben der für den Bezirksstadtrat vorgesehenen Planstelle der Besoldungsgruppe B4 um die am höchsten bewertete Planstelle gehandelt habe. Dementsprechend sei im Stellenplan des Bezirks für den Bereich Soziales die Planstelle 3340/42201/B002, später 3910/42201/B001.2 eines Magistratsdirektors der Besoldungsgruppe A 15 geführt worden. Weiter habe die Abteilung Personal, Finanzen und Wirtschaftsförderung, Finanzservice, anlässlich der dauerhaften Übertragung des Dienstpostens an den Kläger im Dezember 2011 vermerkt, dass diese Stelle dem ihm übertragenen Aufgabengebiet "Leitung des Amtes für Soziales" zugehörig sei. Das Berufungsgericht hat der Neubewertung des Dienstpostens durch den Steuerungsdienst des Bezirksamtes und die Senatsverwaltung für Finanzen im Jahr 2010 keine entscheidungserhebliche Bedeutung beigemessen, weil der Haushaltsgesetzgeber die Abwertung nach Besoldungsgruppe A 14 im streitgegenständlichen Zeitraum nicht übernommen habe.
Rz. 7
b) Keine andere Beurteilung ist gerechtfertigt, wenn die von der Beschwerde formulierte Frage bei rechtsschutzfreundlicher Auslegung auf die Klärung abzielt, ob für das Tatbestandsmerkmal der Ausübung einer höherwertigen Tätigkeit im Sinne von § 46 Abs. 1 Satz 1 BBesG a.F. und § 46 Abs. 1 Satz 1 BBesG Bln erforderlich ist, dass eine Dienstpostenbewertung des konkret-funktionellen Amtes gemäß § 18 BBesG Bln eine Höherwertigkeit vorgibt. Diese Rechtsfrage ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geklärt.
Rz. 8
Anspruchsgrundlage für die Gewährung der begehrten Verwendungszulage ist § 46 Abs. 1 Satz 1 des Bundesbesoldungsgesetzes i.d.F. vom 6. August 2002 (BGBl. I S. 3022, BBesG a.F.), der gemäß Art. 125a Abs. 1 Satz 1 GG bis zum 30. Juni 2011 im Land Berlin fortgalt und durch Art. III § 1 Ziffer 3 des Zweiten Dienstrechtsänderungsgesetzes (2. DRÄndG) vom 21. Juni 2011 (GVBl. S. 266) mit Wirkung vom 1. Juli 2011 (vgl. Art. VI Abs. 1 2. DRÄndG) in das Landesbesoldungsgesetz überführt worden ist. Danach ist einem Beamten, dem die Aufgaben eines höherwertigen Amtes vorübergehend vertretungsweise übertragen werden, nach 18 Monaten der ununterbrochenen Wahrnehmung dieser Aufgaben eine Zulage zu gewähren, wenn in diesem Zeitpunkt die haushaltsrechtlichen und laufbahnrechtlichen Voraussetzungen für die Übertragung dieses Amtes vorliegen.
