Tenor
Der Antrag der Klägerin, ihr Prozesskostenhilfe zu bewilligen und einen Rechtsanwalt beizuordnen, wird abgelehnt.
Gründe
Die beantragte Prozesskostenhilfe war zu versagen, da die wirtschaftlichen Voraussetzungen nicht vorliegen. Nach § 116 Satz 1 Nr. 1 ZPO i.V.m. § 166 VwGO erhält eine Partei kraft Amtes auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die Kosten des Verfahrens aus der verwalteten Vermögensmasse nicht aufgebracht werden können und den am Gegenstand des Rechtsstreits wirtschaftlich Beteiligten nicht zuzumuten ist, die Kosten aufzubringen. Die Klägerin hat zum einen nicht hinreichend dargetan, zur Aufbringung der Verfahrenskosten außer Stande zu sein. Zum anderen ist den Insolvenzgläubigern als den am Gegenstand des Rechtsstreits wirtschaftlich Beteiligten die Aufbringung der Verfahrenskosten zumutbar.
Der Senat lässt die Frage offen, ob § 116 Satz 1 Nr. 1 ZPO die Bewilligung von Prozesskostenhilfe an den Insolvenzverwalter als den Regelfall ansieht. Den Gesetzesmaterialien sind zwar Hinweise auf den Willen des Gesetzgebers zu entnehmen, die Gewährung von Prozesskostenhilfe an die Partei kraft Amtes zu erleichtern und in einem weiteren Umfang als bisher zu ermöglichen. So bezeichnet der Gesetzentwurf die Gewährung von Prozesskostenhilfe an Konkursverwalter als Regel. Nur in Ausnahmefällen sei sie zu versagen, wenn die am Gegenstand des Rechtsstreits wirtschaftlich Beteiligten die Mittel aufbringen könnten und ihnen dies zuzumuten sei (Gesetzentwurf der Bundesregierung zu einem Gesetz über die Prozesskostenhilfe, BTDrucks 8/3068, S. 26). Der Gesetzentwurf ist jedoch im weiteren Gesetzgebungsverfahren in einer Weise umgestaltet worden, dass ein Verständnis als Regel-Ausnahme-Verhältnis Bedenken begegnen muss (vgl. BGH, Beschluss vom 24. März 1998, BGHZ 138, 188 ≪191 f.≫). Weitere Erwägungen hierzu erübrigen sich jedoch, weil die Darlegungen der Klägerin jedenfalls eine Bedürftigkeit im konkreten Fall nicht erkennen lassen.
1. Die Klägerin hat eine Bedürftigkeit zum maßgeblichen Zeitpunkt der Fälligkeit der Verfahrenskosten nicht hinreichend dargetan. Die Prognose der Klägerin, zum Zeitpunkt der Fälligkeit der Verfahrenskosten sei nicht genügend freie Masse zu deren Bestreitung vorhanden, ist nicht nachvollziehbar.
Zwar hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 2. Mai 2005 gegenüber dem Amtsgericht Rostock die Masseunzulänglichkeit gemäß § 208 Abs. 1 InsO angezeigt und damit bekundet, nicht alle fälligen sonstigen Masseverbindlichkeiten, zu denen die Kosten der vom Insolvenzverwalter geführten Masseverfahren gehören, bestreiten zu können. Reichen die vorhandenen Mittel nicht aus, alle Masseverfahren zu bestreiten, ist damit regelmäßig auch die Bedürftigkeit im Sinne des § 116 ZPO für einen Masseprozess indiziert (vgl. BAG, Beschluss vom 28. April 2003, ZIP 2003, 1947 f.; Beschluss vom 8. Mai 2003, ZInsO 2003, 722; BGH, Beschluss vom 14. Juli 2005, ZIP 2005, 1519). Allerdings bleibt stets im Einzelfall zu prüfen, ob für erst in der Zukunft fällig werdende Masseverbindlichkeiten ebenfalls keine freien Mittel zur Verfügung stünden (OLG Stuttgart, Beschluss vom 20. Februar 2004, MDR 2004, 1205 ≪1206≫; OLG Köln, Beschluss vom 10. September 2002, ZInsO 2003, 85).
