Tenor
Die Anhörungsrüge der Klägerin vom 21. Februar 2015 gegen den Beschluss des Senats vom 4. November 2014 – BVerwG 8 B 70.13 – wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Rügeverfahrens.
Gründe
Rz. 1
Die Anhörungsrüge bleibt gemäß § 152a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 VwGO ohne Erfolg. Dabei kann offen bleiben, ob die am 23. Februar 2015 per Telefax eingegangene Rügeschrift die Zwei-Wochen-Frist gemäß § 152a Abs. 2 Satz 1 VwGO wahrt. Insbesondere muss nicht geklärt werden, ob der Vortrag zur verspäteten Kenntnis vom angegriffenen, bereits am 10. November 2014 an den Prozessbevollmächtigten der Klägerin zur Post gegebenen und nicht als unzustellbar an das Gericht zurückgelangten Beschluss den Anforderungen an eine Glaubhaftmachung gemäß § 152a Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 VwGO genügt. Die Anhörungsrüge ist jedenfalls nicht begründet, weil der angegriffene Beschluss den Anspruch der Klägerin auf rechtliches Gehör gemäß Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO nicht in entscheidungserheblicher Weise verletzt.
Rz. 2
Die Gewährleistung rechtlichen Gehörs verpflichtet das Gericht, rechtlich erhebliches Vorbringen der Beteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 17. November 1992 – 1 BvR 168, 1509/89 und 638, 639/90 – BVerfGE 87, 363, 392 m.w.N.; BVerwG, Urteile vom 29. November 1985 – 9 C 49.85 – Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 177 m.w.N. und vom 20. November 1995 – 4 C 10.95 – Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 267 S. 22 f.). Das Gericht ist aber nicht verpflichtet, auf sämtliche Tatsachen und Rechtsansichten einzugehen, die im Laufe des Verfahrens von der einen oder anderen Seite zur Sprache gebracht worden sind. Nur wenn es auf den wesentlichen Kern des Tatsachenvorbringens einer Partei zu einer Frage, die nach seiner eigenen Einschätzung für den Prozessausgang von zentraler Bedeutung ist, in den Entscheidungsgründen nicht eingeht, so lässt dies darauf schließen, dass es dieses Vorbringen nicht berücksichtigt hat (Urteil vom 20. November 1995 a.a.O. S. 23 m.w.N.). Solche Umstände sind nicht zu erkennen.
Rz. 3
Bei der Entscheidung über die Nichtzulassungsbeschwerde ist der Senat davon ausgegangen, dass das verwaltungsgerichtliche Urteil auf zwei jeweils selbständig tragenden Erwägungen beruht, sodass die Beschwerde nur Erfolg haben konnte, wenn bezüglich beider selbständig tragender Erwägungen ein Zulassungsgrund fristgerecht wirksam geltend gemacht wurde und vorlag. Dies hat der Senat verneint (vgl. Rn. 2 des angegriffenen Beschlusses). Seine Annahme, bezüglich der selbständig tragenden Erwägung der Verwirkung des vermögensrechtlichen Anspruchs sei kein Zulassungsgrund gegeben, beruht nicht auf einer Verletzung des Rechts der Klägerin auf rechtliches Gehör. Der Senat hat das Beschwerdevorbringen zu den rechtlichen wie zu den tatsächlichen Voraussetzungen einer Verwirkung berücksichtigt. Dabei ist er, entgegen dem Rügevorbringen, auch auf die materiell-rechtlichen Einwände der Klägerin gegen die Annahme einer Verwirkung eingegangen. Einen Zulassungsgrund vermochte er insoweit nicht zu erkennen, weil weder die Anforderungen an die Darlegung einer grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache noch an die Darlegung einer Divergenz fristgerecht erfüllt waren (vgl. Rn. 3 f. des angegriffenen Beschlusses und die in Rn. 3 in Bezug genommene Rn. 15 des im Prozesskostenhilfeverfahren ergangenen Beschlusses vom 2. September 2014). Bei der Prüfung der Verfahrensrüge musste auf die materiell-rechtlichen Einwände nicht eingegangen werden, weil mit dieser Rüge nur Verstöße gegen Verfahrensnormen geltend zu machen sind. Dass eine nach § 133 Abs. 3 Satz 1 und 3 VwGO fristgerechte und ordnungsgemäß substantiierte Darlegung eines bestimmten Verfahrensverstoßes im Beschwerdeverfahren übersehen worden wäre, ist der Begründung der Anhörungsrüge nicht zu entnehmen. Ihr Vorwurf, das Verwaltungsgericht habe den Sachverhalt weder gewürdigt noch Beweise erhoben, sondern die Voraussetzungen der Verwirkung unterstellt, rügt keine Gehörsverletzung im Beschwerdeverfahren, sondern (angebliche) Verfahrensmängel des verwaltungsgerichtlichen Urteils.
