Verfahrensgang
VG Leipzig (Aktenzeichen 3 K 1882/96) |
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Leipzig vom 31. Mai 1999 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 500 000 DM festgesetzt.
Gründe
Der Kläger beansprucht aufgrund der Vorschriften des Vermögensgesetzes (VermG) die Restitution eines mit einem Einfamilienhaus bebauten Grundstücks, das als Kindergarten genutzt wird. Das Verwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen, weil die Rückübertragung nach § 5 Abs. 1 Buchst. a VermG ausgeschlossen sei. Auch die Beschwerde, mit der der Kläger die Zulassung der Revision erreichen möchte, hat keinen Erfolg. Die geltend gemachten Revisionszulassungsgründe liegen nicht vor.
1. Der Kläger wirft folgende als grundsätzlich bedeutsam und klärungsbedürftig (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) bezeichnete Frage auf:
„Ist § 5 Abs. 1 Buchst. a VermG dahin gehend auszulegen, daß der erhebliche bauliche Aufwand Voraussetzung für die Veränderung der Nutzungsart oder Zweckbestimmung des restitutionsbelasteten Grundstücks oder Gebäudes ist?”
Nach seiner Ansicht muß die Vorschrift schon wegen ihres Wortlauts in diesem Sinne ausgelegt werden. Infolgedessen sei im vorliegenden Fall der Restitutionsausschlußtatbestand des § 5 Abs. 1 Buchst. a VermG nicht erfüllt, weil das umstrittene Grundstück nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts bereits seit 1953 als Kindergarten genutzt werde, die entsprechenden Umbauarbeiten aber erst in den Jahren 1961 und 1986 bis 1989 durchgeführt worden seien.
Die aufgeworfene Frage kann die Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO nicht rechtfertigen, denn sie ist – entgegen der Rechtsauffassung des Klägers – in Anbetracht des Sinns und Zwecks des § 5 Abs. 1 Buchst. a VermG und der hierzu ergangenen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ohne weiteres zu verneinen. Gemäß § 5 Abs. 1 Buchst. a VermG ist die Rückübertragung von Eigentumsrechten an Grundstücken oder Gebäuden ausgeschlossen, wenn das jeweilige Grundstück oder Gebäude mit erheblichem baulichen Aufwand in seiner Nutzungsart oder Zweckbestimmung verändert wurde und ein öffentliches Interesse an dieser Nutzung besteht. Der Vorschrift liegt nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. zuletzt Urteil vom 20. Dezember 1999 – BVerwG 7 C 34.98 – m.w.N.) ebenso wie den nachfolgenden Restitutionsausschlußtatbeständen in § 5 Abs. 1 Buchst. c bis d VermG die Absicht des Gesetzgebers zugrunde, bestimmte tatsächliche oder rechtliche Veränderungen der Nutzungsart oder Zweckbestimmung eines entzogenen Grundstücks oder Gebäudes, an deren Aufrechterhaltung ein überwiegendes öffentliches Interesse besteht, nicht durch die Wiederbegründung der früheren Eigentumsverhältnisse in Frage zu stellen. Sie erfaßt nach Art eines Auffangtatbestandes solche Grundstücke oder Gebäude, an deren geänderter Nutzung gerade im Hinblick auf dafür getätigte bauliche Investitionen ein gesteigertes öffentliches Interesse besteht (Urteil vom 30. November 1995 – BVerwG 7 C 55.94 – BVerwGE 100, 70 ≪75 f.≫ = Buchholz 428 § 5 VermG Nr. 5 S. 8). Geschützt ist mithin nicht die geänderte Nutzung um ihrer selbst willen, sondern im Blick auf den dafür betriebenen Aufwand; dieser Aufwand soll nicht wegen der Rückgabe der Immobilie nutzlos werden, sofern diese eine ihrer gegenwärtigen Nutzung entsprechende bauliche Prägung erfahren hat. Aus diesem Grund dürfen bei der Anwendung des § 5 Abs. 1 Buchst. a VermG nur solche Baumaßnahmen restitutionshindernd berücksichtigt werden, mit denen die Immobilie ihrem neuen Zweck angepaßt wurde (Urteil vom 30. November 1995 – BVerwG 7 C 55.94 – a.a.O. S. 72 bzw. S. 5). Dagegen setzt die Vorschrift wegen ihres auf die Aufrechterhaltung des status quo gerichteten Schutzzwecks nicht voraus, daß die Baumaßnahmen bereits vor der Änderung der Nutzungsart oder Zweckbestimmung der Immobilie oder gleichzeitig mit dieser Änderung durchgeführt wurden, weil die neue Nutzung anders nicht zu verwirklichen gewesen wäre. Der Wortlaut der Vorschrift steht dieser Auslegung nicht entgegen; er verlangt nur, daß die Änderung der Nutzungsart oder Zweckbestimmung von einem erheblichen baulichen Aufwand begleitet war.