Zunächst bleibt darauf hinzuweisen, dass die Gerichtskosten nach Maßgabe der hier anzuwendenden alten Fassung des Gerichtskostengesetzes (§ 72 Nr. 1 GKG) frühestens mit einer verfahrensbeendenden Entscheidung des Senats fällig werden können. Dies gilt ebenso für die Anwaltskosten (§ 8 RVG). Eine aktuelle Masseunzulänglichkeit indiziert damit noch nicht die Bedürftigkeit hinsichtlich dieser Kosten. Zwar mag es zutreffen, dass zur Zeit der Antragstellung lediglich Barmittel im Umfang von rund 6 000 EUR vorhanden waren. Im Eröffnungsgutachten vom 19. April 2005, auf das die Klägerin im Antrag Bezug nimmt, beziffert sie die zu erwartende freie Masse jedoch auf rund 86 000 EUR, wovon zunächst nur die Kosten des Insolvenzverfahrens in Höhe von rund 35 000 EUR abzuziehen sind. Damit verbleibt ein Überschuss von 51 000 EUR, der zur Finanzierung der sonstigen Masseverbindlichkeiten ausreichen sollte. Dem kann die Klägerin auch nicht mit dem pauschalen Hinweis begegnen, dass zahlreiche der Aktivposten entweder noch nicht durchgesetzt sind oder aber deren Durchsetzbarkeit als zweifelhaft erscheint. Diese Erwägungen hat sie bereits im Eröffnungsgutachten angestellt und deshalb die zu erzielenden Erlöse für die Grundstücke ohnehin mit 0 EUR angesetzt. Der tatsächlich erzielte Erlös aus der Veräußerung der Geschäftsausstattung in R., der über dem Ansatz im Eröffnungsgutachten liegt, zeigt auch deutlich, mit welcher Vorsicht die einzelnen Massepositionen angenommen wurden. Ihre nochmalige Abwertung erscheint deshalb nicht angebracht. Geht man mit dem Eröffnungsgutachten von einem zeitlich absehbaren Zufluss erheblicher Mittel aus, spricht nichts dafür, weshalb bei Fälligkeit der Kosten keine ausreichende Masse vorhanden sein sollte. Denn ausgehend von einem Streitwert von 23 000 EUR entstehen lediglich Gerichtskosten von etwa 1 700 EUR und Kosten für den Prozessbevollmächtigten von etwa 2 600 EUR. Ob die Kosten des Gegners und der Beigeladenen in die Betrachtung der abzudeckenden Kosten einzustellen sind (dagegen etwa OLG Köln, Urteil vom 12. März 2004, ZInsO 2004, 1081), mag dahinstehen. Denn sowohl Beklagter als auch Beigeladene sind nicht anwaltlich vertreten, weshalb bei ihnen allenfalls Fahrtkosten anfallen werden. Insgesamt blieben damit Verfahrenskosten von etwa 4 300 EUR für die Instanz abzudecken, die nur einen Bruchteil des erwarteten Massezuflusses darstellen.
2. Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe setzt nach § 116 Satz 1 Nr. 1 ZPO weiterhin voraus, dass die Aufbringung der Verfahrenskosten den am Gegenstand des Rechtsstreits wirtschaftlich Beteiligten nicht zuzumuten ist. Da die Verfahrenskosten hier frühestens mit Abschluss der Instanz fällig werden, geht es allein um eine Übernahme des Kostenrisikos, nicht hingegen die Zahlung eines Kostenvorschusses. Zumindest einem Teil der Insolvenzgläubiger ist die Übernahme des Kostenrisikos zumutbar.
Die Klägerin trägt hierzu nur unsubstantiiert vor, die Finanzierung sei den Insolvenzgläubigern nicht zumutbar. In Betracht kämen nur die Finanzämter L. und P., die Hansestadt R., die Stadtfinanzkasse L., die S. GmbH und die W. mbH. Eine Kostenübernahme scheide aus, weil jedenfalls nicht mit der erforderlichen Sicherheit ein auf diese Gläubiger entfallender Betrag für den Fall der erfolgreichen Durchführung des Verfahrens errechnet werden könne. Der Wert des hier anhängigen Streitgegenstandes sei rechnerisch nicht mit der erforderlichen Sicherheit ermittelbar. Demgemäß könne nicht festgestellt bzw. prognostiziert werden, ob und in welcher Höhe sich die Position der Gläubiger durch das Verfahren verbessern würde.
Dieses Vorbringen greift nicht durch. Da es nach der Veräußerung des Grundstücks nur noch um eine Erlösauskehr geht, ist der wirtschaftliche Wert des Streitgegenstandes auf den im Investitionsvorrangverfahren erzielten Kaufpreis von 45 000 DM zu beziffern. Geht man ferner mit dem Eröffnungsgutachten vom 19. April 2005 davon aus, dass für die Kosten des Insolvenzverfahrens und die sonstigen Masseverbindlichkeiten ausreichend freie Masse zur Verfügung steht, so wird die in diesem Verfahren durchgesetzte Forderung den Insolvenzgläubigern in vollem Umfang zugute kommen und damit zu einer Erhöhung der Quote führen.
