Verfahrensgang
Bayerischer VGH (Beschluss vom 21.02.2008; Aktenzeichen 3 B 04.2171) |
Tenor
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 21. Februar 2008 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 5 000 € festgesetzt.
Gründe
Die ausschließlich auf Verfahrensmängel im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO gestützte Beschwerde ist unbegründet.
Die Klägerin macht in erster Line geltend, das Berufungsgericht hätte im Berufungsverfahren nicht gemäß § 130a VwGO ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss entscheiden dürfen. Sie habe diesem Verfahren ausdrücklich widersprochen, weil sie in erster Instanz an der mündlichen Verhandlung nicht habe teilnehmen können und im Berufungsverfahren Beweisanträge gestellt habe, die das Berufungsgericht zu Unrecht nicht berücksichtigt oder als unbeachtlich angesehen habe.
Die Rüge greift nicht durch. Es trifft zwar zu, dass das Berufungsgericht im Berufungsverfahren ohne Zustimmung der Beteiligten nicht ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss entscheiden darf, wenn dem Kläger auch in der ersten Instanz keine mündliche Verhandlung eröffnet war (vgl. Beschluss vom 8. April 1998 – BVerwG 8 B 218.97 – Buchholz 340 § 15 VwZG Nr. 4).
Dem steht es gleich, wenn das Verwaltungsgericht entgegen einem begründeten Vertagungsantrag in Abwesenheit der Partei mündlich verhandelt hat. Eine solche Lage war hier jedoch nicht gegeben. Die Klägerin war weder rechtlich noch tatsächlich daran gehindert, an der mündlichen Verhandlung des Verwaltungsgerichts vom 22. Juni 2004 teilzunehmen. Dass sie zu dieser Sitzung ordnungsgemäß geladen worden ist, stellt sie selbst nicht in Abrede. Sie ist auch, wie sie in der Beschwerde selbst vorträgt, nicht in Unkenntnis darüber gelassen worden, dass das Verwaltungsgericht nicht bereit war, die mündliche Verhandlung zu verschieben im Hinblick auf ihre Begehren, Akten des Beklagten einzusehen, die Klage näher zu begründen und die Ablehnung des Einzelrichters durchzusetzen. Sämtliche in diesem Zusammenhang von der Klägerin erhobenen Rügen waren nicht geeignet, das Verwaltungsgericht zur Vertagung der mündlichen Verhandlung zu zwingen.
Dem ausdrücklich gestellten Vertagungsantrag vom 12. Juni 2004 und den bereits vorher mehrfach wiederholten Vorstellungen der Klägerin musste das Verwaltungsgericht nicht entsprechen. Eine Vertagung wäre nämlich nur gerechtfertigt gewesen, wenn sie erforderlich gewesen wäre, um der Klägerin die Wahrung ihrer Rechte zu ermöglichen. Das Gericht hatte jedoch bereits eindeutig zu erkennen gegeben, dass es nicht bereit war, die von der Klägerin bezeichneten Akten des Beklagten zum Verfahren beizuziehen und der Klägerin die Einsichtnahme in diese Akten zu gewähren, weil diese nach der Rechtsauffassung des Gerichts (das die Klage mangels Rechtsschutzbedürfnisses für unzulässig hielt) nicht entscheidungserheblich waren. An der durch diese Rechtsauffassung hervorgerufenen prozessualen Lage hätte sich auch durch eine Vertagung nichts geändert. Sie war deshalb nicht geboten, um der Klägerin eine ordnungsgemäße Rechtsverfolgung zu ermöglichen. Vielmehr hätte die Klägerin ihren Standpunkt, dass und warum es auf den Inhalt dieser Akten und die Aussagen der von ihr benannten Zeugen entscheidungserheblich ankam, in der vom Gericht angesetzten mündlichen Verhandlung vortragen können und müssen. Die Klägerin hatte kein Recht darauf, der Verhandlung aus Protest gegen die Rechtsauffassung des Gerichts fernzubleiben, und anschließend zu rügen, das Gericht habe in ihrer Abwesenheit entschieden.
Dasselbe gilt für ihren Einwand, das Verwaltungsgericht hätte nicht entscheiden dürfen, weil sie den Einzelrichter wegen der Besorgnis der Befangenheit abgelehnt habe. Über ihr Ablehnungsgesuch hatte das Gericht bereits vor der mündlichen Verhandlung zu ungunsten der Klägerin entschieden. Der bloße Umstand, dass die Klägerin gegen diesen Ablehnungsbeschluss Beschwerde eingelegt hatte, war kein Vertagungsgrund, weil diese Beschwerde nach § 146 Abs. 2 VwGO unzulässig war. Auch hier war es Sache der Klägerin, ihren Standpunkt in der mündlichen Verhandlung zu vertreten.
Ob das Verwaltungsgericht sachlich berechtigt war, von der Beiziehung der Verwaltungsvorgänge des Beklagten abzusehen und, wie die Beschwerde meint, die Frage ungeklärt zu lassen, ob der Beklagte das Stellenbesetzungsverfahren zu Recht abgebrochen hatte, ist eine Frage des materiellen Rechts, über die das Verwaltungsgericht auch in Abwesenheit der Klägerin entscheiden konnte. Ein Verfahrensfehler, der sich in das Berufungsverfahren fortgesetzt und das Berufungsgericht an einer Entscheidung durch Beschluss gehindert hätte, lag darin nicht. Unstreitig sind die fraglichen Vorgänge im Berufungsverfahren beigezogen und von der Klägerin eingesehen worden.