Rz. 4
Das Verneinen eines Revisionszulassungsgrundes bezüglich der Erwägung der Verwirkung hat danach Bestand. Da diese Erwägung das verwaltungsgerichtliche Urteil selbständig trägt, kommt es auf die Gehörsrügen bezüglich der zweiten, ebenfalls selbständig tragenden verwaltungsgerichtlichen Erwägung zur Rücknahme des vermögensrechtlichen Antrags nicht mehr an. Auch diesbezüglich ist im Übrigen der Vorwurf, wesentliches Beschwerdevorbringen der Klägerin sei übergangen worden, nicht berechtigt.
Rz. 5
Der angegriffene Beschluss setzt sich mit dem Vorbringen gegen die verwaltungsgerichtliche Annahme einer wirksamen Rücknahmeerklärung auseinander und führt aus, dass auch insoweit keine fristgerecht substantiierte Grundsatzoder Divergenzrüge erhoben wurde (vgl. Rn. 3 f. des angegriffenen Beschlusses und die in Rn. 3 in Bezug genommenen Rn. 3 bis 6 des Beschlusses vom 2. September 2014). Soweit die Klägerin zu Randnummer 5 des Beschlusses vom 2. September 2014 beanstandet, der Senat habe die verwaltungsgerichtlichen Feststellungen zur Unterzeichnung der Rücknahmeerklärung missverstanden und sehe sich zu Unrecht an unzutreffende Sachverhaltsannahmen gebunden, rügt sie keine Verletzung des Rechts auf rechtliches Gehör, sondern einen Verstoß gegen § 137 Abs. 2 VwGO. Ihr Einwand, das Verwaltungsgericht habe die Frage der Blankounterzeichnung auf Seite 14 der Entscheidungsgründe seines Urteils offen gelassen, vernachlässigt außerdem die nachfolgenden Ausführungen auf Seite 16 f. des Urteils. Dort wird im Einzelnen erläutert, dass und weshalb das Verwaltungsgericht dem klägerischen Vortrag, die Unterschriften seien durch Täuschung erschlichen worden, nicht gefolgt ist. Die Frage, ob die Unterschriften blanko geleistet wurden, erklärt die Klägerin überdies selbst für unerheblich.
Rz. 6
Aus dem Rügevorbringen ergibt sich schließlich nicht, dass der Senat bei der Behandlung der Verfahrensrügen bezüglich der Feststellungen zur Rücknahme (vgl. Rn. 5 f. des angegriffenen Beschlusses) nach seiner Rechtsauffassung entscheidungserhebliches Vorbringen der Klägerin unberücksichtigt gelassen hätte. Mit ihrer Kritik an den in der Beschwerdeentscheidung ergänzend in Bezug genommenen Randnummern 9 bis 12 und 14 des vorangegangenen Beschlusses vom 2. September 2014 wiederholt sie im Wesentlichen ihre Angriffe gegen die verwaltungsgerichtliche Sachverhalts- und Beweiswürdigung und trägt vor, der Senat hätte bei zutreffender Berücksichtigung des klägerischen Beschwerdevorbringens im Sinne der Klägerin entscheiden müssen. Dabei übersieht sie, dass der Prüfung von Verfahrensmängeln stets die materiellrechtliche Rechtsauffassung der Vorinstanz zu Grunde zu legen ist und dass nur fristgerecht substantiierte Rügen zum Erfolg führen können. Das Beschwerdeverfahren hat keine umfassende Richtigkeitsprüfung der vorinstanzlichen Entscheidung zum Gegenstand, sondern nur die Klärung prozessordnungsgemäß geltend gemachter Revisionszulassungsgründe. Dass die Beschwerdeentscheidung bei der Würdigung des fristgerechten Vorbringens gegen das verwaltungsgerichtliche Verfahren zu anderen als den von der Klägerin für richtig gehaltenen Ergebnissen gelangt, belegt kein Übergehen wesentlichen Beschwerdevortrags. Die Gewährleistung rechtlichen Gehörs verpflichtet dazu, das klägerische Vorbringen zur Kenntnis zu nehmen und zu berücksichtigen, nicht jedoch dazu, ihm auch zu folgen.
Rz. 7
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO.
Unterschriften
Dr. Christ, Dr. Held-Daab, Dr. Rublack
Fundstellen