Auch scheiden die dem öffentlichen Bereich zuzuordnenden Insolvenzgläubiger nicht von vornherein als zur Kostenaufbringung Berufene i.S.d. § 116 Satz 1 Nr. 1 ZPO aus. In der Rechtsprechung ist mittlerweile geklärt, dass zu den am Gegenstand des Rechtsstreits wirtschaftlich Beteiligten auch die Finanzbehörden gehören können. Durch die Abschaffung der noch in § 61 KO vorgesehenen Rangfolge der Gläubiger kommt den Ansprüchen der öffentlichen Hand gleicher Rang wie den übrigen Insolvenzforderungen zu. Die Eigenart öffentlich-rechtlicher Gläubiger steht einer Einordnung als wirtschaftlich Beteiligte ebenfalls nicht entgegen. Insbesondere vermag der Hinweis, im Haushalt seien für die Durchsetzung von Ansprüchen keine Titel vorgesehen, nicht zu überzeugen. Denn haushaltsrechtlich steht der Schaffung solcher Titel jedenfalls nichts entgegen (vgl. BGH, Beschluss vom 24. März 1998, a.a.O. ≪194≫; OLG Nürnberg, Beschluss vom 30. November 2004, MDR 2005, 589; OLG Hamburg, Beschluss vom 19. Oktober 2004 – 6 W 81/04 – juris).
Die Zumutbarkeit der Kostenaufbringung ist anhand einer Gegenüberstellung der Kosten des Verfahrens und der möglichen Vorteile für die Gläubiger zu beurteilen. Ein Beitrag erscheint zumutbar, wenn der Insolvenzgläubiger die benötigten Mittel unschwer aufbringen kann und der zu erwartende Nutzen bei vernünftiger Betrachtung unter Beachtung des Prozessrisikos voraussichtlich deutlich größer sein wird als die aufzubringenden Kosten (OLG Nürnberg, Beschluss vom 30. November 2004, a.a.O. m.w.N.; KG, Beschluss vom 30. Oktober 2003, ZInsO 2004, 90). Hiervon kann ausgegangen werden, wenn im Fall eines Obsiegens die Forderung des Gläubigers zumindest teilweise befriedigt wird und der zu erwartende Massezuwachs jedenfalls deutlich über den Verfahrenskosten liegt (vgl. OLG Dresden, Beschluss vom 27. September 2002, WM 2004, 994 ≪995≫; OLG Köln, Beschluss vom 10. September 2002, WM 2003, 1031 ≪1032≫; KG, Beschluss vom 7. Januar 2005 – 14 W 51/04 – juris; BAG, Beschluss vom 28. April 2003, a.a.O. ≪1948≫). Gläubiger kleinerer Forderungen werden regelmäßig ebenso wenig zur Aufbringung der Kosten heranzuziehen sein, wie solche, deren Forderungen wegen vorrangiger Ansprüche keine Befriedigung fänden (BFH, Beschluss vom 9. Dezember 2004, Rpfleger 2005, 319).
Bei Anlegung dieses Maßstabs kommen mehrere der im Eröffnungsgutachten vom 19. April 2005 aufgeführten Insolvenzgläubiger für einen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens in Betracht. Zu nennen ist die R. GmbH in F., die die Forderung der L. Hypothekenbank AG im Umfang von rund 307 000 EUR erworben hat. Zwar wurde zur Absicherung dieser Forderung am Grundstück M.straße 19 in L. an erster Rangstelle eine Grundschuld bestellt. Da der Verkehrswert des Grundstücks aber nur auf 256 000 EUR geschätzt wird, die Klägerin sogar nur von einem zu erzielenden Erlös von 120 000 EUR ausgeht, wird die Forderung der GmbH trotz der Möglichkeit einer abgesonderten Befriedigung (§ 49 InsO) weitgehend ausfallen. Ebenso verhält es sich mit den Ansprüchen der Hansestadt R. – Amt für Controlling, Finanzen und Steuern – in Höhe von rund 101 000 EUR sowie der Finanzämter L. II und P. von jeweils etwa 30 000 EUR, für die augenscheinlich keinerlei Sicherheiten begeben wurden. Diese Gläubiger vereinen fast vier Fünftel der Gesamtforderungen.
Die zu erwartenden Verfahrenskosten können von diesen fünf Gläubigern unschwer anteilig übernommen werden. Mit einem Betrag von etwa 4 300 EUR stehen sie auch nicht außer Verhältnis zu dem begehrten Veräußerungserlös von 23 008 EUR. Auf die Bereitschaft der am Rechtsstreit wirtschaftlich Beteiligten, zur Finanzierung der Prozesskosten beizutragen, kommt es dabei nicht an. Die Zumutbarkeit entfällt allein dann, wenn ihre Forderungen vom Insolvenzverwalter bestritten werden oder keine Verbesserung ihrer Befriedigungschancen zu erwarten ist. Der Gesetzgeber nähme es anderenfalls in Kauf, dass Prozesse unterbleiben müssten, weil die zur Kostenaufbringung berufenen Beteiligten diese verweigern (BGH, Beschluss vom 24. März 1998, a.a.O. ≪193 f.≫).
Unterschriften
Gödel, Dr. Pagenkopf, Dr. von Heimburg
Fundstellen