Rz. 9
Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats nimmt ein Beamter die Aufgaben eines höherwertigen Amtes im Sinne des § 46 Abs. 1 Satz 1 BBesG a.F. wahr, wenn der ihm vorübergehend vertretungsweise übertragene Dienstposten ausschließlich dem Statusamt einer höheren Besoldungsgruppe zugeordnet ist als das Statusamt des Beamten (vgl. BVerwG, Beschluss vom 23. Juni 2005 - 2 B 106.04 - NVwZ-RR 2005, 732 ≪733≫; Urteil vom 28. April 2011 - 2 C 27.10 - Buchholz 240 § 46 BBesG Nr. 5 Rn. 11). Die rechtliche Bewertung von Dienstposten, d.h. ihre Zuordnung zu statusrechtlichen Ämtern einer bestimmten Besoldungsgruppe, erfolgt im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben des Besoldungs- und des Haushaltsrechts durch den Dienstherrn gemäß dessen organisatorischer Gestaltungsfreiheit (vgl. BVerwG, Urteile vom 31. Mai 1990 - 2 C 16.89 - Buchholz 237.6 § 14 NdsLBG Nr. 1 S. 2, vom 28. November 1991 - 2 C 7.89 - Buchholz 237.7 § 28 NWLBG Nr. 9 S. 11, vom 22. Juli 1999 - 2 C 14.98 - Buchholz 237.2 § 12 BlnLBG Nr. 3 S. 5, vom 16. Oktober 2008 - 2 A 9.07 - BVerwGE 132, 110 Rn. 54, vom 30. Juni 2011 - 2 C 19.10 - BVerwGE 140, 83 Rn. 28 f., vom 20. Oktober 2016 - 2 A 2.14 - BVerwGE 156, 193 Rn. 18 f. und vom 1. August 2019 - 2 A 3.18 - Buchholz 240 § 18 BBesG Nr. 32 Rn. 22). Fehlt es an konkreten Vorgaben in spezialgesetzlichen, besoldungs- oder laufbahnrechtlichen Regelungen, ist der allgemeine Grundsatz der sachgerechten Bewertung gemäß § 18 Satz 1 BBesG zu beachten (vgl. BVerwG, Urteile vom 28. November 1991 - 2 C 7.89 - Buchholz 237.7 § 28 NWLBG Nr. 9 S. 11 f. und vom 23. Mai 2002 - 2 A 5.01 - Buchholz 240 § 18 BBesG Nr. 27 S. 2). Die nach dieser Maßgabe erforderliche Konkretisierung der Bewertung von Dienstposten bleibt dem Haushaltsrecht und erst in dessen Rahmen dem Organisationsermessen des Dienstherrn überlassen (vgl. BVerwG, Urteile vom 28. November 1991 - 2 C 7.89 - Buchholz 237.7 § 28 NWLBG Nr. 9 S. 11, vom 23. Mai 2002 - 2 A 5.01 - Buchholz 240 § 18 BBesG Nr. 27 S. 2, vom 20. Oktober 2016 - 2 A 2.14 - BVerwGE 156, 193 Rn. 19 und vom 1. August 2019 - 2 A 3.18 - Buchholz 240 § 18 BBesG Nr. 32 Rn. 22).
Rz. 10
Mit der im Haushaltsplan vorgesehenen Planstelle stellt der Haushaltsgesetzgeber die erforderlichen Finanzmittel zur Verfügung, um die Beamten zu besolden oder sonstige Leistungen zu erbringen. Darüber hinaus macht er deutlich, dass der jeweilige Aufgabenkreis als eine Amtsstelle ausgewiesen ist, deren Wahrnehmung durch einen Beamten dieses statusrechtlichen Amtes dauernd erforderlich ist. Damit haben die (haushaltsrechtlichen) Planstellen einen konkreten Bezug zu den bei den Verwaltungsträgern eingerichteten Dienstposten (vgl. Urteil vom 28. April 2005 - 2 C 29.04 - Buchholz 240 § 46 BBesG Nr. 3 S. 11 f.). Aufgrund dieser Konnexität kann auch ohne förmliche Dienstpostenbewertung der Exekutive die Zuordnung eines bestimmten Dienstpostens zu einer bestimmten Planstelle tatsächlich ohne Weiteres möglich sein (vgl. BVerwG, Urteil vom 25. September 2014 - 2 C 16.13 - BVerwGE 150, 216 Rn. 17). Dies gilt jedenfalls in den Fällen, in denen die betroffene Planstelle in dem die Behörde betreffenden Haushaltstitel nur einmal ausgebracht, somit leicht identifizierbar ist und aufgrund ihrer Wertigkeit nach der Behördenorganisation eindeutig einem nur einmal vorhandenen Dienstposten mit einer bestimmten Funktion zugeordnet werden kann. Die Entscheidung des Haushaltsgesetzgebers, im Haushaltsplan eine Planstelle, die einem Amt im konkret-funktionellen Sinne (Dienstposten) zweifelsfrei zuzuordnen ist, (weiter) zur Verfügung zu stellen und damit eine entsprechende Bewertung vorzunehmen, bindet die Exekutive.
Rz. 11
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 63 Abs. 2, § 40, § 47 Abs. 1 Satz 1 und § 42 Abs. 1 Satz 1 GKG.
Fundstellen
Dokument-Index HI13884758 |