Verfahrensgang
Bayerischer VGH (Urteil vom 19.01.2004; Aktenzeichen 21 B 00.2569) |
Tenor
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 19. Januar 2004 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 15 000 € festgesetzt.
Gründe
Die allein auf den Gesichtspunkt der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg. Das Beschwerdevorbringen rechtfertigt nicht die Zulassung der Revision.
Grundsätzliche Bedeutung kommt einer Rechtssache nur zu, wenn zu erwarten ist, dass die Entscheidung im künftigen Revisionsverfahren dazu dienen kann, die Rechtseinheit in ihrem Bestand zu erhalten oder die Weiterentwicklung des Rechts zu fördern (Beschluss vom 2. Oktober 1961 – BVerwG 8 B 78.61 – BVerwGE 13, 90 ≪91≫). Das Darlegungserfordernis des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO setzt insoweit die Formulierung einer bestimmten, höchstrichterlich noch ungeklärten und für die Revisionsentscheidung erheblichen Rechtsfrage des revisiblen Rechts und außerdem die Angabe voraus, worin die allgemeine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung bestehen soll. Diesen Voraussetzungen genügt die Beschwerdebegründung nicht.
a) Die Beschwerde hält die “Frage der Verfassungsmäßigkeit des Art. 31 Abs. 2 BayRDG” für klärungsbedürftig. Sie ist der Auffassung, die Vorschrift verstoße gegen Art. 12 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG).
Damit ist die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache nicht den gesetzlichen Anforderungen entsprechend dargelegt. Die Beschwerde setzt sich nicht damit auseinander, dass es sich bei Art. 31 Abs. 2 BayRDG um eine Übergangsvorschrift handelt. Entsprechend dem Zweck der Grundsatzrevision, eine für die Zukunft richtungweisende gesetzliche Klärung herbeizuführen, rechtfertigen nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts Rechtsfragen, die sich nur aufgrund von ausgelaufenem Recht oder Übergangsrecht stellen, regelmäßig nicht die Zulassung der Grundsatzrevision (vgl. z.B. Beschlüsse vom 9. Juni 2000 – BVerwG 4 B 19.00 – juris und vom 23. Januar 2003 – BVerwG 1 B 467.02 – Buchholz 402.240 § 102a AuslG Nr. 1). Eine Ausnahme ist anerkannt, wenn die aufgeworfene Rechtsfrage noch für einen nicht überschaubaren Personenkreis in nicht absehbarer Zukunft von Bedeutung ist. Dass dies vorliegend der Fall ist, hat die Klägerin weder dargelegt noch ist hierfür etwas ersichtlich. Die nach altem Recht für die Dauer von höchstens sechs Jahren zu erteilenden Genehmigungen (vgl. Art. 9 Abs. 3 BayRDG 1990) sind zwischenzeitlich ausgelaufen, so dass eine Anwendbarkeit der Übergangsvorschrift des Art. 31 Abs. 2 BayRDG auf zukünftige Fälle nicht mehr in Betracht kommt.
b) Die Beschwerde hält ferner die “Frage der Vereinbarkeit des Art. 19 Abs. 1 BayRDG i.V.m. Art. 18 BayRDG mit Art. 12 Abs. 1 GG” für grundsätzlich bedeutsam. Das Bayerische Rettungsdienstgesetz ist irrevisibles Landesrecht, dessen Nachprüfung dem Revisionsgericht versagt ist (§ 137 Abs. 1 VwGO). Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts vermag die Nichtbeachtung von Bundesrecht bei der Auslegung und Anwendung von Landesrecht die Zulassung der Revision allenfalls dann zu begründen, wenn die Auslegung der bundesrechtlichen Norm ihrerseits ungeklärte Fragen von grundsätzlicher Bedeutung aufwirft. Wird eine Vorschrift des Landesrechts als bundesverfassungsrechtlich bedenklich angesehen, ist im Einzelnen darzulegen, gegen welche verfassungsrechtliche Norm verstoßen wird und ob sich bei der Auslegung dieser bundesrechtlichen Bestimmung Fragen grundsätzlicher Bedeutung stellen, die sich nicht aufgrund bisherigen oberstgerichtlicher Rechtsprechung – insbesondere des Bundesverwaltungsgerichts – beantworten lassen (vgl. z.B. BVerwG, Beschlüsse vom 9. Oktober 1997 – BVerwG 6 B 42.97 – Buchholz 406.39 Denkmalschutzrecht Nr. 8 und vom 27. August 2003 – BVerwG 6 B 53.03 – Buchholz 422.2 Rundfunkrecht Nr. 38).