2. Das Urteil des Verwaltungsgerichts leidet auch nicht an dem Verfahrensmangel der unzureichenden Sachverhaltsaufklärung (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 i.V.m. § 86 Abs. 1 VwGO).
Entgegen der Ansicht des Klägers war das Verwaltungsgericht nicht verpflichtet, ein Sachverständigengutachten zu der Frage einzuholen, inwieweit die von der Beigeladenen durch die Vorlage von Rechnungen nachgewiesenen Kosten für bauliche Maßnahmen durch die Umwidmung des umstrittenen Grundstücks zu einem Kindergarten bedingt waren. Da der Prozeßbevollmächtigte des Klägers in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht einen entsprechenden Beweisantrag nicht gestellt hat, läge eine Verletzung der gerichtlichen Pflicht zur Sachverhaltsaufklärung nur dann vor, wenn sich dem Verwaltungsgericht die Notwendigkeit der Überprüfung der Rechnungen durch einen Sachverständigen hätte aufdrängen müssen. Dies trifft nicht zu. Das Verwaltungsgericht hat in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des beschließenden Senats (Urteil vom 30. November 1995 – BVerwG 7 C 55.94 – a.a.O. S. 73 bzw. S. 6) die Höhe der entstandenen Kosten nur als ein Indiz unter mehreren für einen erheblichen baulichen Aufwand im Sinne von § 5 Abs. 1 Buchst. a VermG angesehen. Infolgedessen kam es ihm auf eine genaue Kenntnis der Kosten nicht an; entscheidungserheblich war aus seiner Sicht lediglich die Feststellung, daß die entstandenen Kosten in die Nähe des Werts des Einfamilienhauses reichten, den es mit 42 400 M angesetzt hat. Nach einer bei den Gerichtsakten (Bl. 90) befindlichen Schätzung vom 15. April 1987 sollten die Kosten für den Umbau und die Erweiterung des Wintergartens zu einem Sanitärraum 40 000 M betragen. Diese Schätzung wurde nach der vom Verwaltungsgericht vorgenommenen überschlägigen Prüfung der Rechnungen, die keine besondere Sachkunde erforderte, durch Rechnungspositionen in einer Gesamthöhe von ca. 35 800 M bestätigt. Hinzu kamen die Kosten für die Verstärkung der Decken im Jahre 1961, die das Verwaltungsgericht unwidersprochen mit 4 700 M beziffert hat, und weitere nicht bezifferte Kosten für kleinere bauliche Veränderungen innerhalb des Gebäudes. Unter diesen Umständen durfte das Verwaltungsgericht auch ohne eine detaillierte Rechnungsprüfung durch einen Sachverständigen von kindergartenspezifischen Baukosten in der von ihm vorausgesetzten Größenordnung ausgehen.
Aus ähnlichen Gründen war das Verwaltungsgericht auch nicht zu einer Ortsbesichtigung verpflichtet. Der Prozeßbevollmächtigte des Klägers hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht die Einnahme des Augenscheins nicht förmlich beantragt, sondern nur angeregt. Das Verwaltungsgericht brauchte dieser Anregung nicht zu folgen, weil es sich aufgrund des Vortrags der Beteiligten und der von der Beigeladenen vorgelegten Fotografien ein zur Entscheidung des Rechtsstreits ausreichendes Bild über die vorgenommenen baulichen Veränderungen machen konnte.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO; die Streitwertfestsetzung beruht auf § 14 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3, § 13 Abs. 1 Satz 1 GKG.
Unterschriften
Dr. Franßen, Dr. Bardenhewer, Herbert
Fundstellen