Verfahrensgang
VG Frankfurt (Oder) (Urteil vom 28.02.2002; Aktenzeichen 4 K 1533/98) |
Tenor
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Frankfurt (Oder) vom 28. Februar 2002 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 1 und zu 2, jedoch mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen zu 3, die dieser selbst trägt.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 100 000 € festgesetzt.
Gründe
Die Beschwerde ist unbegründet. Eine Abweichung des verwaltungsgerichtlichen Urteils von Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) wird nicht prozessordnungsgemäß dargelegt (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO, vgl. 1.). Es liegt auch kein geltend gemachter Verfahrensmangel vor, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO, vgl. 2.).
Der Zulassungsgrund der Divergenz (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) ist nur dann hinreichend bezeichnet, wenn die Beschwerde einen inhaltlich bestimmten, die angefochtene Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz benennt, mit dem die Vorinstanz einem in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts aufgestellten ebensolchen Rechtssatz in Anwendung derselben Rechtsvorschrift widersprochen hat (stRspr, vgl. u.a. Beschluss vom 1. September 1997 – BVerwG 8 B 144.97 – Buchholz 406.11 § 128 BauGB Nr. 50 S. 7 ≪11≫). Die Beschwerde muss die angeblich widersprüchlichen abstrakten Rechtssätze einander gegenüberstellen.
Daran fehlt es hier. Die Beschwerde schildert die ständige Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zum redlichen Erwerb (§ 4 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 VermG) und meint, das Verwaltungsgericht hätte in Anwendung dieser Rechtsprechung zu einem anderen Ergebnis kommen müssen. Damit rügt sie aber die unrichtige Anwendung der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts im Einzelfall und insbesondere die tatrichterliche Sachverhalts- und Beweiswürdigung. Ein abstrakter Rechtssatz, mit dem das Verwaltungsgericht der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts widersprochen haben könnte, ergibt sich aus dem Beschwerdevorbringen weder ausdrücklich noch sinngemäß. Auch wenn man zu Gunsten der Beschwerde annimmt, sie wolle mit ihrem Vortrag zur Divergenz gleichzeitig Verfahrensfehler rügen, kann die Revision nicht zugelassen werden; denn Verfahrensfehler liegen insoweit nicht vor (vgl. unten).
Eine Verletzung der gerichtlichen Aufklärungspflicht (§ 86 Abs. 1 VwGO) wird ebenfalls nicht prozessordnungsgemäß dargelegt (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO). Eine Aufklärungsrüge setzt die Darlegung voraus, welche Tatsachen auf der Grundlage der materiellrechtlichen Auffassung des Verwaltungsgerichts ermittlungsbedürftig gewesen wären, welche Beweismittel zu welchen Beweisthemen zur Verfügung gestanden hätten, welches Ergebnis diese Beweisaufnahme voraussichtlich gehabt hätte, inwiefern das verwaltungsgerichtliche Urteil unter Zugrundelegung der materiellrechtlichen Auffassung des Gerichts auf der unterbliebenen Sachaufklärung beruhen kann und dass die Nichterhebung der Beweise vor dem Tatsachengericht rechtzeitig gerügt worden ist oder aufgrund welcher Anhaltspunkte sich die unterbliebene Beweisaufnahme dem Gericht hätte aufdrängen müssen.
Die Beschwerde rügt zum einen, widersprüchliche Aussagen der Beigeladenen hätte eine nähere Sachverhaltsaufklärung nach sich ziehen müssen. Dies genügt dem Darlegungsgebot in keiner Weise.
Weiter meint die Beschwerde, das Verwaltungsgericht hätte ermitteln müssen, inwieweit die Beigeladenen von der Unrechtmäßigkeit des Enteignungsaktes erfahren hätten. Nicht dargelegt wird aber unter anderem, wie das Verwaltungsgericht dies hätte ermitteln sollen.
Schließlich meint die Beschwerde, das Verwaltungsgericht habe seine Aufklärungspflicht deshalb verletzt, weil es Ermittlungen zu den Einnahmen der Beigeladenen aus Vermietung von Bungalows auf dem Nachbargrundstück unterlassen habe. Hier wird insbesondere nicht dargelegt, wieso diese Frage nach der materiellrechtlichen Auffassung des Verwaltungsgerichts entscheidungserheblich war. Für die Entscheidungserheblichkeit dieser Tatsache spricht im Übrigen nichts.