Diese Voraussetzungen erfüllt die Beschwerdebegründung nicht. Die von der Klägerin sinngemäß aufgeworfene verfassungsrechtliche Frage, ob die Errichtung eines Verwaltungsmonopols im Bereich der Notfallrettung und die bevorzugte Übertragung der Durchführung des Rettungsdienstes auf bestimmte Hilfsorganisationen die Berufsfreiheit privater Rettungsunternehmer aus Art. 12 Abs. 1 GG verletzt, ist nicht von grundsätzlicher Bedeutung. Denn sie ist bereits durch die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geklärt. Der erkennende Senat hat bereits entschieden, dass die Erklärung der Notfallrettung zur Ordnungsaufgabe und ihre Zuweisung an die staatliche Feuerwehr in § 5 Abs. 1 des Berliner Rettungsdienstgesetzes nicht gegen Art. 12 Abs. 1 GG verstoße (BVerwG, Urteil vom 3. November 1994 – BVerwG 3 C 17.92 – BVerwGE 97, 79 ≪84≫). Zwar sei für private Unternehmer die Verstaatlichung einer Tätigkeit durch Schaffung eines Verwaltungsmonopols die schärfste Form ihrer Beschränkung. Die Erklärung der Notfallrettung zur hoheitlichen Aufgabe sei aber unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes zum Schutze eines überragend wichtigen Gemeinschaftsguts – unmittelbar bedrohten Lebens und bedrohter Gesundheit – nach Art. 12 Abs. 1 GG gerechtfertigt. Der Senat hat es im Hinblick auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit unbeanstandet gelassen, wenn der Landesgesetzgeber im Rahmen seiner Einschätzungsprärogative davon ausgehe, dass Private im freien Wettbewerb die Aufgabe der Notfallrettung nicht mit der gleichen Wirksamkeit bedarfsgerecht erfüllen wie die öffentliche Hand oder die von dieser beauftragten Hilfsorganisationen (vgl. BVerwGE 97, 79 ≪85≫). Soweit die Klägerin in diesem Zusammenhang geltend macht, es sei in der Rechtsprechung nicht geklärt, ob dem Gesetzgeber bei der Festlegung objektiver Berufszulassungsregelungen ein Prognosespielraum zustehe, führt dies ebenfalls nicht zum Erfolg der Beschwerde. Das Bundesverwaltungsgericht hat in seiner Entscheidung offen gelassen, ob die Schaffung eines Verwaltungsmonopols für die Notfallrettung in die Berufsausübungs- oder die Berufswahlfreiheit der privaten Rettungsunternehmer eingreift. Dem liegt die Annahme zu Grunde, dass es für die Anerkennung eines Einschätzungsspielraums des Gesetzgebers nicht darauf ankommt, in welchen Gewährleistungsbereich der Berufsfreiheit die staatliche Maßnahme eingreift. Hiervon geht im Übrigen auch die bundesverfassungsgerichtliche Rechtsprechung aus, die dem Gesetzgeber ungeachtet des jeweils betroffenen Grundrechts eine Einschätzungsprärogative einräumt und für die verfassungsrechtliche Kontrolle differenzierte Maßstäbe benennt (vgl. BVerfGE 50, 290 ≪333≫). Eine klärungsbedürftige verfassungsrechtliche Rechtsfrage hat die Klägerin somit nicht dargetan.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO; die Festsetzung des Streitwertes folgt aus § 14 Abs. 1 und 3 i.V.m. § 13 Abs. 1 Satz 1 GKG a.F. i.V.m. § 72 GKG i.d.F. des KostRMoG vom 5. Mai 2004 (BGBl I S. 718).
Unterschriften
Prof. Dr. Driehaus, van Schewick, Prof. Dr. Rennert
Fundstellen