Das Berufungsgericht war auch nicht deshalb an einer Entscheidung nach § 130a VwGO gehindert, weil es zuvor die Berufung nach § 124a Abs. 5 Satz 2 i.V.m. § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO zugelassen hatte. Über die Zulassung der Berufung hatte das Berufungsgericht nach Eingang der Zulassungsbeschwerde zu entscheiden. Wenn es zu diesem Zeitpunkt der Auffassung war, die Rechtssache weise besondere rechtliche oder tatsächliche Schwierigkeiten auf, so hinderte diese Einschätzung das Gericht nicht daran, im Laufe des Berufungsverfahrens nach Durchdringung des Prozessstoffes die Einsicht zu gewinnen, dass sich der entscheidungserhebliche Prozessstoff mit hinreichender Deutlichkeit den inzwischen beigezogenen Verwaltungsakten des Beklagten sowie dem Inhalt der gewechselten Schriftsätze der Parteien entnehmen ließ, dass die danach gebotene Sachentscheidung einstimmig getroffen werden konnte und dass eine mündliche Verhandlung nicht erforderlich war. Die Entscheidungskriterien, die das Gericht in Anwendung des § 130a VwGO zu beachten hat, sind andere als diejenigen, die bei der Zulassung der Berufung maßgeblich sind.
Zu Unrecht macht die Beschwerde geltend, das Berufungsgericht habe mit seiner Entscheidung im Verfahren nach § 130a VwGO gegen Art. 6 EMRK verstoßen. Art. 6 EMRK betrifft zivilrechtliche Ansprüche und Verpflichtungen, zu denen beamtenrechtliche Verwaltungsstreitsachen nicht gehören (vgl. Frowein/Peukert, Europäische Menschenrechtskonvention, Kommentar, 2. Aufl. 1996, Art. 6 Rn. 52 m.w.N.; Meyer-Ladewig, Europäische Menschenrechtskonvention, Kommentar, 2. Aufl. 2006, Art. 6 Rn. 10).
Schließlich war das Berufungsgericht auch nicht deshalb an einer Entscheidung nach § 130a VwGO gehindert, weil die Klägerin schriftlich Beweisanträge gestellt und angekündigt hatte. Das Berufungsgericht hat in dem angegriffenen Beschluss im Einzelnen dargelegt, dass und warum es diesen Beweisanträgen nicht nachzugehen hatte. Soweit die Klägerin in ihren Beweisanträgen dem Urkundsbeweis zugängliche Tatsachen unter Beweis gestellt hatte, ist das Berufungsgericht von diesen Tatsachen ausgegangen. Die Klägerin hat aus diesen Tatsachen und dem von ihr zitierten Akteninhalt allerdings einen anderen rechtlichen Schluss gezogen als das Berufungsgericht, nämlich den, das Stellenbesetzungsverfahren sei zu Unrecht abgebrochen worden. Hierbei handelt es sich jedoch um eine rechtliche Bewertung, die dem Gericht vorbehalten ist. Die Beschwerde macht nicht deutlich, dass diese Bewertung auf einem unzureichend ermittelten Sachverhalt beruht und das Berufungsgericht Anhaltspunkte übergangen habe, die darauf schließen ließen, dass die von der Klägerin benannten Zeugen in der Lage gewesen wären, dem nach dem Akteninhalt feststehenden Sachverhalt eine andere Bedeutung beizulegen. Die Klägerin hat sich für ihre Vermutungen allein auf das Ergebnis ihrer abweichenden Bewertung gestützt.
Aus diesem Grund greift auch die Aufklärungsrüge (§ 86 Abs. 1 VwGO) nicht durch. Sie ist ebenfalls darauf gerichtet, darzulegen, das Berufungsgericht hätte bei Ausschöpfung weiterer Erkenntnismittel die Überzeugung gewinnen können oder müssen, das Stellenbesetzungsverfahren sei aus unsachlichen Gründen abgebrochen worden. Das Berufungsgericht hat sich mit diesen Einwänden ausführlich auseinandergesetzt (BA Rn. 86 bis 98). Aus der Beschwerde wird nicht deutlich, wieso die unter Beweis gestellten Äußerungen einzelner Bediensteter des Beklagten zu den Bewerbungschancen der Klägerin geeignet gewesen wären, den vom Berufungsgericht aus den Akten entnommenen Geschehensablauf in Frage zu stellen, den das Berufungsgericht als glaubhaft, nachvollziehbar und frei von Widersprüchen und von Anhaltspunkten für einen abweichenden Geschehensablauf angesehen hat (BA Rn. 88).
Die Nebenentscheidungen beruhen auf § 154 Abs. 2 VwGO und § 52 Abs. 2, § 47 Abs. 1 und 3 GKG. Eine Streitwertfestsetzung nach § 52 Abs. 5 GKG kommt nicht in Betracht, weil der durch den Klageantrag festgelegte Streitgegenstand nicht unmittelbar die Verleihung eines anderen Amtes betrifft.
Unterschriften
Albers, Groepper, Dr. Burmeister
Fundstellen