Selbst wenn man zu Gunsten der Beschwerde annimmt, sie wolle auch eine Verletzung des Überzeugungsgrundsatzes (§ 108 Abs. 1 VwGO) rügen, bleibt sie ohne Erfolg.
Das Verwaltungsgericht hat den Überzeugungsgrundsatz nicht verletzt. Es gehört zu der dem Tatsachengericht durch § 108 Abs. 1 VwGO übertragenen Aufgabe, sich im Wege der freien Beweiswürdigung unter Abwägung verschiedener Möglichkeiten seine Überzeugung über den entscheidungserheblichen Sachverhalt zu bilden (vgl. etwa Beschlüsse vom 18. Februar 1972 – BVerwG 8 B 3.72 – Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 62 S. 27 ≪28≫ und vom 14. März 1988 – BVerwG 5 B 7.88 – Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 199 S. 31 ≪32 f.≫). Revisionsrechtlich sind die Grundsätze der Beweiswürdigung dem sachlichen Recht zuzurechnen. Mit Angriffen gegen die Beweiswürdigung kann deswegen ein Verfahrensmangel im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO regelmäßig nicht bezeichnet werden (stRspr; vgl. etwa Beschlüsse vom 10. Februar 1978 – BVerwG 1 B 13.78 – Buchholz 402.24 § 2 AuslG Nr. 8 S. 10 und vom 12. Januar 1995 – BVerwG 4 B 197.94 – Buchholz 406.12 § 22 BauNVO Nr. 4 S. 1 ≪4≫). Allenfalls könnte eine Verletzung der Denkgesetze im Rahmen der Tatsachenwürdigung der Vorinstanz als Verfahrensmangel in Betracht gezogen werden (vgl. dazu Urteil vom 19. Januar 1990 – BVerwG 4 C 28.89 – BVerwGE 84, 271 ≪272 f.≫). Ein Tatsachengericht hat aber nicht schon dann gegen die Denkgesetze verstoßen, wenn es nach Meinung des Beschwerdeführers unrichtige oder fern liegende Schlüsse gezogen hat; ebenso wenig genügen objektiv nicht überzeugende oder sogar unwahrscheinliche Schlussfolgerungen; es muss sich vielmehr um einen aus Gründen der Logik schlechthin unmöglichen Schluss handeln (stRspr; Urteil vom 20. Oktober 1987 – BVerwG 9 C 147.86 – Buchholz 310 § 86 Abs. 3 VwGO Nr. 37 S. 1 ≪4≫). Davon kann hier keine Rede sein.
Das Verwaltungsgericht erwähnt im Tatbestand seines Urteils, dass die Beigeladenen zu 1 und zu 2 im November 1993 eine Stellungnahme abgegeben haben (vgl. Urteil amtlicher Umdruck S. 4) und dass sie diese in der mündlichen Verhandlung korrigiert haben (vgl. Urteil amtlicher Umdruck S. 12). Allein deswegen musste das Verwaltungsgericht nicht davon ausgehen, dass die Beigeladenen insgesamt unglaubwürdig sind und dass ihr Erwerb unredlich war. Dies gilt umso mehr, als die Beigeladenen zu 1 und zu 2 auch dann nicht unredlich erworben haben, wenn ihre Aussage in der Stellungnahme vom November 1993 zutrifft. Daraus ergibt sich lediglich, dass sie den Anstoß zur Enteignung gegeben haben, was aber nach der materiellrechtlichen Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht zur Unredlichkeit führt. Eine sittlich anstößige Manipulation läge dagegen nur vor, wenn die Beigeladenen zu 1 und zu 2 eine Überschuldung des Grundstücks nur vorgespiegelt oder manipulativ herbeigeführt hätten. Dies ist nach den – insoweit nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen – tatsächlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichts aber nicht der Fall. Danach war im maßgeblichen Zeitpunkt der Schwammbefall des Hauses tatsächlich nicht völlig beseitigt. Auch ist nach den tatsächlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichts nicht davon auszugehen, dass der Kostenvoranschlag überhöht war.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 und auf § 162 Abs. 3 VwGO. Da die Beigeladenen zu 1 und zu 2 einen Antrag gestellt haben und damit ein Kostenrisiko eingegangen sind (vgl. § 154 Abs. 3 VwGO), entsprach es der Billigkeit, deren außergerichtliche Kosten der unterliegenden Partei aufzuerlegen. Die Streitwertfestsetzung folgt aus den §§ 13 und 14 GKG.
Unterschriften
Dr. Müller, Krauß, Golze
Fundstellen